San Francisco heute: Wie bei Scott McKenzie, nur invertiert (Bildquelle) |
Die Silicon Valley
Metropole hat ein immer größer werdendes Problem mit offenem
Drogenkonsum, Straßenkriminalität und Obdachlosigkeit, das
mittlerweile nicht nur zahlende Touristen aus der Stadt treibt,
sondern auch buchstäblich zum Himmel stinkt: Obdachlose defäktieren
in aller Öffentlichkeit und verwandeln die Stadt in eine offene
Kloake. Nun aber hat die neue Bürgermeisterin eine Idee, wie man dem
Problem Herr werden kann.
Das Problem wurde erkannt; die Lösung: Postmoderne Umerziehung
In einem kürzlichen
TV
Interview gab die neue Bürgermeisterin London Breed zu, dass die
Stadt ein massives Fäkalienproblem hat. Die in der Stadt
aufgewachsene Frau meinte, sie habe „noch nie so viele Fäkalien
gesehen wie heute“ und diese stammen nicht etwa von Hunden, sondern
von Menschen, die sich in aller Öffentlichkeit erleichtern.
Breed will über den
Hebel der Ausgaben für Sozialprogramme dafür sorgen, dass
Obdachlosenhilfsorganisationen den betroffenen Obdachlosen
beigebringen, etwas mehr „Respekt für die Gemeinschaft“ zu
entwicklen und sie ihnen gut zureden, damit sie wenigstens ihre
Notdurft wieder wegputzen. Strafen für das öffentliche Defäktieren
will sie aber nicht aussprechen, laut ihr soll es ausreichen, wenn
die Organisationen das Gespräch mit den Übeltätern suchen.
Offenbar folgt
Bürgermeisterin Reed dem poststrukturalistischen Ansatz, nach dem
man die gewünschte Realität ausschließlich mit Sprache erschaffen
kann.
Ein Problem, das mit Geld alleine nicht mehr beherrschbar ist
Zur Verteidigung von
Reeds Ansatz sei gesagt, dass Geld nicht das Problem zu sein scheint.
Es wird bereits genug ausgegeben für die Betreuung Obdachloser. Für
deren Grundversorgung und Übernachtungsmöglichkeiten wandte die
Stadt laut NBC
Bay Area in nur einem Jahr 280 Millionen Dollar dafür auf,
während es vor fünf Jahren bereits etwa 200 Millionen Dollar waren.
Im Fünfjahreszeitraum hat das Obdachlosenproblem die Stadt also gut
eine Milliarde Dollar gekostet.
Trotzdem, das
Problem wird immer größer. Bei einer Zählung wurden auf einer 30
Kilometer langen Strecke durch die Stadt an jeder Ecke abgeladener
Hausmüll gefunden und dazu 100 Fixernadeln und 300 „Häufchen“,
die nicht von Hunden stammen - eines pro 100 Meter.
Hinzu kommt, dass
die Zahl der Obdachlosen insgesamt stabil blieb in den letzten fünf
Jahren. Laut Angaben der Stadt bevölkern etwa 7.500 Obdachlose die
Straßen von San Francisco. Pro Kopf und Jahr - und hier möchte ich
ein großes Fragezeichen setzen, da die Zahl irreal hoch wirkt -
werden allem Anschein nach krasse 37.000 Dollar aufgewadt, fast dem
Gegenwert eines Lehrergehalts.
Oben drauf kommen demnächst noch Extraausgaben für eine intensivere
Straßenreinigung, wie es von Reed geplant ist. 13 Millionen Dollar
will sie dafür in den nächsten zwei Jahren zusätzlich aufwenden.
Ob das gute Zureden helfen wird?
Viele
der Obdachlosen sind psychisch auffällig und leiden an einer
Drogensucht. Man muss sich daher fragen, ob die nun anvisierte dritte
Dimension der Problembekämpfung - gutes Zureden - wirklich eine
Änderung bewirken wird, nachdem die ersten beiden Dimensionen des Schönredens und des Geldausgebens nicht funktionierten. Die fragliche Klientel scheint nicht gerade
prädestiniert dafür zu sein.
Vielleicht würde es
auch helfen, einige Dixiklos aufzustellen. Dagegen sprechen
allerdings die Erfahrungen von Starbucks, das nach einem öffentlichen
Aufschrei wegen vorgeblichen Rassismus seine Kundentoiletten auch für
nicht zahlende Passanten öffnete. Nach kurzer Zeit stellte sich das
Ergebnis ein in Form von Obdachlosen und Drogenkranken, die auf
den Kundentoiletten heute das hinterlassen, was sie auch auf den
Straßen von San Francisco hinterlassen: Fäkalien, Fixernadeln und
ein Gefühl der Unsicherheit für die anderen.
Wenn es ein
Filialunternehmen schon nicht schafft, in seinem begrenzten Raum mit
„gutem Zureden“ und all den postmodernen Girlanden von
„Inklusivität“ und „Willkommenskultur“ die Ordnung aufrecht zu erhalten, wie soll dies dann in einer Stadt gelingen, die bereits
über Jahrzehnte an Erfahrungen in der Angelegenheit gesammelt hat?
Die
Ausgabenprogramme der Stadt San Francisco werden wohl eher nicht dazu
beitragen, das Problem zu lösen, sonst wäre das Problem bereits
gelöst worden mit jenen 200 Millionen Dollar, die vor 5 Jahren
dafür ausgegeben wurden.
Was die demnächst
300 Millionen Dollar aber bringen werden sind weitere Arbeitsplätze
im sozialindustriellen Komplex, und zwar nicht um das Problem zu
lösen, sondern um es zu managen. Denn würde das Problem gelöst
werden, dann verlören mehrere tausend Sozialarbeiter ihre Stelle und
sie hätten zusätzlich neue Konkurrenz durch mehrere tausend wieder
auf den Weg gebrachte ehemalige Obdachlose.
Es scheint also
ganz so, als würde San Francisco weiter den Weg einer
ehemaligen Utopie gehen, die an ihren eigenen utopischen Regeln
zugrunde geht. Noch ist das Geld anderer Leute nicht ausgegangen, das
jedenfalls zeigt das exorbitante Budget für das Management der
Obdachlosigkeit.
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