Britisches Gesundheitssystem verweigert „rassistischen“ und „sexistischen“ Patienten die Behandlung

... und Orwell rotiert in seinem Grab (Bildquelle)


Rote Karte für Rassisten in staatlichem Krankenhaus



In Großbritannien verweigert eine regionale Sektion des staatlichen NHS Gesundheitssystems in ihrem Krankenhaus in Bristol ab sofort „sexistischen“ und „rassistischen“ Patienten die Behandlung. Wie unter anderem die BBC berichtet fallen darunter Worte, Gesten und Handlungen, wobei den Patienten wie im Sport zunächst eine „gelbe Karte“ gezeigt wird. Bei einem wiederholtem Verstoß gegen die Verhaltensregeln erhalten sie dann eine „rote Karte“ und werden aus dem Krankenhaus verwiesen.

Der zuständige North Bristol Trust der NHS führte diese Regelung im Rahmen der Aktion „Rote Karte für Rassismus“ ein. Die erste rote Rassismuskarte wurde kürzlich vergeben, nachdem der im Southmead Krankenhaus arbeitende Gastroenterologe Dr. Talal Valliani - ein Arzt mit subkontinentalem Hintergrund – rassistisch beleidigt wurde.

Nachdem ihn ein Patient mit Worten rassistisch anging, rief er „umgehend den Sicherheitsdienst zur Station“. Daraufhin wurde die Polizei hinzugezogen, die den Patienten über die Regelung informierte und ihn aus dem Krankenhaus entfernte.

Dr. Valliani bestätigte, dass der Patient bei seinem Rauswurf „klinisch sicher war, da das Patientenwohl überragende Priorität hat“ und er den Patienten erst von der Station entfernen ließ, „als ich mich dessen versichert hatte,“ wie Valliani versicherte.

Einer der zuständigen Polizisten bestätigte den Vorfall und sagte, dass es immer mehr rassistische Zwischenfälle gibt, dies aber am Trust liegt, der seine Mitarbeiter stärker unterstützt als in der Vergangenheit und diese dazu ermuntert, mehr rassistische Zwischenfälle anzuzeigen.

Die Chefin des NHS Trusts wiederholte die Einschätzung der Polizei und fühlt sich bestätigt von dem Zwischenfall: „Es ist ein starkes Signal, dass für uns jede Form von Rassismus oder Diskriminierung völlig inakzeptabel ist – wir wollen, dass die Mitarbeiter dagegen vorgehen und alles berichten, und wir wollen auch, dass jeder weiß, dass es Konsequenzen gibt.“



Maximale Definitionsbreite trifft minimale Rechtssicherheit



Für die NHS ist die britische Regierung zuständig. Diese besteht seit der Amtsübernahme des ehemaligen Preministers David Cameron im Jahr 2010 aus der konservativen „Tory“ Partei und wird seit 2017 von der nationalkonservativen nordirischen Partei DUP geduldet. Die NHS wiederum verfügt über ein staatliches Monopol über den gesamten britischen Gesundheitssektor. Private Alternativen, auf die tatsächliche oder vermeintliche Rassisten oder Sexisten ausweichen könnten, gibt es in dem Land nur in kleinen Nischen.

Für Patienten, die von der neuen Regelung betroffen sind, ergibt sich neben den fehlenden Behandlungsalternativen das Problem, dass der Definitionsraum für Rassismus und Sexismus in Großbritannien eine Wandlung durchmachte und kaum mehr einer genauen Abgrenzung unterliegt.

Beispielsweise kann es in Großbritannien heute schon als strafrechtlich relevanter Sexismus ausgelegt werden, wenn man eine Person mit dem falschen Pronomen anspricht. Hält ein Patient einen Pfleger beispielsweise für eine Frau und spricht sie entsprechend an, dann kann der Pfleger eine gelbe Karte verlangen. Passiert dies dem Patienten ein zweites Mal, beispielsweise bei einem anderen Mitarbeiter, dann könnte dieser Patient ohne bösartige Absicht vor die Tür gesetzt werden.

Eine Klage dagegen wäre wohl kaum möglich wie auch konzertierte Aktionen mehrerer Mitarbeiter kaum zu unterbinden wären, die aus den unterschiedlichsten Gründen einen bestimmten Patienten loswerden wollen könnten. Die Beweislast bei Vorwürfen läge komplett beim im Zweifel sterbenskranken Patienten. So wäre auch denkbar, dass die Krankenhausverwaltung einen sehr teuren Patienten los werden möchte, damit das Budget nicht weiter strapaziert wird.

Ebenso problematisch sind vermeintlich rassistische Äußerungen, die aber nicht so gemeint sind. Würde ein aufgrund einer schweren Krankheit kreidebleicher Patient beispielsweise mit Galgenhumor scherzhaft einem „gut gebräunten“ Arzt ein Kompliment machen, dann könnte dieser neuerdings die gelbe Karte ziehen.

Des weiteren ist auch denkbar, dass Patienten ihre Rastalocken zum Verhängnis werden könnten. Diese gelten unter postmodernen Linken als „kulturelle Aneignung“ eines spezifisch afrokulturellen Attributs. So ist vorstellbar, dass ein Krankenhausmitarbeiter mit dieser Ansicht von einem Patienten als Bedingung für eine Behandlung das Abrasieren der Haare verlangen könnte.

Nicht zuletzt wird aktuell in den britischen Medien auch über körperlich Behinderte berichtet, die es für diskriminierend halten, wenn ihnen jemand die Tür aufhält oder ihnen beim Besteigen eines Busses Hilfe anbietet. Auch das fiele genau genommen in den Bereich der neuen Regelung gegen „Diskriminierung“. Da in einem Krankenhaus viele Rollstuhlfahrer und Personen mit Gehhilfen unterwegs sind, wäre es also möglich, dass man gelb-rot erhält, wenn man beim Betreten des Krankenhauses am Eingang zwei Rollstuhlfahrern die Tür aufhält.

Die Möglichkeiten für einen Missbrauch dieser Regelung sind fast grenzenlos. Sie bugsieren jeden Patienten und auch Besucher in die Position rechtloser Bittstellers, die bei jeder Gelegenheit und auch ohne ihr Anrecht auf eine Behandlung verlieren können. Dies maximiert die Handlungsmöglichkeiten der privatwirtschaftlich organisierten NHS Trusts, während Patienten mit dem Verdacht auf Sexismus oder Rassismus kaum über Rechtssicherheit verfügen.

Schließlich ist auch die Frage offen, ob eine derartige Behandlungsverweigerung überhaupt legal ist. Immerhin handelt es sich bei den meisten Patienten um Steuerzahler, die das System finanzieren und für das es aufgrund der Monopolstellung keine gangbaren Alternativen in dem Land gibt. Die Verweigerung einer bezahlten und alternativlosen Dienstleistung stellt einen tiefen Eingriff in das allgemeine Vertragsrecht dar.

Dennoch steht der Gesundheitsminister Matt Hancock voll hinter der Maßnahme.
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