Simbabwe zeigt wie sich Menschen bei anhaltenden Stromausfällen weiterhelfen: Sie roden die Wälder und köhlern das Holz


Ökosozialismus vorher/nachher (Bildquelle)


Noch lebt es sich bequem in Deutschland. Zumindest gilt das für die meisten von uns. Bislang sind es „nur“ die vier Heere der Obdachlosen, der Hartz-4 Empfänger, der Grundsicherungsrentner und jene halbe Million Menschen, denen der Strom abgestellt wird, weil sie sich die EEG-Umlage nicht leisten können, die nicht ganz so „gut und gerne leben“ in unserem Land. Dabei wissen wir alle, dass dank des Dutzend epochaler politischer Fehlentscheidungen aus den letzten Jahren bald noch sehr viel mehr Menschen vom Elend eingeholt werden könnten. Wohin die Reise dann gehen wird zeigt das Beispiel Simbabwe, wo man es bereits hinter sich hat, und wo der Sozialismus nicht allzu viel übrig ließ vom einstigen Brotkorb Afrikas. So lässt sich in Simbabwe auch ablesen, viel der Umweltschutz in einer chronischen Krise zählt, sobald die Kraftwerke wahlweise zwangsabgeschaltet werden oder sie ihr Produkt überteuert verkaufen müssen. Denn die Menschen müssen trotzdem leben und so helfen sie sich weiter mit dem, was da ist. In diesem Fall wäre das Holzkohle.



The East African: Aufgrund von immer mehr Stromausfällen boomt in Simbabwe der Verkauf von Holzkohle



Als Miller Chizema in der Nähe seines Hauses durch den Wald ging, da stieß er auf einen Haufen frisch gefällter Baumstämme – es war ein Anblick, der dem 82-jährigen Dorfbewohner überhaupt nicht gefiel.

Denn die Stämme waren bereits so angeordnet, dass man sie direkt zu Holzkohle verbrennen kann – also zu jenem Brennstoff, der in Simbabwe zum allgemeinen Ersatz wurde für die chronische Stromknappheit in dem Land, und für den die Wälder einen hohen Preis bezahlen müssen.

„Es tut weh, wenn die Wälder so dezimiert werden“, sagt Chizema, der in Mhondoro Ngezi lebt, das sich 150 Kilometer südwestlich von Harare im Zentrum des Landes befindet.

Einige Holzfäller kommen aus Harare, „wo es eine große Nachfrage nach Holzkohle gibt“, sagte er.

„Wir als Älteste versuchen das zu verhindern, aber es geht nur um Geld und Überleben.“


Ersatzbrennstoff


Seit fast sechs Monaten ist Simbabwe von chronischen Stromausfällen betroffen, die teilweise bis zu 19 Stunden am Tag andauern.

Dadurch hat sich der Preis für Kochgas seit Anfang des Jahres mehr als versechsfacht und wurde daher für viele unbezahlbar.

Vor allem für die vielen einkommensschwachen Stadtbewohner sind Brennholz und Holzkohle deswegen zu den wichtigsten Ersatzquellen für Energie geworden – und in der Folge kriminelle Strukturen haben entstehen lassen für die Beschaffung des Materials.

Simbabwe verliert jährlich mehr als 330.000 Hektar Wald, so Abednigo Marufu, Generaldirektor der Waldkomission von Zimbabwe . Das entspricht fast einer halben Million Fußballfeldern.

„Simbabwe verliert immer mehr Bäume und Wälder… und zwar überall, weil es keinen Strom gibt, sich die Menschen aber ernähren müssen und Wärme in ihren Häusern benötigen“, sagte er gegenüber AFP.

„Gleichzeitig ist aber noch immer die Landwirtschaft der bedeutendste Treiber für die Entwaldung“, sagte er.

Es war eine umstrittene im Jahr 2000 begonnene Landreform, die zu einem ersten starken Anstieg des Waldverlustes führte, da die Menschen mit dem Rohden von Land für den Anbau begannen.

„Einige begannen mit dem Anpflanzen von Tabak und dazu fällten sie Bäume, um sie als Dünger zu verwenden.“

Die Praxis ist nach wie vor beliebt, da die Farmer das Holz im Unterschied zu anderen Möglichkeiten als kostenlos betrachten und sich einfach nehmen, was sie brauchen.

Den Behörden ist es kaum möglich, diese Praxis zu unterbinden.



Boom trotz Lizenzmangel



Die Holzkohleproduktion selbst ist in Simbabwe verboten, allerdings kann man mit Sondergenehmigungen Kohle aus den benachbarten Mosambik, Sambia und Malawi importieren.

Marufu meinte dazu, dass seit über einem Jahr keine derartigen Importlizenzen mehr ausgestellt wurden, gleichzeitig aber wird Simbabwe mit Holzkohle geradezu überflutet.

„Wie soll man bitte feststellen, welche Holzkohle importiert und welche vor Ort produziert wurde?“ fragte er rhetorisch.

Von vielen der ausgewachsenen einheimischen Mopani Bäume existieren heute nur noch die Stümpfe. Mopani ist einer der legendären einheimischen Bäume des Landes, die heiße und trockene Bedingungen leicht überstehen.

AFP Journalisten vor Ort wurden in den Wäldern von Mhondoro-Ngezi zahlreiche geschwärzte Stellen am Boden gezeigt, wo deren Stämme gestapelt und zu Holzkohle verarbeitet wurden.

„Die Abholzung war schon schlimm, als ich hierher kam“, sagte Marufu der AFP.

„Aber die Energiekrise hat die Situation verschärft, (wobei) der Mopani sehr beliebt ist, weil dessen Holz hart ist und daraus hochwertige Holzkohle gewonnen werden kann.“

Ein Gesetz erlaubt es den Dorfbewohnern in dünn besiedelten Gegenden, Bäume für den persönlichen Gebrauch zu fällen, allerdings nicht für kommerzielle Zwecke.

Vor allem frbeitslose Dorfbewohner wie Enia Shagini aber wurde die hohe Nachfrage nach Holzkohle zu einem Anreiz, Geldstrafen oder gar einen Gefängnisaufenthalt zu riskieren, falls sie beim Fällen und verarbeiten der Bäume zu Holzkohle erwischt werden.

Der Preis pro Zentnersack Holzkohle mit 50 Kilogramm liegt umgerechnet bei weniger als 50 US-Cents (40 Euro-Cent).

„Wir haben Kinder, die zur Schule gehen müssen“, sagte die dreifache Mutter als Begründung für ihre Beteiligung an der illegalen Holzkohleproduktion.



Wirtschaftskrise versus Klimawandel



In der Hauptstadt Harare bieten Holzkohleverkäufer auf dem Mbare Markt Dutzende der 50kg Säcke mit Holzkohle zum Verkauf an. Der Markt liegt nur wenige Autominuten von der Innenstadt Harares entfernt.

Einer der Verkäuferinnen ist Prudence Mkonyo. Sie behauptet, sie habe ihre Holzkohle aus Nyamapanda nahe der Grenze zu Mosambik, bezogen.

„Es ist schwierig, das Material nach Harare zu schaffen“, sagte sie.

„Wir transportieren es nachts auf Lastwagen, aber manchmal gibt es Straßensperren der Polizei. Wer da ohne Probleme durch will, der muss bereit dazu sein, ihnen ein Bestechungsgeld zu zahlen.“

Als Preis pro Sack verlangt sie das Äquivalent von 2,50 bis 3,00 US-Dollar, allerdings läuft der Verkauf nur schleppend.

Das Land leidet an der schwersten Wirtschaftskrise des Landes seit einem Jahrzehnt, viele Menschen sind arbeitslos.

„Es gibt nicht viel Geld, daher läuft das Geschäft wirklich schlecht. Einige Leute verbrennen leer getrunkene Plastikflaschen, wenn sie sich etwas kochen wollen.“

Auch wenn das Gesetz über die Produktion von Holzkohle kaum klarer formuliert sein könnte, so befindet sich die Regierung in einem Dilemma.

„Es ist ein sehr kompliziertes Thema“, sagte Nqobizitha Ndlovu, die frisch ernannte Ministerin für Umwelt und Klimawandel Simbabwes gegenüber der AFP.

„Wir sehen den Mangel an Strom und das Gas, was die Preise treibt, daher stellen Holz und Holzkohle für die Menschen gangbare Alternativen dar. Daher müssen wir abwägen zwischen der Sorge um unsere Wälder und der Sorge um die Menschen.“



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