Wie damals, nur um den Faktor 100 krasser (Bildquelle) |
Es scheint loszugehen mit der globalen Finanzpanik. Der Blick auf das Diagramm der türkischen Lira in Relation zum US-Dollar zeigte schon am Freitag einen seltsamen Ausschlag nach oben, nachdem der Preis knapp ein halbes Jahr lang dank katarischer Milliardenkredite wie zementiert wirkte. Nun meint auch Martin Armstrong, dass es deutliche Hinweise auf eine globale Finanzpanik gibt und die Investoren alle versuchen, in US-Werte zu fliehen, was teilweise von der verzweifelten Finanz- und Geldpolitik der Türkei verursacht wurde.
Martin Armstrong: Die Finanzpanik von 2019?
Die Krümmung der
Zinskurve baut sich mit enormer Kraft auf. Weltweit gibt es einen
starken Nachfrageüberhang für kurzfristige US-Anleihen über 90
Tage, während die Angebotsseite komplett trocken liegt. Der Mangel
an käuflichen US-Staatsanleihen wird uns von Banken auf der ganzen Welt gemeldet. Es
gibt gerade eine heftige Panikreaktion in Richtung US-Dollar, da die
Schwellenländer in eine Finanzkrise geraten, die teilweise von der
Türkei ausgelöst wurde. Die dortige Regierung hat Investoren zu
Geiseln gemacht und weigert sich, Transaktionen aus der türkischen
Lira heraus zu erlauben. Diese Haltung der türkischen Regierung
gegenüber Investoren hat Händler weltweit verunsichert, was die
Welt immer näher an eine große Finanzpanik heranführt, die sich
noch in diesem Jahr entfalten wird.
Es braut sich eine
große Liquiditätskrise zusammen, die im Mai 2019 ausbrechen könnte.
Die europäischen Banken haben ihre Portfolios aufgrund der
quantitativen Lockerung inklusive negativer Zinssätze, sowie wegen
Anleihen aus Schwellenländern stark mit Immobilienkrediten belastet.
Spanische Banken sind besonders in türkische Schuldtitel investiert,
wo sie hofften, die höchsten Renditen erzielen zu können mit der
Erwartungshaltung, der IWF würde in der Türkei definitiv keinen
Zahlungsverzug zulassen. Darüber hinaus haben sich die Banken
gegenseitig Kredite gewährt, da sie auf diese Weise verhindern
konnten, ihr Geld bei der Europäischen Zentralbank parken zu müssen,
wo ihnen ein negativer Zins berechnet wird.
Währungen vom
südafrikanischen Rand bis zum brasilianischen Real verzeichnen einen
Anstieg ihrer erwarteten Volatilität, was befürchten lässt, dass
sie zusammen mit der türkischen Lira bis in den Mai hinein am
deutlich an Wert verlieren könnten. Mit den derzeitigen
Kursschwankungen wurden plötzlich alte und tief verwurzelte
Befürchtungen geweckt, dass es noch vor Jahresende zu einem Absturz
der Schwellenländer kommen könnte.
Beachten Sie, dass
die Invertierung der Zinskurve keineswegs ein Indiz für eine
US-Rezession ist. Das ist eine globale Finanzpanik, die sich im
großen Stil entfaltet und es geht um weit mehr als nur um Politik.
Ganz allmählich beginnt sich eine ernsthafte Liquiditätskrise zu
entwickeln, in deren Folge möglicherweise weitere Länder ähnlich
wie die Türkei versuchen werden, mit Hilfe von Kapitalkontrollen das
schlimmste zu verhindern.
Ein paar Zusatzinfos...
Vor einem halben
Jahr habe ich in
einem Artikel beschrieben, wie die Verschuldung verschiedener
Schwellenländer in US-Dollar sehr wahrscheinlich in wenigen Jahren
die Weltwirtschaft zum kollabieren bringen wird. Dies aufgrund der
Unmöglichkeit, sich mit einer Abwertung der eigenen Währung vom
drückenden Schuldendienst freizumachen, da die in US-Dollar als
Fremdwährung gehaltenen Schuldtitel in diesem Fall noch teurer
würden.
Es scheint, als
hätten wir diesen Punkt fast erreicht. Die Türkei war damals bereits
die Nummer Eins auf dem Parkett, da es damals nicht einmal die Hälfte
der Devisenschulden mit eigenen Mitteln decken konnte. Nur ein
Eingriff durch Katar mit einem Milliardenkredit konnte damals die
Kernschmelze verhindern. Inzwischen allerdings scheinen die 15
Milliarden zur Stabilisierung der türkischen Lira verpulvert zu sein
und die Türkei steht erneut vor dem wirtschaftlichen Ruin.
Armstrong spricht in
dem Artikel von allen Schwellenländern, die mit dem relativen
Wertgewinn des Dollar aufgrund des hohen Nachfrageüberhangs in
Schieflage geraten könnten. Extrapoliert man die Zahlen aus meinem
Artikel, dann stehen neben der Türkei ganz oben auf der Liste
Argentinien (das derzeit wieder vom IWF betreut wird), die Ukraine
als ohnehin kaputtem Land und der Überraschungskandidat Polen, wo
man sich gleich doppelt in der Zange befindet.
Nicht nur sind es
die hohen in US-Dollar gehaltenen Schulden Polens, die das Land über
den Rand drücken könnten, sondern auch die enge Verzahnung mit der
EU. Sollte der Euro abwerten, dann wird der Zloty mit abwerten müssen,
um die Realwirtschaft nicht zu gefährden. Sollte das aber getan
werden, dann lauert direkt dahinter der 350 Milliarden Dollar schwere
Schuldenzementblock, der die polnische Volkswirtschaft
mit 3,3% des BIPs belasten würde, wenn es nur eine fünf Prozent
große Änderung der Wertrelation zwischen Dollar und Zloty gibt.
Sperenzchen wie das
so sehnlichst herbei gewünschte „Fort Trump“, für das die Polen
sogar bereit wären, jährlich eine Milliarde Dollar zuzuschießen wären
damit genauso passe, wie eine auch nur dem Schein nach gelebte
Autonomie von den verbliebenen Geldtöpfen im Dreieck
Brüssel-Berlin-Frankfurt, die vermutlich erst nach jenen in Warschau leer sein werden.
Fakt ist jedoch,
dass längst nicht nur Polen sehr schnell in den Strudel geriete,
sondern fast die komplette Weltwirtschaft. Unter den großen Ländern
sind es lediglich die Vereinigten Staaten, die zunächst zumindest
mit einem blauen Auge davon kommen könnten, weil sie die Reserve- und
damit Fluchtwährung stellen. Mittelfristig wird aber auch die
US-Wirtschaft genauso abstürzen wie der Rest.
Gewisse Chancen kann
man dazu noch Russland einräumen, das zwar stark abhängig ist vom
Export von Rohstoffen, das allerdings seit der Einführung von
Wirtschaftssanktionen vor einigen Jahren dazu überging, den
Binnenmarkt zu entwickeln. Dies wird dem Land gemeinsam mit der
rohstoffseitigen Autarkie eine gewisse Federung bieten.
Ansonsten wird
eventuell noch die Schweiz aufgrund der von der SNB gehaltenen Aktiva relativ sicher sein, sowie Norwegen als eines der wenigen Länder mit
einem prall gefüllten Konto für schlechte Zeiten – wobei in
beiden Fällen die Betonung auf relativ liegt.
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