Staatsklüngel beim jährlichen Kulturspaß auf Staatskosten (Bildquelle) |
Glaubt man
Wikipedia, dann liegt die deutsche Staatsquote aktuell bei etwa 44
Prozent mit einer leicht fallenden Tendenz. Aber stimmt das
überhaupt? Der Wert besteht aus den staatlichen
Ausgaben aller administrativen Ebene, die aufsummiert ins Verhältnis
zum BIP gesetzt werden. Heraus kommt dann der prozentuale Anteil des Staates. Was aber ist mit den Unternehmensbeteiligungen des
Staates? Telekom, Sparkassen und andere Unternehmen werden zwar
privat geführt, aber sie gehören ganz oder teilweise der
öffentlichen Hand. Das heißt, sie werden auch von diesen
kontrolliert, die Politik bestimmt ihre Geschäftstätigkeit. In
einer ehrlichen Rechnung müssten diese zur offiziellen Staatsquote
hinzugezählt werden.
Für eine Gesamterfassung gibt es viel zu viele Staatsbeteiligungen
Das Netz staatlicher
Unternehmensbeteiligungen des Bundes, der Länder und Gemeinden ist
umfangreich und nicht immer transparent ausgewiesen. Zwar
veröffentlichen die verantwortlichen Stellen Beteiligungskataloge
inklusive aller relevanten Kennzahlen, an denen ich mich für diesen
Überblick orientiert habe, allerdings werden Subunternehmen dieser
staatlichen Beteiligungen meist nicht ausgewiesen. Eine Ausnahme
bildet die Deutsche Bahn mit etwa zwei Dutzend Ausgründungen, aber
auch hier ist fraglich, ob auch wirklich alle aufgelistet sind. In anderen Fällen,
wie etwa dem Uniklinikum Heidelberg fehlt ein Teil der
Geschäftszahlen. Ausgewiesen wird im Beteiligungskatalog Baden-Württembergs ein Umsatz
von 257,9 Millionen Euro, schaut man aber im Geschäftsbericht des
Klinikums selbst nach, dann findet man eine Zahl jenseits von einer
Milliarde.
Hinzu kommt die
Problematik der Zurechnung. Die staatlichen Anteile werden zwar
ausgewiesen, wodurch die Umsätze aufgeschlüsselt und zugerechnet
werden können, jedoch gibt es zahlreiche Unternehmen, die vor allem
von staatlichen Zuschüssen leben wie etwa Forschungseinrichtungen.
Hier ist die Frage, inwiefern deren staatlicher Umsatz doppelt
gerechnet wird, wenn man deren Geschäftstätigkeit zu den
staatlichen Budgetaufwendungen hinzuzählt.
Nicht zuletzt gibt
es die EU, den Bund, die Länder, sowie Landkreise und Gemeinden, die
alle im Besitz von Unternehmensanteilen sind. Es wären also weit über 1.000 Gebietskörperschaften, deren mehrere hundert
Seiten starke Kataloge durchgearbeitet werden müssten für einen
exakten Überblick.
Zusätzlich dazu müsste man bei allen
Beteiligungen nachsehen, welche Subunternehmen sich ganz oder
teilweise in deren Besitz befinden und überprüfen, inwiefern sie
aufgrund ihrer Tätigkeit in den Bereich des Bruttoinlandsprodukts
fallen oder zum Bruttosozialprodukt gezählt werden müssten.
Dies ist im
Rahmen eines kleinen Blogartikels nicht möglich, sondern wäre eher
einer Dissertation würdig. Daher habe ich mich bei der Analyse
beschränkt auf drei Gebietskörperschaften. Den Bund, das Land
Baden-Württemberg und den Stadtkreis Heilbronn. Ich denke, das reicht aus für einen groben und dennoch zuverlässigen
Überblick auf die Gesamtsituation im Bereich der dunklen Staatsquote
in Deutschland.
Staatsbetriebe als Schlaraffenland für Politiker, Funktionäre und sonstige Würdenträger
Die Bedeutung
staatlicher Beteiligungen als politisches Betätigungsfeld wird
deutlich, wenn man sich klar macht, dass in den Aufsichtsräten
Politiker sitzen und teilweise auch in den Vorständen, wo
„verdiente“ Politiker nach ihrer Abwahl ein mitunter fürstliches
Gnadenbrot erhalten. Der gelernte Sonderschullehrer Sigmar Gabriel
ist nur ein aktuelles Beispiel für diese Praxis, er darf heute
Bahnexperte spielen.
In
Unternehmen mit Staatsbeteiligung können Politiker quasi frei
schalten und walten. Kein Wähler kommt nahe genug heran, da die
privatrechtliche Form eine effektive Kontrolle von außen verhindert. Zudem sind die
Arbeitnehmervertretungen ebenfalls größtenteils politisiert und
linksdogmatisch einjustiert, was eine innere Kontrolle durch die Arbeitnehmer und Bürger erschwert. Lediglich Verluste durch diese
Unternehmen, oder Gebührenanhebungen im Fall kommunaler Versorger mit Monopol sind ein Zeichen für deren Misswirtschaft.
Effektiv aber stehen
Tür und Tor offen für Experimente, die man dem Wähler von der
Amtsstube aus nicht zumuten kann. Von sozialistischer Gleichmacherei
in den Managementebenen bis hin zu ökofundamentalistischen
Speiseplänen für die Mitarbeiter findet sich wirklich alles in den staatskapitalistisch geführten Unternehmen.
Ein besonders
imposantes Beispiel für ein politisiertes Unternehmen ist die Volkswagen AG, die sich zu 20
Prozent im Besitz des Landes Niedersachsen befindet. Im Überblick
weiter unten kommen beide nicht vor, aber ich möchte an dem Beispiel
kurz ausführen, wie mächtig und anziehend diese Staatsbeteiligungen
für die politische Klasse eigentlich sind.
Volkswagen hat
weltweit einen Jahresumsatz von deutlich über 200 Milliarden Euro
und mehrere hunderttausend Mitarbeiter, wobei die Produktions- und
Händlernetze weltweit verstreut sind. Mit der globalen
Ausrichtung wird ein Gutteil des Umsatzes also nicht am Stammsitz des
Autoherstellers erzielt, sondern auswärts. Trotzdem ist Volkswagen
eine extreme Hausmacht für die Politik des Landes. Nimmt man an -
das ist eine Schätzung ins Blaue - dass ein Drittel des VW Umsatzes zum
BIP Niedersachsens hinzugezählt werden kann, dann kontrolliert die
Landesregierung allein über die Landesbeteiligung an VW 5% der
gesamten Wirtschaftsleistung des Bundeslandes.
Zählt man hier noch
die normalen Landesausgaben von etwa 10-15% des BIP hinzu, dann wird
ersichtlich, welche insgeheime Gestaltungsmacht in den Händen der
Politiker liegt. Denn das ist noch lange nicht alles. Die Kreise
verfügen über Milliardenwerte (vor allem Elektrizitätswerke) und viele Gemeinden nennen ebenfalls große Unternehmensbeteiligungen ihr Eigen. Hinzu kommt in der
Regel ein üppiger offizieller Haushalt und nicht zuletzt gibt es noch
Bundesausgaben und Unternehmen mit Bundesbeteiligung.
Niedersachsen mag
aufgrund der besonderen Situation mit Volkswagen eine Ausnahme bilden, da ich
vermute, die dunkle Staatsquote in dem Land ist überdurchschnittlich
hoch. Die Tendenz aber ist überall die gleiche. Unsere Politik, sie
herrscht über ein unvorstellbar großes und mächtiges Netzwerk an
Unternehmen und Budgets und sie beeinflusst uns alle damit jenseits der rein politischen Gestaltungskraft bei weitem
mehr, als wir uns vorstellen können.
Der Bund, Baden-Württemberg und Heilbronn
Die Kataloge des
Bundes und für
Baden-Württemberg enthalten die Beteiligungen aus dem Jahr 2017,
während im aktuellsten für Heilbronn die Zahlen für das Jahr 2016 zu finden sind.
Heilbronn habe ich mehr oder weniger zufällig gewählt. Die
tieferen Gründe bestehen darin, dass die Stadt durchschnittlich groß ist und es
sich dabei um einen Stadtkreis handelt und daher Landkreis und
Gemeinde zusammenfallen. Das macht weniger Arbeit beim Recherchieren.
Stadtkreis
Heilbronn
Insgesamt sind im
Heilbronner Katalog 27 Unternehmensbeteiligungen mit einem Umsatz verzeichnet. Der Gesamtumsatz der
Beteiligungen belief sich 2016 im Fall von Heilbronn auf knapp 445 Millionen
Euro. Mit Abstand am
meisten Geld verdient der Heilbronn mit seiner 46% Beteiligung an den
Südwestdeutschen Salzwerken. Etwa 20 Millionen Euro erhielt die
Stadt im Jahr 2016 von dem Unternehmen, das einen Umsatz von etwas
mehr als 100 Millionen Euro erwirtschaftet.
Davon abziehen muss man noch alle Beteiligungen, die es ohne
Zuwendungen aus dem Haushalt der Stadt nicht gäbe, wie etwa das
Theater. Genaue Zahlen habe ich aufgrund des ausufernden Aufwandes
nicht herausgesucht, nehme aber großzügig an, dass 25% der Umsätze
aller Beteiligungen direkt aus der Stadtkasse stammen.
Netto bleiben
334 Millionen Euro an Umsätzen übrig, die der Stadtkreis Heilbronn
im Jahr 2016 mit seinen Unternehmensbeteiligungen erzielen konnte.
Zu
diesem Betrag hinzuaddieren muss man noch die offiziellen
Haushaltsausgaben, die sich im
Haushaltsplan auf Seite 144
unter „Ordentliche Aufwendungen“ finden. Am Ergebnis von 2015 und
den Ansätzen für 2016 ff sieht man, dass am Ende regelmäßig mehr ausgegeben wird als geplant war. Daher werde ich 430
Millionen Euro annehmen als Gesamtausgaben von Heilbronn. (Man beachte auch die in grau gehaltenen
roten Zahlen unter „Ordentliches Ergebnis“)
Alles in allem ist die
Politik von Heilbronn also direkt oder indirekt involviert an
Geschäften in Höhe von ungefähr 786 Millionen Euro. Diese in
Relation gesetzt zum BIP
der Kreisstadt in Höhe von 6,4 Milliarden Euro ergibt
eine dunkle Staatsquote alleine durch die Stadt von etwa 11,9 Prozent
(die BIP Zahl stammt von 2015).
Bundesland
Baden-Württemberg
Die
Unternehmensbeteiligungen Baden-Württembergs erzielten im Jahr 2017
zusammen einen Umsatz von gut 12,9 Milliarden Euro. Mit großem
Abstand größter Umsatzbringer ist die vor einigen Jahren
zurückgekaufte EnBW mit etwas mehr als 9,8 Milliarden Umsatz. Einen
Sonderfall nimmt die LBBW ein, für die ich nur den Zinsüberschuss
berücksichtigt habe (dies gilt für alle Banken in der Analyse).
Würde man deren Bilanzsumme als Maßstab politischen Handelns in der
Wirtschaft zur Grundlage nehmen, dann läge die
dunkle Staatsquote jenseits von 100%. Das aber würde der Analyse
einen Gutteil ihres Wertes nehmen. Deswegen nur deren Gewinn.
Wie auch schon im
Fall von Heilbronn gibt es einige Landesbeteiligungen, die vor
allem von Zuwendungen aus der Landeskasse leben, wie etwa die
Filmakademie. Diese Zuwendungen werde ich auch hier großzügig mit
25% annehmen, so dass am Ende ein Gesamtumsatz unter Beteiligung der
Landespolitik Baden-Württembergs von 9,7 Milliarden Euro stehen
bleibt für das Jahr 2017.
Gleichzeitig plant die grün-schwarze
Landesregierung in Stuttgart für das Jahr 2018 Ausgaben
in Höhe von 50,5 Milliarden Euro. Zusammen mit den
Beteiligungsumsätzen ergeben sich damit 60,2 Milliarden Euro, die in
Relation zum baden-württembergischen
BIP von circa 493 Milliarden Euro im Jahr 2017 gesetzt werden.
Heraus kommt eine dunkle Staatsquote durch das Land von gut 12,2
Prozent.
Das Bundesregime
Der Katalog mit den
Beteiligungen des Bundes umfasst 75 Unternehmen, die 2017 einen
Umsatz erzielten. Größter Brocken ist die Deutsche Bahn mit über
41 Milliarden Euro. Indirekt ist der Anteil der Staatsbahn sogar noch
um einiges größer, da die einzelnen Sparten wie DB Regio oder der
Netzbetrieb ausgelagert sind. (Einige davon sind im Katalog doppelt
verzeichnet, weshalb man ihren Anteil vom Bahn Umsatz abziehen muss.)
Insgesamt kamen die
Beteiligungen des Bundes auf knapp 143 Milliarden Euro Umsatz, wobei
hier besonders zu beachten gilt, dass etwa die
Post oder die Telekom sicherlich zahlreiche Subunternehmen ihr Eigen
nennen, deren Umsätze nicht gelistet sind. Es gibt entsprechend noch eine weitaus
dunklere Staatsquote in signifikanter Größe, als jene die ich hier
überschlagsmäßig berechne.
Der nächste
politische Posten und Umsatzbringer sind die GEZ Medien. Leider ist
man beim „Beitragsservice“ nicht allzu kundenorientiert, weshalb
nur die definitive
Zahl für 2014 vorliegt. Damals waren es gut 8,3 Milliarden Euro, die reinkamen, wobei nicht sicher ist, ob auch die Werbeeinnahmen dabei sind und ob die Ausgaben höher lagen als die Einnahmen. Es könnten also mehr gewesen sein als 8,3 Milliarden.
Fast vergessen hätte
ich die Kirchensteuer,
die sich im Jahr 2016 für die beiden Staatskirchen auf 11,6
Milliarden Euro belief. Deren unternehmerische
Aktivitäten sollen hier außen vor bleiben, zumal die Kirchensteuer insgesamt auch
nur bedingt zu den dunklen Staatsausgaben passt, da die Zahlungen
freiwillig geleistet werden.
Als nächstes kommt
das deutsche Sozialversicherungssystem in den Topf. Die
Arbeitsagentur
gab im vergangenen Jahr 37,8 Milliarden Euro aus, die Ausgaben der
Pflegeversicherung
beliefen sich auf 38,5 Milliarden Euro, das System der gesetzlichen
Krankenversicherung
benötigte ungefähr 226,2 Milliarden Euro und die deutsche
Rentenversicherung
verteilte 293,8 Milliarden Euro. Als Ganzes kostete uns das
Sozialversicherungssystem im letzten Jahr ungefähr 596,3 Milliarden
Euro.
Schließlich kommt
noch das eigentliche Haushaltsbudget des Bundes hinzu.Von der Bruttozahl von 329,1 Milliarden Euro muss
aber noch der größte Posten abgezogen werden. Es ist jener für
„Arbeit und Soziales“, da die Gelder direkt an die Sozialkassen
fließen, um diese vom Kollaps abzuhalten. Nicht sicher bin ich mir
beim Posten für das Gesundheitsministerium, werde die Gelder daraus
aber ebenfalls abziehen. Heraus kommen damit erstaunlich harmlose 176,3
Milliarden Euro für den Kern des Bundeshaushalts.
Im
Direktvergleich des Staatshaushaltes mit den Umsätzen der Bundesbeteiligung sieht man, wie
wichtig letztere sind. Sie liegen lediglich um 20% unter dem Kernbundeshaushalt.
Für die finale
Summe möchte ich auch bei den Bundesbeteiligungen annehmen, dass 25%
ihres Umsatzes direkt aus der Staatskasse erfolgen, wodurch sich
deren Nettoumsatz auf 107,3 Milliarden Euro reduziert. Alle Posten
auf Bundesebene zusammen ergeben beeindruckende 899,8 Milliarden Euro. Da das
deutsche BIP im letzten Jahr offiziell 3,26 Billionen
Euro betrug, lag die dunkle Staatsquote des Bundes folglich bei über
27,6%.
Zusammenfassung und Einordnung
Rechnen wir also
einmal alles zusammen:
- Heilbronns dunkle Staatsquote liegt bei 11,9%.
- Baden-Württembergs dunkle Staatsquote liegt bei 12,2%.
- Die dunkle Staatsquote des Bundes liegt bei 27,2%.
Alle Ebenen zusammen - mit
konservativen Annahmen und unter Ignoranz der EU - ergeben gemeinsam unterm Strich eine dunkle Staatsquote von 51,3 Prozent.
Rechnet man die
einzelnen Ausgabenanteile aller administrativen Ebenen pro Kopf hoch,
dann kommt man sogar auf einen noch viel höheren Anteil. Auf den
durchschnittlichen Heilbronner fallen über 6.300 Euro, der
durchschnittliche Baden-Württemberger vereint auf sich mindestens
5.400 Euro und pro Bundesbürger kommen noch einmal 10.900 Euro oben
drauf.
Zusammen sind dies 22.600 Euro, die im Verhältnis zum pro-Kopf
BIP Deutschlands von 40.200 Euro eine dunkle Staatsquote von über
56,2% implizieren.
Die deutsche
Staatlichkeit und damit ihre in Parteien organisierten Politiker,
Funktionäre und sonstigen Würdenträger haben also Einfluss auf
weit mehr als die Hälfte der Wirtschaftstätigkeit im Land und dies auf
allen Ebenen und in allen Wirtschaftssektoren. Vom international
aufgestellten Technologiegroßunternehmen bis hin zum Töpferkurs in
der letzten Volkshochschule haben Politiker eine Gestaltungsmacht, die ihnen nicht parlamentarisch verliehen wird.
Wozu der Staat im Zeitalter von Uber, Ryanair und Flexibus aber unbedingt ein eigenes Reisebusunternehmen
braucht, oder warum unsere Funktionseliten mit einer Schwäche für
Wagner so sehr auf einen Rabatt
auf ihre Festivaleintrittspreise bestehen, erschließt sich
nicht. Also abgesehen vom immerwährenden Bedarf für goldene
Fallschirme und Klüngelgelegenheiten.
Viel schlimmer
als das jedoch ist der Gedanke, dass in all den Gremien,
Aufsichtsräten, Verwaltungsorganen und Betriebsinstanzen Personen
sitzen, die zwar nicht viel von unternehmerischer
Tätigkeit verstehen oder halten, dafür aber sehr viel
von Sozialismus, Revolution und
Umerziehung.
Die Liste mit allen Beteiligungen des Bundes, Baden-Württembergs und Heilbronns findet sich hier als Excel/ODS-Datei.
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