Mit der permanenten Internetverbindung in die Abhängigkeit und der ausgetrampelte Pfad aus ihr heraus

 Mehr als nur ein Museumsstück (Bildquelle)


Das „Internet of Things“ und die Abgründe der totalen Konnektivität



Unaufhaltsam schreitet die Zukunft voran. Von Digitalisierung bis Genetik sind wir heute absehbar auf dem Weg, die Kontrolle über unsere (bio-)technische Infrastruktur zu verlieren, da wir sie immer weniger verstehen und bei der Handhabung vor allem wenn es Probleme gibt auf Dritte angewiesen sind. Kleine Rückschritte wie aktuell das Coronavirus sind da bereits eingepreist und können die weitere Expansion der menschengemachten Erfindungsgabe mit der Marschroute in Richtung unser innerster Lebensbereiche kaum aufhalten.

Derzeit heiß debattiert, wenngleich obsolet hinsichtlich des Fazit, ist das 5G Drahtlosinternet. Die Technologie ist marktreif, die Gewinnmargen stehen in Aussicht und wie üblich winken uns „grenzenlose Möglichkeiten“ mit der permanenten Hochgeschwindigkeitsanbindung an das globale Netz.

Kaum ein Konzern oder Investor wird sich da noch die Kirschen vom Kuchen nehmen – nicht zu sprechen von den Staatswesen unserer Welt, die sich auf eine Datenflut sondergleichen freuen dürfen. Deren Qualität wird so exquisit sein oder gar noch besser, wie einst nur die Verhörprotokolle der Inquisition. Den Stand der DDR, wo dereinst ein Insasse von dreißig offen oder verdeckt mit der Informationsbeschaffung der intimen Sorte beschäftigt war, haben wir längst hinter uns gelassen.

Doch was bringt uns diese neue Ära? Im großen sind es vernetzte Autos für „autonomes Fahren“ und im Kleinen sind es die allgegenwärtigen Hemmer der Aufmerksamkeit genannt Smartphpnes. Zwischen beidem liegen Welten beim Volumen, wobei spätestens mit der nächsten Produktüberarbeitung vom Föhn bis zur Waschmaschine alles über eine Platine verfügen wird, die uns - oder sie - permanent mit den Weiten des Web verbindet. Die Ironie dabei und der Grund, weshalb das autonome Fahren vor zwei Sätzen in Anführungsstrichen steht, besteht darin, dass wer für eine Aktivität ständig mit dem Internet verbunden sein muss, der ist nicht autonom, sondern abhängig.

So weit scheint das jedoch noch keinem aufgefallen sein. So freuen wir uns alle darüber, dass Alexa absehbar weiß, wie viele Joghurts wir noch im Kühlschrank haben und wann spätestens wir diese essen sollten, damit die Kloschüssel keinen Arzttermin verabreden muss. Ebenso wird sich der Toaster im Hintergrund mit der Kaffeemaschine über die jeweils optimale Röstzeit beider Frühstücksbeilagen absprechen können, während wir noch gähnend die Zeitung aus dem Briefkasten holen. Ach ne,halt. Da war doch was.

Mit dieser Totalvernetzung wird die Konsumqualität zwangsläufig steigen, so viel ist klar. Eine von mehreren Fragen ist jedoch, ob dadurch auch unsere Lebensqualität steigen wird. Es ist nun einmal so, dass unser Leben von Routinen geprägt ist und deren Wegfall ohne einen adäquaten Ersatz zu einer kleinen Leere in unserem Alltag führt. 

Manche mögen den Zugewinn an Zeit mit dem Streicheln der Katze füllen, oder einem Gespräch mit dem Kind. Das jedoch könnte zu Problemen mit dem Vermieter führen, der Roboterhaustiere über echte bevorzugt und es könnte zu noch viel größeren Problemen mit dem eigenen Kind führen, das sich schon zu Beginn des Tages in seiner Chatgruppe melden will.

Doch selbst wenn diese Leere nicht mit der Quantität eines Alltagsrauschens gefüllt werden sollte, sondern mit echter Lebenszeit, dann lauern da noch immer die Abgründe der totalen Konnektivität mit allem da außen. Es handelt sich dabei um ein Ding, das so monströs sein könnte wie es abstrakt daher kommt, so dass man es kaum fassen kann – und zwar buchstäblich wie im übertragenen Sinn. 

Mit der totalen Konnektivität kommen Risiken, die von Manipulation bis Zwang reichen und denen man sich nicht nur nicht entziehen kann, und die man in keinster Weise einschätzen kann, sondern die auch urplötzlich und unisono in einer Weise auf einen einschlagen können, wie es sonst nur ein Klavier vermag, das gerade mit unzureichenden Gurten aus dem vierten Stock gehoben wird.

Selbstredend ist die totale Konnektivität rein nutzenorientiert. Denn wer mag schon nicht auf dem laufenden sein über eine sich im Anberaumen befindliche Fahrbahnglätte 3 Kilometer voraus. Oder wer will noch mit der alten Software den Wischmob bedienen oder die Klobürste, wenn gerade ein neuer Satz Emoticons auf den Markt geworfen wurde, die uns noch besser anzeigen, wie gut wir schrubben.

Man muss erst gar nicht an Softwarefehler denken, die den Spiegel im Bad grundlos dazu bringen könnten, keine Meldungen mehr auf Deutsch anzuzeigen, sondern mit kyrillischen Schriftzeichen und einem halbnackten Putin als Titelbild. So etwas mag passieren, aber ist das nicht schon eingepreist? Selbst Hacker, die unsere Kameras übernehmen und die intimsten Momente auf einen Drittserver zur Erpressung verschicken, sind nur ein Element von vielen, dem im Zweifel mit einem Streifen Klebeband beigekommen werden kann.

Das wohl schlimmste an der totalen Konnektivität vielmehr, das hinter all den Oberflächenphänomenen lauert, das sich aber nie zeigt bis zu jenem Augenblick, in dem es uns alles nimmt, ist die Tatsache, dass wir nicht mehr Herr über unsere Sachen sein werden. Dabei nicht gemeint ist dieser Englizismus der „Sharing Economy“, der wie das „Internet of Things“ in den letzten Jahren auf dem Ramschtisch postmoderner Digitalmoden gehandelt wurde. Denn „shart“ man etwas - oder für die Ewiggestrigen - teilt man etwas, dann weiß man noch immer um seinen Status als temporärer Besitzer.

Mit der totalen Konnektivität jedoch wird unser Zustand als ökonomisches Subjekt nicht mehr abgrenzbar sein. Denn man mag zwar bezahlt haben für den Multifunktiontisch in der Küche, wodurch er zumindest in klassischer Interpretation zum Eigentum wird, aber er wird uns nichts bringen als Eigentum, wenn wir nicht gleichzeitig dessen Mieter bleiben. Etwa, wenn man Softwareaktualisierungen bezahlen muss oder eine Funktionserweiterung möchte. Früher ging man einfach in den Laden und kaufte sich die anschraubbare Raspel. Morgen dagegen könnte es so sein, dass man den Tisch erst geldwert aktualisieren muss, um die neue App für den optimalen Auberginenschnitt in den Tisch integrieren zu dürfen.

Doch selbst diese Aussicht ist noch nicht die letzte Stufe. Denn noch ist die Obsoleszenz nicht verboten und mein innerer Prophet meint, sie wird es auch nie sein. So könnte mit jedem Tisch, der erhältlich ist die Bedingung kommen, regelmäßig ein neues Softwarepaket aufzuspielen, da ansonsten „die volle Funktionsfähigkeit“ nicht garantiert werden kann. Das Produkt selbst aber kann natürlich nur verwendet werden, wenn diese vollumfänglich gegeben ist und so wird man zum Dauermieter seiner eigenen Besitztümer.

Und wer nicht zahlt? Nun, dann klappt sich der Tisch einfach zusammen. Aber man kann in dem Fall doch einfach bei der Konkurrenz einkaufen? Auch das steht in den Sternen, also in den Regulierungssternen. Unsere Obrigkeit hat mehr als nur einmal bewiesen, dass sie Regeln setzen kann, die dafür sorgen, dass sich der Markt - sei es für Tische oder Staubsauger oder Glühbirnen - so drehen muss, dass man am Ende effektiv die Wahl hat zu zahlen oder eben auf dem Boden zu essen.

Noch mag das eine dystopische Phantasie sein, dass wir bald schon ausgesperrt werden vom Recht auf Eigentum. Dank der totalen Konnektivität aber hat sich dieses Szenario zu einem realen gemausert. Ablesen lässt sich dies als Tendenz in der Landwirtschaftsindustrie, die sich ähnlich wie jene für Pornografie, als Testfeld dient für technische Neuerungen, wo all jenes probiert wird, mit dem wir alle beglückt werden könnten.

Das gute ist, eine erste Reaktion darauf ist bereits auf dem Weg. In Minnesota, einem ländlich geprägten Bundesstaat der USA, hat sich ein klassisch betriebswirtschaftlich orientierter Widerstand entwickelt gegen diese Entwicklung hin zur erzwungenen de facto Dauermiete des Eigentums. Denn immer mehr Landwirte kehren dort der vernetzten Zukunft teurer Abhängigkeiten den Rücken und besinnen sich auf das, was vor der großen Digitalisierung für sie funktionierte. Es wird sich zeigen, ob sie durchsetzen können gegen die Macht der Drohnen und den staatlichen Zwang.



Star Tribune: Technikbegeisterte Landwirte im Mittleren Westen stürzen sich neuerdings auf 40 Jahre alte Traktoren



Auf seinen 2.000 Hektar Land im Nordwesten von Minnesota baut der Bauer Kris Folland Mais, Weizen und Sojabohnen an und überdies züchtet Rinder auf seinem Hof. Er spielt also mit im Geschäft, als er aber zuletzt einen neuen Traktor kaufte, da entschied er sich für einen Oldtimer – einen John Deere 4440 aus dem Jahr 1979.

Alles, was er nachrüstete war eine Satellitennavigation und nun verwenden er und seine Kinder den selbst aufgerüsteten Traktor zum Füttern der Kühe, zum Bestellen der Feldern und zum Betrieb der hauseigenen Getreidemühle. Das Beste daran? Der Traktor kostete gerade einmal 18.000 Dollar verglichen mit über 150.000 Dollar, die ein neuer Traktor gekostet hätte. Und falls Reparaturen anfallen, dann kann Folland selbst Hand anlegen und braucht nicht einmal einen Computer dafür.

„Das ist immer noch ein wirklich guter Traktor“, meint Folland, der noch zwei weitere Traktoren mit Baujahr vor 1982 sein Eigen nennt.

„Sie kosten einen Bruchteil der neuen Maschinen, und dann sind auch die Betriebskosten viel geringer, weil sie so viel einfacher zu reparieren sind“, sagte er.

Tatsächlich gehören Traktoren, die in den späten 1970er und in den 1980er Jahren hergestellt wurden, heute zu den begehrtesten Handelswaren auf den Landwirtschaftsauktionen im Mittleren Westen - und das nicht, weil es sich dabei um Antiquitäten handelt.

Vielmehr suchen kostenbewusste Landwirte nach Schnäppchen und die Traktoren aus dieser Ära qualitativ hochwertig und erfüllen ihre Funktion, während sie gleichzeitig aber nicht so kompliziert oder teuer zu reparieren sind wie neuere Modelle mit Computersteuerung.

„Das ist ein Trend, der sich immer mehr durchsetzt. Die Schwierigkeiten in der Landwirtschaft in den letzten Jahren haben den Trend stark beschleunigt hat“, sagte Greg Peterson, Gründer von Machinery Pete, einem Unternehmen für landwirtschaftliche Maschinendaten in Rochester.

„Der Affinitätsfaktor spielt zwar eine Rolle, wenn man mit diesen Traktoren aufgewachsen ist, aber er geht weit darüber hinaus“, sagte Peterson. „Diese alten Traktoren sind mehr oder weniger kugelsicher. Man mit ihnen problemlos 15.000 Stunden abreißen, und wenn dann einmal etwas kaputt geht, kann man es in einfacher Weise selbst reparieren.“

BigIron Auctions, ein in Nebraska ansässiger Händler, der im vergangenen Monat in zwei Tagen 3.300 landwirtschaftliche Geräte online versteigert hat, verkaufte im Jahr 2019 insgesamt 27 Traktoren vom Modell John Deere 4440.

John Deere baute das Modell zwischen 1977 und 1982 in einem Werk in Waterloo, das als der beliebteste Traktor der „Iron Horse“-Serie des Unternehmens gilt. Der Grund dafür liegt an den Motoren, die mit einer größeren Leistung ausgestattet sind, und daher insgesamt robustere Komponenten benötigten als andere Traktoren. Es waren auch die ersten Traktoren, die mit einer großen und stabilen Kabine ausgestattet waren, was damals eine Neuerung war, heute aber zum Standard gehört.

Der Verkauf eines dieser Traktoren in gutem Zustand und mit geringen Betriebsstunden - die Traktoren halten in der Regel 12.000 bis 15.000 Stunden durch – löst heute regelrechte Wettkämpfe um das höchste Gebot aus. Beispielsweise wurde im April letzten Jahres ein 1980er John Deere 4440 mit 2.147 Betriebsstunden bei der Versteigerung eines landwirtschaftlichen Anwesens in Lake City für 43.500 Dollar verkauft. Im August wiederum erzielte ein 1979er John Deere 4640 mit nur 826 Stunden Betriebszeit bei einer Auktion in Bingham Lake einen Preis von 61.000 Dollar.

„Diese älteren Traktoren sind ziemlich gut, wenn sie gepflegt und gewartet wurden“, meint Mark Stock, einer der Mitbegründer von BigIron.

Die Traktoren verfügen über genügend PS, um für sämtliche Arbeiten auf den Höfen verwendet zu werden, wobei selbst der Rekordpreis von 61.000 Dollar, die der Traktor in Bingham Lake erzielte, einem Schnäppchen gleichkommt verglichen mit dem, was neuere Traktoren mit ähnlicher Leistung kosten.

Einer der großen Reize ältere Traktoren ist die Abwesenheit komplexer Technik. Die Landwirte reparieren gerne selbst alles zu Hause und geben nur ungern viel Geld aus für einen externen Mechaniker.

„Wenn bei den neueren Maschinen etwas kaputt geht, dann braucht man einen Computer, um es reparieren zu können“, sagte Stock.

Die Software in neueren Modellen hat aber durchaus Vorteile, so Peterson. Beispielsweise geht bei einem drohenden Defekt direkt eine Fehlermeldung an den Händler raus, so dass dieser den Landwirt im Voraus kontaktieren kann, um das Problem im Keim zu ersticken. Sollte dann aber wirklich etwas kaputt sein, dann sitzt der Landwirt völlig machtlos im Traktor auf dem Feld fest, und muss dort auf einen Außendienstmechaniker des Händlers warten, der die Reparatur durchführt und dafür bis zu 150 Dollar pro Stunde verlangt.

„Das widerspricht dem Stolz des Besitzers und den Fähigkeiten, die man sich im Laufe seines Lebens angeeignet hat, um Dinge zu reparieren“, sagte Peterson.

Die billige Reparatur bei älteren Traktor bedeutet, dass ihre Lebensdauer deutlich verlängert werden kann. Sollte einmal ein neuer Motor oder ein neues Getriebe notwendig werden, dann kann das zwar 10.000 bis 15.000 Dollar kosten, allerdings ist der Traktor dann fit für weitere 10 bis 15 Jahre.

Folland nennt aktuell zwei Versatile 875 aus den frühen 1980er Jahren sein Eigen, sowie den John Deere 4440 mit 9.000 Betriebsstunden, den er im letzten Jahr kaufte, wobei er davon ausgeht, dass der Traktor weitere 5.000 Betriebsstunden leisten kann, bevor er eine größere Reparatur notwendig sein wird.

„Eine teure Reparatur würde 15.000 bis 20.000 Dollar kosten, allerdings liegt das immer noch weit unter dem Preis für einen neuen Traktor, die 150.000 bis 250.000 Dollar kosten. Die Reparatur verschlingt nur einen Bruchteil der Kosten“, sagte Folland. „Deshalb sind diese Modelle so beliebt. Sie haben sich bewährt, sie sind gut gebaut, leicht zu reparieren und es ist einfach, Ersatzteile zu bekommen.“

Er sagte auch, dass die neueren Dieselmotoren bei Traktoren mechanische Probleme verursachen können, während die CO2-Emissionen älterer Traktoren durch die Verwendung von Biodiesel verringert werden können. Dabei ist der Biodiesel, der zumeist aus den in Minnesota angebauten Sojabohnen besteht, gut für die Lebensdauer des Motors, da er besser schmiert als herkömmlicher Dieselkraftstoff.

In Kombination mit der Nostalgie für die Traktoren aus der Jugend eines Bauern, lässt sich damit erklären, warum 30 bis 40 Jahre alte Traktoren heute so sehr gefragt sind. Laut Peterson ist das eine völlig neue Entwicklung, die in der längeren Vergangenheit nicht existierte.

Im Jahr 1989 etwa handelte es sich bei den damals 30 Jahre alten Traktoren um wirkliche Antiquitäten. Ein Traktor von 1959 hätte damals für vielleicht 2.000 oder 3.000 Dollar den Besitzer gewechselt, wobei die Maschinen damals deutlich anders aussahen und eine geringere Funktionalität hatten, wie die Traktoren der 1980er Jahre.

Im Unterschied dazu unterschieden sich Traktoren aus den 1970er und 1980er Jahren jedoch nur noch in geringfügiger Weise von den in den 2000er Jahren produzierten Traktoren. Der bedeutendste Unterschied besteht lediglich in der lästigen Software, sowie in einer Zeit und dem Geld, das für deren Reparatur ausgegeben werden muss. So wird der Kauf von älteren Traktoren zum geschäftlich sinnvollen Entscheidung.

Laut Folland verdiente er an seiner Maisernte im Jahr 2019 besser als der Durchschnitt in Minnesota, obwohl sein Hof an der kanadischen Grenze liegt und er 40 Jahre alte Geräte einsetzt.

„Der Hauptgrund, warum wir den Hof betreiben ist, um Geld damit zu verdienen“, sagte Folland. „Für uns ist der Einsatz älterer Geräte ganz einfach eine Möglichkeit, mit der wir die Kosten pro Erntemenge senken können. Sie verbessern unsere Profitabilität.“




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