Twitter lässt Betrugsmaschen in Präsident Trumps Twitterleiste zu


(Bildquelle)

Gestern Abend schrieb mit ein Leser eine Online Betrugsmethode, auf die er reingefallen ist. Es geht um eine Twitternachricht von Donald Trump und die erste Reaktion eines anderen Nutzers darunter namens „John McAfee“, der sich als Kandidat für die kommende US-Präsidentschaft zu erkennen gab und ein unwiderstehliches Angebot unterbreitete: Jeder, der ihm eine kleine Menge Bitcoin oder Ethereum schickt, der bekommt das Zehnfache dessen zurück. Das klingt betrügerisch, ist in diesem Fall aber etwas komplizierter gelagtert, so dass es die Mischung aus Gier und Naivität (fast) entschuldigt. Vor allem aber deutet es darauf hin, dass Twitter mit Absicht Betrüger in Präsident Trumps Zeitleiste zulässt, und das ist gemeingefährlich.


John McAfee, der Exzentriker



Bei McAfee, nach dem eine bekannte Virensoftware benannt ist die ihn zu einem reichen Mann machte, handelt es sich um einen ausgesprochenen Exzentriker. Er pflegt einen überaus abgehobenen Lebensstil mit mehreren Freundinnen, umgibt sich gerne mit Schusswaffen und hat regelmäßig Ärger mit den US-Behörden aus der Abteilung Finanzamt.

Das hindert ihn nicht daran, sich als öffentliche Person zu gerieren. Unter anderem versuchte er schon amerikanischer Präsident zu werden und gehört zu den bekanntesten Aktivisten für die Blockchain Technologie. In einem seiner bekanntesten Sprüche kündigte er an, sich den Penis amputieren zu lassen, falls Bitcoin bis zum Jahr 2020 nicht die eine Million Dollar Marke knacken sollte.

Wir haben es also zu tun mit einer sehr außergewöhnlichen Persönlichkeit, und es ist alles andere als abwegig, wenn sich dieser Mann ein weiteres Mal zum Präsidentschaftskandidaten erklärt und für die allgemeine Aufmerksamkeit erst einmal eine Runde Bitcoin verschenkt, wie es die prominent platzierte Reaktion unter Trumps Nachricht impliziert.

Wie man mit einigen Klicks in Richtung John McAfees echtem Twitterkonto feststellen kann, dann sieht man keine derartige Ankündigung. Der Nutzer, der unter dem Namen McAfees diese Aktion durchführt ist also ein Betrüger, die Aktion ein Betrugsversuch, neudeutsch ein „Scam“.


Trotzdem fielen sicherlich einige Gierige/Ahnungslose/Naive/Unaufmerksame darauf rein, da sie McAfees Exzentrik kannten und Twitter dahingehend vertrauten, dass Trumps im gleißenden Licht der Weltöffentlichkeit stehendes Konto von Betrügern sauber gehalten wird.


Warum lässt Twitter Betrüger in Präsident Trumps Twitterleiste zu?



Der Tweet mit dem Betrug steht dabei zumindest bei nicht angemeldeten Nutzern ganz oben, da die Nachrichten automatisch geordnet nach der Anzahl an Retweets angezeigt werden, was sehr leicht manipulierbar ist. Dabei wurde die Nachricht mit dem selben Betrugsinhalt im Verlauf von Stunden gleich mehrere Male von verschiedenen sich als McAfee ausgebenden Nutzern unter Trumps Tweet gesetzt.

Dazu stehen unter jeder derartigen Nachricht mehrere vermeintliche Antworten, in denen nach der klassischen Art von Hütchenspielern andere Nutzer den Erfolg bestätigen: „Habe gerade 5 Bitcoin verschickt, es funktioniert. Danke!“. Das alles sind offenbar tote Konten, die von dem Betrüger übernommen wurden, da sie alle entweder nur eine handvoll Nachrichten veröffentlicht haben oder gänzlich inaktiv sind. Deren einziger Zweck besteht also darin, dem oberflächlichen Prüfen standzuhalten.

Wer Twitter als großem und bekannten Dienstleister vertraut, und nicht ganz genau hinsieht, für den ist es kein großer Sprung,  zu Medium.com weiterzuklicken, wo eine „offizielle“ Seite für die vermeintliche Schenkungsaktion eingerichtet wurde. Medium ist dabei die zweite „vertrauenswürdige“ Plattform, auf der es eigentlich nicht möglich sein sollte, dass derartige Betrugsmaschen ablaufen. Dennoch, auch dort präsentiert sich ein Nutzer, der sich als John McAfee ausgibt.

Die Zielseite bei Medium; man achte auf "Draft" links oben (Bildschirmfoto)

Trotz dieser offensichtlichen Betrugsversuche unter der Verwendung eines bekannten Namens existieren der Tweet und die Zielseite auch heute noch und warten auf ihre Opfer. Zwar werden diese Betrugsversuche immer wieder gelöscht, allerdings geschieht das trotz Wiederholung der exakt selben Masche erst nach Stunden.

Hier stellen sich zwei Fragen. Erstens, warum ist es möglich, dass es Betrüger auf so großen und vermeintlich sicheren Seiten für die allgemeine Öffentlichkeit so einfach haben und das vor allem dann, wenn sie in kurzer Zeit wieder und wieder mit dem selben Trick aufwarten?

Denn es wäre nicht schwer, ein Skript zu schreiben, das eine Datenbank mit bekannten Namen abgleicht mit Benutzernamen, da das immer ein Hinweis auf betrügerische Absichten ist. Sobald sich dann jemand bei Twitter, Medium oder andernorts „John McAfee“ oder „Elon Musk“ nennt, dann hat man einen Grund, kurz näher hinzusehen, ob auch alles mit rechten Dingen zugeht. Nichts anderes gilt bei bekannten Betrugsmaschen, da nicht einmal die Botschaft neu formuliert wird oder das Bild mit dem Link verändert wird. Nicht zuletzt sind auch die Kommentare unter den Scams die selben und sie stammen von den selben Personen. Warum werden die beim ersten Mal nicht einfach gesperrt?

Die zweite und im politischen Sinn wesentlich wichtigere Frage ist, warum Twitter das Konto von Trump nicht akribisch sauber hält. Immerhin handelt es sich bei dem Mann um eine der bedeutendsten Personen der Welt, seine Äußerungen bei Twitter sind die mit Abstand wichtigsten und bringen dem Kurznachrichtendienst eine Menge Aufmerksamkeit und Geld ein und sie haben gerichtlich bestätigt einen quasi offiziellen Charakter.

Das Zulassen von Betrügern in diesem Bereich ist, als müsste man vor dem Betreten eines Bürgeramts für das Anmelden eines PKW erst an fünf Ständen mit Männern im Anzug vorbei, die sich als städtische Angestellte ausgeben, und die einem versprechen, die des Autos „schnell“ zu erledigen.

Man muss bedenken, auf Trumps Twitterbotschaft zu Grönland es gab weit über 30.000 Antworten, und alle die sie gesehen oder kommentiert haben sahen als erstes die McAfee Betrugsmasche. Dabei müssten nicht einmal alle 30.000 Reaktionen durchgegangen werden, sondern nur die ersten 100, da selten jemand weiter nach unten scrollt. Es wäre die Pflicht von Twitter, ein Auge darauf zu halten und bei Bedarf sofort einzuschreiten.

Das aber ist nicht der Fall. Warum nicht?

Bei derart vielen Antworten und der Aufmerksamkeit, die Trumps Nachricht erzeugte haben sie vermutlich dutzende Millionen Menschen angesehen. Von diesen ist nur eine kleine Minderheit bei Twitter registriert, so dass sie an erster Stelle immer nur die Betrugsmasche präsentiert bekommen.

Was für ein Interesse hätte Twitter daran, so etwas zuzulassen?


Will man Trump schädigen, indem man Menschen aus aller Welt an seiner Zeitleiste „leiden lassen“ will? Oder will man Fans von Trump schaden, die neugierig auf das sind, was er zu sagen hat und sich dann verleiten lassen? Oder steckt am Ende Twitter selbst dahinter und verdient sich ein paar Bitcoin extra dazu?

Oder treffen etwa alle drei Möglichkeiten zu? Jack Dorsey, der Chef von Twitter, ist ein bekennender Linker und er hasst Trump und entsprechend auch dessen Fans. Die Motive für Grund eins und zwei für das Zulassen eines derartigen Betrugs sind also vorhanden.

Aber auch die Aussicht auf den Profit aus einer derartigen Betrugsmasche kann selbst für einen millionenschweren Silicon Valley CEO und seine Freunde interessant sein – vor allem, wenn man etwas Geld nebenbei benötigt, das man irgendwie an den (Steuer-)Behörden vorbeischleusen muss. Kennt man sich etwas aus in der Materie, dann ist das bei Kryptowährungen herzlich einfach.

Für die Abschätzung des Gewinns, die Dorsey und Freunde möglicherweise einstreichen muss man sich folgendes vergegenwärtigen. Es ist nicht unrealistisch anzunehmen, dass sich weltweit 50 Millionen Menschen Trumps Twitterbotschaft ansehen. Von diesen werfen 80% auch einen Blick auf die ersten Kommentare. Ein Viertel davon ist die Person McAfee bekannt wie auch dessen exzentrische Ader und so lesen sie aus Neugierde den Text. Zehn Prozent davon bemerken nicht, dass es ein Betrug ist und klicken angefixt von dieser neuerlichen verrückten Idee des Mannes den Link an. Auf der Zielseite bemerken dann 99% den Betrug und gehen wieder. Vom Rest schließlich besitzt nur jeder zehnte Bitcoin oder Ethereum, von denen wiederum jeder zehnte beschließt, es einmal zu probieren.

Noch einmal: 50 Millionen * 0,8 * 0,25 * 0,1 * 0,01 * 0,1 * 0,1 = 100

Heraus kommen genau 100 Personen, die Bitcoin oder Ethereum im Gegenwert von mindestens 100 US-Dollar in den Rachen eines Betrügers werfen, der möglicherweise irgendwo in einem klimatisierten Büro im Silicon Valley sitzt. Es sind herzlich einfach verdiente zehntausend Dollar aufwärts. Eine derartig extreme Kapitalisierung einer einzigen Twitternachricht - basierend auf einem kurzen Satz mit einem Foto - ist eine Sache, der kaum jemand widerstehen kann, der über die Macht verfügt, so etwas zuzulassen.

So braucht es einen daher wirklich nicht wundern, wenn bei dem täglichen Gezwitscher von Trump, das in den meisten Fällen um die Welt geht an erster Stelle ein „John McAfee“ bereitsteht mit seinem digitalen Sack zum Abzocken.

Twitter hätte das schon längst unterbinden müssen. Aber das machen sie nicht und daher deutet es auf eine absichtliche Masche hin, die aus dem Konzern selbst kommt.

Lehrgeld für ein Fazit


Der Leser hat sein Lehrgeld nun bezahlt, wobei er meinte, dass er nur den genannten Mindestbetrag schickte. Es hält sich also in Grenzen.

Trotzdem bat er mich noch alle anderen auf den großen Nachteil von Kryptowährungen aufmerksam zu machen. Denn so einfach, dezentral und billig diese Zukunft sein mag, die Transaktionen darin sind zumindest aktuell noch unumkehrbar. Hat man seine digitalen Münzen erst einmal verschickt, dann sind sie weg. So lange das nicht geklärt ist und mit entsprechenden Absicherungen seitens der Systembetreiber versehen ist wird die Technologie nichts für die Allgemeinheit sein.

Daher: Aufpassen!


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