Englische Presse: Deutschlands Militär ist zu einer völligen Witztruppe verkommen

Totalschaden, selbstverschuldet (Bildquelle)

Vor Deutschland muss sich niemand mehr fürchten – das stellte Ursula von der Leyen als Verteidigungsministerin sicher. Doch während die Frau im politischen Machtkartell bis in die luftigen Höhen Brüssels aufsteigen konnte, so hinterlässt sie mit der Bundeswehr einen Scherbenhaufen, der nicht nur seine Kompetenzen verloren hat, sondern auch bei verbündeten Ländern eine Mischung aus Sorgenfalten und Lachanfall auslöst. Denn so lächerlich die Lage sein mag, Deutschlands Militär ist heute so drittklassig, dass es sich nicht einmal mehr als Hilfstruppe für die NATO eignet.


Spectator: Das deutsche Militär ist zu einem kompletten Witz geworden



Es ist nicht schwer, an Zeiten zu denken, in denen die militärische Schwäche Deutschlands europaweit als gute Nachricht begrüßt worden wäre - wobei, vielleicht auch nicht, da ausgerechnet jene deutsche Ministerin, die für den Niedergang des deutschen Militärs verantwortlich gemacht wird, gerade zur neuen Präsidentin der Europäischen Kommission ernannt wurde.

Die jüngste Peinlichkeit für die Bundeswehr - die Stilllegung aller 53 Tiger Hubschrauber in diesem Monat wegen technischer Mängel - ist nur die jüngste einer langen Reihe von Erniedrigungen, die in Ursula von der Leyens Zeit als Verteidigungsministerin fällt. Ein Land, das einst wegen seiner furchtlosen militärischen Effizienz gefürchtet wurde, ist heute nur noch ein Witz unter den europäischen Streitmächten.

Wollte man von der Leyen auf Großbritannien übertragen, dann wäre es wohl eine deutsche Chris Grayling – da sie von von allen Seiten und auch ihrer eigenen für die schlechte Handhabung ihres Ministeriums angegriffen wird. Um mit dem Christdemokraten Rupert Scholz, dem früheren Verteidigungsminister von Helmut Kohl zu sagen: „Der Zustand der Bundeswehr ist katastrophal. Die gesamte Verteidigungsfähigkeit der Bundesrepublik leidet.“

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Dabei wäre es nicht gerecht, alle aktuellen Probleme der Bundeswehr auf von der Leyen zu schieben, der erst ab 2013 Verteidigungsministerin war. Die deutsche Armee war in ihrer Entwicklung zwischen 1945 und 1990 aus verständlichen Gründen eingeschränkt, als die Verteidigung des Landes ohnehin effektiv durch ausländische Mächte bewerkstelligt wurde. Auch heute noch ist Deutschland militärischen Auflagen unterworfen - laut dem Vertrag über die endgültige Beilegung der Streitigkeiten mit Bezug auf Deutschland, mit dem das Land im Jahr 1991 die Souveränität zurück erhielt, sind die deutschen Streitkräfte auf 370.000 Soldaten begrenzt, von denen nicht mehr als 345.000 im Heer und der Luftwaffe eingesetzt werden dürfen. Deutschland darf keine Atomwaffen haben. Nach Ende des Kalten Krieges hielten deutsche Regierungen aller Couleur die Verteidigung nicht für vorrangig - und es spielte in ihren Planspielen keine Rolle, dass Russland jemals wieder zu einer Bedrohung werden könnte.

Das entschuldigt jedoch nicht einige der Unzulänglichkeiten des Militärs, die unter der Führung von der Leyens ans Licht gekommen sind. Unter ihrer Führung wurden die deutschen Manöver auf ein lächerliches Maß reduziert. Im Jahr 2014 fehlten einem deutschen Bataillon bei einer NATO-Übung in Norwegen die entsprechende Waffe, so dass sie sich dazu gezwungen sahen, anstatt dessen einen bemalten Besenstiel zu benutzen. Fast die Hälfte der damals am Manöver beteiligten deutschen Soldaten konnte nicht mit Waffen ausgestattet werden.

Auch in diesem Jahr war es nicht besser, als Deutschland die Kontrolle über die Gemeinsame Einsatzgruppe „Very High Readiness“ [„Sehr hohe Bereitschaft“] der NATO übernahm, die mit der Begegnung einer Bedrohung durch Russland beauftragt war. Deutschland versprach, für die Einsatzgruppe 44 Leopard-2 Panzer und 14 Marder Infanteriepanzer abzustellen, konnte bislang aber nur nur neun bzw. drei der Fahrzeuge aufbringen. Laut einem durchgesickerten Dokument sollen darüber hinaus die Eurofighter- und Tornado-Kampfflugzeuge der Luftwaffe zusammen mit den Transporthubschraubern nur durchschnittlich vier Monate im Jahr einsatzbereit sein - den Rest der Zeit fallen sie aus wegen Wartung und Reparaturarbeiten.

Was die vor zwei Jahren in Dienst gestellten F-125 Fregatten der Baden-Württemberg Klasse betriff, so weigerte sich die Marine, diese in Dienst zu stellen. Bei Einsatztests gab es kritische Probleme mit dem Radar, mit der druckfesten Beschichtung der Kraftstofftanks und dem zentralen Computersystem. Auch verfügen die Fregatten über keine Torpedorohre oder Sonare – beides aber ist unerlässlich zur Bekämpfung von U-Booten.

Der Jahresbericht des Generalinspekteurs der Bundeswehr vom vergangenen Jahr bestätigte die Probleme des Militärs hinsichtlich der Bereithaltung seines Geräts für den Einsatzgebrauch, wobei er als Beispiel hinzufügte, dass nachdem ein U-Boot vom Typ 212A im Oktober 2017 sein Ruder beschädigte, für einen Zeitraum kein einziges der sechs U-Boote des Landes einsatzfähig waren.

In diesem Jahr fand die Bundesregierung einen Weg heraus aus dieser Peinlichkeit, und zwar indem sie Informationen über die Verfügbarkeit militärischem Gerät zur Geheimsache erklärte, so dass keine derartigen Informationen mehr ihren Weg in den offiziellen Bericht finden können. Dr. Hans-Peter Bartels als derzeitiger Wehrbeauftragter der Bundeswehr lies sich davon nicht beeindrucken. Er bezeichnete die Bundeswehr als ein „bürokratisches Monster“ und nannte als Beispiel die Situation eines Luftwaffenkommandanten, unter dessen Befehl ein taktisches Fluggeschwader steht mit 1.500 militärischen und nichtmilitärischen Mitarbeitern und Fluggeräten im Wert von insgesamt 3 Milliarden Euro - und dennoch vertraute man ihm so sehr, dass man ihn pro Jahr gerade einmal 250 Euro ausgeben ließ, ohne dass er sich dafür erst eine explizite Erlaubnis von oben einholen musste.

Dabei ist es keineswegs so, dass die Bürokratisierung der Geldmittel dazu beigetragen hat, die Sorgfalt beim Geldausgeben zu fördern. Einer der Skandale, die unmittelbar von der Leyens Füßen liegt ist jener mit dem Marineschulschiff Gorch Fock, das 2016 zur Überholung in die Werft kam, und das noch immer nicht wieder in Dienst gestellt wurde. Gleichzeitig wird aber jedem Briten, der sich mit den geplanten und effektiven Budgets öffentlicher Ausgaben seines Landes auskennt, das Überschreiten des Kostenrahmens der Gorch Fock Reparatur bekannt vorkommen – die Kosten stiegen von ursprünglich 10 Millionen Euro auf 135 Millionen Euro.

Die einzige Leistung durch von der Leyen bestand in der Aufstockung des Militärhaushalts von 38,5 Milliarden Euro im letzten Jahr auf nun 43,5 Milliarden Euro Bis 2024 sind weitere 3 Milliarden Euro pro Jahr geplant. Aber selbst in diesem Tempo wird Deutschland seinen Verpflichtungen als Mitglied der NATO deutlich hinterher hinken, wonach zwei Prozent des BIP pro Jahr für die Verteidigung ausgegeben werden soll – die anvisierte Ausgabensteigerung wird am Ende lediglich 1,5 Prozent des BIPs betragen von derzeit 1,2 Prozent. Zwar erfüllen nur wenige europäische Mitgliedsstaaten der Nato diese Verpflichtung, es wäre aber nicht unverhältnismäßig zu erwarten, dass die größte Volkswirtschaft des Kontinents mit gutem Beispiel vorangeht. Seit dem Ende des Kalten Krieges hat es sich Deutschland allzu leicht gemacht, bei gemeinsamen Militäroperationen auf der ganzen Welt Zurückhaltung zu üben, oder nur eine symbolische Rolle zu spielen - die aggressive Vergangenheit des Landes dient ihm als eine bequeme Ausrede ganz so, als würde es die Welt fragen: Oder wollt ihr etwa ein Deutschland, das der Welt seine militärischen Muskeln zeigt?

Das Ausgeben von Geld ist dabei eine Sache, Geld sinnvoll ausgeben eine andere. Die Bundeswehr hat den Wandel von einer Wehrpflichtigen- zu einer kleineren Berufstruppe nie wirklich erfolgreich hinter sich gebracht. Im Jahr 2011, zwei Jahre vor der Ankunft von der Leyens als Verteidigungsministerin, wurde die Wehrpflicht ausgesetzt. Seitdem hat die Regierung jedoch mehrmals mit der Idee gespielt, sie wiederzubeleben - mehr für soziale als für militärische Zwecke. Insgesamt ist die Bundeswehr heute vergleichbar groß wie die britische - 173.000 Soldaten gegenüber 155.000. Doch nicht alle der deutschen Soldaten werden in ihrer Qualifikation angemessen behandelt. Im Jahr 2017 beispielsweise verloren 19 von 129 Hubschrauberpiloten ihre Lizenzen, weil sie die erforderliche Anzahl von Flugstunden nicht einhalten konnten.

Daher stellt sich die Frage, ob von Leyen überhaupt hinter der Aufrechterhaltung einer unabhängigen deutschen Streitmacht steht. Im Jahr 2014 sagte sie dem Spiegel, dass eine einzige gemeinsame EU-Verteidigungstreitmacht „eine logische Folge einer immer engeren militärischen Zusammenarbeit in Europa wäre“ - es ist eine Vorstellung, die selbst die standhaftesten unter den britischen Europhilen wie etwa Vince Cable erschaudern lässt. Seitdem sie als Kommissionspräsidentin vorgeschlagen wurde hat sich von der Leyen von dieser Idee distanziert - möglicherweise in dem Bewusstsein, dass ihre Bilanz bei der Führung der Bundeswehr kein allzu großes Vertrauen wecken würde.

1945 schickte das US-Militär ein Einsatzkommando mit der Aufgabe nach Deutschland, Albert Speer noch vor der Militärpolizei zu fassen - sie waren so beeindruckt von der Fähigkeit der Rüstungsmaschine der Nazis, sich von alliierten Bombenangriffen zu erholen, dass sie verzweifelt nach ihm suchten, um ihm seine Geheimnisse zu entlocken. Heute brauchen wir uns wohl nicht mehr davor fürchten, dass Deutschland seine Streitkräfte aggressiv einsetzen könnte. Aber es gibt wenig Anzeichen dafür, dass sie noch immer über die notwendige Organisation und Kompetenz verfügt, um auch nur ihre Rolle als Mitglied der NATO zu erfüllen - geschweige denn das Herz einer europäischen Verteidigungsarmee zu bilden.


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