Zwei Generationen schneller als die meisten Milliardäre: Pablo Escobar (Bildquelle) |
Die Überschrift
mag salopp formuliert sein, in ihr steckt aber eine Menge Wahrheit.
Sich ein Vermögen aufzubauen ist in unseren Breiten tatsächlich
nicht allzu schwer, während es dagegen überaus schwer, wenn nicht
gar nahezu unmöglich ist, den angesammelten Reichtum zu erhalten und
diesen an die nächste Generation weiterzugeben und ich spreche hier
nicht von Steuern. Warum das so ist und welche Konsequenzen sich
daraus ergeben möchte ich im folgenden erörtern.
Praktisch jeder Deutsche wird früher oder später wohlhabend sein und es gibt sogar ein Recht darauf
Natürlich ist es
immer eine Frage der Definition, was man unter „wohlhabend“ oder
„reich“ versteht. Die einen sehen darin finanzielle
Begrifflichkeiten, während andere sie als eine des Lebensglücks
erachten und in beiden Fällen verstehen die meisten jeweils etwas
anderes, ab wann man wohlhabend oder reich ist.
Im folgenden möchte
ich Wohlstand und Reichtum als rein finanzieller Größe betrachten,
und ich gehe davon aus, dass man ab einer 6-stelligen Summe auf der
hohen Kante wohlhabend ist und ab einer 7-stelligen Summe reich.
Allerdings kommt es mir nicht darauf an, diesen Raum möglichst exakt
zu definieren, vielmehr es ist eher eine allgemeine Abgrenzung
aufgrund der Notwendigkeit, beide Begriffe irgendwo festzulegen,
sowie eine Unterscheidung zu treffen zu ihrem Gegenteil der Armut
oder zumindest der Abwesenheit von Wohlstand.
Meine Behauptung,
wonach es in Deutschland nur eine Frage der Zeit ist bis jeder
wohlhabend ist, beruht auf der Tatsache, dass wir in einem System mit
einer umfassenden sozialen Absicherung leben. Also noch jedenfalls,
es gibt einige triftige Gründe, die gegen eine Weiterführung des
Status Quo sprechen, das aber ist ein anderes Thema.
Der einfache Grund
für dieses garantierte Hineinleben in den Wohlstand lautet
„Sozialhilfe“. Selbst wer nie in seinem Leben gearbeitet hat, nie
etwas ansparen konnte, nie Glück hatte im Leben und immer nur auf
staatliche Transferleistungen angewiesen war, der wird trotzdem bis
zu seinem letzten Atemzug wohlhabend sein. Auf diese Tatsache gehe
ich in
einem anderen Artikel ein, in dem ich sogar zum Schluss komme,
dass die in Deutschland gezahlte Sozialhilfe in ihrem Barwert mehr
wert ist als die durchschnittlich gezahlte staatliche Rente.
Auch
wenn man mit einer halben Million Euro als Barwert der Sozialhilfe
noch nicht reich ist, so ist man doch überaus wohlhabend. Und auch
wer nie arbeitslos war und kontinuierlich in die Rentenkasse
eingezahlt hat, der steht mit einer Drittel Million Euro als
durchschnittlichem Rentenbarwert noch immer recht gut da. Höher in
Richtung „reich“ geht es mit dem Vermögen in dem Fall, wenn
neben der Rente oder Sozialhilfeleistung zusätzlich noch gespart,
investiert oder ein Häuschen gebaut wurde. Dazu gibt es auch
werthaltige Gegenstände wie etwa teure Uhren, die viele ihr Eigen
nennen und die ein gutes Stück zum Vermögen beitragen können. Mit dem Feiern des letzten runden Geburtstages vor Beginn der Rentenzeit steht in Deutschland nicht selten ein 7-stelliger Vermögenssaldo zu Buche.
Natürlich
gilt das nicht für alle, es gibt immer einige Ausnahmen, die in der
ein oder anderen Weise Pech hatten und in der langfristigen
Betrachtung leer ausgehen. Was aber bleibt ist die Tatsache, dass die
übergroße Mehrheit in Deutschland zu jedem Zeitpunkt mindestens
wohlhabend ist oder es früher oder später sein wird. Viele bemerken
diese Tatsache nur einfach nicht, das aber ist ebenso ein anderes
Thema.
Ich
denke, mit dieser Ausführung dürfte der erste Teil meiner
Hypothese, wonach es nicht
schwer ist reich zu werden,
hinreichend bewiesen sein. Kommen wir nun zum zweiten Teil.
Reichtum erhalten, eine der schwierigsten Aufgaben überhaupt
Gerne wird von
linker/marxistischer Seite behauptet, dass es vor allem die
Vermögens- oder Kapitalkonzentration ist, die als Übel der Welt
ausgemerzt werden muss. Reiche bleiben reich, sie vererben ihren
Reichtum an die nächste Generation und diese wird dann noch reicher.
Irgendwann, so die marxistische Horrorvision, gibt es dann nur noch
einen Reichen, der alles Kapital der Welt auf sich vereint, während
Massen der Welt allesamt völlig verarmt ihr Dasein fristen müssen.
Genau dagegen möchte
ich in diesem Abschnitt argumentieren, und ich denke ich habe ein
ziemlich schlagendes Argument, das eine mathematisch-theoretische
Unmöglichkeit impliziert, und das sich dazu auch mit praktischen
Erfahrungswerten aus der Vergangenheit untermauern lässt.
Der theoretische
Teil beruht auf der Tatsache, dass selbst wenn etwas eine sehr
geringe Wahrscheinlichkeit hat, dann muss nur genügend Zeit vergehen
und die Eintrittswahrscheinlichkeit wird bei 100 Prozent liegen.
Beispielsweise könnte die Wahrscheinlichkeit für einen Autounfall
bei 0,0001% pro 100 Kilometer liegen. Sobald man dann unfallfrei eine
Million Kilometer zurückgelegt hat, dann lässt sich statistisch
zwar sagen, dass man ein sehr guter Autofahrer sein muss,
gleichzeitig allerdings bestünde die zweite statistische Aussage
darin, dass aufgrund der Wahrscheinlichkeiten bald schon ein Unfall
passieren könnte.
Nicht anders verhält
es sich mit dem Vererben von Vermögen. Nimmt man an, dass die
Wahrscheinlichkeit eines Totalverlustes in der nächsten Generation
bei lediglich 10 Prozent liegt, dann liegt die statistische
Wahrscheinlichkeit nach zehn Generationen im Bereich der Sicherheit.
Betrachtet man die Vererbung wiederum als ein verknüpftes Ereignis,
also dass das Verhalten der Erblasser das Verhalten der
Erben beeinflusst – was definitiv zu einem gewissen Grad der Fall
ist – dann tritt der statistische Totalverlust sogar bereits in der
siebten bis achten Erbengeneration ein.
Der Totalverlust ist
dabei nur ein Szenario. Teilverluste wären ein anderes und die
Erhaltung, also die Weiterführung des Vermögens ohne Zugewinne ist
das wohl wichtigste. Hinzugewinne bei einer Erbengeneration dagegen
sind vermutlich in etwa so häufig oder selten wie der Totalverlust.
Die Frage ist nun,
ob sich diese Hypothese anhand von Zahlen aus der Vergangenheit
bestätigen lässt. Oder anders gefragt, wie wahrscheinlich war es in
der Vergangenheit, dass Erben das Vermögen ihrer Eltern oder
Vorfahren erhalten oder gar erweitern konnten und wie oft kam es
bislang vor, dass es verprasst wurde?
Glaubt man
verschiedenen Studien, die zum Thema verfasst wurden, dann ist es
überaus schwer, das Familienvermögen übergenerationell zu
erhalten. Laut
der Vermögensberatung Williams
Group verlieren 70 Prozent aller Familien ihr Vermögen in der
zweiten Generation und in der dritten sind es 90 Prozent.
In nur einem von
zehn Fällen können die Erben eines zu Wohlstand gekommenen
Unternehmers (oder gerne Lottogewinners) also noch immer von dessen
Reichtum profitieren. Das ist erstaunlich wenig wie ich finde und
dreht die Relation aus dem obigen Beispiel direkt um.
Es gibt aber auch
andere Studien, die zu etwas anderen Ergebnissen kommen. Immerhin hat
die Williams Group als Vermögensberatung für die obersten
Zehntausend eine bestimmte Klientel und man möchte seinen
potenziellen Kunden einen guten Grund geben, ausgerechnet sie als
Berater zu wählen.
Bestätigt werden
die Zahlen der Williams Group jedoch indirekt
in diesem Forbes Artikel, laut dem bei Reichen lediglich fünf
Prozent des Vermögens aus einem Erbe stammen, während etwa ein
Viertel der Vermögen aus sehr hoch bezahlten Arbeitsstellen kommen
und 70 Prozent aus unternehmerischer Tätigkeit. Diese Unternehmen
wiederum – und hier wird die Williams Group bestätigt – werden
in nur einem von zehn Fällen an die dritte Generation vererbt. Die
übrigen neun werden lange davor verkauft oder gehen pleite.
In
einer anderen Studie ging eine Wissenschaftlerin der Sache nach
anhand von Zahlen zur Erbschaftssteuer im US-Bundesstaat Wisconsin,
die in etwa drei Generationen abdecken. Die darin untersuchten
Vermögen sind sehr wahrscheinlich kleiner als jene, welche die
Williams Group auf dem Radar hat und liegen eher im Bereich dessen,
was man im erweiterten Bekanntenkreis an Vermögen kennt.
Aber auch hier ist
die Schlussfolgerung eindeutig. Mit jeder Erbengeneration schrumpfen
die Vermögen wieder in Richtung des allgemeinen
Vermögensdurchschnitts. Extrapoliert man das große Mittel des
durchschnittlichen übergenerationellen Vermögensverlustes, dann
dauert es laut der Zahlen aus Wisconsin bis zu 13 Generationen, bis
ein Vermögen durch die Erben vollständig aufgebraucht ist. Damit
entspricht dies eher den Wahrscheinlichkeiten des obigen Beispiels,
wobei zu vermuten ist, dass Erbmasse und Verlustrate miteinander
korreliert sind und je höher das Vermögen ist, desto schneller
schmilzt es ab.
Ein besonders
markantes Beispiel für ein sich innerhalb von wenigen Jahrzehnten in
Nichts auflösendes Riesenvermögen ist jenes der Familie Vanderbilt.
Deren Urvater Cornelius Vanderbilt hinterließ seinen Nachkommen bei
seinem Tod im Jahr 1877 ganze 100 Milliarden Dollar. Ein Jahrhundert
später bei einem Familientreffen seiner 120 Nachfahren stellte sich
dann heraus, dass
kein einziger der Anwesenden überhaupt noch Millionär war.
Pro Kopf verlor die
Familie also jeweils fast eine Milliarde Dollar, wobei dies pro Jahr
und Kopf einem Verlust von etwa sieben Millionen Dollar entspricht.
Auch wenn es durchaus möglich ist, diese Summe jedes Jahr zu
verleben, könnte man nun denken, es muss schon mit dem Teufel
zugehen, dass ausnahmslos allen Familienmitgliedern dieses Schicksal
ereilt ist. Es fällt sehr schwer, daraus eine allgemeine Regel für
superreiche Erben abzuleiten.
Begreiflich wird
dieses Phänomen des Extremverlustes aber dann, wenn man sich einmal
vergegenwärtigt, wie viele extrem reiche Familien es eigentlich
gibt, die diesen Status seit mindestens fünf Generationen innehaben
und wie alt die ältesten Dynastien sind.
Es fallen einem
vielleicht ein die Rothschilds, die Warburgs, die Haniels und
vielleicht noch ein weiteres Dutzend an Familien, die sich in der
Welt der oberen Zehntausend tummeln. Das war es dann aber auch. So
viele Extremreiche gibt es nicht, die seit vielen Generationen zu
diesem exklusiven Club gehören, die allermeisten gehören in erster
oder zweiter Generation dazu.
Und selbt die
Rothschild Dynastie in ihren vielen Verästlungen befindet sich von
ihrem Stammvater Mayer Amschel Rothschild aus gesehen erst
in der fünften Generation. Auch diese Familie, bei der es sich
aktuell um die wohl mit Abstand reichste der Welt handelt ist also
noch jung. Das heißt, sie schlägt die Wahrscheinlichkeit der
Verarmung, ist aber noch lange nicht in einem Bereich, in dem man
sagen könnte, dass sie immer reich bleiben wird oder gar immer
reicher werden muss.
Zwar einige
Familien, die sehr lange schon zu den obersten Zehntausend gehören -
zu nennen wären einige
alte Bankerfamilien aus Florenz, die es bislang 28 Generationen
lang geschafft haben, ihr Vermögen zu vererben - aber auch sie sind
überaus rar gesät und auch sie müssen sich in jeder Generation
erneut beweisen.
Die
linke/marxistische Hypothese, wonach Reiche reich bleiben und immer
reicher werden stimmt also eindeutig nicht. Das Gegenteil ist der
Fall, es scheint geradezu eine Kunst zu sein, den Reichtum in der
eigenen Familie übergenerationell zu erhalten. Anstelle alte
Dynastien und ihre Erben zu verteufeln, ich denke mir
manchmal, dass es vielleicht besser wäre, von diesen
zu lernen und zu versuchen, deren Erfolgsgeheimnis
auf die Gesellschaft als ganzes übertragen.
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