Szenario Deutschland 2020-2030: Ein Ausblick auf die trübe Zukunft unseres Landes im kommenden Jahrzehnt (Teil 2v5: Außenpolitik)

Otto Dix "Krieg" (Bildquelle)



Bei Pi-News gibt es aktuell eine dreiteilige Artikelserie, in der die Grundzüge eines 30 Punkte umfassenden Planes dargestellt werden, mit dessen Hilfe Deutschland unter Einhaltung der FDGO wieder zurück auf die Spur gebracht werden könnte. In etwa 20 der Punkte halte ich für zustimmenswert, während ich bei der Hälfte der übrigen zehn Zweifel habe und die andere Hälfte komplett ablehne. Unabhängig von meiner Meinung dazu ist es meines Erachtens allerdings sehr unwahrscheinlich, dass überhaupt eine Situation entstehen wird, in der ein derartiger Plan angegangen werden könnte. Ich denke, wir werden in den kommenden fünf bis zehn Jahren in die Unregierbarkeit schlittern und am Ende eine epochale Implosion erleben, die wohl nichts übrig lässt, auf dessen Basis ein solcher Plan (unter Einhaltung der FDGO) umgesetzt werden könnte. Hier der zweite von fünf Gründen für meine Einschätzung.


Teil 1: Parteipolitik

Teil 3: Finanzen und Vermögen

Teil 4: Milieukonflikte

Teil 5: Europapolitik



2. Außenpolitik: Deutschland ist der Bösewicht, nicht das Opfer



Gerne wird der deutsche Steuerzahler in den deutschen Medien dargestellt als die Melkkuh Europas und der ganzen Welt. Das aber wirkt nur so und ein Hinweis auf diesen trügenden Schein ist die Tatsache, dass Mainstream und alternative Medien diesen Punkt unisono vertreten. Immer wenn das der Fall ist sollte man sich in Acht nehmen und sich die Frage stellen, ob man nicht gleich doppelt manipuliert wird.

Tatsache ist, dass zwar immer großformatig darüber berichtet wird, wenn Griechen, Polen (und sogar Luxemburger!) bei Debatten um Transferzahlungen oder Kreditstundungen auf die Schäden aus dem 2. Weltkrieg verweisen und deutsche Zahlungen als Wiedergutmachung erachten. Das ist nur ein Teil der Problematik und wie ich meine, eine gezielte mediale Provokation mit dem Ziel der Spaltung.

Man muss sich vielmehr fragen, warum solche Transfers überhaupt erst notwendig sind und seit wann es einen Grund für sie gibt. Die Antwort darauf lautet: Seit der Einführung der Eurowährung und tatsächlich sogar bereits ein Jahrzehnt davor mit der Einführung fixer Wechselkurse zwischen Europas nationalen Währungen. Hier liegt die Ursache begraben und sie zeigt unzweideutig auf Deutschland als Täter. Denn es ist vor allem deutsche Wirtschaft, die dank des Wegfalls von Wechselkursschwankungen und der relativ niedrigeren Zinssätze für den deutschen Markt massiv profitiert.

Die exorbitant hohen Target2 Salden kommen nicht von ungefähr. Es handelt sich dabei um die Exportrente Deutschlands, die auf dem Rücken vor allem der südlichen Euroländer erzielt wird, die auf der einen Seite höhere Zinsen zahlen müssen und auf der anderen Seite nicht mehr ihre Währung abwerten und damit die veränderten Produktivitätsrelationen zwischen den Euroländern anpassen können. Deutschland produziert und exportiert und das immer mehr, und die Südländer importieren, ob sie wollen oder nicht. Und warum? Weil ihre einheimischen Alternativen höhere Refinanzierungskosten haben und daher irgendwann pleite gehen.

Während die Target2 Salden vor dem Beginn der Währungskrise noch relativ harmlos waren, so stiegen sie massiv an als klar wurde, dass Deutschland der sichere Hafen des großen Marktes ist und diesen als Produzent beherrscht. Das sorgt dafür ,dass Kapital aus der Peripherie nach Deutschland verschoben wird, sobald dies möglich ist. Aber auch davor waren die Target2 Salden ein Risiko, das langfristig auch ohne akute Finanzkrise relevant geworden wäre und das System zerstört hätte.

Es liegt auf der Hand, dass aus den entstandenen Ungleichgewichten Forderungen abgeleitet werden, nach denen das durch den Einheitszins künstlich abgeleitete Kapital wieder in anderer Weise in die ausblutenden Volkswirtschaften zurück transferiert werden muss. Andernfalls stirbt die Wirtschaft ab und in Folge dessen auch das Land und die Gesellschaft selbst. Dies lässt sich überall in der südlichen Peripherie beobachten, wobei ein besonders krasses Beispiel Kalabrien ist, das buchstäblich ausstirbt, weil dort nur noch Alte leben und keine Kinder mehr geboren werden.

Deutschland auf der anderen Seite profitiert massiv, auch wenn es angesichts der offiziell verlautbaren Zahlungen und Kreditnachlässen etc. an die südlichen Euroländer anders erscheint. Die genannten Effekte aus den künstlich niedrigen Zinsen und der Kapitalflucht üben eine so massive Sogwirkung auf die deutsche Volkswirtschaft aus, dass vermutlich deutlich über 100% des hiesigen Wirtschaftswachstums darauf zurückzuführen ist und damit das gesamte Wachstum als künstlich erachtet werden muss (... während mindestens ein Drittel der Eurozone real noch immer in einer Depression mit extrem hoher Arbeitslosigkeit steckt).

Die europolitische Strategie lässt sich damit als überaus erfolgreich bezeichnen. 

Zwar geht nun alles kaputt und die Völker sind gegeneinander aufgehetzt, aber es ist auch unmöglich für Deutschland, den Euro zu verlassen, Änderungen zu verlangen oder sich auch nur zu weigern Transferzahlungen in symbolischer Höhe zu verweigern. Sollte dies nämlich passieren, dann würde Europa von mehreren Revolutionen heimgesucht werden und Parteien wie Syriza in Griechenland oder die sog. populistischen Parteien in Spanien und Italien wären plötzlich die Ausgeburt der Vernunft, während in Deutschland die Lichter ausgehen, weil die Auftragsbücher plötzlich leer sind.

Für Deutschland muss es weitergehen mit dem Euro und dem wahlweise vor 30, 20 und 10 Jahren losgetretenen und immer weiter gesteigerten geldpolitischen Wahnsinn. Selbst wenn die Südländer friedlich austreten und dann abwerten würde Deutschland völlig geschliffen werden.

Erst würde eine extreme Kapitalflucht nach Deutschland folgen begleitet von massiven Zinserhöhungen durch die Bundesbank, was die Kreditvergabe zu einem Halt bringen würde. Nur um dann von einem massiven Kapitalabfluss in die dann abgewerteten Volkswirtschaften und sichere Häfen für Kapital weltweit abgelöst zu werden, während die deutsche Exportwirtschaft auf einen Schlag und dauerhaft mindestens 20% ihres Absatzmarktes verlieren würde. Im Hintergrund würde dazu auch die staatliche Refinanzierung der Anleihen wieder realistische Maße annehmen von aktuell deutlich unter 20 Mrd. Euro pro Jahr auf deutlich über 40 Mrd. Euro.

Die deutsche Volkswirtschaft würde so extrem durchgeschüttelt, dass ich eine Kontraktion für möglich halte, die jener in Griechenland in nichts nahesteht. Das aber nicht verteilt auf ein Jahrzehnt, sondern schockartig innerhalb von Monaten oder gar Wochen. Alles würde brennen und das über einen längeren Zeitraum, so dass die staatliche Ordnung und die öffentliche Sicherheit auf das Niveau von Russland Anfang der 1990er Jahre fallen könnte.

In dieser Betrachtung sind weitere Externalitäten wie der Brexit, ein weltweiter Handelskrieg und die aktuelle Krise der türkischen Lira noch nicht einmal inbegriffen. Das ist auch der wahre Grund, weshalb Deutschland und die Euroländer am Ende Erdogans Währungsirrsinn finanzieren werden. Die Situation ist für Deutschland so angespannt und unwiederbringlich blockiert, alles andere wäre Selbstmord.

Effektiv kann Deutschland nicht aus dem Euro austreten, der in Wahrheit eine Art „Großdeutschmark“ ist. Die einzige bleibende Lösung ist die bereits gewählte Lösung des langfristigen Ausdruckens aller bestehenden Schulden, die Vermeidung (bzw. die Finanzierung) externer Schocks, das Erpressen europäischer Regierungen und die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte. Leider lässt letzteres zu Wünschen übrig und wird verwechselt mit einer Machtkonsolidierung zugunsten der EZB und der ungewählten Bürokratur in Brüssel. Hinzu kommen Opportunisten, die um die missliche Lage wissen und sich gezielt finanzielle Vorteile suchen.

In Anlehnung an Angela Merkel könnte man sagen: Stirb der Euro, dann stirbt Deutschland. Und das macht die deutsche Außenpolitik passiv-aggressiv und äußerst brutal. Es ist naheliegend, warum das nie thematisiert wird.


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