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Nicht nur in Deutschland regt sich seitens führenden Ärzten Widerstand gegen die aktuelle Coronapolitik. Vor einiger Zeit schon beschwerte sich ein Pathologe über die politisierte Zählweise von Coronafällen, die einer völligen Aushöhlung der medizinischen Standards führte. Nun melden sich mit Professor Carl Heneghan und Tom Jefferson zwei weitere Ärzte, die sich über das Schleifen erfolgreicher und empirisch abgesicherter Behandlungsstandards zugunsten automatisierte Tests wundern mit der Folge, dass die mitunter komplexe Biologie des Menschen völlig außer Acht gelassen wird.
The Spectator: Covid-19 und das Ende der klinischen Medizin, wie wir sie kennen
Als wir damals an
der medizinischen Fakultät ausgebildet wurden, da wurde uns
beigebracht, jeden Patienten aus dessen eigener Perspektive zu
betrachten. Uns wurde beigebracht, wie man eine Anamnese durchführt:
Man stellt Fragen zu früheren gesundheitlichen Problemen,
eingenommenen Medikamenten und die aktuelle Beschwerdelage; dazu
gehört auch eine körperliche Untersuchung und ein Behandlungsplan
mit allen notwendigen Tests, um das das Spektrum möglicher Diagnosen
einzugrenzen. Nächster Schritt des Prozedere waren mögliche
Behandlungsformen. Nachdem wir all das gelernt hatten, wurde uns der
Titel eines Arztes verliehen - professionell ausgebildet, lizenziert
und reguliert, um mit Kompetenz die beschriebenen Verfahren
durchzuführen. Dieses System, das auf eine sehr lange Geschichte
zurückblicken kann, wird klinische Medizin genannt. Die Frage ist,
welchen Einfluss hatte Covid-19 auf diese bewährte Vorgehensweise?
In den letzten 30
Jahren hat die klinische Medizin zwei wichtige Entwicklungen erlebt.
Die erste war die Anerkennung des Vorrangs des Patienten bei allen
unseren Handlungen. Ärzte haben mehr denn je die Rolle des
vertrauensvollen Vermittlers zwischen den Patienten und dem „System“.
Sie geben den bestmöglichen Rat, reduzieren Unsicherheiten und
ergreifen bei Bedarf auf Grundlage der Interpretation der meist
komplexen Umstände, die jeder Patienten mitbringt verschiedene
Maßnahmen. Die zweite Neuerung ist das Aufkommen der
evidenzbasierten Medizin (EBM) oder anders ausgedrückt die
Erkenntnis, dass jede Handlungsweise auf den besten verfügbaren und
aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen muss. Wenn in
dieser Hinsiht Unsicherheit besteht, dann muss dies dem Patienten
mitgeteilt werden.
Patientenzentriertheit
und EBM wurden rasch in die klinische Medizin integriert.
Kommunikation, Partnerschaft und Teamarbeit sowie die
„Aufrechterhaltung des Vertrauens“ wurden zu wesentlichen
Bestandteilen einer jeden guten medizinischen Praxis - dem
wesentlichen Leitfaden, der beschreibt, was es bedeutet, ein guter
Arzt zu sein. Die effektive Interaktion mit anderen und die
Gewährleistung, dass alle Aspekte mit einbezogen werden, und vor
allem die Sicherstellung der Versorgung unserer Patienten ist unser
erstes Anliegen. Mit dem Aufkommen der Coronapandemie jedoch kam es
zu einer Entwicklung weg von der klinischen Medizin, der
Patientenzentriertheit und der EBM.
Konsultationen sind
schwieriger geworden, und die Ignoranz der Grundlagen dessen, wie man
eine Infektionskrankheit in Griff bekommt, hat dazu geführt, dass
Krankenhäuser zu regelrechten Infektionszentren wurden, in denen die
Patienten Angst vor der Aufnahme oder vor ambulanten Terminen haben.
Weitere Nervosität unter den Patienten wurde durch mathematische
Modelle geschürt, die vorgeben, die Zukunft vorherzusagen, sowie
durch die massenhafte und unangemessene Anwendung von Tests, die
nicht unterscheiden können, ob jemand infektiös ist und isoliert
werden muss, oder ob jemand nur noch Überreste eines infektiösen
Erregers in sich trägt.
Der Patient ist zum
Gefangenen eines Systems geworden, in dem dieser als „positiv“
gekennzeichnet wird, wobei wir uns nicht einmal genau wissen, was
diese Kennzeichnung bedeutet. Ärzte einfach umgangen, indem eine
biotechnologische Entscheidungsfindungsmaschine aus dem Boden
gestampft wurde, die jetzt die Diagnose stellt und die Fälle meldet.
Und was hat die EBM
mit all dem zu tun? Angesichts der Flut von Studien über die bisher
wenig untersuchten Coronaviren müsste man von einem ungeheuren
Wissenszuwachs ausgehen, allerdings tragen nur wenige darunter zum
weiteren Verständnis bei. Viele sind eindeutig abzulegen unter „Ich
auch“, bei denen Wissenschaftler unbedingt ihren Namen mit der
Pandemie in Verbindung bringen wollten. Ein gutes Beispiel dafür ist
die Anzahl der Analysen aus den letzten drei Monaten über die Frage,
ob Masken etwas bringen – nach unserem Wissen wurden insgesamt 15
Übersichtsstudien zu dem Thema veröffentlicht. Die Zahl an
veröffentlichten experimentellen Studien zur Rolle von Masken bei
der Übertragung von Covid-19 dagegen liegt - bisher - bei Null.
Nicht weniger führen
Regierungen zahlreiche widersprüchliche und verwirrende Maßnahmen
ein, die spätestens in der nächsten Krise wieder zurückgenommen
werden müssen. Es wird immer deutlicher, wie oft die Beweislage
schlichtweg ignoriert wird. Auf dem Laufenden zu bleiben ist eine
Vollzeitbeschäftigung, und die Fortschritte in der klinischen
Medizin der letzten 30 Jahre sind bestenfalls auf Eis gelegt worden.
Zu den Pflichten
eines guten Arztes gehört es, partnerschaftlich mit den Patienten
zusammenzuarbeiten, um sie verständlich über ihre Wünsche und
Bedürfnisse zu informieren, ihre Rechte zu respektieren, und
gemeinsam mit Ihnen Entscheidungen über ihre Behandlung und
Versorgung zu treffen. Es muss dringend die Frage gestellt werden,
wie all das vonstatten gehen soll, wenn es nicht mehr möglich ist,
einen Arzt zu sehen und man nur noch den Drive-In hat, wo man
maschinell eine Antwort bekommt.
Schließlich fragt
sich war, was einen „guten Test“ ausmacht? Wir sind noch immer
der festen Überzeugung, dass ein guter Test dazu da ist, dem Arzt zu
helfen, die Ungewissheit über die Ursache und die Behandlung eines
leidenden Patienten zu verringern.
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