Werden Großstädte wie New York sterben? Die Reichen ziehen aufs Land, Home Office macht Büroflächen nutzlos und der Rest kann seine Miete nicht zahlen


Der New Yorker Immobilientycoon Trump hat die Zeichen erkannt und zog schon im letzten Jahr nach Florida (Bildquelle)

Die Coronakrise zieht gerade eine breite und tiefe Furche in quasi allen Lebensbereiche. Unabhängig davon, wie man zur Forderung nach einem „neuen Normal“ steht ziehen Menschen überall auf der Welt individuell Konsequenzen aus dem erzwungenen Bruch mit dem Alltag und stellen sich in einer Weise um, die auch längerfristig ein verändertes Bild der Öffentlichkeit nach sich ziehen wird. Als besonders betroffen könnten sich dabei Großstädte erweisen, die mit dem einem drohenden Exodus der Wohlhabenden, niedrigeren Mieteinnahmen aufgrund des breitflächigen Arbeitsausfalls und wegen des Umstiegs auf das effektiv billigere Arbeiten von zu Hause aus, einen Gutteil ihres Nutzens verlieren könnten.


Daily Mail: Wird New York zu einer Geisterstadt? 80% der Einzelhandelsmieter zahlten für April und Mai keine Miete, während Unternehmen wegen der Verlagerung von Büroarbeit nach Hause ihre plötzlich Mietverträge für Büroräume kündigten - was zusammengenommen einen „alarmierenden“ Rückgang der Steuereinnahmen verursachte


Der Immobilienmarkt von New York City leidet nach wie vor unter den Alltagseinschränkungen wegen des Coronavirus, und wird absehbar ohne Lockerungen sehr wahrscheinlich weiter leiden.

Ein großer kommerzieller Vermieter gab an, dass 80 Prozent seiner Einzelhandelsmieter im April und Mai keine Miete zahlten, während andere über Unternehmen berichteten, die trotz einer gesunden Finanzlag aufgrund der wachsender Unsicherheit darüber, wie viele Unternehmen in Zukunft noch Büros benötigen werden, ihre Mietverträge nicht verlängern.

Des weiteren gibt es zunehmend private Mieter, die ihre teuren Wohnungen aufgeben, indem sie ihre Mietverpflichtungen entweder nicht erfüllen oder ihre Verträge nicht verlängern, weil sie wegziehen, um die Krise in einer sichereren Umgebung auszusitzen. Die Reichen von New York zieht es dabei in die Hamptons und in die das weitere Hinterland, während es Jüngere oftmals zurück in die Vorstadtwohnungen ihrer Eltern zieht.

Der Folgeeffekt ist ein „alarmierender“ drastischer Anstieg der Zahl der Vermieter, denen die Liquidität fehlt, um ihre Steuern zu bezahlen, was zu verheerenden Verlusten an Steuereinnahmen für die Stadt und damit auch für das US-Staatswesen als ganzes führen wird.

Im April nahmen New York als Stadt und Bundesstaat nur noch 78,5 Millionen Dollar an Steuereinnahmen aus dem Verkauf von Gewerbe- und Wohnimmobilien ein, gegenüber 217,5 Millionen Dollar im März diesen Jahres.

Der stete Fluss an Steuereinnahmen jedoch ist wichtig für das Finanzieren wesentlicher Dienstleistungen der Stadt wie Straßenreparaturen, das Abwassersystem, die Polizei und Feuerwehr. Sollte die steuerliche Krisensituation anhalten, dann wird es in diesen Bereichen zu herben Einschnitten kommen.

„Die Lage im Immobiliensektor mit dem Einbruch der Steuereinnahmen ist für New York deswegen besonders schmerzhaft, weil es sich dabei um den Wirtschaftsmotor der Stadt handelt. Mit der Coronapandemie kam dieser Motor zum Stillstand und wir müssen damit rechnen, dass sich diese Entwicklung selbst im besten Fall bis zum Juni fortsetzen wird“, so der Präsident des New Yorker Immobilienverbands James Whelan am Mittwoch in einer Erklärung.

Einige meinen über die Lage, dass die gewerblichen Gebäude der Stadt noch einen Monat lang nicht in Betrieb genommen werden können, sollten die Mietzahlungen weiterhin storniert werden.

„Es gibt Hunderte von Gebäude in New York, die aufgrund von COVID-19 finanziell im roten Bereich operieren, und viele von ihnen werden einen weiteren Monat ohne Hilfe nicht überleben können. Sollten die Behörden nicht sofort einkommensschwächeren Mietern und Kleingewerbetreibenden mit fortlaufenden Kosten nicht schnellstmöglich Hilfe zukommen lassen, dann wird es nicht möglich sein, den von dieser Krise verursachten Schaden in der Stadt zu beheben“, sagte Jay Martin, Direktor einer New Yorker Sozialen Wohnungsbaueinrichtung.

Auf dem Wohnungsmarkt gibt es gerade ein Absacken der Mietpreise. Bei StreetEasy - der meistgenutzten Website für die Wohnungssuche - wurden zwischen April und Mai die Preise von 70 Prozent aller Angebote reduziert.

Den größten Rückgang gab es in Brooklyn, wo die Preise von Mietangeboten um drei Prozent sanken. In der Regel verzeichnen billigere Wohnungen dabei den größten Rückgang.

„Am unteren Ende eines jeden Marktsegments erleben wir die deutlichsten Einbrüche. Daher ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass die Mieter aktuell über bestehende Mietverträge verhandeln, sei es durch einen Aufschub oder einen kurzfristigen Nachlass auf die bestehende Miete. Diese Informationen allerdings sind nicht öffentlich zugänglich“, sagte Jonathan Miller von Miller Samuel Anfang dieses Monats gegenüber The Commercial Observer.

Sobald Makler also erneut ihr Geschäft betreiben dürfe und potenziellen Mietern Wohnungen zeigen, dann wird es zu einem Ansturm auf preisgünstigeren Einheiten geben, was die Preise auf dem gesamten Markt nach unten treiben dürfte. Aktuell gibt es aufgrund der Coronakrise ein Moratorium, wonach kein Unternehmen und keine Person aus der Immobilie vertrieben werden darf, weil sie die Miete nicht bezahlt wurde.

Teil des Moratorium ist, dass die Miete nachträglich bezahlt werden muss, wobei viele mit unserer Arbeitsplatzperspektive über einen Wegzug aus der Stadt nachdenken, was die Zahl der Mieter und damit der Mietzahlungen wahrscheinlich weiter reduzieren wird.

Vorndado als einer der größten Vermieter der Stadt teilte Investoren bei einer kürzlich durchgeführten Gewinnwarnung mit, dass 80 Prozent seiner Einzelhandelsmieter im April und Mai keine Miete bezahlt hätten. Dazu kommen vierzig Prozent der Büromieter von Vorndado, die ebenfalls die Zahlungen ausfallen ließen.

Empire Realty Trust berichtete derweil, dass ein Viertel seiner Büromieter keine Miete bezahlte. Deren Direktor Anthony E. Malkin sagte der New York Times: „Sie betrachten dies aktuelle Regelung als eine Art Tag der offenen Tür. Ehrlich gesagt, ich bin schockiert darüber.“

Im April kassierte der größte Unternehmensvermieter SL Green 90 Prozent seiner Büromiete, aber nur 65 Prozent seiner Einzelhandelsmiete.

Gleichzeitig ist völlig unklar, wie viele Unternehmen nach Ende der Alltagsbeschränungen wieder in ihre aktuell ungenutzten Büros verwenden werden.

In einer kürzlich von Blind durchgeführten Umfrage unter Mitarbeitern von Amazon, Microsoft, Lyft, Uber, Facebook und weiteren Unternehmen im digitalen Geschäft gaben 35,67% an, dass sie aus New York in einen anderen Bundesstaat umziehen würden, sollte das Arbeiten von zu Hause zu einer dauerhaften Einrichtung werden.

Vierzehn Prozent sagten, dass sie nicht wieder zurück zur Arbeit im Büro zurückkehren würden, während 39 Prozent von nur noch von einer Anwesenheit des Personals im Büro an ein oder zwei Tagen in der Woche rechnen.

Twitter hat seinen Mitarbeitern bereits mitgeteilt, dass sie für den Rest ihrer Zeit im Unternehmen dauerhaft von zu Hause aus arbeiten können, und auch Facebook und Google wägen permanentere Optionen ab.

Was aus ihren großflächigen und teuren Büroräumen in Manhattan wird, bleibt unbekannt.

Während Wohn- und Gewerbemieter derzeit noch aufgrund des Moratoriums noch an ihre Mietverträge gebunden sind, so besteht die große Frage, was mittelfristig geschehen wird, wenn die Verträge gekündigt werden können.

„Die Fähigkeit der Vermieter, die rechtlichen Bedingungen ihres Mietvertrages durchzusetzen, ist ihnen vollständig entzogen worden“, sagte die Vermieterin Jane Lock gegenüber der Times. In diesem Monat konnte sie nur die Hälfte dessen einnehmen, was sie normalerweise in diesem Monat an Umsatz hat.

Erschwerend kommt für die Vermieter hinzu, dass sie keine Kredite bei Banken aufnehmen können, weil Immobilien wegen der Krise plötzlich zu einer so riskante Investition wurden.

Unternehmen und konservative Experten fordern die Wiedereröffnung der Stadt am 28. Mai und meinen, dass die Beschränkungen bereits jetzt zu lange andauern und sie deswegen finanziell unnötig am ausbluten sind.

Inzwischen haben sich deswegen 300 Unternehmen zusammengeschlossen mit der Forderung, dass sie wieder ihre Arbeit aufnehmen dürfen.

Bürgermeister Bill de Blasio und Gouverneur Cuomo, beide von der linken Demokratischen Partei, dagegen vertreten den Standpunkt, dass die Stadt immer noch nicht bereit sei, weil nach wie vor nicht ausreichend freie Krankenhauskapazitäten zur Verfügung stünden (ihr Ziel besteht in 30% freien Betten, aktuell sind es nur 27%) und auch, weil nicht genügend Kontaktverfolger eingestellt worden seien – wobei es sich dabei um eine Maßnahme handelt, auf deren Umsetzung nur sie bestehen – und bislang nur etwa 1.000 von 2.250 eingestellt wurden.

Präsident Trump wiederum besteht weiterhin auf den Standpunkt, dass er das Land im Falle einer zweiten Infektionswelle nicht „schließen“ werde, wobei er von Seiten des Bundesstaates das Land auch nicht bei der ersten Welle zu schließen bereit war.

Am Donnerstag sagte er: „Die Leute sagen, dass [eine zweite Welle] eine sehr wahrscheinliche Möglichkeit sei, dass es normal sei. Wir werden die Brände löschen. Wir werden das Land nicht schließen.“

„Wir können die Brände löschen. Ob es nun eine Glut oder eine Flamme ist, wir werden sie löschen. Aber wir werden unser Land nicht schließen“, fügte er hinzu.

Als Präsident sprach Trump keine Anordnungen zur Alltagsbeschränkung aus. Er überließ es zu Beginn der Krise den Gouverneuren der einzelnen Bundesstaaten und wurde von diesen wegen seiner Verweigerungshaltung kritisiert.

Später behauptete er fälschlicherweise, er habe als Präsident die „totale Autorität“, was einzelne Gouverneure wie Andrew Cuomo aus New York zu der Aussage veranlasste: „Wir haben keinen König.“

Unrecht hat Cuomo nicht mit seiner Aussage. Aber es sieht ganz danach aus, als hätten die USA jede Menge Grafen, Fürsten und Barone.


 

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