Da war sie noch verheiratet und fett (Bildquelle) |
Noch freut man sich auf dem Oberdeck der Tit(t)anic über die frischen Eiswürfel, die ihnen die Begegnung mit dem Eisberg bescherte. In etwa das ist die passende Metapher für jene Sorte kulturmarxistisch-postmoderner Frauen, die weiterhin erwartet, dass sie ihren Lebensunterhalt mit dem Herumstänkern im Internet verdienen können und im Zweifel der Mann klaglos als Zahlesel einspringt. Ein ganz besonderes Exemplar aus Kanada zeigt anhand einer Meinungskolumne über Adeles vermutete Scheidungsabfindung an ihren Ex-Mann, was – oder eher wie wenig - in den Köpfen dieser Sorte Mensch los ist und wovon sich die Leere darin speist: Es ist die solide Filterblase der Soziale Medien, welche den Betroffenen die Eigenwahrnehmung als Individuum ersetzt hat durch ein Spiegelkabinett aus Projektionen. Die Sternchen im Text habe ich bei der Übersetzung nicht entfernt, da ich nicht weiß, ob sie nur „fett gedruckt“ bedeuten, oder sie noch weitere Bedeutung*innen aufweisen. Viel Spaß beim Durchärgern.
Flare.com: Die Unterhaltsverpflichtungen, zu denen Adele nach ihrer Scheidung verpflichtet worden sein soll, sind *nicht* gelebte Gleichberechtigung
Das war nicht das,
was Frauen meinten, als sie Geschlechterparität forderten.
Für Frauen gibt es
nur selten einen guten Tag im Internet (zu viele Trolle bei Twitter),
aber gerade jetzt ist eine *besonders* furchtbare Zeit, um sich als
Frau durch das Internet zu bewegen. Denn wie sich herausstellt
verbringen Menschen während einer globalen Pandemie nicht nur
erheblich mehr Zeit auf der Müllhalde Twitter, vielmehr werden auch
die dort verlautbarten Meinungen immer problematischer.
Am 6. April gab ein Gericht in Los Angeles dem Antrag der Sängerin Adele statt, wonach
die Einzelheiten ihrer Scheidung von Ehemann Simon Konecki geheim
gehalten werden sollten. Die britische Sängerin und ihr ehemaliger
Lebensgefährte waren zwei Jahre lang verheiratet, bevor sie sich im April 2019 trennten. Das Paar hat einen siebenjährigen Sohn namens
Angelo.
Während die
tatsächlichen Fakten ihrer Scheidung privat bleiben sollen (wie es
sich gehört), begannen fast sofort Gerüchte zu kursieren, wonach
die Sängerin ihrem Ex-Partner 140 Millionen Dollar ihres
Nettovermögens von 190 Millionen Dollar teilen musste.
Es ist wichtig zu
betonen, dass nichts davon bestätigt wurde. Und bei all den
Spekulationen über die Bedingungen ihrer Trennung könnten die Leute
möglicherweise die Tatsache falsch interpretieren, dass es sich bei
den 140 Millionen Dollar lediglich um Summe handelte, die bei der
Scheidung zwischen den beiden *geteilt* wurde, und nicht das, was
Konecki individuell zusteht. Aber so oder so, wenn an den Gerüchten
etwas Wahres dran ist, machen diese Fotos von Adele vom Februar *sehr
viel* Sinn.
Unabhängig davon,
ob es sich dabei um die *exakte* Zahl dessen handelte, was Konecki in
Kalifornien - wo Adele offiziell die Scheidung beantragte - erhalten
würde, haben Ehepartner Anspruch auf die Hälfte des Einkommens und Vermögens ihrer Partner, das im Zeitraum der Ehe verdient und
angehäuft wurde. Laut einem Artikel des Cosmopolitan vom April 2019
stieg Adeles Nettovermögen allein in einem Jahr (zum Teil dank ihrer
überaus erfolgreichen Welttournee 2016/2017) von 69 Millionen Dollar
auf 182 Millionen Dollar; laut NME soll sie allein von dieser Tournee
55 Millionen Dollar mit nach Hause genommen haben.
Unser Mädchen Adele
hat also ordentlich was verdient. Und es wäre schön, wenn sie es
behalten könnte oder zumindest nicht gezwungen wäre, mehr als die
Hälfte davon ihrem Ex-Mann zu geben.
Aber um ehrlich zu
sein und ungeachtet der Einzelheiten von Adeles
Scheidungsvereinbarung, waren der ungeheuerlichste Teil dieses ganzen
Debakels die Reaktionen darauf im Internet. Einige Männer im Netz
sind ziemlich angetan von der Aussicht, dass Adele 140 Millionen
Dollar an Konecki abdrücken muss und meinten bei Twitter, dass
Konecki eine ziemlich ansehnliche Summe Geld „verdient“ habe.
Speziell scheinen
einige Männer überaus verwirrt zu sein und meinen beispielsweise,
ob es nicht genau das war – also die volle Gleichberechtigung, auch
wenn es um Scheidungszahlungen geht – was sich Frauen (und vor
allem diese gespenstischen Feministen) von der Gleichberechtigung versprachen?
Darauf kann ich
eindeutig mit nein antworten, meine Herren. Und das aus mehreren
Gründen.
Erstens vergleichen
viele Leute im Netz die Situation von Adele mit jener von
Amazongründer Jeff Bezos, dessen Scheidung von seiner Frau Mackenzie
Bezos 2019 Schlagzeilen machte. Beim Abschluss ihrer Scheidung wurden
der ehemaligen Frau Bezos 19,7 Millionen Aktien von Amazon.com mit
einem Wert von 38,3 Milliarden Dollar übertragen, was sie auf Platz
22 der 500 reichsten Menschen der Welt katapultierte. Auch wenn es
sich dabei um eine *große* Geldsumme handelte - und zumindest oberflächlich betrachtet, scheinen Vergleiche mit Adeles Situation durchaus zu passen – so ist es auch wichtig zu erwähnen, dass
Bezos immer noch eine 12%ige Beteiligung am Unternehmen im Wert von
114,8 Milliarden Dollar behält (ganz zu schweigen von seinen anderen
Vermögenswerten). Er ist noch immer die reichste Person der Welt.
Die 38 Milliarden Dollar an seine Ex-Frau sind für Bezos effektiv
ein Tropfen auf dem heißen Stein.
Was die Situation
zwischen Adele und Bezos vielleicht aber am allermeisten
unterscheidet ist, dass Mackenzie, die mehr als 25 Jahre lang mit
Jeff Bezos verheiratet war, auch erste Angestellter seines
Unternehmens wurde und sie ihm bei der Erstellung des ersten
Geschäftsplans für das Unternehmen mitgeholfen hat, also eine frühe
und wesentliche Rolle beim Aufbau von Amazon spielte.
Außerdem, wenn wir
über Gleichberechtigung sprechen, was ist mit der Tatsache, dass
selbst in Kanada Frauen *immer noch* nur 75 Cent für jeden Dollarverdienen, den ein Mann verdient? Die Zahlen sind für indigene
Frauen, farbige Frauen und transsexuelle Frauen sowie für Frauen,
die neu in Kanada sind, noch einmal erheblich schlechter.
Ganz zu schweigen
davon, dass viele dieser Reaktionen im Netz auf Adeles
Scheidungszahlung anscheinend nur dazu dienten, den Frauen „auch
mal eins auszuwischen“. Es hat den Anschein, dass viele Leute auf
Twitter danach trachten, dass Adeles Ex-Ehemann ihr „alles, was sie
hat, wegnimmt“, denn normalerweise seien es die Männer, die in
Adeles Schuhen stecken und ihr Vermögen mit ihren Ex-Ehepartnerinnen
teilen müssen. Frauen waren historisch gesehen immer schon die finanziell schwächere Partei (eine Position, die sich aus den seit
langem etablierten Geschlechterrollen ergibt, die dazu führen, dass
Frauen über längere Zeit im Haushalt und außerhalb der bezahlten
Arbeitswelt arbeiten mussten). Warum muss Adele überhaupt eine
Entschädigung zahlen?
Das scheint mir
irgendwie kontraproduktiv zu sein.
Und um ehrlich zu
sein, glauben Sie nicht auch, dass Frauen als Geschlecht schon genug
Scheiße hinnehmen mussten, und dieses Nachtreten gegen Adele, die
über zwei Drittel ihres hart verdienten Vermögens abgeben musste,
einfach unangemessen ist und die Männer der Welt nun sagen können:
„Sie haben um Gleichberechtigung gebeten, hier ist sie“? Von
Katharina von Aragon, die von ihrem eigensinnigen Ehemann verstoßen wurde, bis hin zu den Frauen in den USA (und einigen Provinzen in
Kanada), die für ihr Wahlrecht kämpfen mussten, haben wir unendlich
viel Scheiße ertragen.
Ist es denn nicht
möglich, dass uns - und Adele - nicht eine einzige schöne Sache
gelassen wird?
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