444 Solidi Belohnung für den Dreistesten (Bildquelle) |
Jeder wusste es, nur die Behörden nicht
Spätestens der Raub
einer 100kg Goldmünze aus einem Museum in Berlin vor zwei Jahren
hätte die Behörden aufhorchen lassen sollen. Trotz der vielen
Zerstörungen und Plünderungen in er ersten Hälfte des 20.
Jahrhunderts ist Deutschland noch immer voller Kunstschätze. Überall
im Land gibt es Orte, an denen sich Sammlungen mit Gemälden,
Edelsteinen, Goldschmuck, Antiquitäten und andere Kostbarkeiten
befinden, die der Öffentlichkeit wenn nicht zugänglich gemacht
werden, so doch zumindest öffentlich bekannt sind.
Dabei allen ist
allen schon lange bekannt, dass Museen schlecht gesichert sind im
Unterschied etwa zu Banken oder auch nur Geldtransportern, da diese
mit der Sicherheit ihr Geld verdienen. Museen machen das nicht, sie
sind in der Regel nur gemeinnützig und können zumeist kaum ihre
Kosten decken. Dem Staat als Opportunisten gefällt das gar nicht und
so laufen Sicherungsmaßnahmen egal in welcher Dimension nur unter
ferner liefen.
Mit dem Raub der
Goldmünze in Berlin hätte eindeutig ein Mentalitätswechsel
eintreten müssen, da mit ihm bewiesen wurde, wie Museen nicht nur leichte
Beute sein können, sondern sich tatsächlich ein Zweig des
organisierten Verbrechens darauf spezialisiert hat.
Bekanntlich aber ist
länderübergreifend nichts passiert, der Diebstahl des sächsischen
Schatzes und auch künftige Raubzüge geht damit eindeutig auf Kosten
der Politik und der Sicherheitsbehörden, die sich, so ein legitimer
Vorwurf, lieber öffentlichkeitswirksamere Aufgaben kümmern.
Groß und schwer aber auch nur vergoldetes Silber (Bildquelle) |
Dresden war nicht der zweite Museumsraub, sondern schon der Dritte, eventuell sogar der vierte
Zur Abschätzung des
Marktpotenzials für Museumsdiebe habe ich mich in den vergangenen
Tagen etwas durch das Internet gegraben auf der Suche nach
„Goldschatz Ausstellung Museum“. Bemerkenswerterweise zeigte
gleich der erste Treffer, wie akut die Gefahr für die deutschen
Kunstschätze ist.
Dieser erste
Suchtreffer leitete mich zum Trierer Goldmünzschatz, bei dem es
sich um einen imposanten Schatz aus römischen Goldmünzen handelt,
der im Jahr 1993 gefunden wurde. Er umfasst 2.650 goldene „Aurei“
(Singular Aurus) aus der römischen Kaiserzeit. Neben der herausragenden Prägequalität, die für den
Preis einer antiken Münze instrumental ist, zeigt das Gesamtgewicht
von 18,5kg wie groß der Verlust damals gewesen sein muss für die
römische Verwaltung – und wie lohnenswert ein Diebstahl dieses
Münzschatzes ist.
Alleine das
Bruttogewicht der Münzen impliziert einen Wert von knapp 800.000
Euro bei derzeitigen Preisen. Dabei wäre ein Einschmelzen aber ein
Verbrechen am eigenen Diebesgut sondergleichen. Denn wer sich schon
einmal umgesehen hat, welche
Preise antike Goldmünzen mit hoher Prägequalität erzielen, der
würde lieber einen 30% Abschlag in Kauf nehmen für den Verkauf der
heißen Ware, als sie einmal heiß zu machen, um dadurch den größten Teil
ihres Schwarzmarktwertes zu zerstören.
So viel Gold für so wenig Becher (Bildquelle) |
Insgesamt über 5
Millionen Euro könnten Diebe erzielen mit dem Verkauf der Trierer
Goldmünzen. Dafür lohnt sich dann auch mal etwas Risiko – zumal
es hier um ein Museum geht, die Sicherungsmaßnahmen also erwartbar
einem Kleinkind mit Rassel gleichen.
Tatsächlich fand
ich zu meiner eigenen Überraschung im Wikipedia Artikel zum Trierer
Goldmünzschatz auch eine Passage, die da lautet „Diebstahlversuch
2019“. Es war das erste Mal, dass ich etwas darüber las. Mein innerer
Geschäftemacher wundert sich darüber gar nicht, erzwingt das oben
angedeutete Risiko-Rendite-Verhältnis einen Einstieg in das Museum
doch geradezu. Mein innerer Sinn für (staatliche) Vorsorge dagegen,
der ging in den Alarmmodus.
600g Goldpeanuts (Bildquelle) |
Denn der
Diebstahlversuch mag zwar gescheitert sein am Panzerglas, aber die
zwei Täter konnten nicht nur unerkannt entkommen, sondern sie
konnten auch kurz danach – zwischen den beiden Raubzügen lagen
gerade einmal sechs Wochen - erneut in einem Museum zuschlagen und
zwar in jenem in Dresden. Das zumindest wäre meine erste Hypothese,
wäre ich mit der Fahndung nach den Tätern betraut.
Ebenso hätten nach dem Zwischenfall in Trier bei
den Sicherheitsbehörden die Alarmglocken läuten müssen. Denn zwischen dem
Goldraub aus dem Museum in Berlin und dem Versuch in Trier lässt ein eindeutiger Zusammenhang herstellen. Nicht weniger hätte der zeitliche Abstand aufhorchen lassen
müssen. Denn aus Perspektive der Täter ergibt es sehr viel Sinn,
sich erst einmal mit dem Gold aus dem Staub zu machen, den Gewinn
daraus zu waschen und sich in Ruhe auf den nächsten Diebstahl
vorzubereiten.
Für einen solchen
Prozess (und das Ausgeben des Geldes) zwei Jahre anzunehmen ist nicht
abwegig. Insofern „mussten“ die Täter nach dem gescheiterten
Versuch in Trier schnell nachziehen und Plan B in Dresden umsetzen. Den
Sicherheitsbehörden hätte das den Anlass geben müssen, um im Anbetracht der neuen Lage eine
Risikoabschätzung zu treffen, die zur Folge haben müssen, dass alle Museen und bekannten
Kunstschätze des Landes mit besseren Sicherungsmaßnahmen
ausgestattet werden.
2,6kg Gold warten auf den Schmelzofen (Bildquelle) |
Passiert ist bekanntlich nichts und so konnte Dresden passieren. Nimmt man es aus Perspektive der Sicherheit für derartige Schätze aber genau, dann war das Versagen der Behörden noch größer als es die drei Fälle in Berlin, Trier und Dresden andeuten. Denn die Diebe haben sich offenbar nicht nur auf Deutschland und dessen Kunstschätze spezialisiert, sondern greifen überall in
EU-ropa zu. Das zeigt ein Fall vor einem Jahr, als in Schweden
die königlichen Insignien gestohlen wurden. Es handelte sich dabei um
einen Raub, der ebenso in die Masche passt, wie sie an den anderen Tatorten zu
beobachten war und das mit Zielobjekten, die sogar noch schlechter geschützt
wurden als jene im Grünen Gewölbe.
Zum Glück der
Schweden haben die Täter den Marktwert der Insignien überschätzt
und sie wieder aufgegeben. Dennoch lassen sich auch aus diesem
Diebstahl wertvolle Informationen gewinnen. Denn sie implizieren
keinen Zwei-Jahres-Rhythmus der Täter, sondern sogar einen
jährlichen. Ebenso zeigt es, dass sie sich die offenen Grenzen im
EU-Raum zu Nutze machen und keinen Unterschied kennen zwischen
Raubgut in Deutschland oder Schweden – oder eben einem anderen Land auf dem
europäischen Festland.
Konnte leider nur bis Oktober entwendet werden (Bildquelle) |
Die Frage ist nicht ob oder wann, sondern was und wo
Angesichts des
exorbitanten Werts der aus dem Grünen Gewölbe gestohlenen
Gegenstände, die vermutlich selbst noch als Einzelteile sehr viel wert sind, könnte man nun erwarten, dass sich die Diebe zur Ruhe
setzen werden. Das scheint aber keineswegs so zu sein, denn die Goldmünze, die sich als erstes in Berlin
vereinnahmt haben, warf abzüglich aller Kosten mit Sicherheit noch
immer eine 7-stellige Summe für die Täter ab. Es wäre eindeutig genug, um sich zur Ruhe zu setzen, allerdings haben sie bekanntlich weiter gemacht.
Die Diebe werden
daher mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut zuschlagen und sie werden
dies in ungefähr einem oder zwei Jahren machen. Sie werden sich ein weiteres mangelhaft
gesichertes Museum oder eine (Dauer-)Ausstellung aussuchen, in denen
Gegenstände mit hoher Wertdichte lagern, wobei sie sich nach dem
Misserfolg in Schweden vermutlich etwas besser vorbereiten werden,
damit sie nicht erneut wertlosen Plunder einpacken.
Und auch wenn ihr erstes
Zielobjekt „Gold“ zu sein scheint, so sind sie offenbar nicht wählerisch,
da in Dresden vor allem Juwelen in ihre Taschen wanderten. Das
nächste Ziel könnte damit auch ein Kunstmuseum sein, eines für
Edelsteine oder Kristalle.
Offen herumliegendes Potenzmittel (Bildquelle) |
Vielleicht werden
die Diebe sogar eine naturkundliche Ausstellung ins Visier nehmen, wo
sich das in Ostasien beliebte Elfenbein von den ausgestellten
Skeletten der Mammuts, Elefanten und Nashörnern sägen ließe.
Dieses auf den ersten Blick etwas bizarre Szenario wird genau dann
realistisch, wenn man bedenkt, dass in China ein
Kilogramm Elfenbein mit bis zu 1.000 Dollar gehandelt wird.
Stoßzähne wiederum wiegen in der Regel 100kg und pro Exemplar gibt
es zwei davon. Die Diebe könnten also mit einer Aktion ein
erkleckliches Sümmchen verdienen, wobei es zugegebenermaßen
mindestens eine Liga unter jener für Staatsschätze wie dem
sächsischen liegt.
Sollten es die Diebe
wiederum auf das Horn eines ausgestopften Nashorns abgesehen haben,
dann könnten sie damit so viel Geld herausschlagen als mit zwei
Stoßzähnen. Der Raubzug in einem Pariser
Zoo, wo ein Nashorn erschossen wurde, um sein Horn zu klauen
beweist die Relevanz dieser Art von Diebstahl.
Unbedingt einen Pickel mitbringen (Bildquelle) |
Denn auch wenn die
Rendite niedriger sein mag, als in den nun hoffentlich besser
gesicherten Museen mit Kunstschätzen, das Risiko eines Einstiegs in
einem kleinen Paläontologischen Museum ist ebenso erheblich
niedriger, von denen es landauf, landab einige zu geben scheint. Man nehme als Beispiel das Mammutheum
im oberbayerischen Scharam/Alzing, wo die Polizei vermutlich
frühestens in einer halben Stunde am Tatort einträfe, sollte der
Nachtwächter die Diebe beim Absägen der Stoßzähne hören –
falls es dort überhaupt einen Nachtwächter gibt.
Das
liebevoll-ungesicherte Mammutheum ist dabei nur eines von vielen
Beispielen, in denen wertvolle Schwarzmarktprodukte kaum oder
gänzlich ungesichert lagern. Teilweise liegen derartige Gegenstände
auch einfach nur offen in einem offenen Gebäude herum, so dass sich
die weniger integren unter den Mitmenschen tagsüber einfach so
bedienen können. Man würde es zunächst nicht einmal bemerken. Wer
das nicht glaubt, dem empfehle ich einen Ausflug in das
paläontologische oder geowissenschaftliche Museum der
nächstgelegenen Universität.
Ob in Zürich,
Heidelberg,
Tübingen,
Göttingen
oder Hamburg, überall kann man einfach reinspazieren und sich von Kristallen über
hochwertige Fossillie und Neandertalerschädel bis hin zum Stoßzahn
einfach alles mitnehmen. Ich empfehle eine sehr große Tasche und rate zur Eile. Denn ewig werden die Vitrinen nicht gefüllt bleiben.
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