Wühltisch auf der Knarrenmesse in Amiland (Bildquelle) |
Nach den beiden Amokläufen kürzlich in den USA gab es wie üblich Forderungen nach restriktiveren Waffengesetzen, um derartige Morde besser in den Griff zu bekommen. Kritiker von schärferen Vorschriften dagegen verweisen auf den mangelnden Zusammenhang zwischen legalem Waffenbesitz und Kriminalität, bzw. Mord als dem finalen Effekt des Schusswaffengebrauchs. Tatsächlich zeigen die folgenden Zahlen, dass Schusswaffen in der Kategorie Mord sogar eine leicht positive Wirkung auf die Zahl der Morde haben.
Wie man Waffen- und Mordstatistiken bastelt...
Als Grundlage für
die Rechnung dienen ein paar Listen von Wikipedia, der ehernen Quelle
für digitale Wahrheiten. Einmal gibt es dort eine
Liste mit der geschätzten pro Kopf Zahl an Schusswaffen in der
Bevölkerung und es gibt auch eine Liste
mit der Anzahl der Morde pro Land und Jahr. Bei den Zahlen
handelt es sich größtenteils um Schätzwerte, wobei einige Zahlen
auch aus unterschiedlichen Jahren stammen. In den Zahlen steckt damit
ein gewisser Unsicherheitsfaktor, den man bei Schlussfolgerungen
berücksichtigen muss, zumal das ein oder andere Land möglicherweise
nicht so emsig Zahlen für Statistiken sammelt als wir hier in
Deutschland. Trotzdem sind das die besten Zahlen, die es zum Thema
gibt und - noch einmal - sie stammen von Wikipedia, müssen also
korrekt und relevant sein.
Zieht man von der
zusammengesetzten Liste, die sich jeder
hier als Excel/ODS Datei herunterladen kann, all jene Länder ab
mit unter einer Million Einwohner, dann bleiben 159 übrig. Die
Zahlenbasis ist also recht groß und robust, wobei, das sollte ich
noch erwähnen, Somalia und das Vereinigte Königreich musste ich aus
deren Einzelteilen zusammensetzen, da England und Wales, Nordirland,
Schottland, Somaliland und Restsomalia jeweils eigene Statistiken
führen.
Die Spitzenreiter in der Kategorie Mord
Die meisten Morde
pro Kopf gibt es in El Salvador, wo jährlich von circa 1.600 Bürgern einer umgebracht wird (61,8 pro 100.000 Einwohner). Das ist happig
und wirkt sich wie es scheint auf deren Bevölkerungsentwicklung
aus, da seit Mitte der 1990er Jahre eine deutlich Abflachung des
Zuwachses zu verzeichnen ist. Das bemerkenswerte daran ist, dass es
in Deutschland circa 50% mehr Schusswaffen gibt als in El Salvador
und in Österreich sogar 200% mehr, beide Länder aber weniger als 2%
so viel Morde aufweisen.
Palmen, Strände, Blechtrommeln, Sozialismus und Morde |
Hinter El Salvador
liegen mit dem Kifferparadies Jamaika, Maduros realsozialistisches
Utopia Venezuela und dem strukturellen Hinterhof Honduras gleich drei
weitere Länder, die dem Großraum Lateinamerika/Karibik zuzuordnen
sind.
Erst auf Platz fünf
folgt dann mit Lesotho das erste Land jenseits dieser Region. Im südlichen Afrika verzeichnet man jedes Jahr ungefähr 41
Morde pro 100.000 Einwohner, was sich absolut gesehen auf 2.400 Mordopfer beläuft. Erstaunlich sind daran drei Aspekte. Erstens, es gibt kaum Waffen in
dem Land, da sich nur einer von zwanzig ein derartiges Mordgerät
leisten kann. Zweitens, es gibt in dem Land jedes Jahr fast vier
Mal so viele HIV Tote als Ermordete, wobei drittens weder die
Mordrate noch die HIV Epidemie etwas am Bevölkerungswachstum
ausrichten können. Lesothos
Bevölkerung wächst seit den 1960er Jahren jährlich konstant um
1,3%.
Am anderen Ende des
Mordspektrums finden sich in den Top Zehn jeweils vier ostasiatische
und vier arabische Länder. Vor allem in Singapur und Japan stirbt
mit einem von einer halben Million kaum ein Mensch durch
Gewalteinwirkung, wobei es in diesen beiden Ländern auch nur circa
einer von 330 Menschen eine Schusswaffe sein Eigen nennt. In den
arabischen Ölländer wiederum finden ebenfalls kaum Morde statt,
obwohl dort fünfzig Mal so viel Waffen im Umlauf sind, als etwa in
Japan.
Die beiden
europäischen Mitglieder in den zehn mordfreiesten Ländern der Welt
sind Norwegen und die Schweiz. Auffällig ist bei diesen, dass
ähnlich wie in Japan zwar kaum Morde geschehen, dort aber noch
einmal doppelt so viele Schusswaffen im Umlauf sind als in den
ebenfalls mordarmen arabischen Ländern.
Die Spitzenreiter in der Kategorie Schusswaffenbesitz
Wenig überraschend
führen die Vereinigten Staaten die Kategorie Waffenbesitz an und
zwar mit einem überragenden Abstand. 120,5 Schusswaffen pro
einhundert Einwohnern bedeuten, dass unter Abzug aller Kinder und
Gefängnisinsassen im Schnitt jeder Einzelne zwei Stück zu Hause in
der Schublade liegen hat. Gemessen daran sind die fünf Toten pro
100.000 Einwohner eine
bemerkenswert niedrige Zahl, von denen die meisten überdies vermutlich irgendwo im
Dreieck Detroit - Chicago - Baltimore ihr Leben verlieren.
Wie werden Menschen in Taiwan und Indonesien ermordet??! |
Auf Platz zwei der waffenstarrenden Länder folgt der von Geopolitik, Claninteressen und Bürgerkriegen zerrüttetete Jemen, wo noch immer etwas mehr als jeder zweite eine Schusswaffe zu Hause hat. Trotzdem liegt auch die Mordrate mit 6,66 Morden pro 100.000 Einwohnern nur unwesentlich höher als in den USA
Danach folgt eine
Reihe von vor allem europäischen Ländern, zusammen mit Kanada,
Uruguay und dem Libanon, in denen ebenfalls fast in jedem Haushalt eine
Schusswaffe vorhanden zu sein scheint, wo es gleichzeitig jedoch fast japanisch
zugeht im Hinblick auf Morde. Besonders bemerkenswert ist, dass mit
Serbien und Bosnien-Herzegowina auch zwei Balkanländer zu den obersten Zehn dazugehören.
Keine Waffen in Privatbesitz wiederum gibt es in Taiwan und in Indonesien. Trotzdem werden dort gelegentlich Menschen ermordet, allerdings ist es kaum mehr als einer von einer Viertel Million, denen in Ermangelung an Bleischießgeräten wahrscheinlich jemand nachts im Schlaf das Kopfkissen ins Gesicht drückt.
Korrelierte heiße Luft
Korreliert man die
Zahlen für Schusswaffenbesitz und Mord miteinander, dann ergibt sich
für alle 159 betrachteten Länder ein Wert von -0,02 und das
bedeutet, dass es keinen Zusammenhang zwischen beidem gibt. Selbiges
gilt für die Größe des Landes und jeweils Morde und Schusswaffen.
Waffen pro Morde |
Wählt man nur jene
Länder am jeweils extremen Ende der Skala, dann ergibt sich ein
Korrelationswert von 0,5 für jene 23 Länder, in denen jährlich
mindestens 10 Menschen pro 100.000 Einwohner gewaltsam umkommen. Das
ist eindeutig ein positiver Zusammenhang, allerdings ist er zum einen aber nur
relativ schwach ausgeprägt, und zweitens ist die Grundgesamtmenge mit 23 etwas zu
niedrig für eine eindeutige Aussage.
Der Zusammenhang zwischen vielen Morden und vielen Schusswaffen kann daher insgesamt als nur schwach ausgeprägt bezeichnet werden. Andere Faktoren, die hier nicht betrachtet werden sind vermutlich bedeutsamer.
Der Zusammenhang zwischen vielen Morden und vielen Schusswaffen kann daher insgesamt als nur schwach ausgeprägt bezeichnet werden. Andere Faktoren, die hier nicht betrachtet werden sind vermutlich bedeutsamer.
Korreliert man im
Gegenzug alle Länder mit vielen Schusswaffen, es sind 17 an der
Zahl, in denen mindestens jeder Fünfte im Besitz eines Schießeisens
ist, dann kommt man mit 0,46 ebenfalls auf einen positiven
Korrelationskoeffizienten. Aber auch hier gilt, dass die
Grundgesamtheit klein ist und die Korrelation schwach. Aussagen sind
nur bedingt möglich.
Plus: mehr Waffen = mehr Morde; Minus: mehr Waffen = weniger Morde |
Nimmt man nun die
beiden extremen Enden zusammen – interessanterweise gibt es keine
Überschneidungen zwischen den 17 Waffenländern und den 23
Mordländern – dann kommt man auf einen Korrelationskoeffizienten
von -0,37 und damit auf einen relativ deutlichen negativen Zusammenhang, der
überdies mit 40 Stichproben statistisch aussagekräftig ist.
Dieser negative
Zusammenhang ist gleichbedeutend damit, dass je mehr Schusswaffen es
im Privatbesitz gibt, desto weniger gewaltsame Tode gibt es in dem
jeweiligen Land. Glaubt man den üblichen Meinungen zum Thema, dann
ist das so nicht zu erwarten.
Morde pro Waffe (ohne USA, da zu weit ab) |
Auch die Korrelation
der Zahlen jener Ländern, die in beiden Kategorien wie auch in den
jeweiligen Einzelkategorien nicht am oberen Ende angesiedelt sind,
bestätigen diese (Nicht-)Zusammenhänge. In der Mordkategorie gibt
es mit -0,08 keinen Zusammenhang mit den Schusswaffen und in der
Schusswaffenkategorie gibt es mit 0,16 nur einen
vernachlässigenswerten Zusammenhang. In beiden Kategorien wiederum
liegt der Wert bei -0,16 und ist daher ebenfalls nicht relevant.
Sind Schusswaffen ein Treiber der Mordrate?
Sofern die
zugrundeliegenden Zahlen zuverlässig sind, dann ist das Fazit eindeutig.
Schusswaffen sind definitiv nicht verantwortlich dafür, dass es in
einem Land mehr Morde gibt. In der Tendenz lässt sich sogar das
Gegenteil ableiten, wonach umso weniger Morde geschehen, je stärker
bewaffnet die Bevölkerung des jeweiligen Landes ist.
Bemerkenswert sind mit den USA und einigen karibischen/lateinamerikanischen Länder
vor allem die extremen Ausreißer in beiden Kategorien, da sie dem gängigen
Narrativ diametral widersprechen und die verbreiteten Mythen
eindeutig widerlegen.
Im Anbetracht der
Zahlen scheint der Hang zu Mord und Schusswaffenbesitz eher eine
Frage von Kultur und Alltagsmentalität zu sein, worauf die regionale
Verteilung der Werte hindeutet. Ostasien mordet eher selten und hat
auch nicht den Hang zum Schusswaffenbesitz, während der Besitz umso
häufiger wird, je weiter man in Eurasien in Richtung Westen geht.
Die Mordrate jedoch wird davon kaum beeinflusst.
Der extreme Wechsel
entlang der Wasserscheide des Rio Grande von „Schusswaffen ohne
Morde“ zu „Morde ohne Schusswaffen“ zeigt auch, dass
Lateinamerika möglicherweise gut daran täte, sein Glück weniger im
Sozialismus zu suchen und vielleicht eher bauen sollte auf Glock
und Colt.
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