Die Lage in Moldau seit Juli 1992 (Bildquelle) |
So gut wie
unbemerkt von der Weltöffentlichkeit wird ein eingefrorener Konflikt
im Südosten Europas langsam wieder aufgetaut. Transnistrien, die
russischsprachige Region im Osten des rumänisch geprägten Moldau
existierte bislang in einer Grauzone zwischen Autonomie und
Unabhängigkeit, nachdem ein kurzer Krieg im Jahr
1992 mit der Stationierung russischer Friedenstruppen in
Transnistrien endete. Seitdem hält der Frieden zwischen
Chisinau und Tiraspol. Vor zwei Wochen aber wurde eine UN Resolution verabschiedet, die den "sofortigen
Abzug aller russischen Truppen aus Moldau" fordert.
Was und wo sind Moldau und Transnistrien?
Die Republik Moldau
ist ein kleines Land mit 3 Millionen Einwohnern nordöstlich von
Rumänien und südwestlich der Ukraine, eine Region die auch
Besarabien genannt wird. Historisch und kulturell ist das Land
größtenteils rumänisch und wurde erst mit dem Einmarsch der roten
Armee von Rumänien abgetrennt und der UdSSR als autonome Republik
hinzugefügt. In dieser Form war der Westen Moldaus vor allem eine
Kornkammer für die Sowjetunion, während östlich des Flusses Dnister
ethnische Russen angesiedelt wurden, wo mit Hilfe von Wasserkraftwerken am
Dnister eine industrielle Infrastruktur aufgebaut wurde.
Heute ist Moldau
eines der ärmsten Länder Europas mit einem pro-Kopf Einkommen von
offiziell unter 15 Euro pro Tag (5.661 US-Dollar pro Jahr). Viele rumänische
Moldauer haben auch die rumänische Staatsbürgerschaft und arbeiten
in Westeuropa, während es die russischen Moldauer zum Geld verdienen
eher in Richtung Russland zieht. Moldau selbst ist bislang blockfrei,
gehört also weder der NATO, noch der EU oder der OVKS
an. Es gibt aber Bestrebungen im Land und ein Interesse des Westens, das Land in die ersten beiden Organisationen aufzunehmen. Die innere
Machtstruktur Moldaus verhindert dies bislang, da sich die
pro-russischen und die pro-westlichen Interessen gegenseitig
aushebeln.
Kurz gesagt,
Moldau gehört zu den Leckerbissen auf dem Buffet geopolitischer Interessen. Doch bislang kann das Land trotz Armut, Ineffizienz, Korruption
und inneren Konflikten die Balance halten.
Der Transnistrienkonflikt
Im Jahr 1991
erklärte sich Moldau für unabhängig und es gab Bestrebungen,
Moldau wieder rumänisch zu machen. Dies missfiel den Russen in
Transnistrien, die daraufhin zwar ihre eigene Unabhängigkeit von der
frisch gegründeten Republik Moldau als auch der Sowjetunion
ausriefen, im geopolitischen Umfeld aber keine Unterstützung
genossen. Dies führte zur Bildung einer 10.000 Mann starken
Bürgerwehr in der Region, die sich an den in Transnistrien
gelagerten Militärwaffen bediente und aktiv wurde.
Ab März 1992
begannen die Feindseligkeiten. Nach mehreren Wochen kam es zwar zu
einem russisch ausgehandelten Waffenstillstand zwischen den
moldauischen Truppen und den transnistrischen Rebellen. Dieser hielt
jedoch nicht, woraufhin Moldau versuchte, eine der transnistrischen
Städte zurückzuerobern. An diesem Punkt griff das russische Militär
ein und zwang die moldauischen Truppen zurück auf das Gebiet
westlich des Dnister.
Im Juli 1992, nur
drei Monate nach dem Beginn des Konflikts handelten Russland und die
Republik Moldau dann einen Vertrag aus, wonach Transnistriens
Unabhängigkeit nicht anerkannt würde, sondern die Region einen
Sonderstatus innerhalb von Moldau erhält und dies mit Hilfe von
dauerhaft stationierten russischen Truppen abgesichert würde.
Dieser Vertrag
besteht bis heute und der Frieden hält. Die beiden westlich und
östlich des Dnister gelegenen Landesteile ignorierten sich fortan gegenseitig und
das Leben ging weiter.
Die UN Generalversammlung macht dem kalten Frieden einen Strich durch die Rechnung
Die Abmachung
zwischen Chisinau und Moskau lief nicht über die UN, sondern war
eine bilaterale Vereinbarung. Auch wenn beide Länder Mitglieder in
der UN sind - Russland kann dort bekanntlich sogar Vetos einlegen -
es gibt keine Legitimation seitens der UN, am Status dieser
Vereinbarung etwas zu verändern, zumal es keine militärischen Feindseligkeiten gibt.
Nun aber gab es vor
zwei Wochen eine
nicht bindende Resolution der UN Generalversammlung, in der die
Mehrheit aller Länder dafür stimmte, dass Russland „seine Truppen
und Geräte sofort aus dem Territorium der Republik Moldau abzieht“.
Die Resolution basiert auf der Position der aktuellen moldauischen
Regierung, da Außenminister Tudor Ulianovschi die russische
Militärpräsenz in Moldau als „ohne die Zustimmung des Landes“
bezeichnete. Für die Resolution stimmten unter anderem die EU
Mitglieder, dagegen Russlands Verbündete.
Russland verwies in
der Sache darauf, dass der Resolution keine Verhandlungen
vorausgingen, um sie zu verbessern, und dass die Position, nachdem
russische Truppen im Land nicht willkommen seien, im Land selbst
höchst umstritten ist.
Neben den
Transnistriern, die etwa 17% der Bevölkerung ausmachen gibt es in
Moldau noch weitere Minderheiten mit einer Stärke von mindestens 10%
an der Bevölkerung, die westlich des Dnister leben und eher
Sympathie für Russland hegen und kein Teil der EU sein wollen.
Darüber hinaus ist
auch der aktuelle Präsident des Landes Igor Dodon skeptisch
hinsichtlich einer stärkeren Anbindung an den Westen und präferiert die Neutralität und den inneren Ausgleich über die Mitgliedschaft zu
einem Block. Beispielsweise verweigerte er mehreren pro-EU Ministern
der Regierung unter Ministerpräsident Pavel Filip die Bestätigung
im Amt, was kurzzeitig eine Staatskrise auslöste.
Dodon, das sollte
vielleicht dazu gesagt werden, ist Kommunist. Generell ist der
Kommunismus auf beiden Seiten des Dnister noch immer recht beliebt,
da das Land als Sowjetrepublik wohlhabend war und der Absturz erst
danach folgte.
Einordnung und Ausblick
„Moldaus
Tiefer Staat versucht über den Hebel der UN, den Frieden in
Transnistrien zu unterminieren“ war der Titel eines
Hintergrundartikels zum Thema, über den ich auf die Sache aufmerksam
wurde.
Dieser Titel trifft den Kern der Sache sehr gut, vor allem wenn
man den Blick etwas weitet.
Im erweiterten Blick
auf die Region sieht man die große Ukraine, die in einen Konflikt
abglitt, nachdem George
Soros erwiesenermaßen unter Zuhilfenahme der EU und des
US-Außenministeriums im Land einen Konflikt lostrat, um das Land aus
der Umlaufbahn Russlands herauszuholen. Das Ergebnis besteht darin,
dass die Krim von Russland annektiert wurde, der Osten der Ukraine
dank russischer Militärhilfe auf dem besten Weg ist, von Kiew
unabhängig zu werden und der Westen des Landes wie eh und je arm ist
und nicht von Fleck kommt. Das alles wohlgemerkt, nachdem ethnische
Ukrainer und Russen im Land über Jahrzehnte friedlich zusammenlebten.
Die Westukraine
unter Petro Poroschenko ist inzwischen fest in der Hand westlicher
Interessen und es gibt sogar Überlegungen, das
Land in die NATO aufzunehmen. Wenn nun an der Südwestgrenze zur
Westukraine aber noch immer russische Militäreinheiten stehen, dann
ist das Verdrängen des russischen Einflusses effektiv nichts wert,
da die Westukraine im Zweifel von Russland in die Zange genommen
werden kann.
Daher, so der
Gedanke, muss die russische Militärpräsenz in Transnistrien weg -
koste es was es wolle.
Aufgrund der
wirtschaftlichen und politischen Schwäche Moldaus muss man leider
davon ausgehen, dass das Land sich nicht selbst behaupten können
wird. Insbesondere, da die Politik des Landes heillos zerstritten ist
- es stehen der Ministerpräsident gegen den Präsidenten in einer
Art Kalten Krieg - während das Volk selbst in der Regel nur dann ein
demokratisches Mitspracherecht erhält, wenn dies opportun ist.
Daher könnte sich
Moldau allmählich in eine zweite kleine Ukraine verwandeln mit
russischer Hilfe im Osten. Dies womöglich unter Anerkennung der
Unabhängigkeit und mit Vetos in petto, falls es zu
Resolutionsvorlagen im UN Sicherheitsrat kommen wird, oder gar zu
einem militärischen oder harten politischen Vorgehen durch Chisinau
oder andere.
Die andere,
westliche Seite wird gleichzeitig nichts unversucht lassen, Moldau in
seine Richtung zu ziehen. Eine Vereinigung mit Rumänien könnte
versucht werden, die überstürzte Aufnahme in die EU wäre eine
Möglichkeit, dazu allerlei Finanztransfers, klassische Bestechung und
nach dem Beispiel Montenegros könnte das Land auch in die NATO
aufgenommen werden, um den schmalen Uferstreifen östlich des Dnister
natokonform „von den russischen Invasoren befreien“ zu können.
Was bleibt ist
die Erkenntnis, dass Geopolitik keinen Frieden kennt, der Name George
Soros buchstäblich überall auftaucht wo aus heiterem Himmel
Probleme entstehen - und dass Moldau, das für mich als
Auswanderungsland innerhalb Europas ganz oben auf der Liste stand,
offenbar kein guter Fluchtort ist.
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