Wie Wladimir Putin zum starken Mann Russlands werden konnte - Eine Geschichte wie aus einem Agententhriller


(Bildquelle)

Wladimir Putin wird in den Mainstream Medien gerne als Erzbösewicht dargestellt. Ein Despot, der Russland mit eiserner Faust regiert, der die Welt mit seinem Atomarsenal bedroht und sich nebenbei die Taschen vollmacht. Nur Extremisten und Leichtgläubige fallen auf ihn und seine Verlockungen herein, so der Tenor, denn als alter KGB Agent räumt er ruchlos alles aus dem Weg, das ihm gefährlich werden könnte. Tatsächlich wirkt die Geschichte seines Aufstieges wie aus einem Agententhriller entnommen. Hier der Versuch eines Überblicks über die Geschichte von Wladimir Putin und seinen Aufstieg zu einem der mächtigsten Männer der Welt.



Im postsowjetischen Russland herrscht Chaos, das Land steht am Abgrund



Die Geschichte der Russischen Föderation beginnt im Jahr 1990 mit dem Ende der UdSSR. Wirtschaftlich lag das Land trotz der von Michail Gorbatschow eingeleiteten Reformen in den 1980er Jahren und zahlreicher Kredite aus dem Ausland völlig am Boden. Die Industrieproduktion lag am Boden, die öffentliche Ordnung brach zusammen, die Staatskasse war leer und blieb dank Korruption und Misswirtschaft auch leer, und an der Peripherie drohten zahlreiche autonome Regionen mit einer Unabhängigkeit. Während mehrere Länder wie Kasachstan und die Balten in die Eigenständigkeit entlassen wurden, so wurde anderen Regionen des Vielvölkerstaates die Unabhängigkeit verwehrt.

Insbesondere in Tschetschenien führte dies zu einer Separatistenbewegung. Die islamisch geprägte Region war immer schon ein Unruheherd für Russland, aufgrund der Unterstützung von Islamisten in Zentralasien durch die CIA und ihre Verbündeten vom Arabischen Golf konnten sich in der Region Kräfte sammeln, die den bewaffneten Kampf gegen Moskau führen konnten und die dies ab 1994 auch taten.

In Moskau war man nicht bereit, den tschetschenischen islamextremistischen Separatisten nachzugeben. Unter Präsident Boris Jelzin nahm das Land in der Sache eine harte Haltung ein und schickte Truppen, um die Lage mit militärischen Mitteln in den Griff zu bekommen. Ähnlich wie ein Jahrzehnt zuvor im Afghanistankrieg der Sowjetunion zehrte der Konflikt massiv an den Kräften des ohnehin kaputten Landes, das aufgrund der nun offenen Grenzen auch extrem viele Talente verlor.

Jelzin selbst muss dies klar gewesen sein, aber er verstand weder etwas von Marktwirtschaft oder einer unabhängigen Justiz, wie er auch nichts davon verstand, einen Konflikt zu gewinnen, die Staatskasse zu füllen oder internationale Finanzverhandlungen zu führen. Hinzu kommt Jelzins massives Alkoholproblem, das er lange Zeit zwar überspielen konnte, bis Mitte der 1990er Jahre aber unübersehbar und offenbar zu einem Problem bei der Amtsführung wurde.

In dieser Lage war Russland fast völlig abhängig von ausländischem Kapital und ausländischem Know How. Nur wenige in Russland selbst hatten Auslandserfahrung, Einblicke in die großen Produktionssysteme des Staates oder überhaupt das Talent oder den Mut, sich in der Situation zum Erfolg durchzuboxen, sei dies politisch oder privat.

Russland war ein Eldorado für heimische und ausländische Glücksritter und verdeckte Interessen, die mehr wollten, als nur ein friedliches und freies Russland. Sie wollten den ganzen Kuchen und da es in Russland trotz der Probleme extrem viel zu holen gibt - das Stichwort lautet Rohstoffe aus Sibirien - waren sie entsprechend bereit, alles dafür zu tun.

Die Abwesenheit jeglicher Standards und verlässlicher Strukturen zog Russland die Geld- und Machtgierigen der Welt an, wie Fliegen das Licht.



Es treten auf den Plan: Einheimische Talente, Exilrussen und Geschäftemacher



Im Visier der Glücksritter befanden sich vor allem die großen Kombinate, insbesondere jene im Energie- und Rohstoffbereich, die nach wie vor das finanzielle Rückgrat des russischen Staates bildeten. Auch wenn vieles gefährlich marode war, so waren die Geschäfte in dem Sektor noch immer golden. 

Es gab zahlreiche einheimische Talente, wie etwa Michail Chodorkowski, Roman Abramowitsch, Boris Beresowski und Sergei Magnitski, die sich dank ihres Insiderwissens aufgrund ihrer Positionen im wirtschaftlichen Verwaltungssystem der Sowjetunion schnell hocharbeiten konnten und zu Oligarchen wurden. Dazu kamen Ausländer, die mit dem richtigen Riecher, besten Kontakten in die westliche Hochfinanz und der notwendigen Unverfrorenheit in das Geschäft einstiegen, darunter Edmond Safra und Bill Bowder.

Ihr Geschäftsmodell bestand darin, wertvolle Teile der russischen Konglomerate zu identifizieren und dafür zu sorgen, dass diese Staatsunternehmen (zu) billig an private Investoren verkauft werden und der russische Fiskus nichts von den Gewinnen abbekommt. Begünstigt wurde dieses Vorgehen durch die Ineffizienz und Unerfahrenheit der politischen Führung, dem chronischen Geldmangel in der Staatskasse und einer guten Portion Korruption.

Mehr als ein Dutzend frühe Unternehmer des postsowjetischen Russland konnten sich dadurch innerhalb kürzester Zeit riesige Imperien aufbauen. Chordokowski Yukos Konzern war darunter nur einer der bekanntesten unter vielen.

Dank ihres neuen Vermögens konnten die Herren nicht nur ein Leben im absoluten Reichtum verbringen, sondern sie konnten höhere Ambitionen entwickeln und begannen damit, Politik zu betreiben. Begünstigt wurde dies durch die mangelnde Erfahrung der Russen und des russischen Staates mit dem freien und pluralistischen Repräsentationssystem, vor allem aber konnten sie wegen der finanziellen Ohnmacht der öffentlichen Hand schalten und walten wie sie wollen.

Nicht zuletzt ist es weltweit normal, dass wer ein Unternehmen führt, das mehrere Prozente des BIPs eines Landes auf sich vereint und nicht unerheblich zu dessen staatlichen Einnahmen beträgt, der hat automatisch einen großen Einfluss auf die staatlichen Geschicke dieses Landes.

Kommen dann noch finanztechnische Informationsvorteile hinzu und die Arroganz, alles haben zu wollen und nicht nur mehr als genug, dann wird es richtig gefährlich. Und im Russland Ende der 1990er Jahre kam all das zusammen.



Russland wollte einen Kredit beim IWF, die Vermittler des Kredits aber wollten Russland



Die Situation in Russland führte dazu, dass der Staat immer mehr an profitablem Kapitaleigentum verlor und gleichzeitig wurden private Gewinne in Milliardenhöhe ins Ausland verschoben. Wenn er nicht gerade durch Korruption gelähmt war, dann tappte der Staatsapparat in der Sache mehr oder weniger im Dunklen. Ein akuter Engpass bahnte sich an - oder wurde angebahnt - und so entstand die sog. Russlandkrise, in deren Folge das Land einen Milliardenkredit beim IWF aufnehmen musste, um nicht vollends bankrott zu gehen.

Vermittelt wurde der Kredit durch den britischen Wall Street Investor Bill Bowder. Eigentlich eine naheliegende Wahl in einer derartigen Angelegenheit, man wählt jemanden, der in den notwendigen Gebieten Experte ist und über die besten Kontakte verfügt. Das war bei Bowder der Fall.

Das Problem mit dem Mann aber war, dass er sich mit Edmond Safra, Sergei Magnitski und Boris Beresowski verschwor. Die vier wollten Russland übernehmen! Glaubt man dem amerikanischen Finanzanalysten Martin Armstrong, dem damals ein Anteil an Heremitage Capital angeboten wurde, das als Vehikel der Bereicherung diente (Armstrong lehnte ab), dann war ihr Plan zur Übernahme und Zerschlagung Russlands wie folgt.

Der von Bowder vermittelte IWF Kredit wurde teilweise über die Republic National Bank abgewickelt, einer Bank, die sich damals im Mehrheitsbesitz von Safra befand, wobei Jelzin daraus als „Belohnung“ für das Geschäft Bestechungsgelder aus dem Kredit erhalten sollte.

Die Transaktion ging aber nicht durch, vielmehr meldete die Bank, dass es sich dabei um einen Fall von Geldwäsche handelt. Man wollte Jelzin mit dem Zurückhalten das dringend benötigten Geld erpressen, sowie mit den Ermittlungen wegen Geldwäsche, die seine Korruption zutage fördern würde. Ziel der Verschwörer war, Jelzin zum Rücktritt zu zwingen, damit Beresowski russischer Präsident werden kann, um ganz Russland und dessen Rohstoffe unter ihre Kontrolle zu bringen. Dies im Namen der Gier, vermutlich aber auch im Namen des Tiefen Staates der Vereinigten Staaten. 

Jelzin aber reagierte nicht in der erhofften Weise, sondern tat etwas unerwartetes. Er gab nicht nach, sondern er wandte sich an den in FSB umbenannten KGB.

Es betritt die Bühne: Wladimir Putin.



Köpfe rollen und ein Wachwechsel vollzieht sich



Wladimir Putins Vita sollte größtenteils bekannt sein. Angefangen beim KGB; Auslandseinsätze, darunter viele Jahre in der DDR; danach eine Karriere beim KGB Nachfolger FSB; kurzzeitig dessen Direktor, dann 1998/199 der Wechsel in die Politik; dort übergangsweise Minister, dann Jelzins Ministerpräsident; und schließlich Präsident.

Mit der Erpressung war Jelzins Karriere offensichtlich zu Ende. Er gab sie aber nicht ab an die Verschwörer, sondern an jene Landsleute im Staatsapparat, die über die größte Kompetenz verfügten. Immerhin waren KGB Auslandsagenten geschult in „kapitalistischer Lebensweise“, sie wussten wie man Informationen sammelt und analysiert, sie waren intelligent, fähig, ehrgeizig, selbstständig und sie konnten quer denken - und sie waren trotz allem russische Patrioten.

Ich denke, wir können davon ausgehen, dass man beim FSB nicht nur über die Machenschaften wusste, sondern auch verärgert darüber war, dass Russland so viel seiner Substanz verlor und etwas dagegen getan werden musste. Eine weitere Vermutung ist daher, dass der FSB von Anfang an Jelzin mit der Sache selbst erpressen wollte und man ihm einen gesichtswahrenden Abgang anbot. Also in etwa das selbe, wie es die vier Verschwörer vorhatten, nur mit dem Unterschied, dass Putin die Macht im Land übernimmt und nicht Beresowski. 

Jelzin, nun mit einer zweiten, besseren Optionen ausgestattet, ging darauf ein. Und Putin, der sich intern beim FSB vermutlich seine Meriten verdiente, übernahm das Ruder.

Dieser Wechsel hatte mehrere direkte und weitreichende Konsequenzen. Der IWF Kredit ging durch, Safra wurde tot in seiner Wohnung in Monaco aufgefunden und mehrere Oligarchen verloren alles. Beresowksi lebt heute im Exil in London, Chordokowski saß mehrere Jahre wegen Korruption im Gefängnis und lebt heute ebenfalls im Exil. Sein Unternehmen Yukos wurde verstaatlicht, wie auch viele andere durch Korruption erwirkte Privatisierungen rückgängig gemacht wurden. Der russische Staat baute unter Putin nach kapitalistischem Vorbild mehrere staatliche Großkonzerne im Rohstoffsektor auf, mit denen das Land nach wie vor sehr gutes Geld verdient und die dem Land eine beachtliche Macht auf dem globalen Energiemarkt verleihen. 

Die in den wilden 1990er Jahren reich gewordenen russischen Oligarchen sind heute entweder allesamt im Exil, oder im Gefängnis, verarmt, tot, oder sie sind handzahm.

Es war Putins Verdienst, unmissverständlich klar zu machen, dass man in Russland zwar gerne viel Geld verdienen kann, wer es aber zu weit treibt, der bekommt es zu spüren. Im weiteren Verlauf schaffte es der inzwischen zum Präsidenten aufgestiegene Putin dank der stabilisierten Einnahmen und der Abwesenheit des Störfaktors "Oligarch mit CIA Kontakt", Russland in nie dagewesener Weise zu reformieren. Gerne wird auf die Menschenrechtssituation und die Abwesenheit der Rechtssicherheit verwiesen. Die Steigerung des russischen BIPs um den Faktor 11 von knapp 200 Milliarden US-Dollar im Jahr 1999 verglichen mit dem Höhepunkt 2,2 Billionen US-Dollar (vor den westlichen Sanktionen) im Jahr 2013 allerdings spricht Bände hinsichtlich seines Erfolges.

Lediglich China konnte sich in dieser Zeit in vergleichbarer Weise entwickeln. Die Türkei, gerne als weiteres Beispiel einer rapiden Entwicklung genannt, wuchs in einem vergleichbaren Zeitraum nur halb so stark.

Putins Lohn aber war kein internationaler Respekt, sondern Agitation und Propaganda durch den westlichen Mainstream, die ihn zum finsteren Führer einer totalitären Diktatur abstempelte.


Die Rache von Bowder, Magnitski, Beresowksi und des Tiefen Staates



Nachdem sie ihr Spiel um Russland verloren hatten galt es nun, den Sieger in einem möglichst schlechten Licht darzustellen und ihm zu schaden wo es nur ging, um vielleicht in einer anderen Weise eine neue Front aufbauen zu können. Neben der erwähnten Verteufelung von Putin und der notorischen Verweise auf die Menschenrechtslage im Land - eine Angelegenheit, bei der man im westlichen Ausland auf Aussagen durch „Russlandkenner“ der Mainstream Medien, Aktivisten der Liga „Pussy Riot“, und ehemalige Oligarchen vertrauen muss - bestand ein Hauptvehikel für die äußere Eindämmung des erstarkenden Russland in der Sanktionierung vermeintlicher Menschenrechtsverletzungen.

Festgeschrieben sind die Bedingungen für Sanktionen gegen Russland im sogenannten Magnitski Act, der im Jahr 2012 vom US-Kongress verabschiedet wurde. Magnitski war als Steueranwalt von Heremitage Capital einer der Verschwörer und zuständig für die „Optimierung“ der Steuerlast der in Russland eingefahrenen Gewinne. Als Putin ab 1999 aber durchgriff, da musste sich auch Magnitski verantworten und so wurde er wegen Korruption (und später auch wegen Steuerhinterziehung von 200 Millionen Dollar) zu mehreren Jahren Haft verurteilt.

Ein Jahr nach Haftantritt verstarb Magnitski unter mysteriösen Umständen und das gab den Anstoß zum Magnitski Act. Ob er am Ende sterben musste, weil er zu viel wusste über die Verschwörung gegen Russland und auspacken wollte, oder aber ob Putin ihm die Giftspritze anlegte ist unbekannt. Als Erklärung beschränkte man sich in Washington auf letztere Variante, auch wenn nicht so wirklich klar ist, warum Magnitskis Tod Putin einen Vorteil gebracht hätte. Es erinnert ein wenig an die angeblichen Giftgasangriffe durch Assad in Syrien, nachdem die IS Terroristen bereits vernichtend geschlagen waren.

Es machte keinen Sinn, aber darauf kam es nicht an, da es beim Magnitski Act nur um die Sache ging. Diese bestand darin, dass die Verschwörer Rache wollten und der Tiefe Staat einen Grund brauchte für Sanktionen gegen Russland. Da kam der unnatürliche Tod eines „Dissidenten“, der nur „gegen Korruption“ kämpfte und dies mit seinem Leben bezahlte, genau richtig.

Mit dem Magnitski Act wurde also ausgerechnet ein Mann zum Patron eines Gesetzes, der wohl nicht weniger Dreck am Stecken hat wenn es gegen Russland geht als beispielsweise George Soros, der in dieser Geschichte ausnahmsweise keine weitere Rolle spielt.

Was danach folgte ist denke ich bekannt. Russland wurde zurückgestoßen und massiv sanktioniert und wandte sich daher von seiner europäischen Ausrichtung ab. Militärisch muss das Land aufrüsten und führt Kriege gegen die weitere Erodierung seiner Peripherie. Es muss sich gegen überall absichtlich gestellte politische, kulturelle und wirtschaftliche Stolperfallen wehren. Wenn es nach dem westlichen Mainstream geht, dann darf es noch nicht einmal eine erfolgreiche Fußball WM ausrichten, geschweige denn die Entwicklungserfolge des letzten Jahrzehnts genießen.

Wladmir Putin aber, er genießt im eigenen Land und weit darüber hinaus einen Rückhalt und Respekt, wie man ihn nur selten erlebt. In meinen Augen ist der Mann aus St. Petersburg mit seinen Leistungen der herausragende Politiker des 21. Jahrhunderts und steht welthistorischen Persönlichkeiten wie Napoleon (18. Jh.), Bismarck (19. Jh.) oder Churchill (20. Jh.) in nichts nach.


Hier noch eine interessante Meinung zu Russland von einem russischen General:



Blogverzeichnis Bloggerei.de
loading...