Noch ne eigene Sache: Ich bin wieder da und werde neuerdings (glaube ich) vom Kreml bezahlt


Kollage? (Bildschirmfoto)


Nichtrauchen im Meinungsabseits


Die erste Brutalowoche des Nikotinentzugs ist für mich vorüber, Metabolismus und Psyche sind zurück auf dem Weg zum Normalzustand. Der Alltag kann also weitergehen, jedenfalls so weit wir noch dürfen. 

Mit dem Bloggen endet man zwar leicht auf der allgemeinen Schwarzliste, ist also durchaus als gefährlich einzustufen in diesen Tagen, in Anbetracht der Umstände wird es im Abseits der falschen Meinungen aber immer illustrer, tummeln sich dort mit Jens Lehmann und Sonja Zietlow inzwischen sogar ehemals völlig etablierte Personen des öffentlichen Interesses.

So mache auch ich weiter mit meinem Geschrei in den digitalen Orkus und möchte die Gelegenheit gleichzeitig noch zur Verkündung eines „Linktausches“ nutzen. 

So etwas kommt immer wieder einmal vor, also dass eine Anfrage durch einen anderen Blog hereinkommt, ob man sich nicht gegenseitig verlinken möchte. Hin und wieder sage ich das zu und dann schickt man sich gegenseitig zwei bis drei Leser im Monat hin und her. Eine nette Geste, allzu viel mehr ist das aber nicht in den allermeisten Fällen. (Also im Grunde genommen in allen Fällen, außer bei Klonovsky, Fefe oder Danisch. Aber die haben es nicht nötig.)

Wladimir Putin *herzt* Mannikos Blog


Letztens kam eine Anfrage für einen Linktausch bei mir rein, von der ich noch immer nicht so recht weiß, was ich davon halten soll. Wer keinen Adblocker laufen hat, der sieht bei mir auf dem Blog an der rechten Seitenleiste neuerdings einen Banner zu „Jooble“, einem Portal für Stellenanzeigen. Dieses Banner schaffte es nicht wegen Google oder sonst einem Werbedienstleister dorthin. Vielmehr fragte mich mit kyrillischen Elementen im Briefkopf ein Aleksandr M. freundlich und in bestem Deutsch, ob ich nicht Interesse an einem Linktausch mit Jooble hätte.

Pflichtbewusst habe ich erst einmal nachgesehen, um was es sich bei Jooble handelt. Similar gab mir die Antwort: Bei Jooble handelt es sich um eine der 500 größten Internetseiten der Welt mit Schwerpunkt Russland, wo sich die Seite auf Platz 150 der meistfrequentierten Internetseiten des Landes befindet. Daneben wird Jooble im Bereich der Stellenbörsen als Nummer zwei eingeschätzt - und zwar so weit ich das beurteilen kann weltweit und nicht nur auf Russland bezogen, während jeden Monat zwischen 60 und 80 Millionen Menschen auf der Seite vorbei klicken, die überdies (ganz wichtig) über fünf Minuten lang auf der Seite verbringen und währenddessen fünf Links anklicken.

Jooble ist in quasi jeder Hinsicht ein ziemlich dicker Brocken. In keinem Universum ergibt ein derartiger Linktausch Sinn, das war mir sofort klar. Es ist, als würde die Sonne in einen stabilen Doppelorbit mit einem Kieselstein eintreten. 

Wer macht so etwas schon?

Das war keine rhetorische Frage.

Wer könnte an so etwas ein Interesse haben? 

Also erst in Russland ein riesiges und legitimes Unternehmen aufbauen, um dann kleinen, dissidentischen Bloggern in anderen Ländern als Russland zu mehr Publizität zu verhelfen?

Jooble ist übrigens in Zypern registriert, genau genommen Südzypern als einem Lieblingsort russischer Oligarchen in der EU. Wenn das die Alarmglocken nicht klingeln lässt, was dann?

Explizit habe ich Alexandr nicht gefragt, ob er meinen Blog im Auftrag der Lubjanka zu einem Linktausch einlud, aber er hätte vermutlich sowieso gelogen oder es schlichtweg nicht gewusst. Dennoch habe ich durch die Blume etwas nachgebohrt und auf die sagen wir eher begrenzte Reichweite meines Blogs hingewiesen, woraufhin er meinte: „Keine Sorge, wir haben täglich 30.000 Zugriffe in Deutschland. Sie werden von uns eine Menge Klicks bekommen.“

Wie nett, dachte ich mir, dabei bin ich so unbedeutend. Ich will gar nicht wissen, wie das so ist, wenn man einen halbwegs relevanten Blog betreibt. Ob man dann von enier Aleksandra betreut wird, die einem zuckersüß am Telefon mitteilt, dass sie die Konditionen auch gerne im persönlichen Gespräch bei einem Glas Wein besprechen würde?

Inwieweit Jooble mit dem Kreml oder einer anderen Interessengruppe verbunden ist, oder ob doch nur eine Verwechslung vorliegt, sei dahin gestellt. Tatsache ist, dass ich es in viererlei Hinsicht ziemlich spannend fand. Erstens, Jooble ist echt und der Kontakt war es auch. Zweitens, auch ich bin heimlich aufmerksamkeitssüchtig und Jooble ist riesig. Drittens, interessiert mich, wie viele Klicks ich von dort überhaupt bekommen würde. Und viertens, wird dieser heimliche Internetgigant tatsächlich für geheimdienstliche Zwecke verwendet?

Es klingt fast unglaublich. Bedenkt man jedoch die größeren Umstände, dann ist es nicht mehr allzu abwegig. Auch Google ist bekanntlich ein Werkzeug von US-Interessen mit einer ganzen Kolonne an Schwarzlisten fürunliebsame Inhalte. So ist kaum verwunderlich, dass es andere Länder ähnlich machen, wobei der Winkelzug über Stellenanzeigen kein übler ist (man kann damit gleichzeitig Talente aus aller Welt zu sich führen…). Ich frage mich, was wohl der BND so betreibt an Tarnfirmen, mit denen er fremde Gesellschaften infiltriert? Ob es noch immer nur halbgare (griechische!) Verschlüsselungsdienste sind?

Ein neuer Bauer auf dem Schachbrett


Während ich bei den Zugriffen bislang noch keinen Rückenwind verspüren konnte (ich war ja auch auf Entzugspause), so bin ich wirklich gespannt, wie sich das entwickeln wird mit den Klicks von Jooble. Fest steht jedenfalls jetzt schon, dass es diesen heimlich geführten Kampf durch private wie staatliche Geheimdienste um die Hoheit über die öffentliche Debatte offenbar tatsächlich geben muss und man sogar reingeht bis in die kleinen Diskursverästelungen.

Für mich wiederum steht fest, dass ich mit dem eingegangenen Linktausch jetzt nicht mehr nur in passiver Weise ein Teil des großen Spiels bin, sondern auch aktiv. Mal sehen, was dabei rauskommen wird.

*Lubjianka Report Ende*




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