Über die mehr als Verdoppelung des Spreads zwischen Papiersilber und bei Ebay verkauften Silberbarren

Silberbarren mit Stempel (man beachte den Mundschutz!) (Bildquelle)

Im Windschatten der Coronakrise kam es in den letzten Wochen einigen fundamentalen Verschiebungen in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft. Ablesen lässt sich das an einem kleinen Detail, von dem Informierte wissen, dass es sich um ein in seiner Bedeutung nicht überschätzbares Barometer für den Zustand der Welt handelt. Es geht um den Preis von Edelmetall, bei dem es zu einer Verschiebung kam zwischen offiziell verlautbarten Marktpreisen und jenen Preisen, die man effektiv für das Metall zahlen muss. Für eine Analyse habe ich mir daher die Preisentwicklung in diesem Jahr für 1kg Silberbarren bei Ebay angesehen und sie verglichen mit den online einsehbaren Preisen für „Papiersilber“. Das Ergebnis zeigt seit ungefähr zwei Wochen ein erstaunliches Auseinanderdriften.



Edelmetall bei Ebay und Papiersilberpreise


Für die Analyse habe ich mir ausschließlich erfolgreich versteigerte 1kg Silberbarren angesehen und das für den Zeitraum ab Anfang Januar. Ich habe diese Größe verwendet, da der Markt bei Silberunzen wie auch Gold in allen Kategorien etwas verworrener ist. Dies liegt an vielen Sammlermünzen, für die Extraaufschläge bezahlt werden und bei Gold, dass es sehr viele unterschiedliche Formate gibt.

Die Berechnung für den Silberpreis bei Ebay


Seit dem 4. Januar 2020 wurden bei Ebay insgesamt 176 Barren zum Gewicht 1kg versteigert. Pro Tag entspricht dies knapp zwei Barren, wobei an mehreren Tagen keine Verkäufe stattfanden und Ende Januar eine ganze Woche kein Barren einen Käufer fand. Unter den Barren gab es abgegriffene wie auch einige neuwertige Barren, was sich aber nicht nennenswert in ihrem Preis niederschlug. Die Preisspanne lag in dem Zeitraum zwischen 560 Euro und 825 Euro, wobei es nur am 12. Januar einen Ausreißer nach oben gab mit 795 Euro an einem Tag mit neun versteigerten Barren zu einem Durchschnittspreis von 645,33 Euro. Alle anderen Auktionsergebnisse folgten dem allgemeinen Preistrend.

Für die Analyse habe ich den Durchschnittspreis aller Barren des jeweiligen Tages verwendet, wobei ich für Tagen ohne Versteigerung für eine fortlaufende Preisbildung den jeweils letzten Preis fortgeschrieben habe. Den Kilopreis schließlich habe ich umgerechnet in eine Feinunze Silber zu 31,1g.

Historische Preise für Papiersilber


Diese Ebaypreise habe ich dann verglichen mit den historischen Tagespreisen für Silberunzen, wie sie beispielsweise bei Finanzen.net einsehbar sind. Da hier für jeden Tag vier Preise angegeben sind (Eröffnung, Schluss, Hoch, Tief) habe ich den Mittelwert aus diesen gebildet. Leider gibt es auch in den offiziellen Preislisten einige Lücken, was vor allem die Wochenenden gilt, wenn bei Ebay der Verkauf weiter läuft, aber die Edelmetallmärkte ruhen. Daher habe ich auch hier den jeweils letzten Preis fortgeschrieben für eine fortlaufende Zahlenreihe.

Da wesentlich mehr Silberpreise in US-Dollar angegeben sind habe ich der Vergleichbarkeit halber den aus den Silberbarren generierten Europreis in US-Dollar umgerechnet. Als Vorgehensweise habe ich die selbe Mittelwertmethode angewandt und bei Tagen ohne Preis den letzten fortgeschrieben.

Wen es interessiert, der kann die Zahlenreihen hier als ODS/Excel Tabelle herunterladen.


Der erste Bruch geschah am 1. März, der zweite zwei Wochen danach…


Das Ergebnis meiner Zahlenrecherche habe ich in das folgende Diagramm gepackt. Blau ist der über Ebay generierte Preis, rot ist der Preis von Finanzen.net, gelb ist der Spread und die grünen Säulen stellen die Zahl der Verkauften Barren dar:


Hier noch einige Zahlen dazu, wobei der Jahresanfang den Beginn von Phase I markiert und Phase III bis zu diesem Wochenende reicht. Die Zahlen stellen jeweils die Mittelwerte während der entsprechenden Phase dar:



Nachrichten rund um Edelmetall geben die Antwort auf die Frage nach den Ursachen


Während der erste Bruch noch immer im Bereich des Erwartbaren angesiedelt werden kann, weil sich der Preis für Papiersilber lediglich auf ein niedrigeres aber stabiles Niveau bewegte, so ist der zweite Bruch wesentlich kräftiger ausgefallen, so dass er in der Berichterstattung Erwähnung fand.

Die Nachrichtensuche nach „Edelmetall“ zwischen dem 14. und 17. März 2020 enthält mehrere Suchtreffer mit möglichen Antworten. Einmal gab der Goldreporter eine Warnung heraus, wonach Edelmetallhändler ihren Filialbetrieb einstellen, während Onvista mitteilte, dass die Liquiditätsengpässe auf dem Finanzmarkt zu Abverkäufen von schnell liquidierbarem Edelmetall führten (v.a. Gold).

Während Hintergründe zur Einstellung des Filialbetriebs zunächst nicht eingeordnet werden können, so lässt sich damit der deutliche Preisanstieg bei Silberbarren erklären, nachdem es eine kurze Delle gab aufgrund des Preisrutsches bei Papiersilber.

Die zweite Meldung über die Abverkäufe aufgrund von Liquiditätsengpässen wiederum passt sehr gut zur Entwicklung des Papiersilberpreises. Denn Finanzinstitute halten vor allem Zertifikate und weniger physische Edelmetalle, so dass der Papierpreis wegen des plötzlich steigenden Angebots durchaus sinken kann, während der Preis für die physische Ware davon zumindest kurzfristig unberührt bleibt.

Frage: Was wird aus dem Spread?


Ob sich die Spreads wieder normalisieren werden, hängt also einmal davon ab, ob der Filialverkauf von Edelmetallen nach Ende der Coronakrise wieder aufgenommen werden kann. Sollte das nicht geschehen, dann könnte hier ein Flaschenhals entstehen, was sich in volatilen Preisschüben bei physischen Silber ausdrücken würde. Unabhängig davon gibt es im Hintergrund politische Interessen, die diese Entwicklung noch befördern könnten.

Zweiter Faktor sind die Liquiditätsengpässe im Finanzsektor, die abhängig vom weiteren Verlauf der Coronakrise und der Geldpolitik durch die Zentralbanken, noch stärker werden könnten. Insbesondere Versicherungen müssen regelmäßig Renten ausbezahlen, was aufgrund der bisherigen Nullzinspolitik schon kaum möglich war und sich mit der antizipierten Negativzinspolitik erheblich verschlimmern könnte. Der Preis für Papiersilber und auch Papiergold könnte daher noch einmal erheblich sinken und das so lange, bis die Bilanzen von ihnen gesäubert sind.

Der Spread zwischen physischem Silber und Papiersilber wird sich in der kommenden Zeit daher sehr wahrscheinlich noch verstärken. Die Zuverlässigkeit der Preisbildung am offenen Markt würde für physisches Silber verschwinden und verlöre seine Relevanz für das, was bei Ebay und auf anderen Plattformen an Preisen verlangt wird.


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