Berg-Krachpengbum (Bildquelle) |
The Spectator: Was steckt hinter dem Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan?
Der Ausbruch der Kämpfe zwischen Armenien und Aserbaidschan am Wochenende ist die jüngste Episode in einer Saga, die bis in die ausgehenden Jahre der UdSSR zurückreicht. Obwohl die Region Berg-Karabach als Teil Aserbaidschans anerkannt wird, ist sie eine de facto unabhängige Zone, die von ethnischen Armeniern bewohnt wird. Seine Unabhängigkeit war das Ergebnis eines Krieges zwischen Armenien und Aserbaidschan nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, der Mitte der 1990er Jahre mit einem Sieg der von Armeniern unterstützten Separatisten endete, wobei das Gebiet seitdem von sporadischen Kämpfen heimgesucht wird.
Meistens handelte es sich dabei um örtlich begrenzte Artillerieduelle, doch im Juli dieses Jahres kam es zum heftigsten Schlagabtausch seit dem Krieg selbst, bei dem der Beschuss Dutzende von Opfer forderte. Aserbaidschan meldete den Verlust eines Generalmajors, eines Oberst und eines ganzen Trupps Soldaten eines Sondereinsatzkommandos. Obwohl der Waffenstillstand vorläufig wiederhergestellt wurde, gingen 30.000 Einwohner von Baku auf die Straße, um ihrer Wut über die Pattsituation Ausdruck zu verleihen. Ihre Forderung bestand in der vollständigen Mobilisierung des Militärs.
Genau das ist nun eingetreten - nach dem umfassenden Angriff Aserbaidschans gegen die armenischen Verteidigungspositionen in der Region, haben beide Länder eine allgemeine Mobilisierung ihrer Streitkräfte angeordnet. Als Nationen, die in hohem Maße auf Wehrpflichtige angewiesen sind, werden ihre Streitkräfte bald deutlich anwachsen. Die Kämpfe sind bereits heftig, es gibt Berichte über abgeschossene Hubschrauber, zerstörte Panzer und nächtliche Scharmützel.
Wenig überraschend haben die Europäische Union und die Nato ihre „tiefe Besorgnis“ über die Ereignisse zum Ausdruck gebracht, die wichtigsten externen Akteure sind jedoch nach wie vor die Türkei und Russland.
Die engen Beziehungen der Türkei zu Aserbaidschan sind nicht nur das Ergebnis gemeinsamer politischer Ambitionen, sondern auch tief in ihrer Kultur und Geschichte verwurzelt: Die Aserbaidschaner sind Teil der ethnischen Familie der Türken, deren Sprache sogar mit dem Türkischen einigermaßen gegenseitig verständlich ist. In der Tat verkündet die Türkei oft, dass die Länder „zwei Staaten, eine Nation“ seien, während die letzte gemeinsame Erklärung vom 7. September stammt, und sich Aserbaidschan standhaft weigert, dem Beispiel Europas und der USA zu folgen und den Völkermord an den Armeniern anzuerkennen.
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Russland seinerseits ist seit langem ein Verbündeter Armeniens und hat sogar einen Militärstützpunkt auf dessen Territorium. Die russische Präsenz wird toleriert, da Meinungsumfragen zufolge die Unterstützung Russlands angesichts einer türkischen oder aserbaidschanischen Aggression die Sicherheit des Landes garantieren würde.
Diese Überzeugung wird nun auf die Probe gestellt.
Der türkische Präsident Erdogan hat sich nachdrücklich für den aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Alijew eingesetzt und erklärt, dass „das türkische Volk mit allen Mitteln zu seinen aserbaidschanischen Brüdern stehen wird“. Es wäre zutiefst unklug für Armenien, die Möglichkeit einer türkischen Militärintervention auszuschließen - nicht zuletzt, da türkische Drohnen an den westlichen Grenzen Armeniens gesichtet wurden.
Wenn man es mit reaktionären und rücksichtslosen Politikern wie Alijew, Putin und Erdogan zu tun hat, wäre es natürlich töricht, irgendetwas auszuschließen. Das internationale Unbehagen dahingehend ist völlig gerechtfertigt. Sicherlich ist das benachbarte Georgien eine der lautesten Stimmen in der Forderung nach einem sofortigen Waffenstillstand, denn die Georgier wissen besser als die meisten, wie das Ergebnis eines Eingriffs des Kremls aussieht; das Land erlitt 2008 eine Invasion Russlands über seine eigenen beiden separatistischen Staaten Südossetien und Abchasien. Sollte Russland auch in den Streit verwickelt werden und versuchen, seine Truppen in Armenien zu verstärken, so liegt der einzige Landweg durch das diplomatisch entfremdete Georgien.
Doch obwohl Russland als armenischer Verbündeter bezeichnet wird, sind seine Beziehungen zur neuen Regierung in Eriwan frostiger als zu deren Vorgängern. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass der amtierende Premierminister, Nikol Pashinyan, dem russischen Einfluss in Armenien skeptischer gegenüber steht und auf eine mögliche Bedrohungen der armenischen Souveränität hinwies. Obwohl er den Westen und seine Werte nie in der gleichen Weise wie seine georgischen Amtskollegen voll und ganz angenommen hat, stellen seine Versuche, eine neutralere politische Linie zu verfolgen eine Abkehr dar von den sehnsuchtsvoll engen Beziehungen seines Vorgängers Sersch Sarkissjan, der während seiner gesamten politischen Laufbahn enge Beziehungen zu Moskau pflegte.
So hat sich Armeniens Premierminister im Juni die Missbilligung von Putin zugezogen, als er sich mit hohen EU-Beamten zusammentraf und dabei erklärte, sein Land bleibe dem Ausbau seiner Partnerschaft mit Europa „auf der Grundlage gemeinsamer demokratischer Werte“ verpflichtet (obwohl auch Paschinjan infolge einer Revolution im Jahr 2018 an die Macht kam). Eine armenische Niederlage im ausgebrochenen Krieg könnte das Ende von Pashinyans Regierung herbeiführen, woraufhin Eriwan unter einer kremlfreundlicheren Regierung wieder enger an Moskau rücken würde.
Mit Armenien als „mit Russland verbündet“ und Aserbaidschans als enger türkischer Verbündeter, ist die Bühne bereitet für einen möglichen Zusammenstoß zwischen Ankara und Moskau selbst. Angesichts von Putins lauwarmen Beziehungen zum offiziellen Armenien und den leichten Anzeichen für eine Annäherung zwischen Russland und der Türkei ist jedoch davon auszugehen, dass sich Erdogan wohl kaum die Aggression erlauben würde, es sich mit einem Angriff auf Armenien mit Russland zu verscherzen. Pashinyan selbst erklärte kurz nach Beginn der Feindseligkeiten, dass es keine ausländische Hilfe geben wird - sein Vorgänger hätte als loyaler Freund Moskaus wahrscheinlich russische Hilfe angefordert.
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Das Ausmaß des Angriffs lässt vermuten, dass vor Beginn der Feindseligkeiten bedeutende Vorbereitungen getroffen wurden, wobei unwahrscheinlich ist, dass Aserbaidschan die Kämpfe ohne die Türkei im Rücken begonnen hätte. Erdogan hat auf der internationalen Bühne tatsächlich etwas zu beweisen - trotz der aggressiven Rhetorik, welche die Spannungen im August zwischen Griechenland und der Türkei im östlichen Mittelmeer begleiteten, ließen die starken Töne aus der Türkei schnell nach, als die Vereinigten Arabischen Emirate, Jordanien, Ägypten und Israel ihre Unterstützung für Athen andeuteten (die VAE schickten während der Krise sogar Militärflugzeuge, um mit ihren griechischen Kollegen zu trainieren).
Armenien stellt da ein weitaus leichteres Ziel dar. Im Gegensatz zu Griechenland ist es weder Nato-Mitglied, noch kann es sich auf mächtige Bündnisse im Nahen Osten verlassen. Russland, das seit dem Fall der Sowjetunion Armeniens wichtigster internationaler Partner ist, hat die Einstellung der Feindseligkeiten gefordert, allerdings noch keine Schritte unternommen, um sich auf die Seite von Eriwan zu stellen.
Vielleicht kann sich die Diplomatie nur dann gegen die Waffen durchsetzen, wenn die Türkei international unter Druck gesetzt wird – denn nur Ankara verfügt über die politischen und militärischen Mittel, um einen sofortigen Waffenstillstand zu erzwingen. Allerdings hat das Land durch eine Verschärfung des Konflikts nur wenig zu verlieren. Der Westen wiederum hätte in dem aufgeflammten Konflikt die Chance, seine Glaubwürdigkeit wiederherzustellen und sich als bestimmende Kraft zu behaupten. Aber er wird erheblich mehr geschehen müssen als das Äußern von „ernster Besorgnis", damit die beiden Kontrahenten die diplomatischen Anstrengungen aus Europa und Nordamerika ernst nehmen – denn momentan wissen beide Konfliktparteien, dass es nicht an westlicher Stärke mangelt, sondern an westlicher Entschlossenheit.
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Moon of Alabama: Die strategischen Ziele hinter dem Krieg gegen Armenien
Am Sonntag begann Ilham Alijew, der langjährige Diktator Aserbaidschans, einen Krieg gegen das von Armeniern gehaltene Gebiet Berg-Karabach. Dass er das erst jetzt gewagt hat, 27 Jahre nachdem ein Waffenstillstand den Krieg um das Gebiet beendete, ist ein Zeichen dafür, dass sich das größere strategische Bild geändert hat.
Als die Sowjetunion zerfiel, gab es im Gebiet Berg-Karabach eine gemischte Bevölkerung aus aserbaidschanischen schiitischen Muslimen und armenischen Christen. Wie in anderen ehemaligen Sowjetrepubliken wurde die ethnische Vielfalt problematisch, als sich die neuen Staaten entwickelten. Die gemischten Gebiete waren umkämpft, wobei Armenien schließlich das Gebiet Berg-Karabach gewann. Seitdem hat es mehrere Grenzscharmützel und kleine Kriege zwischen den beiden Seiten gegeben, die aktuelle Intensität der Kämpfe aber ist heute viel höher als früher.
Im Jahr 2006 schrieb Yasha Levine in seinem Reisebericht für The Exile über Berg-Karabach die ungleichen Gegner das folgende:
„1994 siegten die Armenier und zwangen Aserbaidschan zu einem Waffenstillstand. In der Zwischenzeit organisierte sich Berg-Karabach zu einem souveränen Land [namens Artsakh] mit einer eigenen Armee, gewählten Politikern und einem Parlament. Aber es ist wird immer noch von keinem anderen Land außer Armenien anerkannt und gilt zusammen mit den abtrünnigen Regionen Abchasien und Südossetien in Georgien nach wie vor einer der ‚eingefrorenen Konflikte‘ in der Region.
Dieser ‚eingefrorene Konflikt‘ jedoch könnte sich bald verschärfen, wenn man dem glaubt, was Aserbaidschans Playboy/Glücksspielsüchtiger/Präsident Ilham Alijew sagt. Nicht, dass sich die Aserbaidschaner zu sehr über einen weiteren Krieg freuen sollten: Sollten die Armenier immer noch jene Kämpfer sein, die sie vor zehn Jahren waren, dann würden in einem Krieg statistisch gesehen vor allem Aserbaidschaner sterben. Aserbaidschan hatte zwar gleich viele Soldaten, aber doppelt so viele schwere Artillerie, gepanzerte Fahrzeuge und Panzer als die Armenier; als es schließlich aber vorbei war, lag die Zahl der aserbaidschanischen Verluste dreimal höher als auf der Seite der Armenier. Die Zahl der aserbaidschanischen Opfer lag bei 17.000. Die Armenier verloren nur 6.000 Mann. Und dabei sind die aserbaidschanischen Zivilisten, die bei der ethnischen Säuberung durch Armenien vertrieben wurden, noch nicht einmal mitgezählt.
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Seit der Eröffnung der strategisch wichtigen Baku-Ceyhan-Ölpipeline, durch die Öl aus dem Kaspischen Meer via Türkei in den Westen gepumpt wird, hat der aserbaidschanische Präsident offen mit der gewaltsamen Rückeroberung Berg-Karabachs gedroht. Die 10 Milliarden Dollar an Öleinnahmen, die er pro Jahr zu erzielen erwartet, sobald die Pipeline vollständig in Betrieb ist, scheinen ihm zu Kopf zu steigen. 10 Milliarden Dollar mögen nicht so viel erscheinen - für Aserbaidschan allerdings bedeuten sie eine 30%ige Steigerung des BIP. In keinem Interview über das Pipeline-Projekt schafft es Alijew, nicht auch das Thema der „Lösung“ des Berg-Karabach-Konflikts anzuschneiden.
Alijew begann mit dem Ausgeben der Ölgelder, noch bevor das Öl zu fließen begann, und kündigte sofort eine Verdoppelung der Militärausgaben an. Wenig später folgte die Verdoppelung aller Militärgehälter. Alijews Generäle halten sich kaum zurück, wenn es darum geht herauszustellen, dass ihr Militärbudget im nächsten Jahr 1,2 Milliarden Dollar betragen wird – was im Äquivalent dem gesamten Staatshaushalt Armeniens entspricht.“
In den 14 Jahren seitdem ist der von Lewine 2006 prognostizierte Krieg nicht eingetreten. Dass er jetzt begonnen hat, deutet auf bedeutende Veränderungen hin. Im Juli brach bereits aus noch unbekannten Gründen ein anderes Scharmützel an der Grenze der beiden Länder aus. Dann mischte sich die Türkei ein:
„Nach den Auseinandersetzungen im Juli engagierte sich die Türkei erheblich stärker als noch zuvor und das mit einer noch nie dagewesenen kriegerischen Rhetorik durch das politische Ankara und wiederholten hochrangigen Besuchen beider Seiten. Für Ankara schien es sich beim Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan um einen weiteren Schauplatz zu handeln, auf dem das Land seine wachsenden außenpolitischen Ambitionen ausüben konnte, und appellierte gleichzeitig an den nationalistischen, antiarmenischen Block in der türkischen Bevölkerung.
Das Näherrücken der Türkei wiederum gab Baku die Zuversicht, eine härtere Haltung gegenüber Russland einnehmen zu können, dem engsten Verbündeten Armeniens in diesem Konflikt, das jedoch enge Beziehungen zu beiden Konfliktparteien unterhält. Aserbaidschan veröffentlichte dennoch (bislang unbestätigte) Berichte über große russische Waffenlieferungen an Armenien, die unmittelbar nach den Kämpfen im Juli erfolgten, während sich Präsident Ilham Alijew bei seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin persönlich über den Export der Rüstungsgüter an den verfeindeten Nachbarn beschwerte.“
Der türkische Präsident Erdogan machte sich dann mit mehr als nur Rhetorik in der Angelegenheit bemerkbar:
„Im August absolvierten die Türkei und Aserbaidschan zwei Wochen lang gemeinsame militärische Luft- und Landübungen, unter anderem in der aserbaidschanischen Enklave Naxcivan. Einige Beobachter warfen die Frage auf, ob die Türkei bei dieser Gelgenheit militärische Ausrüstung oder gar ein Truppenkontingent in Aserbaidschan zurückgelassen hat.
Das Potenzial für eine robuste türkische Beteiligung an dem Konflikt wird von Russland, das in den Konflikten in Libyen und Syrien bereits auf der gegnerischen Seite des NATO-Mitglieds steht, aufmerksam beobachtet.
Russland verkauft Waffen sowohl an Aserbaidschan als auch an Armenien, hat aber eine Militärbasis in Armenien und bevorzugt diese strategische Partnerschaft.“
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Aserbaidschan hat Drohnen aus der Türkei und Israel gekauft, und es gibt Gerüchte, dass sie von türkischem und israelischem Personal bedient werden. Die Türkei hat überdies 2.000 bis 4.000 sunnitische Dschihadisten aus Syrien angeheuert, um für das schiitische Aserbaidschan zu kämpfen. Ein Dutzend von ihnen wurde bereits am ersten Tag des Krieges getötet. Man fragt sich, wie lange sie bereit sein werden, von den ansonsten verhassten Schiiten als Kanonenfutter benutzt zu werden.
Es gab weitere Gerüchte, dass türkische Kampfflugzeuge in Aserbaidschan stationiert sind, während türkische Spionageflugzeuge den Luftraum über Armenien von dessen Westgrenze aus beobachten.
Das unmittelbare Kriegsziel Aserbaidschans ist die Einnahme der beiden Bezirke Fizuli und Jabrayil in der südöstlichen Ecke des von Armeniern gehaltenen Landes:
„Während der Kern des Konflikts zwischen den beiden Seiten das Gebiet von Berg-Karabach ist, so sind Fuzuli und Jabrayil zwei der sieben Bezirke um Karabach herum, die ebenfalls von armenischen Truppen besetzt sind. In diesen Bezirken, die vor dem Krieg fast ausschließlich von ethnischen Aserbaidschanern bewohnt waren, lebte die große Mehrheit der mehr als 600.000 Aserbaidschaner, die im Zuge des Konflikts vertrieben wurden.
Obwohl es in einigen der besetzten Gebiete eine bescheidene Ansiedlung von Armeniern gegeben hat, sind Fuzuli und Jabrayil nach wie vor fast vollständig unbewohnt.“
Die beiden Bezirke verfügen über gutes Ackerland, die das generell arme Armenien wird behalten wollen. Die Kämpfe darum werden mit Sicherheit heftig ausfallen.
Bereits jetzt läuft der Krieg nicht gut für Aserbaidschan. Das Land hat bereits Dutzende von Panzern und Hunderte von Soldaten verloren. Der Internetzugang im Land wurde vollständig blockiert, um die Verluste zu verbergen.
Die Verluste hindern Erdogans Hofschreiber allerdings nicht daran, bereits vom Sieg zu schreiben:
„Aserbaidschan zu verteidigen bedeutet, das Heimatland zu verteidigen. Das ist unsere politische Identität und unser Bewusstsein. Unser geopolitischer Geist und unsere Verteidigungsstrategien sind eins. Denken Sie immer daran, dass ‚Heimat‘ für uns ein sehr weit gefasster Begriff ist!
Wir übertreiben nicht einfach, wenn wir sagen: ‚Die Geschichte ist zurück am Anfangspunkt‘. Wir erwarten auch im Kaukasus einen Sieg!“
Nun gut...
Gerade eben teilte die armenische Regierung mit, dass die Türkei eines ihrer Flugzeuge abgeschossen habe:
„Armenien sagt, eines seiner Kampfflugzeuge sei von einem türkischen Jet abgeschossen worden, was eine große Eskalation im Konflikt um die umstrittene Region Berg-Karabach darstellt.
Nach Angaben des armenischen Außenministeriums starb der Pilot der sowjetischen SU-25, nachdem er im armenischen Luftraum von der türkischen F-16 getroffen wurde.
Die Türkei, die in dem Konflikt auf Seiten Aserbaidschans steht, hat die Behauptung zurückgewiesen.
[..]
Aserbaidschan hat wiederholt erklärt, dass seine Luftwaffe nicht über F-16-Kampfflugzeuge verfügt. Die Türkei hat jedoch welche.“
Ein türkischer Angriff innerhalb der armenischen Grenzen würde den Vertrag über kollektive Sicherheit auslösen, der Russland und andere zur Verteidigung Armeniens verpflichtet.
Ein russischer Kriegseintritt würde Erdogan ernste Kopfschmerzen bereiten.
Allerdings wäre das womöglich nicht einmal dessen schlimmstes Problem. Die türkische Wirtschaft schrumpft, die Zentralbank hat nur noch geringe Hartwährungsreserven, die Inflation ist hoch und die türkische Lira fällt weiter und hat ein neues Rekordtief erreicht.
Aserbaidschan verfügt über reichlich Geld aus dem Ölgeschäft und kann Erdogan eventuell aushelfen. Geld könnte in der Tat ein Teil von Erdogans Motivation ausmachen, sich an diesem Krieg zu beteiligen.
Russland dagegen wird sicherlich nicht kopfüber in den Konflikt hineinspringen. Moskau wird sorgsam darauf achten, sich nicht zu sehr zu überdehnen, da das Land ansonsten in eine von den USA gestellte Falle tappen könnte.
Im vergangenen Jahr veröffentlichte die vom Pentagon finanzierte RAND Corporation einen Bericht, in dem entsprechende Pläne gegen Russland ausgebreitet werden:
„Dieser Bericht, der sich auf quantitative und qualitative Daten aus westlichen und russischen Quellen stützt, untersucht Russlands wirtschaftliche, politische und militärische Verwundbarkeit und Befürchtungen. Anschließend werden potenzielle politische Optionen analysiert, um diese auszunutzen - ideologisch, wirtschaftlich, geopolitisch und militärisch (einschließlich Luft- und Raumfahrt-, See-, Land- und Mehrbereichsoptionen).“
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Als eine Möglichkeit wird in dem Bericht die Überdehnung Russlands in den Kaukasus diskutiert:
„Die Vereinigten Staaten könnten Russland auf zwei Arten zu weit in den Kaukasus locken. Erstens könnten die Vereinigten Staaten auf eine engere Beziehung der NATO zu Georgien und Aserbaidschan drängen, was Russland wahrscheinlich dazu veranlassen würde, seine militärische Präsenz in Südossetien, Abchasien, Armenien und Südrussland zu verstärken.
Alternativ könnten die Vereinigten Staaten versuchen, Armenien zum Bruch mit Russland zu bewegen. Obwohl Armenien ein langjähriger russischer Partner ist, hat es auch Verbindungen zum Westen entwickelt: Es stellt Truppen für Operationen unter der Führung der NATO in Afghanistan zur Verfügung und ist Mitglied der NATO-Partnerschaft für den Frieden, und vor kurzem hat es auch zugestimmt, seine politischen Beziehungen zur EU zu stärken. Die Vereinigten Staaten könnten versuchen, Armenien zu ermutigen, vollständig in die NATO-Umlaufbahn einzutreten. Sollten die Vereinigten Staaten mit dieser Politik Erfolg haben, dann könnte Russland gezwungen sein, sich von seinem Armeestützpunkt Gyumri und einem Armee- und Luftwaffenstützpunkt in der Nähe von Eriwan (derzeit bis 2044 geleast) zurückzuziehen und noch mehr Ressourcen in seinen südlichen Militärbezirk umzuleiten.“
Der RAND-Bericht gibt diesen Optionen nur geringe Chancen auf Erfolg. Aber das bedeutet nicht, dass die USA nicht versuchen würden, einige zusätzliche Probleme direkt an Russlands Südgrenze zu schaffen. Vielleicht wurde auch dem NATO-Verbündeten Türkei ein Signal gegeben, wonach keinen Widerstand droht, falls Erdogan Alijew eine helfende Hand reicht und sich in einen weiteren Krieg gegen Russland stürzt.
Solange das armenische Kernland nicht ernsthaft angegriffen wird, wird Russland wahrscheinlich passiv bleiben. Es wird Armenien mit Geheimdienstinformationen und Ausrüstung helfen, die über den Iran eingeflogen werden. Es wird die Gespräche mit beiden Seiten fortsetzen und versuchen, einen Waffenstillstand zu erreichen.
Um Aserbaidschan zu einem neuerlichen Waffenstillstand zu drängen, wird es zunächst einiger bedeutender armenischer Erfolge gegen die aserbaidschanischen Einmarsch bedürfen. Dreißig Jahre lang erwiesen sich die Armenier als weitaus bessere Soldaten als die Aserbaidschaner. Was man aus dem Material der sozialen Medien gewinnen kann, scheint immer noch der Fall zu sein. Es wird das entscheidende Element für den Ausgang dieses Konflikts sein.
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