Subsaharaafrika schnaxelt sich den Baum zurecht (Bildquelle) |
Afrika ist zu jung zum sterben
Nachdem sich das
Coronavirus endgültig in Westeuropa festgesetzt hatte, da
kam es zu einigen Spekulationen, warum im Vergleich zu anderen
Ländern des Kontinents mit vergleichbaren Parametern ausgerechnet in Deutschland noch
niemand an der Virenerkrankung starb. Inzwischen hat sich die Sache
geklärt, zum jetzigen Zeitpunkt wurden zwei
Todesfälle registriert. Das deutet hin auf die Version eines
vorübergehenden statistischen Ausreißers, was gerne mal vorkommen
kann bei kleinen Fallzahlen.
Was im großen Bild
jedoch noch immer nicht passt, sind einige große Länder und
Weltregionen, die zwar voll an die globalen Handels- und Reiseströme
angekoppelt sind, wo bislang aber kaum jemand starb und es auch nur
sehr geringe Fallzahlen gibt. Die Erklärung dafür ist herzlich einfach: Es liegt vor allem am Durchschnittsalter der Bevölkerung, so
dass dort prozentual kaum Personen leben, die in die Hochrisikogruppe
der Alten fallen.
In den Länderlisten
mit Coronafällen beispielsweise muss man sehr lange suchen, bis
man mit sieben Erkrankten in Südafrika das erste Land
Subsaharaafrikas findet. Südafrika hat aufgrund seiner Vergangenheit
als voll entwickeltes Industrieland mit 5% überdies noch immer eine
der höchsten Anteile an
Personen jenseits der 65 Jahre. Zum Vergleich liegt der Anteil im
benachbarten und verhältnismäßig gut entwickelten Botswana nur bei
3,7%, das mit 3,6% noch einmal knapp von Namibia geschlagen wird. Aus
beiden Ländern liegen derzeit noch keine bekannten Infektionen vor.
Das nächste
afrikanische Land auf der Liste ist der Senegal mit vier Infizierten.
Im Senegal sind gerade einmal 2,9% der Bevölkerung älter als 65
Jahre, während es bei dessen Nachbarn Mali (2,5%; 0 Fälle), Mauretanien
(3,2%; 0 Fälle), Guinea (3,1%; 0 Fälle) und Guinea-Bissau (3,2%
Alte; 0 Fälle) nicht viel anders aussieht.
Auch Afrika
als ganzes - inklusive des relativ älteren Maghreb - beherbergt derzeit nur etwa 3,6% Alte, so dass mit dem
deutlich über den Durchschnitt liegenden Südafrika ein
nachvollziehbarer Kandidat die überschaubare Infiziertenliste des Kontinents
mit Milliardenbevölkerung anführt.
In Deutschland
(21,5%), Italien (22,7%), Südkorea (13,6%) und Festlandchina (10%)
dagegen gibt es erheblich größere Bevölkerungsanteile, die in die
altersbedingte Hochrisikogruppe fallen. Diese erkranken viel öfters
in einer schweren Weise an dem Virus, weshalb in Folge viel
wahrscheinlicher auf eine Infektion getestet wird.
Es ist daher nicht
unwahrscheinlich, dass die Penetration mit dem Virus in Afrika oder
bevölkerungsreichen Ländern wie Indonesien (264 Mio Einwohner; 5,3%
Alte) vergleichbar hoch ist, diese allerdings kaum in der Statistik
auftauchen, weil deswegen niemand zum Arzt gehen muss.
Einige statistische Spielereien
Auf Basis der
gegebenen Zahlen zu Infektionsfällen, Altersstruktur nach Land und
der Bevölkerungszahl lassen sich einige Informationen gewinnen, die
zeigen, wer noch mit schlimmeren rechnen muss, und wie wenig Afrika vom Virus noch wird getroffen werden.
So gibt es unter allen
Ländern, in denen bislang Fälle aufgetreten sind, eine negative
Korrelation von -0,25 im Vergleich zwischen dem Bevölkerungsanteil
von unter 20-jährigen und der Fallzahl relativ zur Bevölkerungszahl.
Positiv wird die Korrelation für die älteren Bevölkerungskategorien,
wobei der Korrelationswert jene zwischen 20 und 65 bei 18,3 liegt und
jener für über 65-jährige mit 18,8 nur geringfügig darüber.
Diese Werte sind
relativ schwach, zeigen aber an, dass die Krankheit eine stark
altersbezogene Komponente haben muss. Was erstaunt ist dabei der kaum
existente Unterschied zwischen den Erwachsenen unter und über 65
Jahren. Es bedeutet, dass junge Erwachsene nicht aus dem Schneider
sind.
Absehbare Problemländer
Die weitere
Aufschlüsselung in Ländergruppen mit Coronafällen nach Altenanteil
wiederum zeigt an, wo die Politik eigentlich mit scharfen Maßnahmen
reagieren müsste - oder hätte reagieren müssen, nachdem klar war, wo die Reise in China hingeht. Hier die Relation zwischen Fällen pro Einwohner nach Altenanteil der Bevölkerung:
Bevölkerung ü65
|
Coronafälle
|
Bevölkerung in Millionen
|
Fälle pro Million
|
Unter 5%
|
479
|
768,5
|
0,62
|
Bis unter 10% (ohne Iran)
|
420
|
2586,9
|
0,16
|
Bis unter 15% (ohne China&Südkorea)
|
424
|
366,9
|
1,16
|
Bis unter 20%
|
6066
|
802,7
|
7,56
|
Über 20% (ohne Italien)
|
1939
|
242,6
|
7,99
|
Wir sehen also, dass
sich die Pandemie vor allem in Ländern bemerkbar macht, wo der
Altenanteil in der Bevölkerung in etwa 15% oder mehr beträgt. Auf
Basis dieser Information lässt sich abschätzen, welche Länder
unter jenen ohne Virusfälle vermutlich noch von der Pandemie
betroffen sein werden. Diese wären:
- Zypern (13,4% Alte)
- Island (14,4%)
- Kuba (14,7%)
- Uruguay (14,7%)
- Montenegro (14,8%)
Da der ungewichtete
Mittelwert für ü65-jährige der übrigen Länder ohne Fälle bei 4,5% liegt,
ist dort kaum noch zu erwarten, dass große Infektionszahlen
auftreten werden. Lediglich in den Ländern mit sehr großer
Bevölkerung könnte es einige Fälle geben, die da wären:
- Myanmar (3,1 Mio Alte; vergleichbar mit Südafrika mit derzeit sieben Fällen und Taiwan mit 45 Fällen)
- Äthiopien (3,5 Mio Alte; Rumänien mit 17 Fällen und die Niederlande mit 321 Fällen)
- Türkei (6,8 Mio Alte; der Ukraine mit einem Fall und Kanada mit 77 Fällen)
- Vietnam (6,9 Mio Alte; der Ukraine mit einem Fall und Kanada mit 77 Fällen)
Warme und kalte Rentnerländer
Der weitere Blick
auf die absolute Zahl an Alten nach Land gibt auch einen Hinweis
darauf, wo der Coronavirus noch erheblich zuschlagen könnte. Die
folgenden Länder sind jene zehn mit der weltweit größten
Rentnerbevölkerung:
Ü65 in Mio Coronafälle pro Mio ü65 Wintersaison Frankreich 13,2 106,8 ja Italien 13,8 622,4 teils Indonesien 14,1 1,3 nein Deutschland 17,9 68,5 ja Brasilien 18,1 1,6 nein Russland 20,8 1,0 ja Japan 34 16,0 ja USA 50,7 14,4 teils Indien 81,6 0,7 nein China 148,9 543,6 ja
Die Spalte mit der
Wintersaison zeigt klar an, wo die Reise hingeht. Exemplarisch zeigt
sich die Temperatursensibilität des Virus an Italien, das derzeit vom Virus analog zum Klima zweigeteilt wird. Die tropischen Länder in der Liste weisen circa
1,2 Fälle pro Million Alte auf, während die USA als Land mit
hälftig heißem Klima mittig liegen zu jenen Ländern mit Winter.
Die Entscheidung durch die Trump Regierung gegen eine Panikreaktion
war daher vermutlich korrekt.
Eine der großen
Frage in der Angelegenheit wird eventuell noch werden, ob der
Frühling in Russland schneller kommen wird, als das Virus in
Richtung Osten oder Norden reisen kann. Es zeigt auch, dass die
russische Entscheidung einer frühzeitigen Abriegelung der Grenze zu China goldrichtig war. Im Anbetracht dessen muss man sich fragen, ob der russischen
Regierung bessere Informationen zur Verfügung stand als den
europäischen.
Was Japan,
Frankreich und Deutschland betrifft, so hat Japan inzwischen die Notbremse
gezogen und weite Teile des öffentlichen Lebens lahmgelegt und
selbst in Frankreich kam es zu einem als koordiniert zu bezeichnenden Vorgehen gegen die Ausbreitung des Virus.
Für Deutschland
schließlich lässt sich dagegen sagen, dass die Regierung in den kommenden
sechs Wochen aufgrund der
Abwesenheit einer schnellen und kompetenten Reaktion wohl noch für etliche Tote und einen Milliardenschaden verantwortlich sein wird. Für Berlin heißt es also: „Business as usual“.
PS: Wer die Zahlen selbst nachvollziehen möchte, der kann die Länderliste mit den genannten Werten hier als Excel/ODS Datei herunterladen.
twitter
google+
fb share