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The Spectator: Nach Iowa scheint Donald Trump unbesiegbar zu sein
In jeder künftigen
Geschichte über den Untergang der amerikanischen Republik sollten
sich ein oder zwei Seiten mit der Vorwahl in Iowa vom 3. Februar 2020
beschäftigen. Es ist die Geschichte einer Kernschmelze, die das
Zeugs zum Klassiker hat. Die Demokratische Partei, die den Sieg von
Donald Trump im Jahr 2016 unbedingt ungeschehen machen will, hat es
irgendwie geschafft, ihre erste relevante innerparteiliche Abstimmung
des Jahres 2020 völlig zu vermasseln. Das Unglück ist so groß,
dass es den gesamten demokratischen Vorwahlprozess - und damit das
Präsidentschaftswahljahr - in eine Farce verwandeln könnte.
Präsident Trump könnte es nicht gelegener kommen. „Heute Abend in
Iowa ist ein großer Gewinn für uns“, twitterte er am
Dienstagabend, als sich die Nachricht von dem demokratischen
Durcheinander verbreitete. „Vielen Dank!“ Dann twitterte er in
Richtung des englischen Fernsehmoderators Piers Morgan, der auf
seinen ersten Tweet mit einem hämischen Smilie reagierte: „Lustige
Zeiten.“
Es wird wohl noch so
einige Verschwörungstheorien darüber geben, was wirklich
vorgefallen ist, insgesamt scheint die Katastrophe in Iowa aber wohl
nur ein Ergebnis gewesen zu sein aus einer Mischung des klassischen
menschlichen Versagens in Verbindung mit einer neuen Software zur
Stimmenauszählung, die nichts taugte. Um zu verstehen, was da schief
gelaufen ist hilft es, bis zum 1. Februar 2016 zurückzugehen, als
Hillary Clinton nur um Haaresbreite Bernie Sanders in Iowa schlagen
konnte. Mehrere wichtige Wahlbezirke lagen so nahe beieinander, dass
sie durch einen Münzwurf entschieden werden mussten (Clinton gewann
alle sechs Münzwürfe). Das führte zu viel Gemurre, so dass die
Demokratische Partei für das Wahljahr 2020 Reformen einleitete, mit
denen die Wahlausschüsse transparenter, gerechter und zuverlässiger
werden sollten. Das Ergebnis jedoch bestand darin, dass der Prozess
am Ende noch einmal wesentlich undurchsichtiger, ungerechter und
unzuverlässiger wurde.
In dem Versuch, das
überkommene fraktionierte Abstimmungssystem der Partei des
Bundesstaates ins 21. Jahrhundert bringen, setzten die Demokraten ein
Unternehmen namens „Shadow Inc.“ („Schatten GmbH“) ein, bei
dem es sich um verdächtig gut vernetztes Technologieunternehmen
handelt, das für die Partei eine schicke, aber völlig übertriebene
Software entwickelte zur zur tabellarischen Darstellung der
Fraktionsergebnisse. Dann aber scheiterte die Software und die als
Ersatz dafür eingerichtete Telefonkette scheiterte ebenfalls.
Niemand wusste, was vor sich ging; panisch wurde herum geflüstert
und das Gerücht wurde gestreut, dass - wieder einmal - Russland eine
amerikanische Wahl gehackt hatte. Andere meinten, dass es just die
gegen russische Einmischungsversuche eingebauten Sicherheitsmaßnahmen
waren, die zum Versagen der Software führten. Offizielle der Partei
machten schließlich ein „Problem mit dem Programmiercode“
verantwortlich.
Die ganze Nacht über
wartete man auf den Sieger, so dass sich alle Kandidaten zum Sieger
der Vorwahl in Iowa erklärten: Pete Buttigieg, der vernünftige
Schwule und Bürgermeister der Kleinstadt South Bend in Indiana war
der schnellste. Noch vor der Auszählung auch nur des ersten Bezirks
hielt eine gut einstudierte Siegesrede. Bald fanden einige heraus,
dass seine Wahlkampagne zu den Kunden von Shadow Inc. Gehörte, und
dem Unternehmen 42.500 Dollar für „Software Dienstleistungen“
überwies. Das warf ein schräges Licht als die Software - etwa 20
Stunden später - die ersten Ergebnisse anzeigte und Buttigieg
entgegen der Erwartung in Führung lag.
Buttigieg ist ein
verheirateter schwuler Mann, wobei seine Homosexualität das einzige
ist, das ihn für die vom Kulturmarxismus bessessenen Demokraten
akzeptabel macht. Alles andere bei ihm dagegen – eine elitäre
Schulbildung, seine zentristische Politik, er war beim Militär -
beleidigen radikale Sensibilitäten. LGBTQ-Aktivisten sagen, er sei
nicht schwul genug, um der erste offen schwule Präsident Amerikas zu
sein.
Aber die
zurückhaltende Natur von Buttigiegs Homosexualität bedeutet auch,
dass er bisher in der Lage war, die traditionellen Wähler für sich
zu gewinnen. Am Montagabend zeigte ein weit verbreitetes Video, wie
eine ältere Frau, die für Buttigieg gestimmt hatte, ihre Meinung
änderte. "Wollen Sie damit sagen, dass er einen
gleichgeschlechtlichen Partner hat?", fragte sie. 'Pete? Soll
das ein Witz sein? Dann will ich so jemanden nicht im Weißen Haus
haben... kann ich meine Karte zurückhaben?'. Millionen von
Amerikanern wird es genauso gehen, auch wenn es die modernen
Liberalen entsetzt; und Buttigiegs Wahlbeteiligung unter den
schwarzen Wählern ist miserabel.
Auf dem
Überraschungserfolg von „Bürgermeister Pete“ wird wegen der
amateurhaften Stümperei fortan stets ein Schatten hängen. Sanders
Anhänger, der als einer der großen Favoriten galt, nennen
Buttigrieg nun „Bürgermeister Betrug“.
Dennoch ist Sanders,
der alte Radikale, nun unbestreitbar die mächtigste Kraft im Rennen
um die demokratische Präsidentschaftskandidatur. So hat er
beispielsweise Elizabeth Warren, bei der es sich vorgeblich um seine
Rivalin auf der linken Seite handelt, weit hinter sich gelassen und
gilt als haushoher Favorit auf den Sieg bei der kommenden Vorwahl
nächste Woche in New Hampshire.
Obwohl der
78-jährige Bernie im September einen Herzinfarkt erlitt, scheint er
aber immer noch aufgeweckter zu sein als seine Rivalen. In den
Umfragen auf nationaler Ebene ist er führend und droht nun endlich
auch damit, das demokratische Establishment und deren betrügerisches
Treiben genau so zu zerstören, so wie Trump vor vier Jahren die alte
republikanische Elite zerstört hat.
Der große Verlierer
der Debakelwahlnacht war Joe Biden, der den größten Teil des
letzten Jahres auf nationaler Ebene die Umfragen anführte. Er wurde
nur Vierter. Die noch vorhandenen Krümel an Zustimmung, die er in
Iowa bekam könnten ihm noch eine zeiweilige Gnadenfrist vor dem Aus
als Kandidat verschaffen. Iowa jedoch hat gezeigt, dass seine
Kampagne schlecht organisiert ist und es ihm an
Begeisterungsfähigkeit mangelt. Er kann keine großen Menschenmengen
anlocken. Darüber hinaus klingt auch distanziert – obwohl das
vielleicht Demenz sein könnte.
Wenn es denn eine
demokratische Erfolgsgeschichte gab in dieser Woche, dann war das
aber nicht Sanders, sondern der dritte sehr alte weiße Mann im
Rennen: Mike Bloomberg, der aufgrund der Tatsache gewann, weil er in
Iowa überhaupt erst nicht antrat. Er folgt der ehre ungewöhnlichen
Strategie, die ersten vier Bundesstaaten im Nominierungsprozess zu
überspringen. Als neuntreichster Mann der Welt allerdings ist er
auch bereit und fähig dazu, bis zu zwei Milliarden Dollar
auszugeben, um sich damit die Präsidentschaft zu gewinnen. Dafür
fährt er eine gigantische Propagandakampagne, die auf den
sogenannten „Superdienstag“ ausgerichtet ist, wenn am 3. März in
gleich 16 Staaten abgestimmt wird. Und die Strategie beginnt sich zu
lohnen. In den Umfragen geht es nach oben für ihn, wobei er aktuell
bei acht Prozent steht.
Als sich das Debakel
in Iowa gerade abzeichnete, da ließ Bloomberg öffentlich verlauten,
dass er seine Berater angewiesen hat, die Ausgaben für seine TV- und
Digitalkampagne zu verdoppeln. Dazu hielt eine große Kundgebung in
Pennsylvania ab, zu der er 2.000 Menschen anlockte.
Bloombergs größter
Malus jedoch ist, dass es sich bei ihm um den ultimativen
Antipopulisten handelt. Das einzige, was er mehr hasst als den Brexit
ist Donald Trump. Sein Verständnis der Welt scheint er von diesen
plutokratischen La-La-Land-Konferenzen zu bekommen, auf denen er
einen Großteil seines Lebens als Redner verbringt. Letzten Monat
fragte ihn die New York Times, welchen ausländischen Staatschef er
am meisten bewundere. „Präsident Macron“, antwortete er und
meinte über ihn: „Er ist derzeit der stärkste Führer in Europa.
Frankreich hat die stabilste Regierung“. Na, wenn du meinst, Mike.
Sollte er zum
beeindruckendsten Kandidat unter den Zentristen für die Nominierung
als demokratischer Präsidentschaftskandidat werden – während die
Sterne von Buttigieg, Biden und Warren sinken – dann wird sich
Bloomberg in der Endausscheitung mit Bernie Sanders wiederfinden. Das
demokratische Rennen würde dann zu einem Wettkampf zwischen zwei
Siebzigjährigen werden, von denen einer bis vor fünf Jahren noch
kein Demokrat war. Gleichzeitig wird es ein Kampf sein, in dem ein
Multimilliardär gegen den Sozialisten antritt, wobei sich den
Wählern hier wenigstens eine eindeutige Klarheit bietet.
Im Moment jedoch ist
alles noch ein großes Durcheinander, ob dessen Präsident Trump sein
Glück kaum fassen kann. Für ihn brachte das Desaster seiner
Konkurrenz in Iowa die wohl beste Woche seit seinem Amtsantritt.
Während sich die Demokraten in Iowa bis auf die Knochen blamierten,
ignorierten die Medien weitgehend die Tatsache, dass sich Trump
selbst in Iowa pro forma ebenso innerparteilich zur Wahl stellen
musste, wobei er mit großem Vorsprung gewann. Damit hat er den
letzten verbliebenen „NeverTrumpers“ („Niemals Trump“) in
seiner Partei den Boden entzogen.
Neben dem Rückenwind
aus Iowa endete in dieser Woche auch das Amtsenthebungsverfahren
gegen Trump mit einem unausweichlichen Freispruch für den Mann im
Weißen Haus. Das alles hat ihn quasi unbesiegbar gemacht, während
es die Opposition der Demokraten in beiden Fällen als dumm hat
aussehen lassen. Die amerikanische Wirtschaft trotzt weiterhin der
Schwerkraft, während Trumps Zustimmungswert in der Bevölkerung
gerade die 49 Prozent überschritt, was dem bislang höchten Wert für
ihn entspricht. Barack Obama zum Vergleich lag gegen Ende seiner
ersten Amtszeit bei 46 Prozent. Am Dienstagabend hielt Trump eine
sehr positive Rede zur Lage der Nation. „Das amerikanische
Zeitalter, die amerikanische Erzählung, das amerikanische Abenteuer
hat gerade erst begonnen“, sagte er. „Unser Geist ist noch jung.
Die Sonne geht für uns noch auf. Die Gnade Gottes ist nach wie vor
auf unserer Seite.“
Allzu schwer ist es
nicht, warum Trump den Allmächtigen auf seiner Seite sieht. So
zerriss hinter dem Präsidenten stehend Nancy Pelosi - die
demokratische Sprecherin des Hauses - ihr Exemplar von Trumps Rede,
ein demonstrativer Akt der Frau, mit dem sie die ohnmächtige Wut
ihrer Partei über den Erfolg des verhassten Präsidenten auf allen
Ebenen zusammenfasste. Den Rest des Jahres wird die Szene aller
Wahrscheinlichkeit nach sehr oft in republikanischen Werbeclips
Verwendung finden. Die Partei von Pelosi scheint verflucht zu sein.
Denn obwohl sie den Präsidenten angeklagt hatten, so sind es nun die
Demokraten, die sich in der Hölle wiederfinden.
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