Chinas Pläne zur Herrschaft über Eurasien als Hegemonialmacht nehmen zunehmend Gestalt an


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Während Europa vergreist, umvolkt und im besseren Fall absehbar als globales Freilichtmuseum enden wird, ist Ostasien längst nicht mehr auf dem Sprung an die Spitze der globalen Bedeutung, sondern dort mehr oder weniger angekommen mit seinen Megametropolen, Großprojekten und einem ordnungspolitisch weitgehend freiheitlichen Rahmen. Zu einem Hauptvehikel der internationalen Entwicklung werden dabei immer mehr die neuen Seidenstraßen, mit denen die Wirtschaftsräume jenseits staatlicher Grenzen zu einem Großen Ganzen zusammengefügt werden sollen.


Asia Times: Neue Seidenstraßen als kommender Ordnungsrahmen Südostasiens



Singapur, das den Status der inoffiziellen Hauptstadt Asiens anstrebt, scheint der ideale Ort für eine Konferenz zu sein, bei der es darum gehen soll, wie der Nahe Osten Lehren aus den vielschichtigen Beziehungen zwischen den ASEAN Ländern und China ziehen könnte, insbesondere im Hinblick auf die Partnerschaften bei den Programmen der New Silk Roads oder der Belt and Road Initiative (BRI).

Zunächst aber eine wichtige Klarstellung. Die Bezeichnung „Mittlerer Osten“ ist natürlich eine eurozentrische und orientalistisch. Aus asiatischer - und chinesischer - kultureller und geographischer Sicht wird der „Mittlere Osten“ dagegen zu Recht als „Südwestasien“ angesehen.

Die Analyse zweier informierter chinesischer Meinungen zum Thema der regionalen Geopolitik Südwestasiens ist überaus erhellend, da an ihnen klar ablesbar ist, wie China seine Wirtschaftsmacht auf der Ebene der Geopolitik in Südwestasien einsetzt, die im starken Gegensatz steht zu der immens verworrenen Strategie der Trump Regierung.

Der Professor der Duke University, Bai Gao, der ebenfalls als Gastprofessor an der Universität von Peking lehrt betont, wie die ASEAN „ihre stark ausgeprägte regionale Identität dazu nutzen, um gemeinsam ihre Interessen zu verfolgen, wenn sie mit externen Großmächten zu tun haben“. Das steht im scharfen Gegensatz zu Südwestasien, wo die Nationen geopolitisch extrem egoistisch sind und sich kaum an gemeinsamen Interessen orientieren.

Der Pekinger Universitätsprofessor Wu Bingbing wiederum, der auch ein Experte für Nahost-Studien ist betont seinerseits, dass „China an internationale Partnerschaften glaubt und sich nicht auf die Seite eines einzelnen Landes stellt“.

Wu empfiehlt dazu den Beitritt zur BRI, das er als "Netzwerk von Partnerschaften (und) Projekten" beschreibt, in dem eine Vielzahl von Nationen vereint sind, und das auf Win-Win-Ergebnisse in ganz Südwestasien abzielt. Das Ziel ist nicht „in den Wettbewerb mit den USA einzutreten, sondern besteht in Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vorteil“.

Neben den ASEAN und Südwestasien genau das auch der Schwerpunkt des chinesischen Strategiepapiers vom Dezember 2018 zut EU. Treibt Handel, nicht Krieg.



Man beachte die BRI-Zahlen



Entgegen Gerüchten ist BRI keineswegs eine schleichende „Schuldenfalle“, die im Tod der Schuldner endet - wie die aktuelle Übersicht über Handelsverträge impliziert.

Die Handelsströme zwischen China und den BRI-Partnern dürften 2019 insgesamt um weitere 117 Milliarden Dollar wachsen, nachdem sie im Vorjahr um geschätzt 158 Milliarden Dollar wuchsen. Chinas Exporte in Märkte, die mit der BRI verbunden sind wiederum dürften 2019 um 56 Milliarden Dollar wachsen, nachdem das Wachstum im letzten Jahr bei 76 Milliarden Dollar lag. Aus chinesischer Sicht ist das Gesamtbild also stimmig, auch wenn die Zahlen kleiner sind als im Vorjahr. Insgesamt bedeutet es daher eine weitere wirtschaftliche Aufwertung, die fortgesetzte Internationalisierung des Yuan und den Abbau interner Wirtschaftsungleichgewichte in China.

BRI-Partner haben im Zeitraum 2014-2018 bereits über 410 Milliarden Dollar an chinesischen Investitionen getätigt, wobei nicht vergessen werden darf, dass sich das BRI Projekt offiziell noch in der Planungsphase befindet.

Die BRI-Partner sollen auch von den über 61 Milliarden Dollar an zusätzlichen Exporten nach China im Jahr 2019 profitieren. Dieser asienweite Ausbau der Infrastruktur führt zu niedrigeren Transaktions- und Transportkosten. Nicht nur die ASEAN, sondern auch Südwestasien ist bestens positioniert, um von der kontinuierlichen Expansion von BRI zu profitieren.

Ein Hinweis auf die Grenzen der Entwicklungspotenziale von BRI in Südwestasien besteht dabei beispielsweise in der Errichtung von Verbindungsstücken zu Israel. In dieser Studie dazu heißt es, dass China für die Umsetzung seiner Projekte das politische „Engagement“ deutlich intensivieren müsste - etwas, das für Peking definitiv eine rote Linie ist.

Zum Vergleich meint Anoushiravan Ehteshami von der Durham University in „Winkt Gold am Ende des Regenbogens? Das BRI und der Mittlere Osten“, dass „der eigentliche Lackmustest des BRI in den abgelegenen Regionen Zentralasiens und im Mittleren Osten erfolgen wird, was ebenso gilt für den Status Chinas als Großmacht. Sollte China in der Lage sein, die geopolitischen, kulturellen, institutionellen und sozioökonomischen Barrieren dieser asiatischen Regionen zu überwinden, dann kann das Land sich zuschreiben, die Schaffung der ersten internationalen Gemeinschaft Asiens möglich gemacht zu haben, die man dann gut und gerne als eine „asiatische internationale Gesellschaft“ bezeichnen könnte.



Eine asiatische internationale Gesellschaft



Sobald die BRI im nächsten Jahrzehnt an Fahrt gewinnen wird, dann wird eine Folge sein, dass sich das Kräfteverhältnis zwischen der ASEAN, Zentralasien und Südwestasien verändern wird. Ehteshami hat Recht mit seiner Prognose, dass die BRI „Gegenkräfte erzeugen wird, wenn sie die Teilregionen Asiens verbindet, und dies nirgendwo mehr als in Südasien, wo sowohl die Länder des Nahen Ostens als auch China aktiv an der Entwicklung von Sicherheits- und Wirtschaftsbeziehungen beteiligt sind“.

Das Endziel von Peking aber ist noch viel ehrgeiziger. China will eine „asiatische internationale Gesellschaft" schaffen, die in der Lage ist, mit dem Westen zu konkurrieren und ihn zu übertreffen.

Ein Schlüsselelement für dieses Ziel, das es zu beobachten gilt, ist dabei das Gulf Cooperation Council. Geoökonomisch konzentrieren sich die GCC - ebenso wie der Irak und der Iran - viel stärker auf Asien als auf den Westen. China ist ihr wichtigster - oder sogar bester - Energieabnehmer. Eine Reihe von chinesischen Unternehmen wiederum investieren stark in den GCC Ländern.

Einen Einblick in diese Zukunft bietet Chinas intensiv betriebene Internetseidenstraße in den Vereinigten Arabischen Emiraten - einem Meisterwerk der Geokonnektivität.

Sam Blatteis, technischer Berater des Projekts fasst das Ganze zusammen mit: „Einfach ausgedrückt schreibt China die Regeln neu, wie man den Einfluss im Nahen Osten erhöhen kann. Aufgrund der Riesenhäfen in den Emiraten und der geografischen Lage des Landes, das sich quasi zwischen Saudi-Arabien im Westen und dem Iran im Osten befindet, denken die VAE auch darüber nach, wie sie zu beiden Routen der Seidenstraße beitragen können.“

Investoren von der ASEAN bis Südwestasien sind zunehmend davon überzeugt, dass China als einziger Spieler auf dem globalen Schachbrett neue Ideen und große Investitionen liefern kann, was für 5G gilt, wie auch für fast jede andere Technologie. Dazu haben die Chinesen auch noch nicht alle ihre verfügbaren Mittel ausgeschöpft. Das ist etwas, das selbst Singapur, die „Hauptstadt Asiens“ nicht für sich beanspruchen kann.
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