Umfrageprognosen extrapoliert, oder: Woher die grüne Freude kommt


Besser mal den Geldbeutel und die Gesinnung verstecken..

Leider weiß man nie so recht, was man von Wahlumfragen halten soll. Trotzdem werden sie von Parteien und sonstigen Interessierten nachgefragt, sie werden regelmäßig erstellt und der fassungslos dreinblickende Medienkonsument schaut sie sich an, so auch ich. Aus Spaß und Langeweile habe ich die umfangreiche Sammlung an Umfrageergebnissen seit der letzten Bundestagswahl in eine Liste gezwängt und bis zur kommenden Wahl im Jahr 2021 extrapoliert.



Der Wachwechsel vollzieht sich.. und wie



Natürlich lässt sich einiges einwenden gegen das lineare Extrapolieren von Wahlumfragen. Generell sollte man Umfragen mit Vorsicht genießen, da sie zu einem Drittel aus Hokuspokus bestehen, zu einem Drittel aus Politik und nur das letzte Drittel spiegelt jene Telefonanrufe wider, auf denen die Umfragen beruhen sollen. Nicht weniger kritisch sollte man mit linearer Extrapolation umgehen, das zeigen nicht zuletzt die Polkappen unseres Planeten, die noch immer da sind.

Trotzdem macht es natürlich Spaß, diese kleinen Spekulationen anzustellen und manchmal geben sie einem sogar einen wichtigen Hinweis auf das kommende. Wobei sich der „Spaß“ in diesem Fall eher auf die Riege der kulturellen Selbstzerstörer und Masochisten des Zeitgeistes beschränken dürfte. Alle anderen sollten sich warm anziehen.

Die Zahlen in der Tabelle unten stellen natürlich nur Ungefährwerte dar, man sollte bei jeder Partei noch mit einem Unsicherheitsfaktor von bis zu 5% rechnen. Dennoch, der Trend ist klar:

… und hier noch die Grafik dazu:


Wer hätte das gedacht? Aus dem Blockparteiensystem mit den bis zur Unkenntlichkeit verwischten Partei- und Interessengrenzen werden sich bald schon wieder zwei „Volksparteien“ herausbilden mit diametral entgegengesetzten Staats- und Gesellschaftsauffassungen.

Ich würde das fast schon als gute Nachricht bezeichnen, da es bedeutet, dass das natürliche Gleichgewicht wieder hergestellt werden wird.

Weniger gut ist natürlich die Tatsache, dass die Grünen im Unterschied zur bald wohl verblichenen SPD nie auch nur den Versuch unternommen hat, im Interesse des Landes oder der Gesellschaft als Ganzes zu agieren und um des lieben Friedens Willen auf die ein oder andere Maximalforderung verzichtete. Gerne wird zwar aus der grünen Ecke auf die „gesamtgesellschaftliche Verantwortung“ verwiesen, aber stets immer nur da halt gemacht, wo es um die eigene Klientel geht (z.B. CO2-Billigflüge für die Grünenwählerin).

Noch negativer ist die noch immer allenthalben herrschende Blockadehaltung gegenüber der AfD und die permanent hervorgebrachte Nazikeule gegen sie. Selbst wenn diese noch heute in die Rhetorikkiste zurückgelegt würde, sie wird noch einige Zeit nachwirken und konservative oder liberale Politiker anderer Parteien von einer Zusammenarbeit abschrecken.

Der wirkliche Teufel aber steckt wie immer im Detail. Es geht um die Frage, ob FDP und SPD von der Bildfläche verschwinden werden und die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf das parlamentarische Gleichgewicht jenseits der 5 Prozent Hürde.



Rot-Rot-Grün könnte doch noch real werden



Welche Koalitionen möglich sein werden hängt in erster Linie davon ab, welche der künftigen Fünf-Prozent-Parteien FDP und SPD über die Hürde kommt und welche nicht.

Gehen wir davon aus, dass beide darüber kommen, dann würde eine Koalition zwischen Grünen und Union knapp scheitern, auch wenn gut vorstellbar ist, dass die Union überproportional viele Direktmandate gewinnen wird und damit zusätzlich einige Überhangs- und Ausgleichsmandate bekommt. Ein Bundeskanzler Robert Habeck mit einem Außenminister Jens Spahn ist also nicht illusorisch, sondern durchaus möglich und falls es rechnerisch möglich ist, dann halte ich das auch für die wahrscheinlichste Koalition.

Ebenso möglich wäre eine Koalition der Union mit der AfD und vielleicht der FDP, die aber aufgrund der oben beschriebenen Hetze gegen die AfD vermutlich ausfallen wird als Möglichkeit.

Lediglich die CSU könnte eine grün-schwarze Koalition auf Bundesebene verhindern. Aber auch hier wird demnächst eventuell vorgebaut werden mit einer CSU-Grünen Koalition in Bayern, wo man sich schon einmal an Claudia Roth plus Freund*innen am Tisch gewöhnen kann.

Noch etwas schlimmer wird es, wenn man davon ausgeht, dass FDP oder SPD oder gar beide aus dem Bundestag herausfallen werden. In diesem Fall hätten wir eine Situation wie ab 2013, als insgesamt knapp 16% der Wählerstimmen aufgrund der Hürde unberücksichtigt blieben und die Große Koalition der beiden ehemaligen Volksparteien eine Schneise in die gesellschaftliche Kohäsion schlagen konnten.

Sollte es wieder zu einem solch umfangreichen Ausschluss von gebündelten Politinteressen kommen, dann wäre eine grün-schwarze Koalition sogar mit einer Trennung der Union möglich. Die Regierung Habeck plus CDU käme in diesem Fall auf knapp über 50 Prozent. Das ist nicht viel, sollte angesichts der breiten Interessenkongruenz der beiden Parteien aber aber kein Problem darstellen.

Das Schlimstfallszenario – ja es geht noch schlimmer – wäre aber jenes ohne die FDP im Bundestag, dafür aber mit der SPD. In diesem Fall wäre sogar das Schreckgespenst „R2G“ möglich und damit der direkte Rutsch in die Postapokalypse. Auf genau 50 Prozent käme eine solche Koalition mit Koryphäen wie Claudia Roth, Gregor Gysi, Petra Pau, Karin Göring-Eckard, Andrea Nahles, dem Hofreiter Toni und dem bis dahin in Thüringen vermutlich gescheiterten Bodo Ramelow als Minister unter Kanzler Robert Habeck.

Alleine beim Lesen dieser Liste sträuben sich einem schon die Nackenhaare, nicht wahr? Denkt man sich noch ein paar Direktmandate für die SPD hinzu, dann wäre es vermutlich sogar eine robuste Mehrheit, die sich an der linken Wand und jenseits davon bilden könnte.

Ich hoffe doch sehr, dass die FDP nicht dem linearen Trend folgen wird, sondern stabil bei ihren zehn Prozent stehen bleibt. Ansonsten wird es meines Erachtens tatsächlich wahrscheinlich, in einem rot-dunkelrot-grünen (=braunem) Alptraum aufzuwachen.



Ein paar weitere Erkenntnisse zu dieser Projektion



  • Die politische Linke bleibt strukturell weiterhin deutlich in der Minderheit mit 45:53, könnte es dank der Arithmetik wie (fast) immer aber trotzdem an die Macht schaffen.
  • Die Linkspartei und Sonstige bleiben relativ stabil, sprich der Anteil an Esoterikern, Verschwörungstheoretikern (also jene ohne Sinn für die Realität) und Versagern mit Umverteilungshoffnungen ist konstant.
  • Die Parteien der frühen Berliner Republik kommen noch auf gut die Hälfte bis zwei Drittel der Stimmen, je nachdem ob man den SED Nachfolger dazu zählt oder nicht.
  • Die Parteien der alten Bundesrepublik werden deutlich unter ein Drittel in der Wählergunst fallen. Auf den ersten Blick könnte die Zahl deckungsgleich sein mit den bis dahin noch lebenden Westdeutsch sozialisierten.
  • (die wohl wichtigste Erkenntnis) Politisch ist die alte Bundesrepublik endgültig tot und damit auch sämtliche Überlegungen, die sich darauf beziehen.

Insgesamt erwarte ich nicht, dass die SPD oder auch die FDP untergehen werden, falls sie (wieder) unter fünf Prozent fallen sollten, da die FDP bis vor kurzem als Nischenpartei dank der üppigen staatlichen Zuwendungen eine komplette Politgeneration untertauchen konnte und heute so tut, als sei nichts gewesen.

Bei der SPD kommen neben der staatlichen Finanzierung noch die vielen, vielen Beamten und sonstigen Pöstchen in Politik und Verwaltung hinzu, die der Partei sicherlich einige Jahre über die Runden helfen werden, sowie das Parteivermögen in neunstelliger Höhe.

In 10 bis 15 Jahren dann – falls zwischendrin nicht die Welt untergeht - wird die SPD sicherlich wieder zurückkommen. Dann aber möglicherweise mit fest angestecktem Kopftuch und Rauschebart und einem gänzlich anderen Verständnis für das soziale Miteinander. Je nach Szenario könnte sie dann vielleicht sogar irgendwann wieder den Kanzler stellen - oder den Kalifen. Man weiß es nicht.

Fest steht für mich nur eines: Es wird sehr unangenehm werden. Politische Verwerfungen gehen selten einher, ohne dass es auch wirtschaftliche und gesellschaftliche Turbulenzen gibt. Jeder sollte sich darauf vorbereiten. Oder am besten gleich auswandern?
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