12 Migranten auf dem Treck; nur vier von ihnen werden Asyl beantragen (Bildquelle) |
Gerade macht ein
Blogartikel von Hadmut Danisch die Runde, in dem es um angebliche
9,4 Millionen Asylanten geht, die sich in Wahrheit in Deutschland
aufhalten sollen. Ich bin die Zahlen kurz durchgegangen und habe sie
mit recherchierten Zahlen gegengerechnet. Falls ich nicht ein
grundlegendes Verständnisproblem mit dem Königssteiner Schlüssel
habe auf Basis dessen die Zahlen entstanden sind, dann ist da ein
dicker Klops in der Rechnung.
Beim Königssteiner Schlüssel geht es nicht um den relativen Anteil an Asylanten, sondern um deren relative Verteilung
Die Tabelle wie sie
Danisch von einem Leser zugeschickt bekam beinhaltet eine Spalte für
die Bundesländer, dazu eine für deren Einwohnerzahl, dann den
prozentualen Königssteiner Schlüssel für das jeweilige Bundesland
und ganz rechts die aus den beiden anderen Zahlen abgeleitete „wahre“
Anzahl an Flüchtlingen, die sich in dem jeweiligen Bundesland
aufhalten sollen.
Die Tabelle aus dem Danisch Artikel |
Während die
Einwohnerzahl
der Länder, deren Prozentsatz gemäß dem Königssteiner
Schlüssel und auch die Angaben
für Cottbus stimmen, so muss ich Einspruch erheben hinsichtlich
der behaupteten Zahl an Flüchtlingen.
Was der Leser getan
hat war nämlich, dass er die Einwohnerzahl multipliziert hat mit dem
Prozentsatz des Schlüssels. Rein rechnerisch stimmen die sich daraus
ergebenden Zahlen zwar tatsächlich (Beispiel BaWü: 11,03 Mio x
12,97% = 1,43 Mio), allerdings sagt der Königssteiner Schlüssel
nichts über den relativen Anteil von Flüchtlingen in einem
Bundesland aus.
Vielmehr ist der
Schlüssel dafür verantwortlich, in welcher Weise die für ganz
Deutschland vorhandene Zahl an Flüchtlingen relativ auf die Länder
verteilt werden sollen. Wenn sich also beispielsweise 1,5 Millionen
Flüchtlinge in Deutschland aufhalten, dann werden 12,97% von ihnen
nach Baden-Württemberg geschickt (1,5 Mio x 12,9% = 0,19 Mio).
Die in der
Tabelle ablesbaren Horrorzahlen entspringen daher einem kleinen
Denkfehler*. Das kann passieren und ist mir auch schon passiert, wenn
man bei Excel in der Zeile/Spalte verrutscht.
Ein paar selbst zusammengesuchte Vergleichszahlen zu Cottbus
Zunächst ist mir
der Fehler im System des Lesers nicht aufgefallen und so bin ich erst
ein paar unterschiedlich große Städte durchgegangen und habe deren
Ist-Wert mit dem Soll-Wert des Königssteiner Schlüssels verglichen.
* relativer
Anteil bezogen auf alle im Landkreis registrierten Asylanten
** zugewiesene
plus selbst hingezogene Asylbewerber
*** Asyl plus
Duldung plus Sonstige/ungeklärt
****
Produkt aus Relativem
Einwohneranteil am Bundesland, dem Königssteiner
Schlüssel und der Summe
aller Asylanträge
von 2015 bis Mitte 2018 (1.572.402 Anträge)
|
Auch wenn die Zahlen
nicht einheitlich sind, so liegen die meisten Soll- und Ist-Werte
relativ nahe beieinander, und vor allem die Gesamtzahl weicht um
weniger als 5% vom Soll ab. Statistisch gesehen ist das Gesamtbild
folglich im grünen Bereich und von der Zahlenseite her nicht
wirklich zu beanstanden.
Cottbus wiederum hat
tatsächlich überproportional viele Flüchtlinge zugewiesen
bekommen. Woran das liegt kann ich nicht sagen. Es gibt bekanntlich
einige Erklärungsmuster, die dafür verantwortlich sein könnten:
- Freiwillige Zuzüge, weil es auf dem Land keinen McDonalds gibt
- Doppelregistrierungen für mehr Taschengeld an Orten mit hohen Preisen
- Unterschiedlich schnelles Abarbeiten des Status und die Einordnung in eine andere Kategorie
- Bekämpfung des ostdeutschen Nationalismus in Cottbus per intensivierter Migration
- Die generelle Unsesshaftigkeit der jungen Männer auf der Suche nach Erlebnissen und Cottbus ist spannend(?)
Gleichzeitig lässt
sich der erstaunlich niedrige Asylantenanteil in Hannover mit der
relativ hohen Dichte an Politikern aus der ersten Reihe erklären,
die in oder nahe der Stadt ihre Machtbasis haben. Gerhard Schröder,
Sigmar Gabriel, Ursula von der Leyen, Christian Wulff plus zahlreiche
elitennahe Personen wie etwa Margot Käßmann, Carsten Maschmeyer und
Martin Kind werden wissen warum es besser ist, wenn der
Migrantenanteil im eigenen Hinterhof möglichst niedrig bleibt.
Ein Hinweis für eine realistischere wahre Anzahl an Asylanten
Neben der großen
Unsicherheit der Zahlenbasis, da sie teilweise noch aus der Zeit vor
dem großen Ansturm stammen bietet die Quelle für die Zahlen aus
Duisburg einen Hinweis darauf, wie hoch die Anzahl der Asylanten und
sonstiger in diesen Bereich fallenden Personen im Land in
Wirklichkeit sein dürfte.
Nimmt man den Anteil
an Asylanten in der Stadt von 2,6% und rechnet ihn pauschal hoch auf
ganz Deutschland, dann wären etwa 2,1 Millionen Asylanten und damit
etwa ein Drittel mehr, als die gewöhnlich kolportierte Zahl von
knapp 1,6 Millionen Asylanten, bestehend aus den seit 2015 im Land
gestellten Asylanträgen.
Aber es könnten
noch bei weitem mehr sein. Auf Seite 17 von Integrationsprofil
Duisburg gibt es den Abschnitt „2.1 Nichtdeutsche Bevölkerung
mit Aufenthaltsstatus“. Dort verzeichnet sind gut 93.500 normal im
Land lebende Ausländer mit einem langfristigen oder befristeten
Aufenthaltstitel (EU-Ausländer, Austauschstudenten, Touristen),
sowie die 13.078 Personen aus drei weiteren Kategorien (Asylantrag,
Duldung, Sonstige/unbekannt) deren Summe ich in die obige Tabelle
übernommen habe.
Schaut man sich
diese Kategorien im Detail an, dann stellt man fest, dass nur eine
Minderheit geduldet wird, ihr Asylantrag also abgelehnt wurde (~11%),
oder sich im Asylprozess befindet (~20%). Die große Mehrheit von
8.961 (69%) wird unter „Sonstige/unbekannt“ gelistet und ich
frage mich, was hinter dieser Kategorie steckt.
So wie ich das sehe
lassen sich eigentlich alle ausländischen Personen problemlos in die
übrigen Kategorien einordnen, man bräuchte die Kategorie im Grunde
nicht und falls doch – also für staatenlose – dann müsste sie
meinem Gefühl nach viel kleiner sein, da so etwas nicht allzu oft
vorkommt. Einzig Strafgefangene könnte ich mir noch vorstellen, aber
auch diese würden besser passen in einer der anderen Kategorien.
Daher frage ich
mich: Sind damit vielleicht die „Illegalen“ gemeint, die auch im
Land sind und nur insgeheim registriert werden, weil sie keinen
Asylantrag stellen?
Geht man nun aus,
dass diese Annahme stimmt, und dass der Anteil an „Illegalen“ in
Duisburg unter den Migranten auf ganz Deutschland übertragen werden
kann, sowie dass keiner dieser „Illegalen“ in der offiziellen
Asylstatistik
vorkommt, dann lässt sich darauf aufbauend die tatsächliche Zahl an
Migranten abschätzen, die seit 2015 in unser Land kam.
Wir hätten..
- circa 1,6 Millionen Asylanträge
- etwa 31% der Migranten, die Asyl beantragt haben (erfolgreich oder abgelehnt)
- etwa 69% Migranten, die kein Asyl beantragt haben
Daraus ergeben
sich 5,16 Millionen Migranten insgesamt, bestehend aus 1,6 Millionen
mit Asylantrag und 3,56 Millionen ohne. Der obere Schätzwert für den
Gesamtanteil an Migranten im Land liegt damit bei deutlich über 6%.
Berücksichtigt man hier noch, dass die meisten Illegalen sich in größeren Städten sammeln, dann halbiert sich deren Gesamtzahl, so dass der mittlere Schätzwert für Migranten im Land bei ungefähr 3,5 Millionen oder 4% liegt.
*Ein Teil des Denkfehlers liegt auch bei mir. Tatsächlich kommt man mit der Annahme, dass die Ist-Zahlen für Cottbus ehrlich sind und alle anderen nicht auf den Wert von 9,4 Mio Migranten in Gesamtdeutschland. Das aber setzt voraus, dass alle Migranten exakt nach Schlüssel verteilt wurden und es nachfolgend keine Binnenwanderung gibt. Insgesamt halte ich die Ableitung aus den Duisburger Zahlen noch immer für zuverlässiger.
Berücksichtigt man hier noch, dass die meisten Illegalen sich in größeren Städten sammeln, dann halbiert sich deren Gesamtzahl, so dass der mittlere Schätzwert für Migranten im Land bei ungefähr 3,5 Millionen oder 4% liegt.
*Ein Teil des Denkfehlers liegt auch bei mir. Tatsächlich kommt man mit der Annahme, dass die Ist-Zahlen für Cottbus ehrlich sind und alle anderen nicht auf den Wert von 9,4 Mio Migranten in Gesamtdeutschland. Das aber setzt voraus, dass alle Migranten exakt nach Schlüssel verteilt wurden und es nachfolgend keine Binnenwanderung gibt. Insgesamt halte ich die Ableitung aus den Duisburger Zahlen noch immer für zuverlässiger.
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