Die Achillesverse unserer voll digitalisierten Wirtschaftsweise: Sie ähnelt immer mehr dem sozialistischen Zentralplanungssystem







Es ist selten geworden, dass man in den Medien einen Artikel findet mit einem richtig interessanten Gedanken. Manchmal aber stößt man unverhofft aber doch auf einen und so möchte ich auf den Spectator verweisen, wo sich Rory Sutherland mit den Technologiegiganten aus dem Silicon Valley beschäftigt und die These vertritt, dass und warum diese in ihrem Gebaren immer stalinistischer wirken.





Was Kommunisten und Silicon Valley Giganten in ihrem Treiben eint






Anekdotisch und mit einer Brise Ironie lassen sich heute einige Eigenschaften ausmachen, die sowohl Kommunisten der Marke Breschnew charakterisierten, als auch die digitalen Technologiegiganten der Marke Google und Facebook: Erstens, die in Paranoia abgerutschte politische Ideologisierung des Arbeitsumfeldes. Zweitens, das umfassende Ausspähen der Welt. Drittens, hochtrabende Ziele und illusorische Vorhaben. Viertens, der grenzenlose Glaube an die Macht der Technologie. Fünftens, riesige unproduktive Verwaltungsapparate. Sechstens die Überinvestition in Bildung. Siebtens, die Präferenz der Theorie über die Praxis. Achtens, die Besessenheit von Raketen.

Zunächst sollte darauf hingewiesen werden, dass es einige überaus vernünftige Unternehmen und Unternehmensgründer in der Branche gibt, auf die all das nicht zutrifft, man denke etwa an die bereits alteingesessene IBM oder die deutsche SAP. Mangels spektakulärer Stunts kommen diese aber entsprechend seltener in die Schlagzeilen als jene, die mit großen Fanfaren und noch größerem Budget die Welt umkrempeln wollen. 

So sind es vor allem jene Unternehmen und Gründer auf alle acht dieser Eigenschaften zutreffen, die uns fast täglich in den Schlagzeilen begegnen. Allein die Zahl der Raumfahrtunternehmer etwa umfasst mindestens ein halbes Dutzend von Elon Musk angefangen bis hin zu Paul Allen. Es gibt also zweifellos eine Häufung „kommunistischer“ CEOs im Silicon Valley, die genau dem obigen Schema entsprechen.

Bei den meisten dieser Girlanden des gutmenschlichen Konzernlebens handelt es sich zumeist aber lediglich Faktoren, die den Unternehmen irgendwann so große Produktivitätsprobleme einbringen könnten, dass sie an die Realität des Marktes angepasst werden müssen, oder aber andere Unternehmen mit besseren Produkten und innovativeren Lösungen werden irgendwann das Zepter übernehmen. 

Vor allem jedoch der grenzenlose Glaube an die Technologie könnte für uns alle noch zu einem großen Problem werden und das aus einem sehr spezifischen Grund.







Der bedingungslose Glaube an die grenzenlosen Fähigkeiten der Technik als Fallstrick für die Produktivität






Seit Friedrich Hayek und Ludwig von Mieses wissen wir, dass die kommunistische Planrechnung mit Problemen zu kämpfen hat, die unmöglich lösbar sind. Zum einen handelt es sich dabei um das Informationsproblem, bei dem es um die Preisbildung in zentral verwalteten Systemen geht und um die Frage, wie man den Wert einer Ware, Dienstleistung oder Arbeitsstunde berechnen soll wenn es keine Marktpreise gibt. Und zum anderen gibt es das Wissensproblem, wonach eine zentrale Verwaltungs- und Planungsstelle nie über alle und auch nicht alle relevanten Informationen verfügen kann, um eine Entscheidung zu treffen, da die für ein Produkt oder eine Dienstleistung notwendigen Informationen einfach zu umfassend sind, als dass man sie in ein ganzheitliches Planungsprogramm aufnehmen kann.

Selbst hinter simplen Produkten hängt meist ein Rattenschwanz an Wirtschaftsaktivitäten, die in der Vogelperspektive und in ihrer inneren Kausalität und vor allem bei Veränderungen einzelner Faktoren unmöglich analysiert werden können. Der Ortsvorsteher eines sibirischen Dorfes beispielsweise wird immer besser wissen als ein Zentralplaner in Moskau, ob sich eine weitere Busverbindung in den nächsten Ort lohnt oder nicht.

Im vollen Wissen um den Rückstand zu den Kapitalisten im Westen bauten die Kommunisten der Ära Breschnew bis Tschernenko voll auf die Macht der Technologie. Zentralcomputer, Datenbanken und der Fortschritte in der Mathematik zur noch genaueren Berechnung der Notwendigkeiten im Sowjetreich sollten die Lösung sein. Man muss nur genug rechnen können und genug zum rechnen haben, idealerweise irgendwann mit einem intelligenten Elektronenhirn, und schon wird irgendwann jeder Genosse im Land seine Bedürfnisse so befriedigt bekommen, wie es der Kapitalismus nie konnte.

Nicht nur die Kommunisten in Russland bauten auf diesen Ausweg über die Entwicklung der digitalen Technologie, auch in Chile versuchte man es auf diese Weise, wie ein überraschend interessanter Artikel beim Spiegel vor einiger Zeit erstaunt feststellte. Dort durfte ein kommunistischer Brite seiner Science Fiction Phantasie freien Lauf lassen und schaffte tatsächlich ein kleines Wunder im Stile von Raumschiff Enterprise. Leider das Wunder zu klein und so zerplatzte die Blase auch dort bald schon an den Klippen der Realität. Für einen Versuch, muss man sagen, war es aber überaus interessant und hellsichtig durchdacht.

Schaut man sich die Aussagen, die Ziele, die Vorhaben und die Entwicklungsrichtung im Silicon Valley an, dann hört man im Grunde genommen das gleiche. Künstliche Intelligenz soll es richten! Die Vernetzung aller Menschen und Geräte, der gesamten Umwelt und des Planeten wird so viele Daten produzieren, dass einige wenige Zentralrechner in den klimatisierten Kellern im Hinterland von San Francisco ausreichen werden, um die Menschheit mit so vielen Problemlösungen, Produktivitätssteigerungen und geöffneten Flaschenhälsen der materiellen Knappheit zu beglücken, dass den Menschen bald keine Arbeit mehr bleibt und sie ein bedingungsloses Grundeinkommen brauchen.

Es sind nicht dabei nicht nur die Betonsozialisten unter den Programmierern und Sozialphantasten, die so argumentieren. Auch Tim Cook, der CEO von Apple äußerte sich in diese Richtung und so tat es der Chef des bundeseigenen Telekommunikationsbetriebs Timotheus Höttges. (Nein, auch mir war dieser Name bis eben nicht bekannt). Unter den Technikphantasten und ihren Managern ist das bedingungslose Grundeinkommen kein Diskussionsgegenstand, sondern eine abgemachte Sache.

Was noch fehlt in diesem Schritt hin zur ewigen Zukunft ist die Politik, die dieses umsetzt. Ach ja und KI Systeme, die das alles mit Produktivität unterfüttern können und dabei verhindern, dass der Markt verzerrt wird und beispielsweise einige Menschen mehr Kinder in die Welt setzen, weil sie damit mehr Grundeinkommen erhalten.







Die kühnen Träume vom globalen Technologieparadies sind so realistisch wie die kühnen Träume vom globalen Kommunismus






Die Parallelen zwischen beiden Systemen - also dem System Komintern und dem System FANG – sind so frappierend, dass das Urteil über die Zukunft der Master of the Universe im Silicon Valley quasi bereits gesprochen ist. Sie werden krachend scheitern und sie werden den gesamten Planeten mit sich reißen, oder zumindest jenen Teil, der bald schon zu 100 Prozent von ihren System abhängig ist und dazu alles, was nur lose verbunden damit am Rande steht.

Als Grundlage für dieses Urteil dient die sich in jedem sozialistischen Anwendungsfall bestätigte Abfolge von Diktatur, Niedergang und Zusammenbruch. Nur weil wir heute „noch mehr“ Technologie zur Verfügung haben und „noch mehr“ Daten zur Verarbeitung bereit stehen und „noch mehr“ schlaue Leute sich professionell den Kopf über konkrete Schritte ins Nirwana zerbrechen, heißt es noch lange nicht, dass es auch so kommen wird.

Nie werden alle Informationen zur Verfügung stehen und nie wird es dazu kommen, dass genügend Sensoren alle Informationen einer Situation aufnehmen um diese ins Serverzentrum zu übertragen, um dem Fischer am Ende von Papua Neuguinea dann besser sagen zu können, wo genau und mit welchem Köder er seine Angel im Teich auswerfen soll, als dieser selbst.

Es werden aber einige andere Dinge passieren und hier werden acht oben genannten Eigenschaften wichtig. Denn eine Zentralplanung kann durchaus funktionieren. Das zeigen Unternehmen, die mitunter eine beachtliche Größe haben und manchmal tatsächlich trotzdem effektiv und effizient mit ihren Mitteln umgehen und am Markt erfolgreich gute Produkte anbieten. Es kommt immer auf die Umstände an, in welcher Größe und Konfiguration eine Zentralverwaltung erfolgreich operieren kann.

Das heißt, auch die Technologiegroßkonzerne können erfolgreich arbeiten bis zu einem gewissen Grad und damit sehr viel Geld verdienen. Dieses Geld, so sind wir Menschen nun einmal, wird aber nicht immer bestmöglich angelegt, sondern fließt in jene Projekte, die jeweils am interessantesten erscheinen. Wer mehr als genug hat, der muss eben nicht dem nützlichsten hinterher gehen, sondern kann Kirschen pflücken.

Dadurch entstehen Wasserköpfe in den Verwaltungen (wer wirft schon gerne jemanden raus, wenn er nicht muss), es entstehen sinnlose oder zum scheitern verurteilte Projekte, die wichtiges Innovationskapital wegfressen, Man muss damit rechnen, dass eine Art Eigenkult aufkommt, da man ja den größten Erfolg hat und damit etwas richtig gemacht wird - und in der Summe beginnt der langsame Abstieg dank dieser selbst auferlegten Gewichte.

Wächst eine Verwaltung dank der zunehmenden Lösungskompetenz aber unaufhörlich und steigert sie immer weiter die (scheinbare) Produktivität jener, die sich auf sie verlassen, dann ist gut möglich, dass diese Schmerzgrenze nicht bemerkt wird. Immer mehr Kunden verlassen sich immer stärker auf Google, Facebook und Amazon und so bilden sie irgendwann jene unantastbare Spitze, wie sie auch ihr Vorläufer in Moskau ausmachte.

Mit jedem Tag wächst die Abhängigkeit der Mitarbeiter, der Anbeter (man schaue sich nur einmal die Kundenschlage bei Apple an) und der Kunden, die nicht mehr ohne Google wirtschaften können, weil sie ihr Geschäftsmodell voll an die Funktionsweise dieser Großanbieter angepasst haben.

Das wird so lange gut gehen, bis die Kompetenzgrenze der Systeme erreicht ist. Diese Grenze kann zwar immer weiter weggeschoben werden mit besseren Algorithmen, besseren CPUs und besseren Mathematikern, aber es wird niemals dazu kommen, dass eine zentrale Rechnereinheit es prinzipiell immer besser weiß als der Mensch vor Ort, wie in einer Situation optimal verfahren werden muss.

Ein System, das in 99,9999% der Fälle richtig liegt ist ein sehr zuverlässiges. Eine zentrale KI wird eines Tages möglicherweise so gut werden und die Menschen werden allen Grund haben, sich zu 100% auf das System zu verlassen. Immerhin dient es ihnen in knapp einer Million Fälle besser als sie es selbst könnten. 

Was aber ist im eine millionsten Fall? 

Genau hier folgt ein notwendiger Bruch im System und dieser wird überaus schmerzhaft werden. Denn wenn jeder sich zu 100% auf ein System verlässt und alles darauf aufgebaut ist, dann wird im Falle eines Versagens alles zusammenbrechen, das an diesem System hängt. Und je mehr das ist, desto härter wird es. Sämtliche Produktivität wird von hier auf jetzt auf dem Boden aufschlagen und sämtliche Nullproduktivitätsstellen, die aber dank der Modalität und Ideologie des Systems als vermeintliche Produktivstellen entstanden sind, werden sich in Luft auflösen.

Das komplette Wirtschaftsleben wird mit einem Ruck zu einem Halt kommen und umso mehr mit sich reißen, je größer und mächtiger die zentralen KI Systeme davor waren. 

Die Herrschaft der Silicon Valley Giganten, sie wird genau gleich enden wie der Kommunismus des 20. Jahrhunderts. Der Unterschied aber könnte darin bestehen, dass wir die Anzeichen dafür erst gar nicht bemerken, weil wir zu sehr damit beschäftigt sind, es dem System recht zu machen.

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