So lächeln Sieger (Bildquelle) |
The Spectator: Diese „Revolution“ ist nicht das, wonach es aussieht - In Wirklichkeit werden wir Zeugen einer Konterrevolution durch die neoliberale Klasse
Amerika befindet
sich keineswegs inmitten in einer Revolution – vielmehr sehen wir
dort einen reaktionären Putsch. Vor etwa vier Jahren wurden in den
USA das erste Mal seit Jahrzehnten Angehörige jener Klasse von der
Macht verdrängt, die im Zuge ihre Positionen und ihren Einfluss im
Zuge der Globalisierung erlangt hatten. Mit Schrecken mussten sie
dabei zusehen, wie sich die Wähler überall auf der Welt gegen sie
entschieden, indem sie für den Brexit, für Donald Trump und für
andere populistische und konservativ-nationalistische Angebote
stimmten.
Es war ihre
Verdrängung von den Schaltstellen der Macht, was überhaupt erst zu
den Unruhen führte, die gerade über die USA und Westeuropa
schwappen. Die kaum zu glaubende Grausamkeit dieser Unruhen –
mitsamt eines buchstäblichen Mobs, Plünderungen, der
Gesetzlosigkeit, dem Bildersturm und kaum ernstzunehmender
Forderungen wie die Abschaffung der Polizei - hat normale Amerikaner
in Angst und Schrecken versetzt. Vor allem Konservative gehen davon
aus, dass sich gerade eine Revolution abspielt, die es auf die
Grundfesten der amerikanischen Ordnung abgesehen hat.
Wenn sich staatliche
Institutionen den Forderungen von Straßenkämpfern beugen (oder
buchstäblich vor ihnen niederknien), dann sollte uns das zeigen,
dass etwas anderes im Gange ist als das, was man vermeintlich sieht.
Wir haben es hier eindeutig nicht mit einer maoistischen oder
marxistischen Revolte zu tun, auch wenn einige Protagonisten eine
linksradikale Rhetorik an den Tag legen. Was sich hier vielmehr
abspielt, ist eine Konterrevolution durch die neoliberale Klasse -
Akademiker, Medien, Großkonzerne, „Experten“,
Technologiekonzerne - und sie ist gerichtet gegen die
nationalistische Revolution von 2016. Die vermeintlichen
Aufständischen und die alten Eliten marschieren gemeinsam durch die
Straßen und gehen voreinander auf die Knie.
Sie wollen
keineswegs ein neues System, sondern die Rückkehr zum Status quo
ante vor Trump, vor dem Brexit, als für sie noch alles
funktionierte. Weniger gut lief es davor natürlich für die
Arbeiterklasse aller Länder, da sie die Hauptlast ihrer Politik zu
tragen hatte: Offene Grenzen, Freihandel, ein aggressiver kultureller
Liberalismus zur Zersetzung von Tradition und Gemeinschaft und eine
technokratische „Globale Regierungsführung“, die einer
Kastration von Demokratie und Politik gleichkommt.
Konservative
tendieren im Allgemeinen nicht dazu, der Klassenanalyse viel
Aufmerksamkeit zu schenken. In diesem Fall aber hilft sie enorm bei
der Erklärung dessen, was gerade vor sich geht. Sie hilft dabei, die
wahre Natur jener sozialen Bewegungen zu beleuchten, die sich als
revolutionäre Linke ausgeben.
Oder glaubt
irgendjemand ernsthaft, dass das amerikanische Establishment -
Walmart, Facebook, Amazon, Netflix, die Eliteuniversitäten, der
Profisport, etc. - einer Bewegung beitreten würde, die ihre
materiellen Interessen wirklich bedroht? Tatsache ist, dass diese und
viele weitere Institutionen nicht nachkommen beim Bekunden ihre
Solidarität mit dem „Aufstand“. Einige gehen dabei sogar so weit
und spenden Millionen von Dollar an Black Lives Matter, einer
Organisation, die sich die Abschaffung der Kernfamilie auf das Banner
geschrieben hat.
In den letzten vier
Jahren wurde jeder erdenkliche Versuch unternommen, um den „Alptraum“
des an die Macht gekommenen nationalen Konservatismus und Populismus
zu beenden. Die von der Elite dafür angewandten Methoden spiegeln
ihre Tendenzen und Präferenzen als Klasse wider. Denken Sie nur an
die jüngsten Scharmützel. Eine entscheidende Mehrheit der
britischen Wähler entschloss sich zum Austritt aus der EU, nur um
dann drei Jahre lang gegen ein politisches Establishment zu kämpfen,
das unter Einsatz seiner gewaltigen Ressourcen versuchte, den Brexit
doch noch zu vereiteln. Sie scheiterten und der Schaden war groß. In
Amerika mühte sich das linke Establishment noch stärker ab und
scheiterte noch vehementer, lernte aus ihrer Niederlage aber auch mehr. Von der
Minute an, in der Trump die Präsidentschaftswahlen gewann, machten
sich die Demokraten, Elemente des Sicherheitsapparats und ihre
Verbündeten in den Medien daran, das Ergebnis zunichte zu machen.
Pausenlos wurde „Russiagate“ durch die Manege der Öffentlichkeit
getrieben und in dessen Folge ein Amtsenthebungsverfahren als der
vielleicht größten Beleidigung für die Intelligenz des
amerikanischen Volkes überhaupt. Daneben kam es zu unzähligen
kleineren Versuche, die Trump entthronen und sein Gefolge vernichten
sollten.
Trump überlebte
alles. Daher kommt jetzt eben Welle um Welle an Randalierern und
verrückten Bilderstürmern, die von vielen Unternehmen und linken
Gouverneuren und Bürgermeistern aktiv zu ihren Taten ermutigt
werden, während die selben Amtsinhaber unter Berufung auf das
Coronavirus weiterhin Kindern den Besuch in öffentlichen Parks und
Familien das Abhalten von Beerdigungen untersagen.
Aber halt, möchte
man meinen: Unruhen und das Stürzen von Statuen - derartige Dinge
können Vertretern des Establishments wohl kaum sympathisch sein,
oder? Die Logik dahinter wird deutlich, wenn man die Geschehnisse als
eine Form des Klassenkampfes betrachtet. Schaut man sich frühere
Klassenkämpfe an, dann sieht man, dass es nur wenig Ähnlichkeit mit
früheren Forderungen gibt, wie sie die alte Linke verfochten hat,
wie etwa mehr Umverteilungsgerechtigkeit. Es gibt auch keine
Arbeitersolidarität, oder Themen, die sich um Löhne und
Arbeitsplatzsicherheit drehen. Was gefordert wird ist lediglich
„Repräsentation“ oder wahlweise „Vielfalt“ (in
Unternehmensvorständen, in Universitätslehrplänen usw.). Und
natürlich die Entlassung all jener, die im Internet, am Arbeitsplatz
oder in der Schule das falsche oder auch nur etwas unangenehmes
sagen.
Das Ziel besteht
nicht darin, konkrete wirtschaftliche Ungerechtigkeiten zu
korrigieren. Also etwa die massiven Ungleichheiten bei Wohlstand,
Gesundheit und Arbeitsplatzsicherheit. Das Ziel ist vielmehr das
genaue Gegenteil davon. Es geht ihnen darum, die in diesem Bereich
existierenden substanziellen Meinungsverschiedenheiten abzuschwächen,
aufzuschieben, zu glätten und zu kaschieren, um stattdessen
Ersatzkämpfe um Verfahrensmechanismen und unsere Umgangsformen zu
führen.
Welche
Gesellschaftsschicht zeichnet sich am meisten durch politisch
korrekte Umgangsformen aus? Das wäre die Klasse der Fach- und
Führungskräfte, die Laptop-Klasse. Ihre Kinder lernen von klein auf
wie man das macht bei Fragen der Rasse, des Geschlechts und der
Sexualität. Von dieser Klasse wird heute erwartet, dass sie die
korrekten Umgangsformen bereits beherrschen, wenn sie ihre
Einstiegsjobs annehmen. Es ist eine Fähigkeit, die an Privatschulen
zweifellos bereits unterrichtet wird.
Menschen aus der
Arbeiterklasse hingegen haben am ehesten mit dieser neuen Sprache zu
kämpfen. Selbst wenn sie es gut meinen, bekommen sie es nicht immer
richtig hin - nicht zuletzt, weil sich die Regeln der kritischen
Rassentheorie und die LGBTQ-Akronyme ständig ändern. Mit dieser
neuen Hürde, wonach man für ein erfolgreiches Leben richtig zu
sprechen und zu denken hat – während gleichzeitig die Sanktionen
für Fehler angehoben wurden - wurde ein neuer repressiver
Mechanismus geschaffen, der jenen ganz oben den Platz an der Spitze
sichert, und der die auf den ersten Blick erkennbaren neuen Plebs
unten hält. Mit letzteren sind vor allem jene gemeint, die 2016
falsch gewählt haben.
Egal, als was Sie
die aktuellen Geschehnisse bezeichnen, nennen Sie es nicht eine linke
Revolution. Mit den Fahnen, den Protesten, dem Hinkknien und der
neuen Sprache, die sie verwenden, ist es viel eher eine
Konterrevolution. Ihr Ausgang bleibt ungewiss, aber der Klassenkampf
ist in vollem Gange.
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