9. Januar 2020

Krasses Lügenframing beim Focus über eine Meinungsumfrage zur Abschaffung GEZ Zwangsgebühr

Der Name zum Programm (Bildquelle)

Die (derzeitigen) Ergebnisse zur Civey Umfrage zur GEZ...



Das Civey Umfrageinstitut hat eine aktuelle Umfrage zur GEZ Abschaffung im Angebot, bei der man auf deren Internetseite sogar noch teilnehmen kann. Die Frage dazu lautet: „Wie viel würden Sie monatlich pro Haushalt für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk bezahlen, wenn Sie selbst entscheiden könnten?“ Dazu gibt es insgesamt acht Antwortmöglichkeit, die von „weiß nicht“ bis 25 Euro reichen.

Die genutzte Umfragetechnik in Form einer anonymen Onlineumfrage scheint dabei nicht allzu zuverlässig zu sein. Jedenfalls kann man per „zurück → vor“ im Browser problemlos doppelt daran teilnehmen. Seis drum. Möglicherweise hat Civey im Hintergrund auch eine Möglichkeit, die schlechten Datensätze herauszufiltern.

Fakt ist jedenfalls, dass genau jetzt – am 9. Januar um 13:30 – insgesamt 3.055 Personen teilgenommen haben und das „repräsentative“ Ergebnis lautet (also jenes relativ zu Alter, Geschlecht und Wohnort), dass mit 45% aller Umfrageteilnehmer fast die Hälfte aller Menschen im Land den GEZ Zwangsbeitrag abschaffen will. So viel oder gar noch mehr als heute würden nur knapp 5% bezahlen wollen, während ein Drittel einen Sinn in der GEZ sieht, aber erheblich weniger zahlen will als derzeit verlangt wird. 

links die Rohdaten, rechts die repräsentativen (Bildquelle)

Das könnte eindeutiger kaum sein, was noch einmal von den Rohdaten unterstrichen wird. Hier ist es sogar so, dass jene, die ein Ende der GEZ Zwangsabgabe verlangen nur bei 42% liegt, während der Rohanteil der „gerne so viel oder mehr“ Zahlungsbereiten mit knapp 7% höher liegt als der repräsentative Wert.

Eine klare Sache also. Es impliziert, dass die Bevölkerung durch die Bank die Nase voll hat vom derzeitigen GEZ Zwangsregime.



Was macht der Focus daraus? Lügenframing!



Beim Focus allerdings titelt man zu dieser Civey Umfrage groß mit „Mehrheit will Öffentlich-Rechtliche Sender behalten - jeder 4. will sie abschaffen“. Im Anbetracht der Zahlen, wie man sie von Civey geliefert bekommt, und auf die sich der Artikel beziehen soll, ist die Aussage im Titel schon sehr schwer nachvollziehbar.

Noch obskurer wird es dann im Text selbst: „Die meisten Befragten wollen das Modell behalten. 20 Prozent sprechen sich jedoch für dessen Abschaffung aus.“ 

Nein, es sind knapp 50 Prozent, die dessen Abschaffung verlangen! Wobei selbst bei konservativer Betrachtung noch immer 42% den GEZ Zwangsmoloch loswerden wollen.

Und auch diese Stelle ist nicht übel: „Die Bürger sind gespaltener Meinung, was den öffentlich-rechtlichen Rundfunk betrifft. So spricht sich zwar mit rund 37 Prozent eine Mehrheit für dessen Weiterführung wie bisher aus.“

Nein, auch das ist falsch! Es sprechen sich lediglich 5% für eine Weiterführung „wie bisher“ oder „noch mehr wie bisher“ aus. Dagegen sind es circa 37 Prozent, die prinzipiell nichts gegen die GEZ haben, aber signifikante Änderungen in Form geringerer Gebühren verlangen.



Haben die eine andere Umfrage vorliegen? Ist es mangelnde Sorgfalt oder doch absichtliches Lügenframing?



Leider sind auf der Seite des Focus - der ich so oft wie es möglich ist aus dem Weg gehe - mehrere Artikel ineinander verschachtelt, so das kaum ersichtlich ist, was alles genau zum Umfrageartikel gehört und was nicht. Ein Datum, wann der Artikel veröffentlicht wurde, kann ich nicht finden. Der Blick zu Archive.org jedoch zeigt, dass die erste Version des Artikels am 7. Januar veröffentlicht wurde.

Zwei Möglichkeiten gibt es als Erklärung für diesen völlig verbogenen Artikel. Entweder, der Focus bezieht sich auf eine völlig andere Umfrage, was ich für eher unwahrscheinlich halte, sonst würde man auf der Civey Seite etwas dazu finden, da sie auch dieses Produkt verkaufen wollen. Der Artikel beim Focus impliziert eher, dass es um die von mir verlinkte Umfrage geht und der Focus von Civey lediglich paar detailliertere Informationen darüber eingekauft hat im Hinblick auf die demografische Verteilung der Teilnehmer.

Alternativ kann es auch sein, dass sich die Umfragewerte seit der Erstveröffentlichung vor zwei Tagen massiv verschoben haben, weil über den Focus mehr Menschen auf die Umfrage aufmerksam wurden. In diesem Fall ist dem Focus bzw. den Autoren unter den Küzeln sca/ nsc mangelnde journalistische Sorgfalt vorzuwerfen, da sie trotz der massiven Veränderungen keinen Grund für eine Aktualisierung sahen.

Die Frage lautet daher: War das wieder einmal ein Fall journalistischer Nachlässigkeit durch den Focus (innerhalb von ein oder zwei Tagen ist es kein Verbrechen, einen Artikel nachzubessern). Oder aber haben wir es hier mit einem absichtlichen Pro-GEZ-Framing aus der Abteilung Lügenpresse zu tun?

Meine Erfahrung mit dem Focus zeigt leider, dass man es nicht immer ernst nimmt mit dem Verzicht auf Lügen in der Berichterstattung.


Eine Aktualisierung

Obwohl sich an den Werten nichts geändert hat, bei Civey also noch immer über 40% den GEZ Klotz weg haben wollen, hat sich der Focus inzwischen zu einer Überarbeitung des Titels (und sogar der URL!) entschieden und lügentitelt nun, dass "jeder 5. will sie [die Rundfunkgebühr] abschaffen" will.



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