11. Februar 2020

Wähler wechseln in Scharen von CDU und FDP zur Linkspartei - Was geht in den Thüringern vor?


Dackelblick vs Schlägervisage (Bildquelle 1,2)


Dem Güllner Manni seine Forsa Klitsche



Kurz nach dem kreativen Abstimmungsverhalten bei der Wahl zum neuen Thüringer Ministerpräsidenten veröffentlichte Forsa unter dem Eindruck des allenthalben als Erdrutsch wahrgenommenen Ereignisses eine Wahlumfrage. Deren Ergebnis war überaus eindeutig. Die CDU verlor aufgrund ihres Taktieren an nur einem Tag ein Drittel ihrer Stimmen und sackte auf 12 Prozent ab. Nicht anders erging es der FDP laut der Umfrage, die fast die Hälfte ihrer Anteile verlor und auf vier Prozent abrutschte.

Zumindest überraschend für mich wanderten die Wähler aber nur bedingt in das Lager der „sonstigen“ Parteien, wo die Freien Wähler auf neue Kundschaft rechts der Mitte warten, sondern sie gingen vor allem nach links bis ganz nach links. Glaubt man Forsa, dann verließen von den zehn Prozent an Wählern, die sich aufgrund der unerwarteten Geschehnisse im Landtag bewegen ließen, zwei Drittel ihr angestammtes Lager.

Das war für mich sehr unglaubwürdig. Die Prozente mehr für die SPD hätte ich noch verstehen können, zumindest aus westdeutscher Sicht. Auch das eine Prozent für die Grünen ergibt einen gewissen Sinn. Immerhin ist die CDU bereits seit längerem fleißig am Nachahmen der Partei.

Was mir an der Forsa Umfrage aber vor allem aufstieß waren die drei Prozent mehr für die Linkspartei – also die Mauermörder, an deren Treiben sich die eher älteren CDU Wähler aller Wahrscheinlichkeit noch gut erinnern können. Warum nur? Was sollte jemanden politisch in einer Spontanreaktion so weit ab vom Schuss treiben? Ramelows Grübchen?

Für mich stand damit fest, dass die Umfrage unmittelbar nach Ramelows Renteneintritt aller Wahrscheinlichkeit nicht für die Öffentlichkeit gedacht war, sondern als Schocker dienen sollte für Mike Mohring und seine Landes-CDU, um diese zurück auf Linie zu bringen.


Verstehe mal einer die Thüringer



Nun kam aber noch einmal eine weitere Umfrage zum Thema heraus – der MDR gab sie bei Infratest dimap in Auftrag – und sie zeigt einen ganz ähnlichen Trend. Meine davor eigentlich betonfeste Meinung über die Stoßrichtung der Forsa Umfrage beginnt zu bröckeln. Das Ergebnis ist im Hinblick auf die ideologische Grundierung von Thüringens Wählern noch schlimmer als jenes vor zwei Tagen unmittelbar nach Kemmerichs Wahl zum Ministerpräsidenten.

Hier die Veränderung der Stimmanteile zwischen dem 6. Februar unmittelbar vor der Ministerpräsidentenwahl und dem 10. Februar, drei Tage danach:

  • CDU: -6%
  • FDP: -3%
  • Grüne: -1%
  • Sonstige: 0%
  • AfD: +1%
  • SPD: +4%
  • Linke: +5%

Die Summe der Prozentanteile haben sich nicht verändert, etwa durch einen Rundungsfehler. Bei beiden Umfragen lag sie bei 100%. Das bedeutet, dass die hypothetischen Veränderungen zwischen den Parteien 1:1 stattgefunden haben müssen.


Seltsam #1: FDP Wähler wechseln das Lager


Seltsam an der Verteilung ist dabei das erneute Verschwinden der Sonstigen (vermutlich vor allem der Freien Wähler), so dass die FDP mehr Stimmen verloren hat, als im rechten Lager hinzu gewonnen wurde. In der Forsa Umfrage unmittelbar nach der Wahl hat es noch gereicht, um die liberalen Stimmen weiterhin im nichtlinken Lager verorten zu können. Nun aber muss man davon ausgehen, dass zwei der drei Prozent – und damit die Mehrheit der Wechsler – zu SPD, Grünen oder Linkspartei gewechselt sind.

Mir als selbst liberal angehauchter Mitmensch biegen sich bei dem Gedanken die Zehnnägel um. Ich wüsste nicht, was ein freiheitlicher Bürger zu suchen hat bei Umverteilern, Sozialisten und Ewiggestrigen. Angesichts dessen ist es fast schon irrelevant, dass eine Partei, die den neuen (Kurzzeit-)Ministerpräsidenten stellt eine Fahnenflucht erlebt.


Seltsam #2: Die Grünen verlieren


Der aus der gesinnungslogischen Perspektive wohl unnötigste Stimmverlust verzeichnen die Grünen, die im Fahrwasser der Guten mitschwimmen und bekanntlich über die Mainstream Medien ordentlich angestoßen werden. Dennoch schaffen es Thüringens Grüne gegen den Trend Stimmen zu verlieren und zwar nicht nur in der kurzen Periode vor und nach der kürzlichen Ministerpräsidentenwahl, sondern laut Umfrageliste bereits seit geraumer Zeit.

In nur einem halben Jahr haben sie sich von zehn Prozent halbiert, wobei die Wähler allesamt zur Linkspartei gingen. Ist Ramelow wirklich so gut, dass trotz der grünen Nibelungentreue weiterhin deren Wähler zu sich ziehen kann?


Seltsam #3: CDU Wähler verzeihen den Mauermördern


Der von Forsa schon deutlich wahrnehmbare Wechsel des politischen Lagers scheint sich tatsächlich zu halten und es kommt einer Lawine gleich. Die CDU ist damit quasi tot in Thüringen, da sie prozentual der Fünfprozenthürde nun näher ist als dem Status eines Mitbewerbers um die relative Mehrheit im Land.

Was vor allem und fast noch mehr erstaunt als im Fall der FDP, ist die Tatsache, dass sämtliche CDU Wechsler zur Linkspartei gegangen sein müssen. Denn Grünen haben im Vergleich Stimmen verloren und die FDP Wechsler sind hoffentlich zur SPD gegangen. Damit bleibt nicht mehr viel übrig für all jene, die Mike Mohring und Merkel den Mittelfinger zeigen wollten über die Wahl von Adolf Hit… - Verzeihung - eines wertkonservativen Liberalen zum neuen Ministerpräsidenten.

Fünf Prozent oder ein Viertel aller bisherigen CDU Wähler haben kein Problem damit, einmal politisch vom Nordkap nach Timbuktu zu fahren, weil sie das Gesicht des bisherigen Ministerpräsidenten so mochten und das trotz diametral entgegenstehender Ideologien, während der neu Gewählte zwar ein bisschen fies aussieht mit seiner Glatze, aber inhaltlich voll der eigenen Präferenz entspricht.

Das lässt mich schon zweifeln. Entweder an den Umfragen - oder am Thüringer Wähler.

 

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