18. Mai 2019

Gab sich HC Strache so zahm als Minister und Vizekanzler, weil er von seiner Erpressbarkeit wusste?


Vom Clown zum Hasadeur via Millionen (Bildquelle)

Bis vor kurzem hielt ich relativ viel von HC Strache, dem nun Ex-Frontmann der FPÖ und Vizekanzler Österreichs, muss aber auch zugestehen, dass mir Österreichs politische Landschaft nicht allzu bekannt ist. Strache wirkte in den seltenen Eindrücken auf mich nie wie ein unkontrollierter Hitzkopf, sondern als jemand der weiß, wie man sich Ziele steckt und sie erreicht. Selbst seine seltsame Distanzierung von der Identitären Bewegung und Martin Sellner aufgrund dessen ungewollter Kontakte zum neuseeländischen Terroristen Brandon Tarrant wirkte auf mich wie eine richtige Entscheidung von ihm. Oh, wie habe ich mich getäuscht!


HC Strache, der billige Hasadeur!



Spätestens als Jan Böhmermann vor einem Monat öffentlich auf Straches Ibizanummer einging muss man davon ausgehen, dass bei Strache ein Licht aufging und ihm sein bald bevorstehendes Ende klar wurde. Es muss ein Schreckensmoment der besonderen Art sein, wenn man unter mehreren Millionen Menschen der einzige ist, der eine derartige Hiobsbotschaft versteht.


Ich kann mir aber auch durchaus vorstellen, dass er schon länger davor über seinen fatalen Fauxpas in Kenntnis war. Immerhin handelte es sich bei der „Oligarchennichte“ um eine potenzielle Großkundin. Es ist überaus wahrscheinlich, dass er mitsamt seinem Umfeld im Nachgang des gefilmten Gesprächs intensiv versuchte, sie mitsamt ihrer Millionen ins Boot zu holen.

Früher oder später muss dann wohl aufgefallen sein, dass da etwas nicht stimmt. Angesichts der potenziellen Bedeutung für Strache und die FPÖ schätze ich, dass er noch in der selben Woche die Weichen gestellt hat für das intensive Werben um die Frau. Und sollten seine Leute nicht genauso amateurhaft vorgegangen sein wie Strache und Johann Gudenus im Video, dann wird ihnen der Gedanke eines Hinterhalts spätestens nach einem Monat gekommen sein. Der Schritt hin zur abschließenden Erkenntnis wiederum, dass sie dabei zum Zweck der politischen Erpressung heimlich gefilmt wurden ist nicht groß.

Man kann daher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass Strache sehr gut wusste, was da über ein Jahr lang für ein Damoklesschwert über ihm hing – und zwar noch vor seinem ersten Tag als 8 Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport (zunächst habe ich ihn als Innenminister beschrieben, das war falsch).


Ich denke daher, der Mann wurde in seiner Zeit in der Regierung hemmungslos erpresst, zumindest dürfte es in den letzten Monaten der Fall gewesen sein. Selbiges gilt wohl auch für Gudenus, wobei ich die Person bislang nicht kannte und seine Arbeit daher nicht einschätzen kann.

Sämtliche politischen Entscheidungen durch Strache und Gudenus müssen definitiv einer Überprüfung unterzogen werden, um zu sehen, inwiefern die beiden in ihren Funktionen möglicherweise unter dem Einfluss der Erpressung und damit gegen die Interessen ihrer Wähler und des Landes handelten. 

Definitiv in ein anderes Licht rückt die nun öffentliche Bloßstellung Straches dessen Umgang mit der Identitären Bewegung und Martin Sellner vor gut einem Monat. Offenbar war Strache damals nicht getrieben vom Willen der umfassenden Aufklärung zur letztlichen Entlastung der IB und Sellner, wie ich es ihm unterstellte. Vielmehr wollte er vermutlich einfach nur seinen Kopf retten und hoffte dabei wohl, dass man ihm sein Wohlverhalten danken wird und es irgendwie weitergehen würde bis jenseits der nächsten Wahl.

Der Fall von HC Strache ist für mich ein überaus klarer Fall von kalt berechneter Politsucht, in der das unabwendbare Ende der eigenen Karriere auf Kosten der eigenen Leute und des ganzes Landes hinausgezögert wurde. Was der Mann sich hier geleistet hat – die fortgesetzte Betätigung als Regierungspolitiker trotz der mindestens geahnten Erpressbarkeit - ist an Charakterlosigkeit nicht zu überbieten. 

Die Auswirkungen auf die politische Landschaft in Österreich und Europa werden immens sein. Aber das braucht Strache nun nicht mehr zu kümmern, seine Politikerpension ist bereits in trockenen Tüchern. Bleibt zu hoffen, dass der Schaden nicht noch größere Kreise zieht.