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Der Terroranschlag von Neuseeland durch den Rechtsextremisten Brandon Tarrant wirkt weiter nach. In Österreich steht die Identitäre Bewegung unter Druck, da Tarrant dem IB Frontmann Martin Sellner ein Jahr vor dem Anschlag eine hohe Geldspende zukommen ließ. Die Behörden ermitteln nun mit aller Härte gegen die IB und selbst FPÖ Chef und Innenminister Hans Christian Strache gibt sich distanziert gegenüber den ideologischen Verbündeten auf der „metapolitischen Ebene“. Die Identitären werden nervös.
Die Tragweite des Falls um Brandon Tarrant
Zunächst möchte
ich kurz darauf hinweisen, dass ich nicht mit der Identitären
Bewegung in Verbindung stehe. Deren
Ziele sind mir generell nicht unsympathisch, auch wenn mir die
„ethnokulturelle“ Zusammensetzung meiner Gesellschaft relativ
egal ist. Mir würde es bereits genügen, wenn mit hoher Zuverlässigkeit alle kriminellen, extremistischen oder auf den
Sozialstaat angewiesenen Ausländer wieder zur Ausgangstür begleitet
würden, während die verbliebenen keinen Bonus gegenüber den
Einheimischen erhalten.
Aber hier geht es
nicht um meine Gesinnung und auch nicht um jene der IB, die ihre
Interessen im Rahmen der Rechtsstaatlichkeit gerne verfolgen kann.
Vielmehr geht es im folgenden um einen ungelösten internationalen
Kriminalfall, in den die IB verwickelt wurde, wenn auch nur indirekt
und ohne eigene Schuld. Falls die Gruppe jedoch nicht aufpasst könnt
der Fall allerdings ihr Ende markieren.
Der Fall - es geht
wie beschrieben um den Terroranschlag durch Brandon Tarrant im
neuseeländischen Christchurch, bei dem 50 Menschen ermordet wurden -
kann ohne Zweifel als ein Hochkaräter bezeichnet werden. Er ist
versehen mit einer klaren internationalen Dimension, da Tarrant laut
eigener Aussage in
seinem Manifest erst auf seinen ausgiebigen Auslandsreisen in
einer Weise radikalisiert wurde, die ihn später zur Tat trieb.
Zwischen seiner
finalen Radikalisierung und der Tat verfolgte Tarrant offenbar sehr
aufmerksam die Aktionen und Meinungsäußerungen von Kommentatoren
und Aktivisten, die sich gegen die Islamisierung und
Multikulturalisierung ihrer Länder wehren. Unter anderem spendete
der zu Geld gekommene Tarrant dem Anführer der Identitären Bewegung
Martin Sellner mit 1.500 Euro auch eine recht hohe Summe Geld für
diesen Kampf.
Sellner und seine
Mitstreiter beteuern ihre Unschuld und weisen jegliche Kontakte zu
Tarrant zurück. Jenseits der Spende, auf die es als Danke ein
Antwortschreiben gab hatten weder die IB noch Sellner Kontakt zu dem
späteren Terroristen. Das mag so stimmen. Allerdings bedeutet es
aufgrund der Tragweite des Falls definitiv nicht, dass die IB und
auch die Ermittlungsbehörden die Angelegenheit nun „auf dem kurzen
Dienstweg“ zu den Akten legen können.
Der wohl
bedeutendste Grund neben der Tatsache, dass es sich um einen
Massenmord handelte ist, dass in dem Fall noch kein Urteil gesprochen
wurde, er also noch offen ist. Der ist der Fall ist noch nicht
restlos aufgeklärt, vor allem, da im Manifest mehrfach davon
gesprochen wurde, dass es internationales Netzwerk Gleichgesinnter
existieren würde. Möglicherweise log Tarrant an dieser Stelle, aber
wissen wir das – und wissen das die ermittelnden Behörden? Nein
und deswegen ermitteln sie, da es sich um ein hoch potentes
Terrornetzwerk handeln würde, das nicht nur von Anschlägen träumt,
sondern diese auch mit tödlicher Präzision durchführen kann.
Die Behörden haben
hier keine andere Wahl, als den gegebenen Hinweisen nachgehen und
zwar bis zum letzten Winkel, damit definitiv ausgeschlossen werden
kann, dass der Mann Mittäter hatte oder in ein rechtsextremes
Netzwerk eingebettet ist. In diesem Zusammenhang wird auch nicht nur
in Österreich ermittelt, auch in anderen
von Tarrant bereisten Ländern werden derzeit Ermittlungen
angestellt.
Sich ihrer Unschuld
bewusst verhält sich die IB in dem Fall viel zu leichtfertig, da sie
die Tragweite des Falls übersieht. Sie verspielt damit ihren
Anspruch darauf, als Spieler auf dem gesellschaftspolitischen Parkett
ernst genommen zu werden.
Zur rechtsstaatlichen und politischen Dimension
Man muss sich nur
einmal die Konsequenzen vorstellen, wenn in
Bulgarien unter Hochdruck der Fährte von Tarrant nachgegangen wird,
während man sich in Österreich dazu entschließt, das ganze mit
einem kurzen Telefonat zu erledigen: „Wir haben kurz nachgefragt,
sie meinten sie seien unschuldig. Die Ermittlungen sind damit
abgeschlossen“.
Die politischen
Implikationen wären immens. Österreichs Regierung stünde
international sofort unter maximalem Druck – und das bei weitem
nicht nur von linker Seite. Zurecht würde man dem Land vorwerfen
etwas verheimlichen zu wollen und es wäre wohl nur eine Frage von
Tagen, bis die derzeitige Regierung zwischen FPÖ und ÖVP dem Druck
nachgeben oder gar zerbrechen würde.
Österreich muss
zwingend eingehende Ermittlungen in der Sache anstellen und dabei
mitunter auch scharf vorgehen. Ich würde mich sogar nicht einmal
wundern, wenn der Befehl zur neuerlichen Hausdurchsuchung bei Martin
Sellner von HC Strache höchstpersönlich angeordnet wurde. Strache
nämlich ist nicht nur ein älterer Gesinnungskumpel der IB, sondern
Innenminister, der aufgrund seiner dezidiert rechten und
konservativen Positionen bei einem derartigen Fall erwartbar im Fokus
steht.
Wäre Strache hier
nachlässig und würde er der IB hier einen Bonus einräumen, er
würde sich auf der Stelle als Innenminister untragbar machen, da ein
solches Verhalten den Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit diametral
zuwider liefe. Strache muss den Österreich betreffenden Teil des
Falles hart und unnachgiebig ermitteln lassen, es gibt dazu keine
Alternative. Denn nur so kann er einerseits seine Integrität
bewahren als Innenminister des ganzen Landes, der sich an Recht und
Gesetz hält, und auf der anderen Seite die IB schützen, indem er
sie dem grellsten Ermittlungslicht aussetzt, das er zur Verfügung
hat.
Es ist der einzige
Weg, auf dem eindeutig bewiesen werden kann, dass die IB tatsächlich
unschuldig ist – und zwar auch für all jene, die den Idealen der
IB oder jenen der FPÖ nicht nahe stehen. Ansonsten würde auch nach
einem Urteil gegen Tarrant an beiden Gruppierungen und noch viel mehr
an den beteiligten Personen ein Makel hängen bleiben, von dem sie
sich im größeren Zusammenhang nicht mehr befreien könnten.
Die IB muss
begreifen, Strache greift sie mit den harten Ermittlungen nicht an,
er schützt sie mit seinem Vorgehen. Das lässt meines Erachtens aus
den Äußerungen und getroffenen Maßnahmen relativ zur Tragweite des
Falls eindeutig ableiten.
Politikstile als Glücksfall
Nicht anders als bei
Strache verhält es sich mit der Rolle, die Kanzler Sebastian Kurz in
der Sache spielt. Von Hause aus ist der Mann gelernter Diplomat, der
in der Pose des über dem Tagesgeschäfts stehenden Generaldirektors
nicht selbst aktiv eingreift, sondern die Aufgaben an seine fähigsten
Manager delegiert und selbst dabei nur die großen Fäden
zusammenhält und bei Bedarf vermittelt.
Daher auch der
gemeinsame Auftritt mit ihm und Strache. Kurz vermittelt dabei
zwischen der Öffentlichkeit, dem am Fall interessierten Ausland und
seinem rechten Innenminister, dem er symbolisch erst das volle
Vertrauen ausspricht, um ihm dann die Ermittlungsaufgabe zu
übertragen. Und was macht Strache? Er fährt den großen
rechtsstaatlichen Maschinenpark auf und durchleuchtet mit Fleiß
jeden Winkel.
Das ist kein
Fallbeil für die IB, sondern ihr Glück und es wird genau dann
offensichtlich, wenn man sich eine mögliche Alternative dazu
ausmalt. Man stelle sich vor, Angela Merkel wäre Kanzlerin, dazu
gäbe es einen Innenminister Horst Seehofer und den ungewollten
Adjutanten spielt der inzwischen geschasste
Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen. Frei nach den
Ereignissen zum Migrantenmord in Chemnitz („Hase du bleibst hier!“)
würde sich die Sache dann in etwa so abspielen:
- Angela Merkel zeigt sich erschüttert und erklärt, dass so etwas in Deutschland gar nicht möglich ist und definitiv kein Teil von jenem Land sein kann, in dem sie gut und gerne lebt.
- Horst Seehofer übt sich in voreiligem Gehorsam und gibt das Ergebnis bereits vor den Ermittlungen bekannt.
- Hans-Georg Maaßen schreitet ein und verweist auf das Rechtsstaatsprinzip, wonach jeder Verdächtige erst mit dem Urteil schuldig wird.
- Seehofer fühlt wie sich der Wind dreht und stimmt Maaßen zu.
- Gleichzeitig lässt sich Merkel durch Dritte von Maaßen distanzieren, weil er ihrer Position widersprochen hat.
- Seehofer sieht seine Machtbalance in Gefahr, rudert daher hastig zurück und entzieht Maaßen das Vertrauen.
- In Berlin wirkende Machtzirkel sorgen für Maaßens Entlassung, wobei dieser ersetzt wird durch einen blassen Systemgünstling.
- Die Lüge setzt sich durch, nur es gibt nun niemanden mehr von Gewicht, der sich darüber beschweren könnte.
- Die IB wird verboten und verschwindet gemeinsam mit ihren Proponenten vom metapolitischen Markt.
Bedenkt man, wie das
politische Deutschland derzeit funktioniert ist dieses Szenario
absolut nicht abwegig. Die Kombination aus Kurz als Kanzler und
Strache als Minister ist deshalb als ein absoluter Glücksfall für
die IB zu bewerten. Mit den beiden als den politisch
Hauptverantwortlichen in Österreich erhält die Gruppe eine
außerordentlich gute Gelegenheit, sich von jeglichen Vorwürfen
reinzuwaschen, die mit der Spende von Tarrant aufkamen und vielleicht
sogar noch von einigen anderen Vorwürfen, die aus anderer Ecke
erhoben werden.
Die österreichische Parteiarithmetik
Kurz und vor allem
Strache schützen die IB, vor allem aber schützen sie die Integrität
des österreichischen Rechtsstaates. Die Äußerungen durch Kurz
jenseits dieses thematischen Kerns, also dass ein Verbot der IB
erwogen werden sollte, sowie dass sich Strache und die FPÖ von der
Gruppe distanzieren müssen, sind mit einfacher Parteiarthmetik zu
erklären. Sie haben inhaltlich aber eindeutig keine Bedeutung.
Für Strache wäre
es innerparteilich ein Gesichtsverlust, würde er sich ohne triftigen
Grund tatsächlich von der IB distanzieren oder ihr Verbot betreiben.
Ich denke, in der FPÖ und vor allen an deren Basis und unter
jüngeren Parteimitgliedern ist die ideologische Verbundenheit zur IB
viel zu deutlich ausgeprägt, als dass Strache dies politisch
überleben würde. Man würde ihn schlicht und ergreifend stürzen.
Daher kann Strache
nur eines machen und das ist eine umfassende, alles klärende
Ermittlung einzuleiten – was geschehen ist – und dann Abwarten
auf die Ermittlungsergebnisse. Erst dann, aber genau dann hat er die
notwendige Antwort in der Hand, mit der er Kurz ein entschiedenes
Nein entgegenbringen kann.
Hätte er das
bereits davor gemacht, oder gar bei der gemeinsamen Pressekonferenz
eine abweichende Meinung präsentiert und Kurz widersprochen, Kurz
hätte ihn womöglich sogar entlassen müssen, weil er offenkundig
nicht bereit ist, das Rechtsstaatsprinzip zu beachten. So aber nahm
Strache den Ball von Kurz an und kann ihm diesen mit Abschluss der
Ermittlungen wieder zurückspielen - ohne dabei sich, seine Partei
oder die Koalition mit der ÖVP zu gefährden.
Wäre Kurz wiederum
nicht auf ein mögliches Verbot auf die IB eingegangen, dann wären
die nach wie vor sehr linken Mainstream Medien heftig auf Kurz
losgegangen. Einer Organisation voreilig einen Persilschein
auszustellen, deren Verbot nicht rechtens wäre, sondern zwingend,
falls sie über mehr als nur zufällige Verbindungen zu einem
Terroristen und Massenmörder verfügt, wäre zu einer Vorlage
geworden, die nicht nur im österreichischen Mainstream tagelang
resoniert hätte.
Profitiert hätten
in Österreichs Parteienlandschaft vor allem die linken Parteien rund
um SPÖ, Neos, Grüne und wie sie alle heißen. Es hätte der
mitte-rechten Position von Kurz geschadet, während er rechts dieser
parteipolitischen Ausrichtung nichts gewonnen hätte. Denn im rechten
Spektrum und nicht nur dort wäre eine solche Haltung durch Kurz
wahrscheinlich damit interpretiert worden, dass Strache und die FPÖ
ihn und seine ÖVP voll im Griff haben. Wozu den Hund wählen, wenn
man auch den Halter wählen kann.
Auch aus dieser
Perspektive kann man Kurz und Strache in der Angelegenheit also rein
gar nichts vorwerfen. Sie beide haben ihre Hände sehr rational
gespielt und das lässt erwarten, dass sie mit der Entlastung von
Sellner und der IB hinsichtlich der Terrorverbindungen zu Tarrant
genauso rational weiterspielen werden. Sobald die Sache also beendet
ist – und vorausgesetzt, es gab tatsächlich keine weiteren
Kontakte zu Tarrant oder möglichen Komplizen in der IB – dann wird
Kurz nicht das Verbot der IB fordern und Strache wird sich nicht von
ihr distanzieren. Das Leben geht weiter, nur dass sich die IB dann in
einer bedeutend besseren Position befindet, da nun hochamtlich
bewiesen ist, dass sie nicht terroristisch veranlagt ist.
Was die IB machen muss
Die IB muss in
erster Linie den laufenden Ermittlungsprozess respektieren. Aufgrund
der beschriebenen Umstände sehe ich jedenfalls keinen anderen Weg,
an dessen Ende die IB nicht verboten würde.
Daneben muss die IB
mindestens interne Recherchen durchführen und ihre eigene
Korrespondenz und jene der Mitglieder eingehend darauf prüfen, ob
eventuell doch anderweitige Kontakte zu Tarrant bestanden. Denn man
weiß leider nie. Ebenso weiß man nie, ob einzelne Mitglieder nicht
sogar persönlich zu dem Mann Kontakt hatten, als er sich längere
Zeit in Europa aufhielt und es dann vergaßen.
Mit Sicherheit ausschließen kann man jedenfalls nicht, dass er einmal auf einer
Party oder sonstigen Veranstaltung der IB in Frankreich oder einem
anderen Land auftauchte, ohne dass er dabei mit extremistischen
Ansichten aufgefallen. Was, wenn die Ermittler plötzlich alte
Partyfotos finden, von denen Tarrant gemeinsam mit IB Leuten grinst?
Es wäre ein Supergau und würde für die Gruppe sehr wahrscheinlich
das Ende markieren. Daher muss diese Möglichkeit dringend ausgeräumt
werden und das am besten als erstes intern.
Sollte entgegen
jeder Vermutung tatsächlich etwas in diese Richtung auftauchen, dann
muss selbstverständlich geprüft werden, in wieweit diese Kontakte
bestanden und ob den involvierten Personen weiterhin vertraut werden
kann. Ebenso selbstverständlich wäre, dass diese Information
öffentlich gemacht wird.
Ich weiß nicht, ob
es die Finanzen der IB hergeben oder alternativ ob es eine gute Idee
ist, externe oder gar „gesinnungsfeindliche“ Institutionen für
eine derartige Überprüfung zu engagieren. Im Hinblick auf die
gänzliche Reinwaschung von den im Raum stehenden Vorwürfen wäre es
aber sicherlich nicht schädlich.
So wie die Sache
aber momentan von Sellner und der IB gehandhabt wird, hinterlässt es
jedoch alles andere als einen positiven oder professionellen
Eindruck. Bei einigen, die den Zielen der IB sicherlich nicht
unsympathisch gegenüberstehen könnte es sogar zu einem
Vertrauensverlust führen. Souverän ist das alles jedenfalls nicht.
Damit gemeint sind:
- Die billigen Beteuerungen der Unschuld, ohne dabei gleichzeitig angesichts der Fallhöhe eingehende Eigenrecherchen anzukündigen und durchzuführen.
- Die seltsame Abwesenheit, in Eigeninitiative auf die Polizei zuzugehen als der Name Tarrant intern auf den Schirm kam.
- Das provokative Weiterleiten der Spende an die SPÖ. So etwas mag witzig sein, im Zusammenhang mit 50 abgeschlachteten Menschen gerät es zum Zynismus.
- Schlecht orchestrierte Pressekonferenzen. Kein Veranstaltungsort, kein Programm, keine konkreten Ergebnisse. Eine unnötige Nichts-zum-Schauen-Veranstaltung.
- Die Appelle an das erfahrene Unrecht im Zusammenhang mit dem Fall Tarrant. Bei einem Massenmord mit 50 Toten ist ein hartes, im Rahmen des Erlaubten bleibendes Vorgehen völlig angemessen.
- Die haltlosen Vorwürfe in Richtung der Politik und das Relativieren rechtsstaatlicher Prozesse. Siehe meine Ausführungen von oben.
Vor allem letzteres
wird bei vielen einen schalen Geschmack hinterlassen, der vor allem
dann nachwirken würde, sollte die angedeutete „Drohung“ durch
Sellner zur Realität werden, die IB zu einer politischen Partei
umzuwandeln. Denn wer bitte soll einer Partei vertrauen, deren
Gründungsmythos darauf aufbaut, dass sich deren Vertreter von einem
rechtsstaatlichen Prozess ungerecht behandelt fühlten: „Vertraut
uns als Hüter des Rechts, denn wir sind für den Rechtsstaat. Also
prinzipiell. Bei uns selbst aber braucht es allerdings die ein oder
andere Ausnahme, aber keine Sorge, die sind gerechtfertigt.“
Eine IB Partei würde
der FPÖ 3-5% der Stimmen wegnehmen und das war es dann. Sie würde
ihr Dasein im Schatten fristen und sich mit der Zeit entweder der
Vereinsmeierei ergeben oder allmählich abdriften in den
Radikalismus.
Der Stil, der vor
allem Martin Sellner in seinen neuesten Videos an den Tag legt zeigt
eindeutig, dass er in der Angelegenheit die Distanz verloren hat und
nur noch emotional reagiert. Dabei ist Sellner nicht dumm, er sollte
es besser wissen. Aber es scheint, als hätten ihm die Repressalien
der letzten Jahre zu sehr zugesetzt, so dass er die ihm nun drohende
Fallhöhe nicht mehr wahrnimmt.
Genau hier aber
liegt das Problem. Während die allermeisten – ich kenne mich im
Vorstrafenregister der IB nicht wirklich aus – Vorwürfe und
Repressalien der Vergangenheit keine rationale Grundlage hatten, die
Ermittlungen hinsichtlich möglicher Kontakte zu Brandon Tarrant
haben eindeutig Substanz. Es gibt einen deutlichen Anfangsverdacht,
der die gegenwärtigen Ermittlungen gegen Sellner und die IB absolut
rechtfertigt, und das selbst wenn sich der Verdacht sich am Ende als
völlig haltlos erweist.
Für Sellner selbst
mögen die aktuellen Ermittlungen inklusive der Hausdurchsuchung der
Tropfen sein, der das Fass zum überlaufen brachte. Agiert er aber
danach, dann könnte er sehr schnell all das verlieren, was er
mühselig und gegen jeden Widerstand in den letzten Jahren aufgebaut
hat, darunter auch sämtliche wichtigen Verbündeten, die ihm und
seiner Gruppe indirekt halfen, deren Wert er aber nicht erkannte.
Was die IB machen sollte
Fest steht, „nichts
ist schwieriger als ein geordneter Rückzug“, aber genau das sollte
die IB in der Angelegenheit rund um die Ermittlungen gegen Tarrant
und seiner möglichen Kontakte in Europa machen. Anstelle von
Beteuerungen, Angriffen, Beschuldigungen gegen die verantwortlichen
Stellen und des zynisch-hektischen Einbunkerns auf die eigene
Position wäre es wohl das beste, für eine Weile den Aktionismus der
Gruppe herunterzufahren.
Sobald die IB
entlastet ist, kann die Gruppe dann wieder beginnen mit ihren
Protestaktionen und das sehr wahrscheinlich von einer wesentlich
sicherern Basis, als es bislang und vor allem derzeit der Fall ist.
Das heißt nicht, dass Sellner und andere Mitglieder nicht mehr in
der Öffentlichkeit auftreten können. Es geht lediglich darum, dass
die IB selbst als Gruppe bis zum Abschluss der Ermittlungen nicht
mehr auftritt. Am besten wäre es, wenn die einzelnen Mitglieder sich
auch nicht mehr öffentlich äußern zu den Ermittlungen jenseits von
gemeinsam vorbereiteten Stellungnahmen.
Am Beispiel von
Lauren Southern sieht man, dass man auch als Einzelperson sehr viel
Öffentlichkeit schaffen und Aufklärungsarbeit betreiben kann, wobei
ich nicht beurteilen kann, inwieweit sie mit der IB oder anderen
Gruppierungen verbunden ist. Auch die Mitglieder der IB könnten sich
als Einzelne auf diese Weise verdingen, bis der gemeinsame
Aktionismus unter dem Banner der IB wieder möglich ist.
Das
Videogespräch zwischen Sellner und einem seiner IB Mitstreiter zeigt
eine zweite Möglichkeit, die von den IB Mitgliedern für die
kommenden Monate erwogen werden sollte. Der Gesprächspartner hält
sich gerade in Indien auf - ich nehme an es ist ein Auslandssemester
- und er meinte, dass ihn der Tapetenwechsel überaus gut tut, weil
ihm mit der Ferne die Last der fortgesetzten Repressalien durch
Österreichs Behörden von den Schultern fiel. Vielleicht ist das ja
eine Lösung. Einfach mal eine Weile Distanz gewinnen zur Situation
in Österreich, um mit dem Ende der Tarrant Ermittlungen wieder mit
vollem Elan zurückkommen zu können.
Während diese
Möglichkeit für einige der IB Aktivisten sicherlich eine machbare
Sache wäre, so sieht es für Sellner relativ schlecht aus. Kürzlich
erst wurde ihm die Einreise in die USA untersagt, obwohl dort seine
Verlobte lebt. Das ist sicherlich ein harter Schlag für ihn und ich
würde mich daher auch nicht wundern, wenn ihm auch andere Länder
die Einreise verweigern.
Wie wäre es daher
mit einem Abschalten für ein paar Monate im heimischen Wald? Auch
wenn es nicht so klingen mag, diese Idee als Beispiel ist durchaus
ernst gemeint. Anstelle von auf Spenden basiertem Aktivismus könnte sich
Sellner die kommenden Sommermonate als Waldarbeiter betätigen und so
einige seiner Probleme lösen und gleichzeitig würde er Abstand
gewinnen zum politischen Trubel und der aktuellen Ermittlungen. Im
Wald kann man gut nachdenken und den Kopf frei bekommen. Dazu ist
Waldarbeit sehr körperlich und befindet sich am anderen Ende des
Spektrums verglichen mit dem verkopften politischen Aktivismus.
Nebenbei ließe sich
auch ein anderes im Video angesprochenes Problem zumindest teilweise
beseitigen. Geschäftlich sieht es nicht gut aus für die IB und
zumindest Sellner scheint finanziell nicht besonders gut aufgestellt
zu sein. Das ist immer ein Problem, schafft es doch Abhängigkeiten
und in diesem Fall eine äußerst gefährliche, wo man dankend eine
hohe Geldspende entgegennimmt von einer Person, die sich später als
psychopathischer Massenmörder entpuppt.
Nicht zuletzt ist Sellner
verlobt und eine Ehe funktioniert in der Regel nur mit einer gewissen
finanziellen Absicherung. Waldarbeiter wiederum werden gut bezahlt.
Sellner würde mit dem Abstecher in das Waldarbeitergeschäft den
dringend notwendigen Abstand gewinnen, er würde den Kopf frei
bekommen und er könnte dabei gutes Geld verdienen. Ich bin mir
sicher, es gibt in Österreich einige Forstwirte, die Sellner und der
IB nahe genug stehen, um ihn oder andere Aktivisten für den Sommer
mit Arbeit und Einkommen zu versorgen. Einfach mal darüber
nachdenken.
Zusammenfassung + Fazit
Die Identitäre
Bewegung genießt im öffentlichen Bewusstsein jenseits des
Mainstreams und der Elite nach wie vor große Sympathien. Ihr
Verhalten in der Angelegenheit um eine Spende von Brandon Tarrant
jedoch zeigt, dass sie aufgrund der Repressalien durch die Behörden
den notwendigen Abstand verloren hat und sich nunmehr aus Prinzip als
Opfer des Staates sieht und nicht, weil es einen konkreten Grund gibt
für die eingehenden polizeilichen Ermittlungen, die gegenwärtig
gegen sie durchgeführt werden.
Während die
Strafverfolgung in der Vergangenheit aus rein ideologischen Gründen
erfolgte und die IB sich tatsächlich als Opfer bezeichnen konnte, so
ist dies im Fall Tarrant anders. Es gibt einen konkreten
Anfangsverdacht wegen möglicher terroristischer Verbindungen und
diese müssen gründlich ermittelt werden, um jeglichen Verdacht zu
beseitigen.
Die emotionale Abwehrreaktion durch Martin Sellner als Chef der österreichischen IB, der in der Sache auch vehement den verantwortlichen Innenminister HC Strache und die regierende FPÖ angriff zeigt, dass die notwendige Distanz verloren ging. Weder Strache, noch die FPÖ und schon gar nicht die Regierung Österreichs haben eine andere Möglichkeit, als in aller Gründlichkeit den Hinweisen nachzugehen und die IB so weit zu durchleuchten, bis mit Sicherheit gesagt werden, dass die IB keine Verbindungen zum rechtsextremen Terrorismus pflegt.
Das Nichterkennen
dieser zwingenden Notwendigkeit, gefolgt von der unprofessionellen
und teils patzigen Reaktion brachte die IB in eine äußerst
gefährliche Lage und das, ohne dass die Gruppe es bemerkt. Nicht die
Ermittlungen gegen sie könnten am Ende zum Verbot und der Auflösung
der IB führen, sondern das trotzige Verhalten und die Uneinsichtigkeit
gegenüber dem gerade ablaufenden rechtsstaatlichen Prozess.
Die IB muss sich
hier dringend zurücknehmen und alles in ihrer Macht stehende
unternehmen, um der Öffentlichkeit wie auch den Ermittlungsbehörden
zu beweisen, dass sie grundlos verdächtigt wird.
Bei den Ermittlungen
im Fall von Brandon Tarrant in Österreich geht es um knallharte
Realpolitik. Versucht die IB jedoch weiterhin mit metapolitischen
Mitteln dagegen anzugehen, dann wird sie dieses Jahr nicht überleben
- selbst wenn sie am Ende von den Vorwürfen vollständig entlastet
wird.