17. Februar 2019

Christlicher Religionsunterricht der Amtskirchen angereichert mit über 15 Prozent Islam

Schulische Alltagsszene zwischen Konstanz und Heilbronn (Bildquelle)

Vor wenigen Tagen habe ich mir den christlichen Religionsunterricht an Baden-Württembergs Grundschulen etwas näher angesehen. Das Ergebnis der linguistisch-statistischen Analyse ergab, dass der Islam vor allem im amtskirchlich organisierten Religionsunterricht eine bedeutende Rolle einnimmt und in einigen Klassenstufen an die 20 Prozent Marke heranreicht. Im folgenden möchte ich nun die Ergebnisse der gleichen Analyse präsentieren für Baden-Württembergs weiterführende Schulen.



Das Objekt der Untersuchung und die Methodik



Als Basis meiner Analyse dienen die Beispielcurricula Baden-Württembergs aus dem Jahr 2016. Diese sind unterteilt in die Sekundarstufe 1, also Haupt- und Realschulunterrichtstoff, sowie in jenen für die Gymnasien des Landes. Für alle Schul- und Unterrichtsformen gibt es ein bis zwei Beispiele, wobei nur die Klassen fünf bis zehn abgedeckt sind. Für die Oberstufe des Gymnasiums sind keine Beispiele aufgeführt.

Die Methodik meiner Analyse bestand darin, dass ich das Vorkommen bestimmter Schlüsselwörter gezählt habe, die eindeutig auf das Christentum oder den Islam verweisen. Im Unterschied zu meiner Analyse Grundschulunterrichts habe ich dabei mit den Begriffen Kirche und Moschee noch jeweils ein weiteres Suchwort hinzugenommen, die mir bei der ersten Analyse nicht in den Sinn kamen, die aber überaus bedeutend sind. In der statistischen Aufbereitung werde ich allerdings keine Unterscheidung vornehmen, auch wenn hinsichtlich der absoluten Zahlen eine leichte Verzerrung vorliegt zwischen Grund- und weiterführenden Schulen.

Gezählt habe ich die Werte des amtskirchlichen Unterrichts, dazu den altkatholischen, den syrisch orthodoxen, den islamisch-sunnitischen, sowie den (russisch-) orthodoxen. Alevitischen Religionsunterricht gibt es an den weiterführenden Schulen nicht, im Unterschied zu den Grundschulen gibt es dafür neben dem syrisch-orthodoxen Unterricht auch einen allgemein orthodoxen Unterricht, der teilweise als russischer Prägung bezeichnet wird. Es liegt jedoch keine einheitliche Nomenklatur vor. (Selbiges gilt auch für den Begriff „Mohammed“, der im selben Curriculum teilweise auch als „Muhammad“ geschrieben wird; eine Unprofessionalität, wie ich meine.)

Dazu konnte ich auch eine Antwort finden hinsichtlich der Ursprünge des syrisch-orthodoxen Religionsunterrichts in Baden-Württemberg. Diesen gibt es bereits seit dem Schuljahr 1994/1995 und wurde in der Zeit von Erwin Teufel eingeführt. Kultusministerin war damals eine gewisse Marianne Schultz-Hector. Die Einführung dieser Sorte Religionsunterricht steht also nicht im Zusammenhang mit der aktuellen Migrationskrise.

Dennoch wundere ich mich noch immer über dessen Existenz, da ich damals in Baden-Württemberg zur Grundschule ging und in dem nachfolgenden Jahrzehnt meiner Schulkarriere nie davon gehört und auch niemanden kennengelernt habe, der diesen Unterricht möglicherweise hätte besuchen können. Vielleicht gibt es unter den Leser jemanden, der weiß, wo im Ländle sich das angestammte syrisch-orthodoxe Kulturzentrum befindet und in welcher Größenordnung die damalige Gemeinde sich bewegt hat, dass sie eine solche staatliche Anerkennung erhielt.
Da das von mir zusammengestellte Zahlenmaterial recht umfangreich ist möchte ich mich auf die Darstellung der zusammengefassten Ergebnisse konzentrieren. Wer den ganzen Datensatz will, der kann ihn sich hier als ODS/Excel Tabelle herunterladen.



Die Ergebnisse, teils erwartbar, teils überraschend



Wie oben bereits erklärt folgt nun keine Einzelanalyse, vielmehr habe ich alle die Werte Schulformen zusammengefasst für eine Darstellung des größeren Zusammenhangs. Dazu sei erwähnt, dass die Relationen in einzelnen Klassenstufen, Unterrichts- und Schularten deutlich von den Mittelwerten abweichen können. Ich denke aber, man bekommt einen guten Überblick über die politische Interessenlage im Bereich der staatliche geregelten religiösen Bildung. Eltern sei ohnehin ein eingehender Blick auf die im Internet einsehbaren Lehrpläne empfohlen, bevor sie für ihr Kind den richtigen Indoktrinationschlund wählen.


Grafik1: Der fremdreligiöse Anteil nach Klassenstufe




In dieser recht bunt geratenen Grafik werden die prozentualen Anteile der jeweils fremdreligiösen Begriffe dargestellt. Während der islamisch-sunnitische Unterricht alleine steht, habe ich die verschiedenen christlichen Konfessionen zusammengefasst mit einmal nur die beiden Amtskirchen (rot) und einmal die christlichen ohne (gelb), sowie alle christlichen gemeinsam (grün).

Vier Auffälligkeiten stechen dabei besonders heraus


1. Die Mittelwerte des amtskirchlichen und des sunnitischen Islamunterrichts sind quasi deckungsgleich. Das halte ich für mehr als nur einen Zufall, da Curricula eine hochpolitische Angelegenheit sind. Vergleichbar mit internationalen Konferenzen, wo über jede Begrifflichkeit debattiert wird ist dieses Bedeutungsgehabe bis ins letzte Detail nicht weniger bedeutend bei Angelegenheiten, die gerne hinter verschlossenen Türen ausgehandelt werden.

Ich nehme stark an, dass dieses fremdreligiöse Gleichziehen im Begrifflichen zu den Bemühungen des sunnitischen Islams gehört, den deutschen Amtskirchen vollauf gleichgestellt zu werden.

2. Der Anteil islamischer Begriffe in den Curricula der christlichen Konfessionen ohne die Amtskirchen liegt nur bei etwa der Hälfte des Islamanteils der beiden Amtskirchen. Tatsächlich sind es nur drei Klassenstufen, in denen der Islam dort eine bedeutende Rolle spielt. Der nicht-syrisch-orthodoxe Unterricht kommt ab der siebten Klasse (dem Beginn der Mittelstufe) sogar gänzlich ohne die Nennung islamischer Schlüsselbegriffe aus.

3. Bei fast allen christlichen Konfessionen, vor allem aber den Amtskirchen, gibt es eine Normalverteilung beim Anteil islamischer Begriffe. Während die ersten und letzten Klassenstufen fast ohne auskommen, so liegt der Anteil ab Klasse vier und bis zur achten Klasse bei deutlich über 15%.

Über die Gründe dafür kann ich nur spekulieren. Die Entwicklungspsychologie von pubertierenden Kindern könnte ein Grund sein, da diese bei den ersten mit dem Übertritt auf eine weiterführende Schule beginnt und den Höhepunkt in der Mittelstufe erreicht. Vielleicht verspricht man sich in den Lehrplanungsbüros einen irgendwie gearteten Vorteil daraus.

Ein anderer Grund könnte im Bereich der religiösen Meilensteine liegen. Konfirmation und Firmung finden meist im Alter von 14-16 Jahren statt, also in der achten bis zehnten Klasse. Warum man aber anstelle den Kindern davor einen tiefgehenden christlichen Unterricht zu bieten, lieber ein Siebtel der Zeit mit dem Islam verbringt ist eine Frage, auf die ich keine Antwort weiß. Es wirkt auf mich gegenintuitiv.

4. Der christliche Anteil des Islams ist in einigen Klassenstufen sehr hoch und übersteigt teilweise mit großem Abstand den christlichen Unterricht, weist im Schnitt aber eine eindeutig sinkende Tendenz auf, je älter die Kinder sind.

Im Artikel über den fremdreligiösen Anteil im Grundschulunterricht habe ich spekuliert, dass den muslimischen Kindern beigebracht werden muss, wo genau die Unterschiede zum Christentum liegen, da die Religion nach wie vor eine große Rolle spielt im deutschen Alltag und mitunter bedeutungsschwere Fragen zum Thema aufkommen. Ist dies geschehen kann umgeschwenkt werden auf den eigentlichen Religionsunterricht, was auch die Grafik bestätigt.

Lediglich die achte Klasse bildet eine überaus deutliche Ausnahme. Eine Spekulation dazu wäre, dass auch hier die Ursache in den christlichen Erwachsenenritualen liegen könnte, die den muslimischen Jugendlichen erklärt werden muss und warum es für sie nichts derartiges gibt (mitsamt üppigen Geschenken).

Der große Anteil an christlichen Begriffen beim sunnitischen Islamunterricht darf allerdings keineswegs fehlinterpretiert werden als heimlichen Christianisierung. Im Gegenteil, der Blick auf die absoluten Zahlen verrät einen imposanten Unterschied zwischen Islam und Christentum in der didaktischen Herangehensweise an den eigenen Glauben.


Grafik 2: Der eigenreligiöse Anteil in absoluten Zahlen




Während die erste Grafik mit relativen Anteilen bestückt ist kommen nun absolute Zahlen. Also wie oft die Schlüsselbegriffe insgesamt vorkamen und zwar jene, die der eigenen Religion zugehören. Zusammengefasst sind wiederum die selben konfessionellen Unterrichtsarten, wobei wichtig ist, dass mit den beiden Amtskirchen (rot) und drei weiteren Konfessionen (gelb) insgesamt fünf christliche Konfessionen (grün) unterrichtet werden. Gleichzeitig aber gibt es nur einen islamisch geprägten Unterricht (blau), für den nicht mehr Beispielcurricula gibt, wie für die anderen Konfessionen.

Die mit Abstand größte Auffälligkeit, die an dieser Grafik ersichtlich wird ist, dass der islamische Unterricht in etwa die dreifache Anzahl an eigenreligiösen Begriffen (4.462) enthält als die christlichen in ihrem Durchschnitt (1.284). Lediglich während der Grundschule entsprechen die eigenreligiösen Begriffe in ihrer Anzahl in etwa dem Durchschnitt der christlichen. Danach aber liegen sie weit darüber. Vor allem in den Klassenstufen sieben bis neun übertrifft deren Anzahl sogar absolut alle christlichen Konfessionen gemeinsam, für die es in etwa die fünffache Anzahl an Curricula gibt.

Besonders imposant wird die Zahl von 4.462 Nennungen, wenn man sie in Relation zu den vorhandenen Wochenstunden Religionsunterricht setzt. Ab der fünften Klasse gibt es diesen zwei Stunden pro Woche und dies an ungefähr 39 Schulwochen pro Jahr. Ab der fünften Klasse auf ein Schulleben gerechnet wären dies 468 Religionsstunden a 9,53 Nennungen der eigenreligiösen Schlüsselbegriffe pro Unterrichtseinheit - oder eine Nennung alle 5 Minuten. Zum Vergleich, im christlichen Unterricht fallen die Schlüsselbegriffe rund um Jesus und das Kreuz nur drei Mal pro Unterrichtseinheit (alle 15 Minuten).

Dies deutet darauf hin, dass der islamische Religionsunterricht weit stärker von religiösen Grundlagen geprägt ist als die christlichen. Die logische Ableitung aus dieser Beobachtung besteht darin, dass muslimische Schüler weniger in die Einzelheiten ihrer Religion eingewiesen werden, sondern vielmehr Wert darauf gelegt wird, dass die Grundlagen bei allen sicher beherrscht werden. Man könnte sagen, schulisch unterrichtete Moslems wissen am Ende zwar genau, wo sie hinzugehören und wo nicht, aber sie wissen nicht so recht, warum.

Bei den christlichen Schülern wiederum scheint im Direktvergleich auf das Gegenteil wert gelegt zu werden. Das Ergebnis dessen ließe sich auf den Punkt bringen, dass zwar nicht ganz klar wird, ob Luther das oberste Leitbild ist oder doch der Papst, aber man kennt die (religiösen) Gleichnisse, nach denen das Leben gestaltet werden sollte.

Grafik 3: Christliche Begriffe im Unterricht der Amtskirchen VS christliche Erwähnungen im islamischen Unterricht




Diese letzte Grafik dreht sich nur um die absolute Häufigkeit der christlichen Begriffe im amtskirchlichen Unterricht, die verglichen werden mit der absoluten Häufigkeit christlicher Begriffe im Islamunterricht.

Das (wirklich?) erstaunliche Ergebnis besteht darin, dass alle drei in die selbe Grafik passen, ohne dass man am Koordinaten herumschrauben muss. Im großen Schnitt kommen christliche Begriffe im katholischen Religionsunterricht nur vier mal so häufig vor, während die Evangelen weniger als drei Mal so oft mit Jesus und Co. belästigt werden, als ihre muslimischen Mitschüler.

Auf die Gründe für den hohen Anteil christlicher Begriffe bin ich oben bereits eingegangen, finde es aber bemerkenswert, dass sich Moslems der achten Klasse sogar absolut gesehen deutlich öfters mit dem Christentum auseinandersetzen als die amtskirchlich eingeschworenen Schüler.

Die anderen drei christlichen Konfessionen habe ich hier weggelassen, wobei darauf hinzuweisen ist, dass die Nennung der Schlüsselbegriffe teilweise noch niedriger liegt als bei den Amtskirchen. Der große Unterschied liegt vielmehr darin, dass auch der Islam nur eine kleine bis gar keine Nebenrolle spielt. Man beschäftigt sich dort - wie übrigens auch die Aleviten, Juden und Atheisten im Ethikunterricht- mit sich selbst und nicht mit den religiösen Belangen Dritter.

Ich bin den islamischen Unterrichtsstoff selbst nicht durchgegangen und weiß daher nicht, was genau in der achten Klasse unterrichtet wird, wenn es um das Christentum geht. Vielleicht befindet sich unter den Lesern aber jemand, der hier etwas zu berichten weiß.



Fazit und was man tun kann als Eltern ohne Multikultifimmel


  • Die Amtskirchen sind im schulischen Unterricht eindeutig auf dem Islamtrip. Zwar nicht durchgehend und mitunter niedrigem Anteil, aber die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache. 
  • Der islamische Unterricht ist weitaus deutlicher auf Dogmatik und Grundlagen ausgerichtet als der christliche Unterricht. Dies mag mit ein Grund sein, weshalb junge Muslime deutlich gefestigter sind in ihrer religiösen Überzeugung, während christlich erzogene Jugendliche in großer Zahl spirituell relativistisch oder gar indifferent sind.
  • Angesichts des quasi deckungsgleichen Anteils an christlichen Begriffen im Islamunterricht sunnitischer Provenienz kann man davon ausgehen, dass es sich bei den Curricula hochpolitische Angelegenheiten handelt. Nicht nur dezidiert religiöse Eltern ist daher empfohlen, eine gewisse Distanz zu üben.
  • Wer sein Kind in den Religionsunterricht schicken möchte und keinen großen Wert auf die jeweilige Konfession legt, gleichzeitig aber nicht will, dass das Kind politisch oder fremdreligiös indoktriniert wird, für den könnte in der altkatholische oder der nicht-syrisch-orthodoxe Unterricht eine Lösung darstellen. Insbesondere der orthodoxe Unterricht kommt in den weiterführenden Schulen (fast) ohne die Nennung des Islams aus. 
  • Alternativ gibt es noch den in der Regel überall angebotenen Ethikunterricht. In der Sekundarstufe fallen islamische Begrifflichkeiten durchschnittlich nur einmal pro Schuljahr, wobei selbiges für die christlichen Begriffe gilt. Im Ethikunterricht am Gymnasium fällt sogar kein einziger der Begriffe. Dies mag auf der einen Seite positiv klingen, allerdings besteht auch hier die Gefahr einer anderweitigen politisch motivierten Indoktrination, da für beide Religionen die exakt selben Anzahlen vorliegen. Dies spricht für eine eingehende Säuberung durch die politischen Lehrplaner. Gegenintuitiv ist meines Erachtens auch, dass im Ethikunterricht offenbar in keinster Weise auf die überaus bedeutsamen christlichen Wurzeln der säkularen europäischen Ethik eingegangen wird. Das ist ein eindeutiger Mangel, wie ich meine und spricht eindeutig gegen diese Wahl.
  • Wer wiederum seinem Kind in der Schule eine eingehende Unterrichtung in den Grundlagen einer Religion zukommen lassen will, dem sei der islamisch-sunnitische Unterricht empfohlen. Dort wird das Kind mit Sicherheit das notwendige Rüstzeug für ein spirituelles Leben erlernen. Allerdings sollten Sie sich in diesem Fall besser darauf vorbereiten, dass Ihrem Kind bald schon rebellieren wird, wenn Sie ihm für die große Pause ein Schinkenbrot einpacken.

Die in gewisser Weise schönste Kapitelüberschrift fand ich übrigens in diesem Curriculum für evangelische Schüler der Klassen sieben bis neun. Darin ist vorgesehen, dass die Schüler acht sehr lange Schulstunden (=vier Wochen lang) über die Tatsache reflektieren: "'Den' Islam gibt es nicht."

Das mag so ein, aber "den" islamisch-sunnitischen Religionsunterricht, den gibt es ganz eindeutig.