20. Februar 2019

1984 - Von der dystopischen Warnung zur totalitären Bedienungsanleitung


Wer die Vergangenheit kontrolliert, der kontrolliert die Zukunft./ Wer die Gegenwart kontrolliert, der kontrolliert die Vergangenheit. (Bildquelle)

A Brave New World, Anomal Farm, Fahrenheit 451 - vor allem aber 1984 von George Orwell sind die wohl bekanntesten dystopischen Romane, die während des 20. Jahrhunderts entstanden. Gedacht als Warnung für die Menschen im damals freien Westen wunderten sich sehr viele über die Ferne der die in diesen Büchern dargestellten Abgründe. Heute, kaum drei Generationen später jedoch sind die darin dargestellten totalitären Mechanismen kaum mehr zu übersehen. Man muss nur hinsehen.

Sovreign Man: Wie 1984 zur Bedienungsanleitung wurde



„Manchmal sind zwei plus zwei vier, Winston. Manchmal sind sie fünf. Manchmal ergibt es drei. Manchmal stimmen alle Ergebnisse gleichzeitig. Du musst dich mehr anstrengen. Es ist nicht einfach, gesund zu werden.“

Eines der Schlüsselthemen von George Orwells dystopischem Roman 1984 besteht darin, dass die Partei tun und sagen kann, was sie will und dabei immer recht hat.

Und was noch wichtiger ist, jeder muss es glauben, und zwar von ganzem Herzen. Egal wie absurd es ist.

Das ist Doppeldenk. Es ist völlig unlogisch, dass zwei plus zwei gleichzeitig drei, vier und fünf ergibt. Aber wenn die Partei sagt, dass dem so ist, dann stimmt es.

Wer nicht dazu in der Lage ist, an zwei widersprüchliche Fakten gleichzeitig zu glauben, der macht sich wiederum eines Gedankenverbrechens schuldig – er wird zum Feind der Partei.

Gedankenverbrechen sind alle Gedanken, der der Partei widersprechen.

Es gibt auch Gesichtsverbrechen, bei denen man ein Verbrechen begeht, wenn man den falschen Gesichtsausdruck hat. Zum Beispiel, wenn gefangene feindliche Soldaten durch die Straßen geführt werden, dann ist es ein Verbrechen, in seinem Gesicht Mitgefühl auszudrücken.

Dazu ist Neusprech die Sprache der Partei - eine, die umfassend von unnötigen Wörtern befreit wurde und von solchen, die den Idealen der Partei widersprechen könnten.

„Merkst du nicht, dass der einzige Sinn von Neusprech darin besteht, das Denkvermögen einzuschränken? Am Ende werden Gedankenverbrechen buchstäblich unmöglich sein, denn es wird schlichtweg keine Worte geben, in denen man sie ausdrücken könnte.“

Täglich zwei Minuten müssen die Bürger hassen, sie müssen schreien und fluchen über all das, was ihnen die Partei als Feind vorführt.

Und das Gesicht der Partei, der große Bruder, er beobachtet dich immer und überall. Er hilft dir dabei, ein besserer Bürger zu werden.

Das ist nicht nur eine zufällige Literaturstunde. Das Verständnis von Orwells 1984 hilft dabei, das Amerika [und auch Deutschland] des Jahres 2019 zu verstehen.

Zum Beispiel arbeitet eine kalifornische Senatorin an ihrer eigenen Version von Neusprech.

Sie hat den Mitgliedern ihres Ausschusses verboten, Geschlechterpronomen wie er, sie, ihm, ihr und sein zu verwenden. Stattdessen müssen sie „sie“ und „ihnen“ verwenden, um all jenen Geschlechtern, die nicht zu den klassischen beiden gehören, ihren Respekt zu zollen.

Billy Joels berühmtes Lied "She's always a woman" [„Sie ist eben eine Frau“] beispielsweise würde zu „They're always a non-binary gender“ [„Sie sind eben nichtbinäre Gender“]. Irgendwie verliert das Lied dabei seinen harmonischen Rhythmus.

Letzten Monat erst ging die Meldung durch die Medien, wonach ein Schüler einGesichtsverbrechen beging, als er dastand und scheinbar grinste, während ein indianischer Aktivist ihm eine Trommel ins Gesicht schlug.

Der 16-Jährige wurde dann vom ganzen Land einem „Zwei-Minuten-Hass“ ausgesetzt. Die Partei bezeichnete ihn als Feind, und bei Twitter tat man seine Pflicht.

Wenn ich mich auf die „Partei“ beziehe, dann will ich natürlich nicht andeuten, dass all diese orwellschen Entwicklungen von einer einzigen politischen Partei kommen.

Sie ALLE haben ihren Teil dazu beigetragen, um die orwellsche Dystopie voranzutreiben und sie Realität werden zu lassen.

Die Senatoren Chuck Schumer und Bernie Sanders wollen den Rückkauf von Unternehmensaktien und die Dividenden von Aktien begrenzen. In der Steuergesetzgebung aber gibt es bereits die kumulierte Gewinnsteuer, die Unternehmen bestraft, wenn sie keine Aktienrückkäufe tätigen und Dividenten ausschütten.

Es kommt einem vor wie Doppeldenk - man muss gleichzeitig zahlen und gleichzeitig doch keine Dividenden ausschütten.

Das Gleiche gilt für Polizisten, die einen wegen Geschwindigkeitsüberschreitung anhalten, aber auch dann angehalten sind Kontrollen durchzufhren, wenn sich jemand in „verdächtiger Weise“ in perfektem Fahren nach Lehrbuch übt.

Die #MeToo-Bewegung machte es zu einem Gedankenverbrechen, dem Ankläger nicht sofort zu glauben und den Angeklagten zu verurteilen, Beweise sind keine erforderlich.

Als Matt Damon darauf hinwies, dass wir einen Klaps auf den Hintern nicht mit einer Vergewaltigung gleichsetzen sollten, da wurde auch er mit „Zwei-Minuten-Hass“ überzogen, dies einfach nur, weil er die falsche Meinung äußerte.

An den Universitäten sind einige Studenten verärgert darüber, dass auch weiße Studenten für Multikulti freigehaltene Räume nutzen. Anscheinend ist „multikulturell“ Neusprech für „keine Weißen erlaubt“.

Und als vor einigen Jahren in Yale eine Kontroverse wegen beleidigender Halloween Kostüme ausbrach, da war es eine Gruppe von Studenten, die jede Debatte zu diesem Thema unterdrückte.

Es erstaunt mich immer wieder, wie sie von uns fordern, dass wir die Vielfalt feiern sollten – also solange es nicht die intellektuelle Vielfalt ist.

1984 war eigentlich als eine Warnung gedacht. Stattdessen ist das Buch zu einer Bedienungsanleitung geworden.

Die einen werden heute mit Soma in die Zwangsjacke gelockt, und wer sich weigert, der bekommt eben einen Hauch 1984 zu spüren. In den USA ist das kein Stück anders bei uns in Deutschland.