13. November 2018

Reich werden ist nicht schwer, Reichtum erhalten dagegen sehr


Zwei Generationen schneller als die meisten Milliardäre: Pablo Escobar (Bildquelle)

Die Überschrift mag salopp formuliert sein, in ihr steckt aber eine Menge Wahrheit. Sich ein Vermögen aufzubauen ist in unseren Breiten tatsächlich nicht allzu schwer, während es dagegen überaus schwer, wenn nicht gar nahezu unmöglich ist, den angesammelten Reichtum zu erhalten und diesen an die nächste Generation weiterzugeben und ich spreche hier nicht von Steuern. Warum das so ist und welche Konsequenzen sich daraus ergeben möchte ich im folgenden erörtern.



Praktisch jeder Deutsche wird früher oder später wohlhabend sein und es gibt sogar ein Recht darauf



Natürlich ist es immer eine Frage der Definition, was man unter „wohlhabend“ oder „reich“ versteht. Die einen sehen darin finanzielle Begrifflichkeiten, während andere sie als eine des Lebensglücks erachten und in beiden Fällen verstehen die meisten jeweils etwas anderes, ab wann man wohlhabend oder reich ist.

Im folgenden möchte ich Wohlstand und Reichtum als rein finanzieller Größe betrachten, und ich gehe davon aus, dass man ab einer 6-stelligen Summe auf der hohen Kante wohlhabend ist und ab einer 7-stelligen Summe reich. Allerdings kommt es mir nicht darauf an, diesen Raum möglichst exakt zu definieren, vielmehr es ist eher eine allgemeine Abgrenzung aufgrund der Notwendigkeit, beide Begriffe irgendwo festzulegen, sowie eine Unterscheidung zu treffen zu ihrem Gegenteil der Armut oder zumindest der Abwesenheit von Wohlstand.

Meine Behauptung, wonach es in Deutschland nur eine Frage der Zeit ist bis jeder wohlhabend ist, beruht auf der Tatsache, dass wir in einem System mit einer umfassenden sozialen Absicherung leben. Also noch jedenfalls, es gibt einige triftige Gründe, die gegen eine Weiterführung des Status Quo sprechen, das aber ist ein anderes Thema.

Der einfache Grund für dieses garantierte Hineinleben in den Wohlstand lautet „Sozialhilfe“. Selbst wer nie in seinem Leben gearbeitet hat, nie etwas ansparen konnte, nie Glück hatte im Leben und immer nur auf staatliche Transferleistungen angewiesen war, der wird trotzdem bis zu seinem letzten Atemzug wohlhabend sein. Auf diese Tatsache gehe ich in einem anderen Artikel ein, in dem ich sogar zum Schluss komme, dass die in Deutschland gezahlte Sozialhilfe in ihrem Barwert mehr wert ist als die durchschnittlich gezahlte staatliche Rente.

Auch wenn man mit einer halben Million Euro als Barwert der Sozialhilfe noch nicht reich ist, so ist man doch überaus wohlhabend. Und auch wer nie arbeitslos war und kontinuierlich in die Rentenkasse eingezahlt hat, der steht mit einer Drittel Million Euro als durchschnittlichem Rentenbarwert noch immer recht gut da. Höher in Richtung „reich“ geht es mit dem Vermögen in dem Fall, wenn neben der Rente oder Sozialhilfeleistung zusätzlich noch gespart, investiert oder ein Häuschen gebaut wurde. Dazu gibt es auch werthaltige Gegenstände wie etwa teure Uhren, die viele ihr Eigen nennen und die ein gutes Stück zum Vermögen beitragen können. Mit dem Feiern des letzten runden Geburtstages vor Beginn der Rentenzeit steht in Deutschland nicht selten ein 7-stelliger Vermögenssaldo zu Buche.

Natürlich gilt das nicht für alle, es gibt immer einige Ausnahmen, die in der ein oder anderen Weise Pech hatten und in der langfristigen Betrachtung leer ausgehen. Was aber bleibt ist die Tatsache, dass die übergroße Mehrheit in Deutschland zu jedem Zeitpunkt mindestens wohlhabend ist oder es früher oder später sein wird. Viele bemerken diese Tatsache nur einfach nicht, das aber ist ebenso ein anderes Thema.

Ich denke, mit dieser Ausführung dürfte der erste Teil meiner Hypothese, wonach es nicht schwer ist reich zu werden, hinreichend bewiesen sein. Kommen wir nun zum zweiten Teil.



Reichtum erhalten, eine der schwierigsten Aufgaben überhaupt



Gerne wird von linker/marxistischer Seite behauptet, dass es vor allem die Vermögens- oder Kapitalkonzentration ist, die als Übel der Welt ausgemerzt werden muss. Reiche bleiben reich, sie vererben ihren Reichtum an die nächste Generation und diese wird dann noch reicher. Irgendwann, so die marxistische Horrorvision, gibt es dann nur noch einen Reichen, der alles Kapital der Welt auf sich vereint, während Massen der Welt allesamt völlig verarmt ihr Dasein fristen müssen.

Genau dagegen möchte ich in diesem Abschnitt argumentieren, und ich denke ich habe ein ziemlich schlagendes Argument, das eine mathematisch-theoretische Unmöglichkeit impliziert, und das sich dazu auch mit praktischen Erfahrungswerten aus der Vergangenheit untermauern lässt.

Der theoretische Teil beruht auf der Tatsache, dass selbst wenn etwas eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit hat, dann muss nur genügend Zeit vergehen und die Eintrittswahrscheinlichkeit wird bei 100 Prozent liegen. Beispielsweise könnte die Wahrscheinlichkeit für einen Autounfall bei 0,0001% pro 100 Kilometer liegen. Sobald man dann unfallfrei eine Million Kilometer zurückgelegt hat, dann lässt sich statistisch zwar sagen, dass man ein sehr guter Autofahrer sein muss, gleichzeitig allerdings bestünde die zweite statistische Aussage darin, dass aufgrund der Wahrscheinlichkeiten bald schon ein Unfall passieren könnte.

Nicht anders verhält es sich mit dem Vererben von Vermögen. Nimmt man an, dass die Wahrscheinlichkeit eines Totalverlustes in der nächsten Generation bei lediglich 10 Prozent liegt, dann liegt die statistische Wahrscheinlichkeit nach zehn Generationen im Bereich der Sicherheit. Betrachtet man die Vererbung wiederum als ein verknüpftes Ereignis, also dass das Verhalten der Erblasser das Verhalten der Erben beeinflusst – was definitiv zu einem gewissen Grad der Fall ist – dann tritt der statistische Totalverlust sogar bereits in der siebten bis achten Erbengeneration ein.

Der Totalverlust ist dabei nur ein Szenario. Teilverluste wären ein anderes und die Erhaltung, also die Weiterführung des Vermögens ohne Zugewinne ist das wohl wichtigste. Hinzugewinne bei einer Erbengeneration dagegen sind vermutlich in etwa so häufig oder selten wie der Totalverlust.

Die Frage ist nun, ob sich diese Hypothese anhand von Zahlen aus der Vergangenheit bestätigen lässt. Oder anders gefragt, wie wahrscheinlich war es in der Vergangenheit, dass Erben das Vermögen ihrer Eltern oder Vorfahren erhalten oder gar erweitern konnten und wie oft kam es bislang vor, dass es verprasst wurde?

Glaubt man verschiedenen Studien, die zum Thema verfasst wurden, dann ist es überaus schwer, das Familienvermögen übergenerationell zu erhalten. Laut der Vermögensberatung Williams Group verlieren 70 Prozent aller Familien ihr Vermögen in der zweiten Generation und in der dritten sind es 90 Prozent.

In nur einem von zehn Fällen können die Erben eines zu Wohlstand gekommenen Unternehmers (oder gerne Lottogewinners) also noch immer von dessen Reichtum profitieren. Das ist erstaunlich wenig wie ich finde und dreht die Relation aus dem obigen Beispiel direkt um.

Es gibt aber auch andere Studien, die zu etwas anderen Ergebnissen kommen. Immerhin hat die Williams Group als Vermögensberatung für die obersten Zehntausend eine bestimmte Klientel und man möchte seinen potenziellen Kunden einen guten Grund geben, ausgerechnet sie als Berater zu wählen.

Bestätigt werden die Zahlen der Williams Group jedoch indirekt in diesem Forbes Artikel, laut dem bei Reichen lediglich fünf Prozent des Vermögens aus einem Erbe stammen, während etwa ein Viertel der Vermögen aus sehr hoch bezahlten Arbeitsstellen kommen und 70 Prozent aus unternehmerischer Tätigkeit. Diese Unternehmen wiederum – und hier wird die Williams Group bestätigt – werden in nur einem von zehn Fällen an die dritte Generation vererbt. Die übrigen neun werden lange davor verkauft oder gehen pleite.

In einer anderen Studie ging eine Wissenschaftlerin der Sache nach anhand von Zahlen zur Erbschaftssteuer im US-Bundesstaat Wisconsin, die in etwa drei Generationen abdecken. Die darin untersuchten Vermögen sind sehr wahrscheinlich kleiner als jene, welche die Williams Group auf dem Radar hat und liegen eher im Bereich dessen, was man im erweiterten Bekanntenkreis an Vermögen kennt.

Aber auch hier ist die Schlussfolgerung eindeutig. Mit jeder Erbengeneration schrumpfen die Vermögen wieder in Richtung des allgemeinen Vermögensdurchschnitts. Extrapoliert man das große Mittel des durchschnittlichen übergenerationellen Vermögensverlustes, dann dauert es laut der Zahlen aus Wisconsin bis zu 13 Generationen, bis ein Vermögen durch die Erben vollständig aufgebraucht ist. Damit entspricht dies eher den Wahrscheinlichkeiten des obigen Beispiels, wobei zu vermuten ist, dass Erbmasse und Verlustrate miteinander korreliert sind und je höher das Vermögen ist, desto schneller schmilzt es ab.

Ein besonders markantes Beispiel für ein sich innerhalb von wenigen Jahrzehnten in Nichts auflösendes Riesenvermögen ist jenes der Familie Vanderbilt. Deren Urvater Cornelius Vanderbilt hinterließ seinen Nachkommen bei seinem Tod im Jahr 1877 ganze 100 Milliarden Dollar. Ein Jahrhundert später bei einem Familientreffen seiner 120 Nachfahren stellte sich dann heraus, dass kein einziger der Anwesenden überhaupt noch Millionär war.

Pro Kopf verlor die Familie also jeweils fast eine Milliarde Dollar, wobei dies pro Jahr und Kopf einem Verlust von etwa sieben Millionen Dollar entspricht. Auch wenn es durchaus möglich ist, diese Summe jedes Jahr zu verleben, könnte man nun denken, es muss schon mit dem Teufel zugehen, dass ausnahmslos allen Familienmitgliedern dieses Schicksal ereilt ist. Es fällt sehr schwer, daraus eine allgemeine Regel für superreiche Erben abzuleiten.

Begreiflich wird dieses Phänomen des Extremverlustes aber dann, wenn man sich einmal vergegenwärtigt, wie viele extrem reiche Familien es eigentlich gibt, die diesen Status seit mindestens fünf Generationen innehaben und wie alt die ältesten Dynastien sind.

Es fallen einem vielleicht ein die Rothschilds, die Warburgs, die Haniels und vielleicht noch ein weiteres Dutzend an Familien, die sich in der Welt der oberen Zehntausend tummeln. Das war es dann aber auch. So viele Extremreiche gibt es nicht, die seit vielen Generationen zu diesem exklusiven Club gehören, die allermeisten gehören in erster oder zweiter Generation dazu.

Und selbt die Rothschild Dynastie in ihren vielen Verästlungen befindet sich von ihrem Stammvater Mayer Amschel Rothschild aus gesehen erst in der fünften Generation. Auch diese Familie, bei der es sich aktuell um die wohl mit Abstand reichste der Welt handelt ist also noch jung. Das heißt, sie schlägt die Wahrscheinlichkeit der Verarmung, ist aber noch lange nicht in einem Bereich, in dem man sagen könnte, dass sie immer reich bleiben wird oder gar immer reicher werden muss.

Zwar einige Familien, die sehr lange schon zu den obersten Zehntausend gehören - zu nennen wären einige alte Bankerfamilien aus Florenz, die es bislang 28 Generationen lang geschafft haben, ihr Vermögen zu vererben - aber auch sie sind überaus rar gesät und auch sie müssen sich in jeder Generation erneut beweisen.

Die linke/marxistische Hypothese, wonach Reiche reich bleiben und immer reicher werden stimmt also eindeutig nicht. Das Gegenteil ist der Fall, es scheint geradezu eine Kunst zu sein, den Reichtum in der eigenen Familie übergenerationell zu erhalten. Anstelle alte Dynastien und ihre Erben zu verteufeln, ich denke mir manchmal, dass es vielleicht besser wäre, von diesen zu lernen und zu versuchen, deren Erfolgsgeheimnis auf die Gesellschaft als ganzes übertragen.