7. Oktober 2018

Wähler manipulieren mit der Bundeszentrale für politische Bildung


(Bildquelle Bildschirmfoto)

Wie bei jeder Landtags- und Bundestagswahl gibt es auch anlässlich der beiden Landtagswahlen in Bayern und Hessen einen Wahl-o-maten als Hilfe zur Wahlentscheidung, der ganz uneigennützig von der Bundeszentrale für politische Bildung zur Verfügung gestellt wird. Ganz uneigennützig? Nicht ganz…



Bayern unverdächtig, Hessen nicht so ganz



Als jemand, der nicht zum Stift greifen wird bei den beiden anstehenden Abstimmungen in Bayern und Hessen kann mir eigentlich auch der Wahl-o-mat egal sein. Trotzdem bin ich ihn für beide Länder einmal durchgegangen mit dem für mich wie für Sie beruhigenden Ergebnis, wonach die AfD jeweils mit irgendwo 75 Prozent weit vorne liegt, während die Blockparteien und die Verfassungsschutzpartei NPD relativ bis weit abgeschlagen landeten. (Hier zum nachmachen: Bayern, Hessen)

Auf die Idee zum Selbsttest bin ich gekommen, nachdem Oliver Flesch brühwarm und in Farbe seine Präferenzen als Video ins Netz gestellt hat. Dabei ist mir neben Fleschs seltsamer Indifferenz zum Thema „Steuern verpulvern weil man sie sowieso zahlen muss“ auch aufgefallen, dass es beim Wahl-o-Mat für Hessen eine etwas seltsame Reihenfolge gibt bei den Fragen zum weiteren propagandistischen(?) Vorgehen gegen extremistische Gesinnungen.

Leider gibt es bei dem für die bayerische Landtagswahl keine solche Frage, weshalb keine Vergleichbarkeit möglich ist, ich halte es aber nicht für einen Zufall, wie die beiden Fragen in der Fragerunde gestellt und platziert wurden. Insgesamt werden 38 Themen abgearbeitet, und in These Nummer acht geht es beim hessischen Wahl-o-maten um „Projekte gegen Rechtsextremismus“. Dazu heißt es:

„Projekte gegen Rechtsextremismus sollen weiterhin gefördert werden.“

Zur Auswahl stehen naheliegenderweise „stimme zu“, „neutral“ und „stimme nicht zu“. Jeder muss selbst wissen, wie er es damit hält, Oliver Flesch jedenfalls würde die Projekte einstampfen, was für einen AfD Anhänger durchaus nachvollziehbar ist, wird durch das politische Establishment doch versucht, die Programme als Vehikel gegen die AfD zu missbrauchen.

Zum Linksextremismus steht da übrigens nichts. Warum auch immer, denkt man sich. Nicht nur Oliver Flesch fragte sich warum, auch der AfD Hessen stieß die These auf, die sie kommentierte mit:

„Grundsätzlich sollen Projekte gegen alle Formen des Extremismus gefördert werden, nicht nur einseitig gegen Rechtsextremismus.”

Das ist eine überaus vernünftige Aussage. Als Antwort auf die These gab die hessische AfD dann auch ein vor „neutral“ vor, da sie aus ihrer Sicht unvollständig ist.

Der fiese Dreh daran ist dass viele, die ähnlich wie die AfD und Oliver Flesch denken trotzdem etwas anderes ankreuzen werden. Die Verteilung auf die drei Antworten fällt also vermutlich gleichverteilt aus, weil alle drei Antworten Sinn machen für alle, die mit der AfD übereinstimmen:

  • „stimme zu“ - Weil alle, also auch Rechtsextremismus, gefährlich und falsch ist und daher etwas dagegen getan werden muss.
  • „neutral“ - Weil die These unvollständig ist.
  • „stimme nicht zu“ - Weil es missbraucht wird.

Unterm Strich also verliert die AfD gleich zwei Drittel aller Wahl-o-mat-Nutzer bei diesem Punkt, mit denen sie eigentlich zu 100 Prozent übereinstimmt.



Der manipulative Kackbollen kommt bei These 35



Ja, der Kackbollen ist kein allzu feines Wort. Wie aber soll man es bitte verstehen, dass in These 35, also weit nach der Frage zum Rechtsextremismus und kurz vor dem Ende die folgende Aussage zur Auswahl gestellt wird:

„Projekte gegen Linksextremismus sollen weiterhin gefördert werden.“

Richtig, es ist die exakt selbe Aussage wie jene bei These Nummer acht. Der Unterschied liegt lediglich bei „Rechts“ beziehungsweise „Links“. Und? Sollen Projekte gegen den Linksextremismus nun weiter gefördert werden? 

Oliver Flesch meint: „Definitiv ja!“

Er ist also gegen die Weiterführung von Projekten, die gegen rechten Extremismus wirken sollen, will aber bei jenen gegen links weiter machen lassen. Das ist zwar überaus nachvollziehbar aus Sicht des von linksextremen Aktivisten angefeindeten AfD Anhängers, ist aber nicht allzu konsistent. Ich nehme an, dass sich viele AfD affine Wähler bei dieser These selbiges denken werden, und wieder kommt es zu einer Gleichverteilung der Antworten:

  • „stimme zu“ - Weil der Linksextremismus floriert und immer gefährlicher wird.
  • „neutral“ - Weil die These unvollständig ist.
  • „stimme nicht zu“ - Weil ich davor ja auch gegen die Fortführung von Projekte gegen die extreme Rechte votiert habe und ich konsistent bleiben möchte.

Die AfD übrigens ist in diesem Fall eindeutig für die Fortführung von solcherart Projekte. Auch das ist überaus nachvollziehbar, allerdings wenig konsistent, zumal sie die inhaltsgleiche Antwort gibt wie bei These acht:

„Es sollen Projekte gegen jede Form des Extremismus gefördert werden.”

„Na, was denn nun?“ Könnte man sich hier fragen, aber nicht nur in Richtung der AfD oder von Oliver Flesch, sondern auch in Richtung der bundesstaatlichen Behörde in Verantwortung für den Wahl-o-maten. Interessant ist, dass die Bundeszentrale für politische Bildung CSU-Seehofers Innenministerium untersteht und von einem Linksausleger aus der SPD geleitet wird.Wenn das mal keine bunte Koalition ist.



Die Platzierung und auch das Auseinanderziehen der beiden Sachverhalte macht keinen Sinn



Äußerst schräg ist zum einen die Tatsache, dass die beiden Thesen so weit auseinander stehen - ich bin mir sicher, bei der Einholung der Parteipositionen standen sie direkt untereinander – und viele Nutzer des Wahl-o-maten wollen sich mit Sicherheit nicht noch einmal durch das ganze Fragenpaket klicken, um die beiden Antworten in Einklang miteinander zu bringen, sobald sie ganz am Ende das volle Bild zum Thema bekommen. Das wirkt im Ergebnis eindeutig verzerrend.

Ebenso schräg ist die Tatsache, dass der Sachverhalt überhaupt erst in zwei Programmpunkte getrennt wurde, was meines Erachtens klar auf eine zweite Ebene hinter der eigentlichen Fragestellung hindeutet. Der Blick auf die Erklärungen der Parteien zu den beiden Thesen zeigt nämlich, dass sich gerade einmal vier der 18 Parteien (22%) nicht bei beidem die gleiche Antwort gaben. Linke, Menschliche Welt und die Tierschutzpartei haben klar differierende Ansichten zu den beiden Themen, während die AfD einmal neutral und einmal dafür gestimmt hat.

Der große Rest dagegen sieht beide Sachverhalte als ein Thema und man muss sich die Frage stellen, warum nicht beide Thesen in einer verpackt wurden, wobei die drei Parteien mit Wertvorstellungen jenseits der Vernunft ihren Senf dann in der Kommentierung hätten abgeben können.

Die Entscheidung für zwei Thesen ist also weder inhaltlich noch logistisch nachvollziehbar.



Meine Ergebnisse mit jeweils unterschiedlichen Antworten zu den Thesen 8 und 35



Als Vorauswahl habe ich jene Parteien gewählt, mit denen ich erwartbar die größten Übereinstimmungen habe plus die NPD. Hier das Ergebnis:

Ergebnisse unter c.p.

Ganz vorne liegt Bernd Luckes Abspaltung, die noch Alfa hieß, als ich das letzte Mal davon hörte. Danach kommt die AfD und in prozentualer Konkurrenznähe dahinter die CDU und FDP. Die gelb markierten Felder stellt die Variation mit dem geringsten prozentualen Abstand zwischen den drei Parteien dar.

Bei der Variation mit dem geringsten Abstand handelt es sich dann auch ausgerechnet um jene, in der man als Wähler bei These 8 fürs weitermachen gegen den Rechtsextremismus stimmte und man am Ende konsistent bleiben wollte, man aber darauf verzichtete, sich noch einmal durch den Fragebogen zurückzuklicken, um beide Antworten auf „neutral“ umzuändern.

Meine Vermutung ist, dass viele Nutzer des Wahl-o-maten - die dazu mit der Politik verärgert sind und auf dem Besten Weg zum Überlaufen zur AfD sind - sich genau so verhalten. Sie sich also bei These acht erst als brave Bürger im Kampf gegen Rechts positionieren, nur um am Ende die innere Konsistenz zu wahren und dabei das 30-fache Herumklicken vermeiden wollen, weswegen sie bei der gegen Linksextremismus gerichteten These ebenso zustimmen.

Und was ist das Ergebnis? Ein inexistenter inhaltlicher Abstand der AfD zu den beiden Altparteien FDP und der CDU - dem Hauptschuldigen der aktuellen Systemkrise.

Es braucht nicht viel Phantasie, dass die inhaltliche Nähe viele überraschen wird und der ein oder andere vom System Entfremdete am Ende sein Kreuzchen nicht im Protest setzt. Ebenso wenig Phantasie braucht es, um sich vorzustellen, dass genau das die Absicht der Macher des Wahl-o-maten war.