10. März 2020

Warum in Afrika kaum jemand am Coronavirus erkrankt (Es liegt vor allem am Alter)

Subsaharaafrika schnaxelt sich den Baum zurecht (Bildquelle)


Afrika ist zu jung zum sterben


Nachdem sich das Coronavirus endgültig in Westeuropa festgesetzt hatte, da kam es zu einigen Spekulationen, warum im Vergleich zu anderen Ländern des Kontinents mit vergleichbaren Parametern ausgerechnet in Deutschland noch niemand an der Virenerkrankung starb. Inzwischen hat sich die Sache geklärt, zum jetzigen Zeitpunkt wurden zwei Todesfälle registriert. Das deutet hin auf die Version eines vorübergehenden statistischen Ausreißers, was gerne mal vorkommen kann bei kleinen Fallzahlen.

Was im großen Bild jedoch noch immer nicht passt, sind einige große Länder und Weltregionen, die zwar voll an die globalen Handels- und Reiseströme angekoppelt sind, wo bislang aber kaum jemand starb und es auch nur sehr geringe Fallzahlen gibt. Die Erklärung dafür ist herzlich einfach: Es liegt vor allem am Durchschnittsalter der Bevölkerung, so dass dort prozentual kaum Personen leben, die in die Hochrisikogruppe der Alten fallen.

In den Länderlisten mit Coronafällen beispielsweise muss man sehr lange suchen, bis man mit sieben Erkrankten in Südafrika das erste Land Subsaharaafrikas findet. Südafrika hat aufgrund seiner Vergangenheit als voll entwickeltes Industrieland mit 5% überdies noch immer eine der höchsten Anteile an Personen jenseits der 65 Jahre. Zum Vergleich liegt der Anteil im benachbarten und verhältnismäßig gut entwickelten Botswana nur bei 3,7%, das mit 3,6% noch einmal knapp von Namibia geschlagen wird. Aus beiden Ländern liegen derzeit noch keine bekannten Infektionen vor.

Das nächste afrikanische Land auf der Liste ist der Senegal mit vier Infizierten. Im Senegal sind gerade einmal 2,9% der Bevölkerung älter als 65 Jahre, während es bei dessen Nachbarn Mali (2,5%; 0 Fälle), Mauretanien (3,2%; 0 Fälle), Guinea (3,1%; 0 Fälle) und Guinea-Bissau (3,2% Alte; 0 Fälle) nicht viel anders aussieht. 

Auch Afrika als ganzes - inklusive des relativ älteren Maghreb - beherbergt derzeit nur etwa 3,6% Alte, so dass mit dem deutlich über den Durchschnitt liegenden Südafrika ein nachvollziehbarer Kandidat die überschaubare Infiziertenliste des Kontinents mit Milliardenbevölkerung anführt.

In Deutschland (21,5%), Italien (22,7%), Südkorea (13,6%) und Festlandchina (10%) dagegen gibt es erheblich größere Bevölkerungsanteile, die in die altersbedingte Hochrisikogruppe fallen. Diese erkranken viel öfters in einer schweren Weise an dem Virus, weshalb in Folge viel wahrscheinlicher auf eine Infektion getestet wird. 

Es ist daher nicht unwahrscheinlich, dass die Penetration mit dem Virus in Afrika oder bevölkerungsreichen Ländern wie Indonesien (264 Mio Einwohner; 5,3% Alte) vergleichbar hoch ist, diese allerdings kaum in der Statistik auftauchen, weil deswegen niemand zum Arzt gehen muss.


Einige statistische Spielereien



Auf Basis der gegebenen Zahlen zu Infektionsfällen, Altersstruktur nach Land und der Bevölkerungszahl lassen sich einige Informationen gewinnen, die zeigen, wer noch mit schlimmeren rechnen muss, und wie wenig Afrika vom Virus noch wird getroffen werden.

So gibt es unter allen Ländern, in denen bislang Fälle aufgetreten sind, eine negative Korrelation von -0,25 im Vergleich zwischen dem Bevölkerungsanteil von unter 20-jährigen und der Fallzahl relativ zur Bevölkerungszahl. Positiv wird die Korrelation für die älteren Bevölkerungskategorien, wobei der Korrelationswert jene zwischen 20 und 65 bei 18,3 liegt und jener für über 65-jährige mit 18,8 nur geringfügig darüber.

Diese Werte sind relativ schwach, zeigen aber an, dass die Krankheit eine stark altersbezogene Komponente haben muss. Was erstaunt ist dabei der kaum existente Unterschied zwischen den Erwachsenen unter und über 65 Jahren. Es bedeutet, dass junge Erwachsene nicht aus dem Schneider sind.

Absehbare Problemländer


Die weitere Aufschlüsselung in Ländergruppen mit Coronafällen nach Altenanteil wiederum zeigt an, wo die Politik eigentlich mit scharfen Maßnahmen reagieren müsste - oder hätte reagieren müssen, nachdem klar war, wo die Reise in China hingeht. Hier die Relation zwischen Fällen pro Einwohner nach Altenanteil der Bevölkerung:

Bevölkerung ü65
Coronafälle
Bevölkerung in Millionen
Fälle pro Million
Unter 5%
479
768,5
0,62
Bis unter 10% (ohne Iran)
420
2586,9
0,16
Bis unter 15% (ohne China&Südkorea)
424
366,9
1,16
Bis unter 20%
6066
802,7
7,56
Über 20% (ohne Italien)
1939
242,6
7,99

Wir sehen also, dass sich die Pandemie vor allem in Ländern bemerkbar macht, wo der Altenanteil in der Bevölkerung in etwa 15% oder mehr beträgt. Auf Basis dieser Information lässt sich abschätzen, welche Länder unter jenen ohne Virusfälle vermutlich noch von der Pandemie betroffen sein werden. Diese wären:

  • Zypern (13,4% Alte)
  • Island (14,4%)
  • Kuba (14,7%)
  • Uruguay (14,7%)
  • Montenegro (14,8%)

Da der ungewichtete Mittelwert für ü65-jährige der übrigen Länder ohne Fälle bei 4,5% liegt, ist dort kaum noch zu erwarten, dass große Infektionszahlen auftreten werden. Lediglich in den Ländern mit sehr großer Bevölkerung könnte es einige Fälle geben, die da wären:
  • Myanmar (3,1 Mio Alte; vergleichbar mit Südafrika mit derzeit sieben Fällen und Taiwan mit 45 Fällen)
  • Äthiopien (3,5 Mio Alte; Rumänien mit 17 Fällen und die Niederlande mit 321 Fällen)
  • Türkei (6,8 Mio Alte; der Ukraine mit einem Fall und Kanada mit 77 Fällen)
  • Vietnam (6,9 Mio Alte; der Ukraine mit einem Fall und Kanada mit 77 Fällen)

Warme und kalte Rentnerländer


Der weitere Blick auf die absolute Zahl an Alten nach Land gibt auch einen Hinweis darauf, wo der Coronavirus noch erheblich zuschlagen könnte. Die folgenden Länder sind jene zehn mit der weltweit größten Rentnerbevölkerung:



Ü65 in Mio Coronafälle pro Mio ü65 Wintersaison
Frankreich 13,2 106,8 ja
Italien 13,8 622,4 teils
Indonesien 14,1 1,3 nein
Deutschland 17,9 68,5 ja
Brasilien 18,1 1,6 nein
Russland 20,8 1,0 ja
Japan 34 16,0 ja
USA 50,7 14,4 teils
Indien 81,6 0,7 nein
China 148,9 543,6 ja

Die Spalte mit der Wintersaison zeigt klar an, wo die Reise hingeht. Exemplarisch zeigt sich die Temperatursensibilität des Virus an Italien, das derzeit vom Virus analog zum Klima zweigeteilt wird. Die tropischen Länder in der Liste weisen circa 1,2 Fälle pro Million Alte auf, während die USA als Land mit hälftig heißem Klima mittig liegen zu jenen Ländern mit Winter. Die Entscheidung durch die Trump Regierung gegen eine Panikreaktion war daher vermutlich korrekt.

Eine der großen Frage in der Angelegenheit wird eventuell noch werden, ob der Frühling in Russland schneller kommen wird, als das Virus in Richtung Osten oder Norden reisen kann. Es zeigt auch, dass die russische Entscheidung einer frühzeitigen Abriegelung der Grenze zu China goldrichtig war. Im Anbetracht dessen muss man sich fragen, ob der russischen Regierung bessere Informationen zur Verfügung stand als den europäischen.

Was Japan, Frankreich und Deutschland betrifft, so hat Japan inzwischen die Notbremse gezogen und weite Teile des öffentlichen Lebens lahmgelegt und selbst in Frankreich kam es zu einem als koordiniert zu bezeichnenden Vorgehen gegen die Ausbreitung des Virus.

Für Deutschland schließlich lässt sich dagegen sagen, dass die Regierung in den kommenden sechs Wochen aufgrund der Abwesenheit einer schnellen und kompetenten Reaktion wohl noch für etliche Tote und einen Milliardenschaden verantwortlich sein wird. Für Berlin heißt es also: „Business as usual“.


PS: Wer die Zahlen selbst nachvollziehen möchte, der kann die Länderliste mit den genannten Werten hier als Excel/ODS Datei herunterladen.


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