5. Januar 2020

Der Repo-Markt und warum dessen Krise die gesamte Weltwirtschaft bedroht


Wenn Banken Banken kein Geld mehr leihen wollen (Bildquelle)


Seit einigen Monaten kommt es in den Finanznachrichten immer öfters zu Erwähnungen einer „Repo-Krise“ am „Repo-Markt“. Allerdings kennt sich kaum jemand ohne tiefe Fachkenntnis damit aus, obwohl der Markt überaus bedeutend zu sein scheint für das reibungslose Funktionieren der Weltwirtschaft. Dabei lassen die Attribute, mit denen die Artikel darüber gespickt, nichts gutes verheißen. Die Krise am Repo-Markt soll das Zeug haben, die gesamte Weltwirtschaft in den Abgrund zu reißen. Die Krisensymptome an dem Markt wiederum deuten auf imminente Probleme hin, es könnte also sehr bald schon losgehen. Martin Armstrong bietet dazu auf seinem Blog zwei aktuelle Artikel an, die über den Markt, dessen Bedeutung, das Krisenmoment darin und die Schuldigen daran aufklären.


Der Zins am Repo-Markt (Bildquelle)

Armstrong Economics: Um was es sich beim Repo-Markt handelt



Der Repo-Markt ist jener Ort, an dem sich die Banken über Nacht gegenseitig Geld ausleihen und als Sicherheit dafür maximal positiv bewertete AAA-Wertpapiere anbieten. Üblich ist, dass Großbanken wie etwa J.P. Morgan jeden Tag über 300 Milliarden Dollar an Liquidität zur Verfügung stellen. Dies ermöglicht es anderen Banken, Hedge Fonds und Finanzinstitutionen, sich über Nacht Bargeld für kurzfristige Transaktionen zu beschaffen. Als die Banken kürzlich jedoch damit begannen, sich als Anbieter aus diesem Repo-Kreditmarkt zurückzuziehen, da die Risiken zu stark anstiegen, da war die Federal Reserve (FED) dazu gezwungen, frisch gedrucktes Geld und damit Kredite in den Repo-Markt zu injizieren. Dies sollte verhindern, dass der kurzfristige Zinssatz wie etwa am 17. September 2019 geschehen noch einmal auf 10% steigt.

Bei einem Reverse Repo (RRP) [zu deutsch: umgedrehter Repo] wiederum handelt es sich um einen Kauf von Wertpapieren, der mit der vertraglichen Vereinbarung versehen ist, diese zu einem festgelegten zukünftigen Zeitpunkt zu einem höheren Preis zurück zu verkaufen. Die Vertragspartei, die das Wertpapier in dieser Konstruktion verkauft, beschafft sich damit Liquidität, die sie damit finanziert, indem sie das Wertpapiere vom Käufer wieder zu einem höheren Preis zurücknimmt (Resposition). Dieser Vorgang wird auch als Repurchase Agreement (RP; zu deutsch: Wiederrückkaufvereinbarung) bezeichnet. Repos werden generell als Geldmarktinstrument eingestuft und dienen in der Regel der kurzfristigen Kapitalbeschaffung.

Beim Repo-Markt handelt es sich dabei um keinen öffentlich zugänglichen Markt. Gleichzeitig aber ist es dennoch ein Basismarkt, was bedeutet, dass die dort gehandelten Zinsen auf anderen Märkten und Vertragstypen berücksichtigt wird. Hätte die FED nicht eingegriffen, dann wären die kurzfristigen Zinsen weiter gestiegen, so dass die Kreditkartenzinsen für Verbraucher am Ende hätten 20% für ihre Schulden hätten zahlen müssen anstelle von 10%, auf die der Anstieg kurzfristiger Kreditlinien begrenzt werden konnte.

Im Unterschied dazu steht das Gelddrucken der Quantitativen Lockerung (QE), mit der die FED Aktivitäten am Repo-Markt nichts zu tun haben. Mit der QE wurde infolge der Hypothekenkrise von 2007 begonnen, als die FED versuchte, die langfristigen Zinsen zu senken, indem sie mit dem Ankauf von Anleihen begann, die auf 30 Jahre dotiert waren. Die Stützung des Repo-Marktes ist eine rein kurzfristige Angelegenheit und steht damit nicht in Verbindung mit dem Gelddrucken im Rahmen der QE. Es geht lediglich darum zu verhindern, dass die kurzfristigen Zinsen steigen und nicht darum, die langfristigen Zinsen zu senken.



Armstrong Economics: Die Repo-Krise und ob sie abgewendet werden kann



Ich wünschte, ich könnte die Frage nach einem Abwenden der Repo-Krise positiv beantworten. Unglücklicherweise liegt das Epizentrum in diesem Fall außerhalb der amerikanischen Jurisdiktionen selbst der Federal Reserve. Zur Abwendung dieser Krise bedarf es politischer Maßnahmen, da die Mittel der Geldpolitik durch die Zentralbanken nicht ausreicht. Daher glaube ich nicht, dass sich jemand von Schaden aus der Repo-Krise wird entziehen können. Das Problem liegt schlichtweg bei der Politik, wo ein massives Umdenken erforderlich wäre. Die Erfahrungen aus der Geschichte zeigen, dass die Krise erst eintreten muss, bevor irgendein Politiker etwas unternehmen wird.

Liest man sich das Protokoll der letzten FED-Sitzung aufmerksam durch, dann sieht man, dass deren Spitzen der einhelligen Meinung waren, dass es im Jahr 2020 keine Senkung der Zentralbankzinsen geben wird. Der Grund dafür ist jener, dass der freie Markt die Zinsen von selbst immer wieder nach oben treiben wird. Im September, kurz vor der Repo-Krise war die FED noch zur Senkung ihrer Zinsen gezwungen. Als die Repo-Krise dann ausbrach wurde klar, dass die FED ihre Zinssenkungen nicht mehr halten konnte, da der freie Markt die Zinsen immer wieder nach oben drückte. Die FED hatte schließlich ein privates Treffen mit Trump, wo sie diesem klar machte, dass er seine Forderungen nach negativen Zinssätzen beenden muss.

Selbst wenn die FED sich dazu entschlösse, mich als Berater hinzuziehen oder mir gar diktatorische Befugnisse über die Geldpolitik in den USA geben würde, so könnte ich nichts unternehmen, um diese Krise zu verhindern. Der Grund liegt darin, dass sie sich außerhalb der Vereinigten Staaten ausbreitet und sie jetzt schon zu einem Krebsgeschwür herangewachsen ist, das die gesamte Weltwirtschaft bedroht. Die neue Haltung der FED gegen negative Zinssätze ist sehr substanziell. Ich habe bereits in der Vergangenheit immer wieder gewarnt, dass die negativen Zinssätze der EZB den Euro als Reservewährung untergraben haben. Keine Zentralbank will heute noch Euro in ihren Depots halten, da jeder Halter dieser Währung aufgrund der negativen Zinsen im Euroraum effektiv von der EZB besteuert wird.

Sogar der Chef von JP Morgans CEO Jamie Dimon äußerte sich dazu und erklärte, dass noch immer nicht klar ist, ob ein Regime negativer Zinssätze überhaupt möglich ist, ohne dabei irgendwann tiefe Verwerfungen zu verursachen. Jamie Dimon fasste die Repo-Krise im September zusammen indem er sagte, dass „die Banken eine enorme Menge an Liquidität haben, allerdings auch einer enormen Menge an Beschränkungen unterliegen, wie sie diese Liquidität nutzen dürfen“. Damit bezog er sich auf die mit Basel III eingeführten neuen Bilanzierungsregeln.

China übrigens einigte sich mit Trump auf ein Handelsabkommen vor allem wegen wegen der schwelenden Repo-Krise. Es warten wesentlich bedeutendere Probleme auf uns als ein paar Handelsstreitigkeiten. Es ist wirklich verwunderlich, dass bislang niemand den Zusammenhang zwischen Repo-Krise und dem erzielten Abkommen bemerkte.

Ich bin froh, dass es zunehmend Menschen gibt, die in der Lage sind die Krise am Repo-Markt und deren Implikationen zu verstehen. Die Theoretiker in den Institutionen kommen mit allen möglichen Verschwörungstheorien daher und behaupten, dass es sich bei der Stützung des Repo-Marktes durch die FED um Helikoptergelder handelte und alles nur der quantitativen Lockerung dienen soll. Sie wenden den klassische Keynesianismus an, nach dem die Wirtschaft „stimuliert“ wird, wenn man die Geldmenge erhöht. Das aber ist in den USA gar nicht notwendig, da sich die Arbeitslosigkeit aktuell wieder auf dem Niveau der 1960er Jahre befindet und die Realwirtschaft robuste Werte aufweist.

Wie ich leider feststellen muss spucken die meisten einfach denselben Unsinn aus wie schon 2007, ohne auch nur einmal zu bemerken, dass es beim QE um den Aufkauf langfristiger Schulden geht mit dem Versuch, damit die langfristigen Zinsen kontrollieren zu können. Bei den Eingriffen in den Repo-Markt aber haben Zentralbanken versucht, die kurzfristigen Zinssätze zu steuern. Die Spitze der Repo-Zinsrate auf 10% zeigte dabei unzweifelhaft, dass die Zentralbanken sogar die Kontrolle über die kurzfristigen Zinsen am verlieren sind.

Das negative Zinsregime durch die EZB während des letzten Jahrzehnts hat die Anleihenmärkte völlig zerstört, wie ich in einem Interview erklärte, das ich letztes Jahr im April in Deutschland führte. Darin habe ich auch vor der Liquiditätskrise und vor Basel III gewarnt, was beides ebenso zur Entstehung der aktuellen Repo-Krise beigetragen hat. Nicht zuletzt habe ich auch eine Warnung ausgesprochen, dass wir im September in eine Liquiditätskrise geraten würden, wie es dann auch geschehen ist.

Alles in allem muss man bei dieser Krise höllisch aufpassen, da es sich dabei um die Mutter aller Finanzkrisen handelt und es scheint, dass nur Fachleute die Krise überhaupt zu erfassen in der Lage sind. Meine Kontakte gehen bis hinein in den Kernbereich dieses Marktes und dort ist man sich völlig bewusst darüber, was kommen wird. Leider ist es diesen Personen aufgrund von Vertraulichkeitsvereinbarungen nicht erlaubt offen zu sprechen. Bei dieser Krise geht es längst nicht mehr nur um den Repo-Markt selbst, dieser markiert lediglich den Beginn der Krise. Insgesamt sprechen wir hier von einer Krise, die den kompletten nächsten Konjunkturzyklus beherrschen wird und damit fast ein ganzes Jahrzehnt.

Da diese Krise erwartbar auch ganze Staatswesen in den Abgrund reißen wird können wir uns darauf vorbereiten, dass Sündenböcke gesucht werden. Dabei waren es wie immer die Regierungen selbst, die diese Krise in krass unverblümter Weise selbst hoch beschwört haben, auch wenn sie selbst niemals die Verantwortung für eine derartige Störung der Weltwirtschaft übernehmen würden.

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