Wenn Banken Banken kein Geld mehr leihen wollen (Bildquelle) |
Seit einigen Monaten kommt es in den Finanznachrichten immer öfters zu Erwähnungen einer „Repo-Krise“ am „Repo-Markt“. Allerdings kennt sich kaum jemand ohne tiefe Fachkenntnis damit aus, obwohl der Markt überaus bedeutend zu sein scheint für das reibungslose Funktionieren der Weltwirtschaft. Dabei lassen die Attribute, mit denen die Artikel darüber gespickt, nichts gutes verheißen. Die Krise am Repo-Markt soll das Zeug haben, die gesamte Weltwirtschaft in den Abgrund zu reißen. Die Krisensymptome an dem Markt wiederum deuten auf imminente Probleme hin, es könnte also sehr bald schon losgehen. Martin Armstrong bietet dazu auf seinem Blog zwei aktuelle Artikel an, die über den Markt, dessen Bedeutung, das Krisenmoment darin und die Schuldigen daran aufklären.
Der Zins am Repo-Markt (Bildquelle) |
Armstrong Economics: Um was es sich beim Repo-Markt handelt
Der Repo-Markt ist
jener Ort, an dem sich die Banken über Nacht gegenseitig Geld
ausleihen und als Sicherheit dafür maximal positiv bewertete
AAA-Wertpapiere anbieten. Üblich ist, dass Großbanken wie etwa J.P.
Morgan jeden Tag über 300 Milliarden Dollar an Liquidität zur
Verfügung stellen. Dies ermöglicht es anderen Banken, Hedge Fonds
und Finanzinstitutionen, sich über Nacht Bargeld für kurzfristige
Transaktionen zu beschaffen. Als die Banken kürzlich jedoch damit
begannen, sich als Anbieter aus diesem Repo-Kreditmarkt
zurückzuziehen, da die Risiken zu stark anstiegen, da war die
Federal Reserve (FED) dazu gezwungen, frisch gedrucktes Geld und
damit Kredite in den Repo-Markt zu injizieren. Dies sollte
verhindern, dass der kurzfristige Zinssatz wie etwa am 17. September
2019 geschehen noch einmal auf 10% steigt.
Bei einem Reverse
Repo (RRP) [zu deutsch: umgedrehter Repo] wiederum handelt es sich um
einen Kauf von Wertpapieren, der mit der vertraglichen Vereinbarung
versehen ist, diese zu einem festgelegten zukünftigen Zeitpunkt zu
einem höheren Preis zurück zu verkaufen. Die Vertragspartei, die
das Wertpapier in dieser Konstruktion verkauft, beschafft sich damit
Liquidität, die sie damit finanziert, indem sie das Wertpapiere vom
Käufer wieder zu einem höheren Preis zurücknimmt (Resposition).
Dieser Vorgang wird auch als Repurchase Agreement (RP; zu deutsch:
Wiederrückkaufvereinbarung) bezeichnet. Repos werden generell als
Geldmarktinstrument eingestuft und dienen in der Regel der
kurzfristigen Kapitalbeschaffung.
Beim Repo-Markt
handelt es sich dabei um keinen öffentlich zugänglichen Markt.
Gleichzeitig aber ist es dennoch ein Basismarkt, was bedeutet, dass
die dort gehandelten Zinsen auf anderen Märkten und Vertragstypen
berücksichtigt wird. Hätte die FED nicht eingegriffen, dann wären
die kurzfristigen Zinsen weiter gestiegen, so dass die
Kreditkartenzinsen für Verbraucher am Ende hätten 20% für ihre
Schulden hätten zahlen müssen anstelle von 10%, auf die der Anstieg
kurzfristiger Kreditlinien begrenzt werden konnte.
Im Unterschied dazu
steht das Gelddrucken der Quantitativen Lockerung (QE), mit der die
FED Aktivitäten am Repo-Markt nichts zu tun haben. Mit der QE wurde
infolge der Hypothekenkrise von 2007 begonnen, als die FED versuchte,
die langfristigen Zinsen zu senken, indem sie mit dem Ankauf von
Anleihen begann, die auf 30 Jahre dotiert waren. Die Stützung des
Repo-Marktes ist eine rein kurzfristige Angelegenheit und steht damit
nicht in Verbindung mit dem Gelddrucken im Rahmen der QE. Es geht
lediglich darum zu verhindern, dass die kurzfristigen Zinsen steigen
und nicht darum, die langfristigen Zinsen zu senken.
Armstrong Economics: Die Repo-Krise und ob sie abgewendet werden kann
Ich wünschte, ich
könnte die Frage nach einem Abwenden der Repo-Krise positiv
beantworten. Unglücklicherweise liegt das Epizentrum in diesem Fall
außerhalb der amerikanischen Jurisdiktionen selbst der Federal
Reserve. Zur Abwendung dieser Krise bedarf es politischer Maßnahmen,
da die Mittel der Geldpolitik durch die Zentralbanken nicht
ausreicht. Daher glaube ich nicht, dass sich jemand von Schaden aus
der Repo-Krise wird entziehen können. Das Problem liegt schlichtweg
bei der Politik, wo ein massives Umdenken erforderlich wäre. Die
Erfahrungen aus der Geschichte zeigen, dass die Krise erst eintreten
muss, bevor irgendein Politiker etwas unternehmen wird.
Liest man sich das
Protokoll der letzten FED-Sitzung aufmerksam durch, dann sieht man,
dass deren Spitzen der einhelligen Meinung waren, dass es im Jahr
2020 keine Senkung der Zentralbankzinsen geben wird. Der Grund dafür
ist jener, dass der freie Markt die Zinsen von selbst immer wieder
nach oben treiben wird. Im September, kurz vor der Repo-Krise war die
FED noch zur Senkung ihrer Zinsen gezwungen. Als die Repo-Krise dann
ausbrach wurde klar, dass die FED ihre Zinssenkungen nicht mehr
halten konnte, da der freie Markt die Zinsen immer wieder nach oben
drückte. Die FED hatte schließlich ein privates Treffen mit Trump,
wo sie diesem klar machte, dass er seine Forderungen nach negativen
Zinssätzen beenden muss.
Selbst wenn die FED
sich dazu entschlösse, mich als Berater hinzuziehen oder mir gar
diktatorische Befugnisse über die Geldpolitik in den USA geben
würde, so könnte ich nichts unternehmen, um diese Krise zu
verhindern. Der Grund liegt darin, dass sie sich außerhalb der
Vereinigten Staaten ausbreitet und sie jetzt schon zu einem
Krebsgeschwür herangewachsen ist, das die gesamte Weltwirtschaft
bedroht. Die neue Haltung der FED gegen negative Zinssätze ist sehr
substanziell. Ich habe bereits in der Vergangenheit immer wieder
gewarnt, dass
die negativen Zinssätze der EZB den Euro als Reservewährung
untergraben haben. Keine Zentralbank will heute noch Euro in ihren
Depots halten, da jeder Halter dieser Währung aufgrund der negativen
Zinsen im Euroraum effektiv von der EZB besteuert wird.
Sogar der Chef von
JP Morgans CEO Jamie Dimon äußerte sich dazu und erklärte, dass
noch immer nicht klar ist,
ob ein Regime negativer Zinssätze überhaupt möglich ist, ohne
dabei irgendwann tiefe Verwerfungen zu verursachen. Jamie Dimon
fasste die Repo-Krise im September zusammen indem er sagte, dass „die
Banken eine enorme Menge an Liquidität haben, allerdings auch einer
enormen Menge an Beschränkungen unterliegen, wie sie diese
Liquidität nutzen dürfen“. Damit bezog er sich auf die mit Basel
III eingeführten neuen Bilanzierungsregeln.
China übrigens
einigte sich mit Trump auf ein Handelsabkommen vor allem wegen wegen
der schwelenden Repo-Krise. Es warten wesentlich bedeutendere
Probleme auf uns als ein paar Handelsstreitigkeiten. Es ist wirklich
verwunderlich, dass bislang niemand den Zusammenhang zwischen
Repo-Krise und dem erzielten Abkommen bemerkte.
Ich bin froh, dass
es zunehmend Menschen gibt, die in der Lage sind die Krise am
Repo-Markt und deren Implikationen zu verstehen. Die Theoretiker in
den Institutionen kommen mit allen möglichen Verschwörungstheorien
daher und behaupten, dass es sich bei der Stützung des Repo-Marktes
durch die FED um Helikoptergelder handelte und alles nur der
quantitativen Lockerung dienen soll. Sie wenden den klassische
Keynesianismus an, nach dem die Wirtschaft „stimuliert“ wird,
wenn man die Geldmenge erhöht. Das aber ist in den USA gar nicht
notwendig, da sich die Arbeitslosigkeit aktuell wieder auf dem Niveau
der 1960er Jahre befindet und die Realwirtschaft robuste Werte
aufweist.
Wie ich leider
feststellen muss spucken die meisten einfach denselben Unsinn aus wie
schon 2007, ohne auch nur einmal zu bemerken, dass es beim QE um den
Aufkauf langfristiger Schulden geht mit dem Versuch, damit die
langfristigen Zinsen kontrollieren zu können. Bei den Eingriffen in
den Repo-Markt aber haben Zentralbanken versucht, die kurzfristigen
Zinssätze zu steuern. Die Spitze der Repo-Zinsrate auf 10% zeigte
dabei unzweifelhaft, dass die Zentralbanken sogar die Kontrolle über
die kurzfristigen Zinsen am verlieren sind.
Das negative
Zinsregime durch die EZB während des letzten Jahrzehnts hat die
Anleihenmärkte völlig zerstört,
wie ich in einem Interview erklärte, das ich letztes Jahr im
April in Deutschland führte. Darin habe ich auch vor
der Liquiditätskrise und vor Basel III gewarnt, was beides
ebenso zur Entstehung der aktuellen Repo-Krise beigetragen hat. Nicht
zuletzt habe ich auch eine Warnung ausgesprochen, dass wir im
September in eine Liquiditätskrise geraten würden, wie es dann auch
geschehen ist.
Alles in allem muss
man bei dieser Krise höllisch aufpassen, da es sich dabei um die
Mutter aller Finanzkrisen handelt und es scheint, dass nur Fachleute
die Krise überhaupt zu erfassen in der Lage sind. Meine Kontakte
gehen bis hinein in den Kernbereich dieses Marktes und dort ist man
sich völlig bewusst darüber, was kommen wird. Leider ist es diesen
Personen aufgrund von Vertraulichkeitsvereinbarungen nicht erlaubt
offen zu sprechen. Bei dieser Krise geht es längst nicht mehr nur um
den Repo-Markt selbst, dieser markiert lediglich den Beginn der
Krise. Insgesamt sprechen wir hier von einer Krise, die den
kompletten nächsten Konjunkturzyklus beherrschen wird und damit fast
ein ganzes Jahrzehnt.
Da diese Krise
erwartbar auch ganze Staatswesen in den Abgrund reißen wird können
wir uns darauf vorbereiten, dass Sündenböcke gesucht werden. Dabei
waren es wie immer die Regierungen selbst, die diese Krise in krass
unverblümter Weise selbst hoch beschwört haben, auch wenn sie
selbst niemals die Verantwortung für eine derartige Störung der
Weltwirtschaft übernehmen würden.