24. November 2019

Multikulti sei Dank: Im ländlichen England werden wieder Schutzwälle gegen Räuberbanden errichtet

Landschaft in Nordengland; man beachte die Steinwälle (Bildquelle)


Englands Steinwälle früher und heute



In meiner Vorstellungswelt war das ländliche England bislang fest verankert als ein idyllischer Ort, mit kleinen pittoresken Ortschaften und ab und an einem Herrenhaus. Dazu sehr viel grün und eine Landschaft, die nicht ohne Grund als Namenspatron diente für „englische Gärten“.

Ein fester Bestandteil dieser Landschaft sind Felder, deren Grenzen man an kleinen Steinwällen erkennen konnte. Diese Steinwälle sind kaum einen Meter hoch und sie bestehen aus jenen Steinen, die von Bauern beim Umpflügen gefunden wurden und kurzerhand aufgetürmt wurden, bis irgendwann eine kleine Mauer entstand. Dies half nicht nur dabei, Streit mit Nachbarn zu vermeiden, sondern auch, damit die eigenen Schafe wissen, wie weit sie gehen können. Nicht zuletzt entstanden mit diesen steinernen Feldtrennern kleine Biotope für Insekten, Reptilien und Vögel, die sich dort in Ruhe ausbreiten konnten, da weder sie die Bauern störten, noch die Bauern sie störten.

Heute werden kaum noch neue Steinwälle diesen Typus errichtet, da der allergrößte Teil des ländlichen Englands bereits kultiviert ist. Das heißt, es gibt kaum noch Steine in nennenswerter Größe im ersten Meter unter dem Boden, die der Pflug versehentlich nach oben befördern könnte. Die Aufgabe der Feldabgrenzung für die Nutztiere wiederum übernehmen auch in England zumeist mobile Elektrozäune an Orten, die in der Vergangenheit nicht mit einem kleinen Steinwall versehen wurden.

Jenseits des landschaftlichen Reiz und der pragmatischen Lösungsorientierung englischer Bauern der Vergangenheit könnte man also meinen, ist die Zeit für derartige Wälle vorüber. Doch weit gefehlt.



Mit Wällen gegen eine voll integrierte Wertschöpfungskette



Wie die Daily Mail berichtet beginnen immer mehr Bauern in England damit, ihre Felder und Höfe mit Wällen zu umgeben. Dabei liegt ihnen nicht der Naturschutz am Herzen und auch nicht die Liebe zur Landschaftspflege. Vielmehr ist es die immer stärker grassierende Kriminalität, die nicht mehr nur die großen Zentren von London, Birmingham und den Midlands betrifft, sondern zunehmend auch auf ländliche Gegenden überschwappt.

So ist auch die im Südwesten der Insel gelegene Region Cotswolds betroffen, die bei Wikipedia beworben wird als das Herz Englands. Das zugehörige Bild im Eintrag über Cotswolds zeigt auch just jene sattgrüne Landschaft, wie sie in meiner Phantasie abgelegt ist mitsamt steinerner und von Büschen überwuchernder Feldtrenner. 

 
Schönes Cotswolds (Bildquelle)

Die Bauern der Region sind so sehr über Räuberbanden verzweifelt, dass sie auf die antike Technik zurückgreifen und ihre Höfe und Felder mit Schutzwällen umgeben, die jenen ähneln, die schon ihre Vorfahren errichtet haben. Lediglich das Material und die verwendete Technik haben sich verändert. Dank Traktoren und Baugerät können sie ihr Eigentum nun mit soliden Erdwällen ausstatten.

Die auf das ländliche England spezialisierten Diebe sollen auf diese Weise daran gehindert werden, dass sie bei ihren Raubzügen mit Fahrzeugen ungehindert auf den Hof fahren können, um dann wahlweise Geräte zu klauen, ganze Tiere mitzunehmen oder gar vor Ort gleich zu schlachten, oder einfach nur, um etwas nächtlichen Spaß mit dem unabgeschlossenen Hoftraktor zu haben.

Das Problem mit den Raubzügen ist offenbar so groß für die Bauern Englands, dass die Organisation für die Bekämpfung von Verbrechen gegen Wildtiere bei ihrer nächsten Konferenz den Bauern des Landes sogar eine offizielle Empfehlung für den Bau derartiger Erdwälle aussprechen will.

Lieber jetzt bauen, bevor der Diesel für die Maschinen verboten wird (Bildquelle)

Denn nicht nur Cotswolds ist betroffen, generell erachten Diebe ländliche Gebiete als „leichte Beute“ und ziehen auf ihren Raubzügen „von Bezirk zu Bezirk“, wobei die Spezialisierung in dem Bereich in vollem Gang sein soll und es keineswegs viele Einzeltäter sind, sondern organisierte Banden mit einer Wertschöpfungskette, die reicht vom Ausspähen bis zum Verkauf der heißen Ware.

Neben den baulichen Schutzmaßnahmen statten auch immer mehr Bauern ihre Fahrzeuge mit Sendern aus, damit sie diese im Fall der Fälle schnell wieder finden können. Die englische Polizei spielt indes nur eine Nebenrolle. Sie ist weiterhin beschäftigt mit dem Verfolgen von „Hassrede“, was deren Budget stark beansprucht. Das heißt aber keineswegs, dass sie untätig bleiben wird. Es wird sicherlich bald auch in den ländlichen Regionen entsprechende Einheiten auf Abruf geben, um all jene Landwirte zu verfolgen, die auf einen möglichen gemeinsamen Hintergrund der Täter verweisen, die ihre Beute laut Artikel bevorzugt in Richtung Osteuropa verschiffen.

Wo in Deutschland die Innovationen der Merkelpoller und Merkeltannen - oder schlichtweg das Abwesend bleiben von öffentlichen Veranstaltungen – für eine „Neue Ordnung“ sorgen, so hilft sich England ab mit der Neuentdeckung von Wällen als Schutzmaßnahme gegen ungewollte Eindringlinge.

Not macht eben erfinderisch. Überall.


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