Das passiert sonst nur bei "FCKU Mhmmd" |
Das Markenrecht, dein Freund und Zensurhelfer
In einem Anflug von
Zorn und Kreativität habe ich vor zwei Wochen ein tagesaktuelles
Motiv gebastelt. Anstelle des üblichen zwischen zwei rote Balken
eingerahmte „FCK NZS“ oder „FCK AFD“ habe ich es gewagt, die
Buchstabenkombination „FCKU GRTA“ zwischen zwei rote Balken zu setzen und das ganze zu einem Motiv verwurstet. Bei dem deutschen Seedshirt
(nicht beim amerikanischen Spreadshirt!) habe ich daraufhin jeweils
ein
T-Shirt, eine Tasse und eine Tragetasche damit verziert und zum
Verkauf angeboten.
Ganz offensichtlich
bin ich damit aber über das Ziel hinaus geschossen. Denn nach knapp
zwei Wochen (und Null Verkäufen, leider) kam man bei Seedshirt zum
Schluss, dass ich mit dem Motiv gegen ihre AGB verstoße. Die
Produkte mit dem Motiv wurden daraufhin sofort aus dem Programm
genommen. Auf eine Anfrage, warum die Produkte herausgenommen wurden
bekam ich zeitnah die Antwort, wonach ich gleich zwei ihrer Regeln
verletzt habe. Die erste besteht darin, dass mein Motiv zu nahe dran
ist am geschützten Markenlogo
der amerikanischen Rapper von Run-DMC, während sich mein Motiv
zweitens „in beleidigender Form gegen eine dritte Person“
richtet.
Seedshirts Begründung |
Verweis auf das Markenrecht mehr eine faule Ausrede denn substanziell
Man könnte nun zum
Schluss kommen, dass es sich hier insbesondere beim ersten Einwand
gegen das Motiv um eine legitime Ablehnung handeln könnte.
Tatsächlich ist das Motiv nahe dran am Logo von Run-DMC, wenngleich
es bekanntlich zahllose Kopien dessen mit anderen Buchstaben im
Umlauf sind und wohl kaum jemand dafür einen Obolus an die Rapper
abgibt.
Das Run-DMC Logo (Bildschirmfoto) |
Dazu verwende ich bei meinem Motiv auch eine
andere Schriftart (Franklin
Gothic Heavy versus DeaVu Sans), ein anderes Rot ( #F70000 versus
#E52520) und andere Proportionen. Dazu besteht
mein Motiv aus zwei Mal vier und nicht zwei mal drei Buchstaben im
Unterschied zu den üblichen Verballhornungen des Logos und enthält sogar zwei
Vokale.
Keine Ahnung, worum es sich bei DRS handelt (Bildquelle) |
Möglicherweise, das
wäre durchaus legitim, ist man bei Seedshirt einfach nur wesentlich
vorsichtiger bei derartigen Markenrechtsfragen als etwa beim
Platzhirsch Spreadshirt. Dort gibt es ganz offenbar erheblich
weniger Bedenken vor einem möglichen Auftreten der sicherlich gut
bezahlten Anwälte der Veteranen unter den Old-School Rappern. Insgesamt finden sich mit Hilfe der internen Suchmaschine von Spreadshirt zahlreiche Motive, die überaus eng am Original dran liegen.
Die Bildvorlage wurde leicht optimiert (Bildquelle) |
Allerdings zeigt das
Stöbern mit Hilfe der Bildersuchmaschine, wie wenig Angst man auch
bei Seedshirt ansonsten vor der markenrechtlichen Macht von Run-DMC
hat. Das demonstriert dieses
Motiv, das sich im Angebotsfundus des T-Shirt Druckers
findet: „FCK SXSM“ - und ja, eingerahmt werden die Konsonanten
oben und unten jeweils von einem roten Balken.
Die Kampagne wurde beendet... wegen des Markenrechts oder doch weil die Nachfrage ausblieb? (Bildschirmfoto) |
Wer nun denkt, dass
es sich dabei um einen Ausrutscher handelt und es Seedshirt womöglich
einfach nur übersehen hat, der sei hingewiesen auf „FCK
PTA“ und natürlich auch den Klassiker „FCK
AFD“. Die Farbgestaltung des letzteren weicht zwar leicht ab
von der Run-DMC Vorlage, aber auch deren Logo gibt es in
den
unterschiedlichsten
Farbkombinationen.
Schon seltsam: Beide Kampagnen sind noch immer aktiv (Bildschirmfotos 1,2) |
Einmal keine zehn Minuten und dann wieder zehn Tage
Besonders auffällig
bei der Entscheidung gegen mein Motiv aus markenrechtlichen Gründen
ist auch, dass ich bereits davor einmal Bekanntschaft machen durfte
mit der Markenrechtsabteilung von Seedshirt.
Denn neben den bislang nicht
beanstandeten „Lügenpresse“
Motiven in meinem Shop, bei denen sich die Buchstaben
zusammensetzen aus den Schriftzügen verschiedener deutscher
Mainstream Medien, hatte ich ein weiteres Motiv im Angebot, bei dem
die Schriftzüge ausgeschrieben sind, sie aber so angeordnet sind,
dass sich daraus das Wort „Lügenpresse“ ergibt.
Abgelehnt weil Markenrecht und trotz "Creative Commons" |
Es dauerte
tatsächlich keine zehn Minuten, bis dieses Motiv abgelehnt wurde, nachdem ich mein Angebot dazu erstellt hatte.
Auch damals habe ich nachgefragt woran es lag, wobei ich verwiesen wurde auf die Markenrechte. Das hielt ich für
nachvollziehbar und habe es akzeptiert, auch wenn sämtliche Logos in der Bing Bildersuche auch mit der Einschränkung der Lizenz als „Creative Commons“ erscheinen, so dass sie laut Bing „kostenlos geändert, freigegeben und kommerziell verwendet werden“ dürfen.
Gelernt habe ich
daraus dreierlei. Erstens, bei Seedshirt ist man erpicht auf das
Vermeiden von Markenschutzklagen – was ich völlig verstehe.
Zweitens, bei Seedshirt achtet man dezidiert auf etwaige Verstöße
dagegen und greift sofort ein – was völlig nachvollziehbar ist.
Und drittens, Seedshirt reagiert quasi in Echtzeit darauf - was ich überaus beeindruckend finde. Ich bin
mir nicht einmal sicher, ob das abgelehnte „Lügenpresse“
Motiv überhaupt den Weg in meinem Shop fand, oder ob es davor schon rausgefiltert wurde.
Daraus folgt die
Frage: Warum hat es dieses Mal so lange gedauert? Der zeitliche
Abstand in Relation zur ersten derartigen Erfahrung lässt ein
deutliches Gefühl der Ausrede zurück, die den wahren – politischen
– Grund für die Ablehnung des Motivs verbergen soll.
Wer oder was ist überhaupt GRTA?
Auch der zweite
Grund für die Ablehnung meines Motivs in Form der vermeintlich beleidigenden
Äußerung gegen eine dritte Person ist nur ein fadenscheiniger. Denn
wer oder was ist dieses „GRTA“? Das Sprüchespiel mit den
Konsonanten ist genau dazu gedacht, dass es nur genau so viel aussagt
wie Phantasie benötigt, um den Rest von selbst auszufüllen, um dem ganzen die
entsprechende (oder eine ganz andere) Bedeutung zukommen zu lassen. Das ist
bei „FCK“ genau das selbe wie bei „FCKU“, wobei das FCK bekanntlich auch
für den 1. FC Kaiserslautern stehen kann.
Ob „GRTA“,
„NZS“, „SXSM“ oder „GLND“
– sie alle sagen dem Betrachter alles, wenngleich sie rein faktisch
rein gar nichts sagen. Auch hier zeigt sich wieder, dass man bei
Spreadshirt offenbar weniger Hemmungen hat mit dem Zulassen von Motiven, auf denen „in
beleidigender Form gegen eine dritte Person“ gehetzt wird. Jedenfalls ist das in Ordnung, so
lange die Person der AfD angehört,
was im übrigen auch das Bewerben krimineller
Handlungen umfasst.
Die Vorlage wurde ebenso leicht optimiert (Bildschirmfoto) |
Fest steht, GRTA ist weder Greta
Thunberg, noch wird damit eine bestimmte Person angesprochen. Rein
auf das faktische bezogen spricht es nicht einmal eine irgendwie
geartete „Greta“ an. Genauso gut könnte „Gruta“ gemeint
sein, ein Dorf in Polen
dessen beeindruckendste Sehenswürdigkeit die
Bushaltestelle darstellt, welche die Einwohner des Dorfes täglich zur Flucht einlädt.
Die Bushaltestelle von Gruta (Bildquelle) |
Ein Fall politische Zensur vermummt im hässlichen Kleidchen des Privatrechts
Darf ein Anbieter
zensieren? Ist es legal, wenn ein Anbieter seine AGB in
unterschiedlicher Weise auf Kunden anwendet? Kann ein Anbieter etwas
in ein Motiv hinein interpretieren, das da faktisch nicht ist? Was
passiert, wenn ein Anbieter zu Unrecht auf seine AGB verweist, wenn
er einen Kunden oder dessen Produkte ausschließen will?
Grundsätzlich habe
ich sehr viel Verständnis für die Existenz derartiger Dinge wie
einer AGB, dem Markenrecht und der Souveränität eines Unternehmers
über seine Angebotspalette, wie auch darüber, welche Kunden ein
Unternehmen akzeptiert und welche nicht. Denn auch ich möchte nicht
auf meinem Blog Inhalte veröffentlichen müssen, die mir nicht in den Kram
passen.
Dann aber gibt es
eben auch das Recht. Also jenes Recht, nach dem wir alle leben und
das uns alle gleich behandelt, und das nicht in beliebiger Weise
angewandt werden darf, sondern nur dann, wenn jemand gegen dessen
Inhalt verstößt. Gäbe es das nicht, dann gäbe es kein Recht mehr.
Weder für mich, noch für Seedshirt und auch nicht für Run-DMC und deren Logo.
Wie ich oben darlege
verstößt Seedshirt mit der Ablehnung meines „FCKU GRTA“ Motivs
gegen sein eigenes Recht. Die Druckerei wendet ihre eigenen Regeln
selektiv an und sie agiert basierend auf subjektiven Eindrücken und
nicht basierend auf Fakten. Mit anderen Worten: Seedshirt zensiert und zwar nach der politischen Präferenz und nicht infolge rechtsstaatlicher Zwänge.
Ob sich eine Klage
lohnen würde bezweifle ich stark. Aber eventuell sollte ich die
Anwälte der beiden Labels Profile
und Arista/BMG als derzeitige Rechteinhaber von Run-DMC
kontaktieren und sie auf die
illegale Verwendung des Logos durch Seedshirt hinweisen.
Das würde dann aber vermutlich ebenso enden, wie das Beenden der blamabel offenen Beleidigung von Polizisten in Konsonantenform. Sei dies in Form des unsäglichen "ACAB" oder wie im Folgenden kurz und bündig im Stile von - wem sonst - Run-DMC. Denn ja, zumindest die folgende Konsonantenkombo scheint legal zu sein - obwohl wir alle wissen, was sie aussagt.
(Bildschirmfoto) |