4. Juli 2019

Die Abkehr vom US-Dollar als Nebenwirkung der aggressiven Haltung durch die USA gegenüber Russland und China


So wenig Streit wie über die Frage herrscht, ob sich die Ära des US-Dollar als globale Leitwährung allmählich dem Ende zuneigt, so werden sich die Historiker der Zukunft darüber streiten, worin genau die entscheidende Ursache wird gelegen haben. Vom Gelddrucken über marktliberale Kommunisten bis hin zum Bitcoin gibt es allerlei Kandidaten. Um eine weitere Ursache für den Niedergang des Dollars geht es im folgenden: Es ist das geopolitische Dominanzgehabe durch die USA, die mit ihrem Verhalten ihre Konkurrenten gegenseitig in die Arme treiben.

Gefira: Ein Begriff, den man sich merken sollte: Ent-dollar-i-sierung



Einige sagen, es war Oberst Muammar Gadaffi, der den Dollar entthronen wollte und er bezahlte den Versuch mit seinem Leben. Andere sagen, es war der irakische Präsident Saddam Hussein, der Rechnungen in einer anderen Währung als dem US-Dollar begleichen wollte, und so wurde er gehängt. Jetzt sind es Russland und China, die das Gleiche planen. Erst vor wenigen Tagen wurde eine entsprechende Vereinbarung unterzeichnet.

A) Russland und China haben beschlossen, bei bilateralen Vereinbarungen zunehmend ihre jeweiligen nationalen Währungen zu verwenden, und

Moskau hat in letzter Zeit auch offenbart, dass Russland aufgehört hat, den US-Dollar und das SWIFT-System für Abwicklungen im Waffenhandel zu verwenden.

Der Warenaustausch zwischen Russland und China ist bedeutend; russische Waffen haben viele Kunden auf der ganzen Welt. Auf der anderen Seite verfügen beide Länder, insbesondere China, über große Dollarreserven. Und beide Staaten werden vom Westen angegriffen, sei es durch Wirtschaftssanktionen gegen Moskau oder sei es durch den amerikanischen Handelskrieg gegen Peking.

Die Bestrafungen eines so gewagten Versuchs wie der Umgehung des US-Dollars war im Falle von Libyen oder dem Irak ein Kinderspiel: Beide Länder wurden umgehend abgewickelt. Nur, wie kann man in so einer Angelegenheit gegen eine atomare Supermacht auf der einen Seite und der größten Wirtschaftsmacht Asiens auf der anderen Seite vorgehen?

Wollte Washington Moskau gegen Peking bewaffnen oder umgekehrt wie es zu sein scheint, dann müssen die Strategen am Potomacfluss eine bittere Pille schlucken. Die hybriden Stellvertreterkriege gegen Russland in Georgien, der Ukraine, den baltischen Staaten, Polen sowie in Venezuela und Syrien anstelle eines Direktangriffs haben Moskau nicht geschwächt, sondern sein Engagement mit dem Reich der Mitte beflügelt. Genau das selbe lösten zudem der amerikanische Handelskrieg gegen Peking und andere unfreundliche Handlungen gegenüber China aus. Anstatt die beiden Staaten zu unterwerfen wurden sie von der westlichen Politik gegenseitig in die Arme getrieben.

Die Finanzwelt erlebt den Beginn der Entdollarisierung. Wir sollten uns besser an diesen Begriff gewöhnen. Es sind nun mehr als siebzig Jahre vergangen nach der Einführung des internationalen Finanzsystems von Bretton Woods, das den Dollar zur bestimmenden Währung 1944 für internationale Zahlungsmodalitäten machte, mehr als vierzig Jahre nach den Jamaikaabkommen von 1976, mit dem Bretton Woods modifiziert wurde‘und mehr als zwanzig Jahre nach dem Fall der Sowjetunion als dem Hauptgegner der Vereinigten Staaten. Nun, da es den Anschein hat, dass die Geschichte ihr Ende erreicht hat und nirgendwo sonst hingehen kann und die Menschheit kurz vor dem Eintritt in eine politisch unpolare Welt steht, betraten mit dem Rubel und Yuan zwei Währungen auf dem Plan, welche die Position des Dollar und der dahinter stehenden Mächte einmal mehr in Frage stellen. Es fragt sich: Werden die drei verbleibenden BRICS-Länder (Brasilien, Südafrika und Indien) folgen?

Zugegebenermaßen sind die Volkswirtschaften der USA und der EU keine Rivalen, aber Imperien und Supermächte haben ein gemeinsames Merkmal: Sie können innerhalb von wenigen Monaten fallen und zerfallen. Der Erste Weltkrieg brachte den totalen Zusammenbruch des deutschen, des habsburgischen, des russischen und des osmanischen Reiches; der Kalte Krieg den Zerfall der Sowjetunion. Diese Ereignisse kamen genauso unerwartet wie sie schnell vonstatten gingen.

Die Vereinigten Staaten halten die internationale Währung fest in ihren Händen und haben mit ihr alle denkbaren finanziellen Tricks durchgeführt, von denen das Drucken von Geld aus dem Nichts nur das bekannteste Beispiel ist. Washington könnte andere Volkswirtschaften in ständiger Abhängigkeit halten, indem es die Verfügbarkeit oder den Wert des Dollars begrenzt und - wie Ökonomen es nennen - die amerikanische Inflation importieren. Ohne dieses Instrument der Weltwährung würde den USA eine der mächtigen Waffen überhaupt beraubt, denn sie gebietet ausländischen Souveränen strikten Gehorsam.

Westliche Ökonomen trösten sich mit der Vorstellung, dass der von Moskau und Peking geschmiedeten Plan noch lange nicht verwirklicht ist und durch so viele objektive Faktoren behindert wird, dass sein Erfolg höchst unwahrscheinlich ist. Damals, nach dem Zweiten Weltkrieg waren sich die Amerikaner sicher, dass die Sowjetunion - aufgrund der Rückständigkeit ihrer Wirtschaft und wegen der angerichteten Schäden - erst nach etwa zwanzig Jahren eine eigene Atombombe haben würde. Sie hatten jedoch eine innerhalb von nur vier Jahren, und bald darauf folgte der Start des ersten Satelliten und der erste Mensch vollbrachte eine volle Umlaufbahn um die Erde.

Durch die zunehmende Abwicklung von Geschäften in den jeweiligen Landeswährung werden sowohl Russland als auch China mehr finanziellen Spielraum erhalten. Diese Art des Vorteilsgewinns könnte sich nachfolgend allmählich auf die Beziehungen zu anderen Ländern ausweiten. Zweifellos werden es die in vielen Ländern begehrten und qualitativ hochwertigen russischen Waffen sein, die den Weg ebnen für einen Ausbau der Geschäftsabwicklung in den jeweiligen Landeswährungen. Sie werden dafür sorgen, dass sich die russische Währung von einer reinen Tauscheinheit in eine internationale Währung verwandeln wird.

Dazu wird auch China weniger abhängig vom Dollar sein. Sie können endlich damit aufhören mit dem Horten des leeren Dollars, und dadurch in ihren Beziehungen zu den Vereinigten Staaten an Stärke gewinnen. Der Hebel, den sie dabei anwenden können? Es ist das Handelsvolumen in Rubel/Yuan. Je unfreundlicher die Haltung von Seiten Washingtons, desto größer wird dessen Volumen und umgekehrt.