30. April 2019

Wahljahr in Indien, einem wankendem Koloss auf tönernen Füßen

Wie Merkel, nur indisch (Bildschirmfoto)

Indien wird gerne hingestellt als die kommende Weltmacht. Im Unterschied zum anderen Kandidaten, dem kommunistischen China, ist das Land sogar eine Demokratie mit freiheitlichen Institutionen. Auch ich habe ein zunehmend positives Bild des Landes, hat es doch zumindest die Bevölkerungsexplosion der letzten Jahrzehnte in den Griff bekommen. Kenner des Landes aber zeichnen ein anderes Bild. Es ist jenes eines riesigen unfähigen Kolosses, der auf tönernen Füßen steht, die immer mehr Risse bekommen.


International Man: Über den Niedergang Indiens



Aktuell laufen in Indien gerade die Parlamentswahlen ab, fünf Jahre nachdem es in Indiens Politik zu einem bedeutenden Bruch mit der Vergangenheit kam. Zum ersten Mal seit der Unabhängigkeit haben weder die Regierungspartei, noch der Premierminister einen Bezug zur britischen Kolonialgeschichte.

Der aktuelle Premierminister Narendra Modi wurde 1950 geboren, drei Jahre nach der Abreise der Briten.

Es ist vielleicht kein Zufall, dass der diesjährige Wahlkampf des Landes einen selten gesehenen Qualitätsmangel aufweist. Auf dem Feld der politischen Kandidaten tummeln sich Terroristen, Kriminelle, Massenmörder, Fanatiker, Betrüger und Anführer von Mobs. Darüber hinaus hat mindestens ein Drittel der derzeitigen Parlamentarier ein Strafverfahren gegen sich laufen - und das in einem Land, in dem kaum eine Straftat überhaupt erst angezeigt wird. Die Gesichter, sie alle erinnern mich an das Gollum aus Herr der Ringe.

Die Wähler sind besessen von ihren ideologischen Vorlieben und nehmen alles ausschließlich durch ihre parteiische Perspektive wahr. Das geht so weit, dass sollte es in der Partei einer Feministin einen Vergewaltiger geben, dann wird sie sich weigern, ihm einen Vorwurf zu machen. Nicht, dass Indien viel mit Prinzipien wie Moral und Vernunft zu tun hätte. In früheren Zeiten gab es eine gewisse Toleranz gegenüber unterschiedlichen Weltanschauung. Diese Toleranz jedoch, sie wurde schon lange verdrängt und vergessen.



Clanstrukturen und Feudalismus hinter einer Fassade aus modernen Institutionen



Egal wo man in Indien hingeht, es scheint als gäbe es überall nur Aasfresser, die sich an Kadavern fett fressen.

In Indien wie auch anderswo liefern uns Institutionen den grundlegenden Rahmen für soziale Interaktionen und Transaktionen. Basieren diese Institutionen auf der Grundlage von Vernunft und Moral, dann werden die Menschen dazu ermuntert, bei ihrem Denken und Handeln ohne Aggression oder Betrug auszukommen.

Leider haben die in Indien von den Briten zurückgelassenen rationalen Institutionen seit deren Abreise deutlich an Qualität verloren. Modi war ein plötzlicher und bedeutender Bruch mit den Briten und er markierte auch den Beginn einer Ära der schnellen Verschlechterung.

Termiten haben die noch bestehenden Institutionen inzwischen gänzlich ausgehöhlt. Über allem steht ein erstickender Geruch von Fäulnis. Klasse, Vision, Ehre, Stolz und Selbstachtung zeichnen sich durch Abwesenheit aus – und das nicht nur bei Politikern, sondern vor allem auch bei den durchschnittlichen Bürgern. Die dem indischen Subkontinent zugrunde liegende Stammeskultur kann immer mehr Raum greifen in dieser chronischen - und beschleunigten - Degeneration der politischen Institutionen.

Glaubt man den großen internationalen Organisationen - Weltbank, IWF usw. - ist Indien eine lebendige Demokratie und eine der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der Welt. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob ich diesen feisten Organisationen mit Dutzenden von Milliarden Dollar an Mitteln vertrauen soll, oder doch eher meinen eigenen Sinnen, mit denen ich das Land wahrnehme.

Jede Partei in Indien verfolgt die selbe Wirtschaftspolitik. Sie dreht sich nur darum, welche Partei den Wählern die meisten Leckereien bietet, damit sie dieser die Stimme geben.

Vor seiner Zeit als Premierminister hatte Modi vorgeschlagen, jedem Einzelnen 1,5 Millionen Rupien (INR) zu schenken, was dem 1,3-fachen des pro-Kopf BIPs entspricht. Der wichtigste Oppositionskandidat Rahul Gandhi bietet nun 71.000 INR für jede arme Familie und will zig Millionen Arbeitsplätze im öffentlichen Sektor schaffen.

Das erschreckende ist, Indien ist heute merklich regressiver als vor der so genannten Liberalisierung von 1991.

Auch die Arbeitslosigkeit ist unter Modi in die Höhe geschnellt. Zehn Millionen Menschen wurden in die Illusion gelockt, dass sie Erfolg hätten, wenn sie fleißig Schulen und Colleges besuchten. Viele folgten dieser Versprechung, aber heute klopfen sie bettelnd an den Türen und suchen verzweifelt eine Stelle, die ihrer Ausbildung entspricht. Tatsächlich ist es nicht allzu schwer, Amazon Lieferfahrer mit Ingeniersdiplom zu finden.

Vor kurzem hat die Indian Railways 90.000 Stellenangebote veröffentlicht. 28 Millionen Bewerber bewarben sich - eine Zahl, die dem gesamten Arbeitskräfteheer des Vereinigten Königreichs entspricht. Aber das ist nichts Ungewöhnliches. Ingenieure, Ärzte und Doktoranden bewerben sich regelmäßig für Jobs, für die es nicht mehr als eine Grundschulausbildung braucht, darunter Jobs, bei denen man in der Kanalisation in das Abwasser eintauchen muss, um die Schleusen zu öffnen. Wer einen „Geschmack“ von dieser Art Tätigkeit bekommen will, der sehe sich den Film Slumdog Millionär an.



Digitales Geld für eine analoge Gesellschaft



Im Jahr 2016 schaffte Modi 86% des Papiergeldes der indischen Währung ab – eine Maßnahme, mit der er der Wirtschaft schweren Schaden zufügte. Das Rückgrat der indischen Wirtschaft ist seit langem der informelle Sektor. Ohne Bargeld fiel dieser Sektor ins Koma. Dann implementierte Modi ein extrem aufwändiges internetbasiertes Mehrwertsteuersystem, in dem jeder Beleg eingebucht wird. Heute zirkulieren Hunderte von Verordnungen und Rundschreiben zu Änderungen am Steuersystem.

Ich kenne viele Menschen, die ihre Bildung aus dem wahren Leben bezogen, und die noch nie eine Geldkarte verwendet haben. In der von einem allgemeinen Vertrauensmangel in den nächsten geprägten Gesellschaft Indiens können sie beim Umgang mit Geld ganz einfach nicht auf ein System vertrauen, bei dem nicht ein Mensch aus Fleisch und Blut auf der anderen Seite des Geschäfts steht. Besonders problematisch ist dies aber für arme Menschen. Sie sind schlicht und ergreifend nicht in der Lage, die Funktionsweise des ganzen Systems zu verstehen.

Selbst ich benutze meine Geldkarte nicht, denn es ist durchaus vorstellbar, dass ich Geld von meinem Sparguthaben verschicke, es aber nie dort ankommt, wo ich es hingehen soll. Jeder, der schon einmal Erfahrungen mit einer indische Banken gesammelt hat, der weiß, dass sie alle unter diesem Problem leiden und das prägt.

Wirtschaftlich betrachtet sind alle Parteien Indiens im linken Spektrum angesiedelt, und neben dem üblichen Anbieten von Almosen für die Armen und dem gleichzeitigen Leerräumen der Staatskasse gibt es auch eine beträchtliche religiöse Kluft. Die einzige Partei, die als rechts angesehen wird, es ist Modis BJP, wirbt für den hinduistischen Nationalismus und hat erheblich dazu beigetragen, dass unter Hindus der Fanatismus blüht. Der große Rest auf der linken Seite wiederum besteht aus Opportunisten, die ihre Legitimation vor allem aus ihrem vermeintlichen Opferstatus ziehen: Muslime, Kommunisten und das, was zu Recht als „pseudosäkular“ bezeichnet wird und bei denen es sich um rückgratlose Nichtmuslime handelt, die den Fehler stets in ihrer eigenen Religion finden, um dann ohne logischen Zusammenhang den Islam zu preisen.



Stell dir vor, es ist Krieg und die Waffen funktionieren nicht



Modi erkannte, dass er die aktuellen Wahlen wahrscheinlich verlieren würde, und so schickte er am 26. Februar 2019 Kampfflugzeuge nach Pakistan, um die Stimmen jener Wahlzombies zu erhalten, die sich stellvertretend tapfer fühlen wollten und in Gedanken mit die Bomben abwarfen. Modi versuchte sich damals an dem, was man sonst von Israel oder den USA kennt.

Infolge des Angriffs behauptete Indien, 250 Terroristen getötet zu haben, die sich in einem Lager in Pakistan in der Ausbildung befanden. Alle bisherigen Erkenntnisse jedoch zeigen, dass die Bomben ihr Ziel wahrscheinlich verfehlt haben. (Es scheint, als hätten sie lediglich einen Hubschrauber mit sechs Personen an Bord abgeschossen – und zwar einen indischen.) Daneben sind alleine in diesem Jahr neun indische Kampfflugzeuge während Übungsflügen ohne guten Grund vom Himmel gefallen, einem eindeutigen Indikator für Qualität die Luftwaffe.

Zyniker würden anmerken, dass es vielleicht ganz gut so ist, da bei einem Atomkrieg zwischen Indien und Pakistan die Bomben wahrscheinlich nicht explodieren würden.



IQ und Weltmachtpotenziale



Je nachdem, welche Statistiken man sich sieht, liegt der durchschnittliche IQ Indiens irgendwo zwischen 76 und 82. Da es unsere politische Korrektheit aber nicht mehr erlaubt, über den IQ zu sprechen gehen der IWF und die Weltbank davon aus, dass Indien nicht nur das nächste China sein wird, sondern viel besser - denn Indien ist eine Demokratie.

China kopierte die westliche Technologie. Indien – wie auch Afrika – scheitert weitgehend daran, denn auch das Kopieren will gelernt sein. Indiens Geschäfte quellen über vor einfachen Waren aus China wie etwa billiges Plastikspielzeug. Als Unternehmer ist es fast unmöglich, qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Wer einen Klempner braucht, der muss davon ausgehen, dass dieser für jedes Problem das er zu beseitigen vorgibt drei neue schafft. Wer glaubt, dass Indien jemals in der Lage sein wird, jene Produktionskapazitäten zu übernehmen, die wegen steigender Löhne aus China abwandern werden, der gibt sich einer politisch korrekten Illusion hin.

Selbst die indische IT-Industrie - die nie wirklich jene potenzialbehaftete Kraft war als die sie hingestellt wurde, die sich hauptsächlich mit einfachen Zulieferdiensten beschäftigt und in der nicht mehr als 0,3% der Bevölkerung arbeiten - verliert schnell an Boden. Call Center, wie der ein oder andere Leser in letzter Zeit vielleicht bemerkt hat, werden inzwischen wieder zurück in die USA verlagert, oder aber weiter auf die Philippinen.



In Indien funktioniert nichts



Je mehr Zeit vergeht, desto mehr gehen die Institutionen kaputt, sie degenerieren und verfallen. Die Verfassung ist heute ein Stück Papier, das genau so viel Wert ist, wie das Verständnis, das der Richters dafür übrig hat. Dem System fehlt es einfach an jener rationalen Denkweise, die notwendig ist, um die von den Briten geschaffenen Institutionen Indiens mit Leben zu füllen.

Die Institutionen verrotten und verfallen, weil sich Indien als unfähig erwiesen hat, sie überhaupt zu erhalten, geschweige denn neue zu schaffen, um den vielen modernen Herausforderungen des Landes gerecht zu werden.

Die seit Anfang der 90er Jahre existierende wirtschaftliche Entwicklung kam nicht so sehr durch die so genannte Liberalisierung zustande, sondern durch billige Telefonie und das Internet – also von außen kommender „zwangsgefütterter“ Technologie, die genauso nach Indien gebracht wurde, wie sie generell der Dritten Welt geschenkt wurde. Die Vorteile daraus, sie sind nun aber aufgebraucht.

Schon damals kam der größte Teil des Wachstums der Dritten Welt aus China, das heute eindeutig ein Land der Zweiten Welt ist. Sobald man China nicht mehr zur Dritten Welt hinzuzählt, dann sieht es beim Wachstum nicht allzu gut aus.

Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs hatte Großbritannien erkannt, dass Indien und der Rest der Dritten Welt die Mühe nicht wert waren. Ihre Gesellschaften waren einfach zu chaotisch. Und die wenigen Freiheiten, die den Einheimischen durch die Briten gewährt wurden, haben sie zum Kampf gegen sie ausgenutzt, anstatt auf diesem gegebenen Fundament aufzubauen und das ganze als Sprungbrett zur Verbesserung des eigenen Lebens zu verwenden.

Die Dritte Welt einschließlich Indiens war immer geprägt von einem Leben voller Wildheit und Barbarei, das permanent am Rande des malthusianischen Gleichgewichts stand.

Im Jahr 1950 betrug die indische Bevölkerung 359 Millionen. Heute sind es 1.369 Millionen. Im Jahr 2050 dürften es 1.659 Millionen sein. Die Bevölkerungsexplosion aber sagt nichts aus über den wahren Schrecken der Realität. Die gebildetsten und intelligentesten Inder wandern typischerweise aus, um im Ausland zu arbeiten, und sie haben darüber hinaus auch weniger oder gar keine Kinder.

Der Anteil der bildungsfernen Unterschicht steigt daher weiterhin in zuverlässiger Weise, während der Anteil der intelligenten Menschen in der gesamten Gesellschaft stetig abnimmt. All dies, unterstützt durch die linke Sozial- und Förderpolitik, hat den indischen Staat systematisch und rasch in einen Zustand versetzt, den man nur noch als hirntot bezeichnen kann.

Die Dritte Welt fühlt sich wohl in ihrem Opferstatus. Das christliche Prinzip der Sünde und die Gesinnungsethik der westlichen Linken haben diese Entwicklung gefördert. Denn es raubt der Dritten Welt jede Gelegenheit für eine sinnvolle Selbstreflexion, und so versinkt sie immer weiter in ihrem eigenen Sumpf; es ist eine Regression zurück ins Mittelalter.



Kommende Katastrophen multipliziert mit fünf Milliarden



Wie werden die aktuellen Wahlen in Indien wohl ausgehen? Das ist die falsche Frage, da der Bruch mit der britischen Vergangenheit nun abgeschlossen ist und es keine wirklich gangbaren Option gibt.

Da die Institutionen in Indien immer weiter auseinander fallen - jetzt schneller denn je – ist der Absturz von der Klippe nicht mehr weit entfernt. Indien steht vor einer humanitären Katastrophe. Der ehrliche Blick auf die Dritte Welt verrät, dass deren Zukunft mit Ausnahme von China nichts anderes grotesk sein wird.

Fünf Milliarden Menschen leben in der Dritten Welt. Sollten deren Gesellschaften einmal implodieren angesichts von Institutionen, die ihre Kompetenz und damit Belastungsfähigkeit verloren haben, dann wird es eine humanitäre Katastrophe geben, wie sie die Welt noch nie zuvor erlebt hat.

Ironischerweise erachten die Weltbank und der IWF die Dritte Welt als die Zukunft der Menschheit. Es ist eine Zukunft, die sich nur die politisch Korrektesten ausmalen können, denn jeder Hellsichtige ist sich gewiss: Indien wird leiden.