Bald auch in Dänemark? (Bildquelle) |
Wer denkt, in Dänemark ist alles besser, der sollte sich diesen Artikel gut durchlesen. Nicht anders als in Deutschland, Schweden oder sonstwo im multikultibeseelten EU-ropa bekommt man für legitime Kritik am radikalen Islam die Schuld zugewiesen, wenn man sich dadurch in Gefahr begibt, von den Extremisten umgebracht zu werden. Dabei zählt nicht das Geschlecht, der Migrationshintergrund oder einschlägige Erfahrungen mit der Materie Koran. Im Gegenteil, die Behörden grasen systematisch alles ab und zerstören einem das Leben. Trotz migrationskritischer dänischer Krone, trotz mitte-rechter Regierung, trotz der vermeintlichen Offenheit des dänischen Diskurs.
Quilette: Dänemarks blasphemische Mutter
„Das ist ein
Alptraum. Wir stehen unter Schock“, sagt Jaleh Tavakoli. Im
vergangenen Monat erhielt die 36-jährige iranisch-dänische
Islamkritikerin von den dänischen Sozialbehörden die Nachricht,
dass sie nicht mehr in der Lage sei, für das 8-jährige Kind zu
sorgen, das kurz nach dessen Geburt adoptierte. Warum? Tavakoli, eine
Kolumnistin und Autorin meint, dass es an ihren politisch inkorrekten
Ansichten über den Islam liegt. Die Sozialbehörden behaupten, dass
sie sich nur um das Wohl eines potenziell gefährdeten Kindes sorgen
würden. Tavakoli muss wegen ihrer Islamkritik unter
Sicherheitsvorkehrungen leben, nachdem sie auf den Straßen von
Kopenhagen bedroht wurde, wobei sie im Jahr 2015 sogar von
Dschihadisten attackiert wurde. Für Tavakoli ist die drohende
Wegnahme ihres Kindes die schwerste Herausforderung ihres Lebens,
während sich gleichzeitig die dänische Gesellschaft fragen muss, wo
die Grenze liegen soll für den radikalen Islam, wenn dieser mit der
Meinungsfreiheit kollidiert und die Rechte von Kindern in die
Schusslinie geraten.
Dänemark ist ein
Königreich mit nur 5,7 Millionen Einwohnern und ist eines der
lebenswertesten Länder der Welt. Der kleine nordische Staat wird
wegen seines starken universellen Gesundheitssystems, seines hohen
sozialen Vertrauens und seiner äußerst großzügigen
Sozialleistungen beneidet. Im Jahr 2018 war Dänemark laut
UN-Weltglücksbericht das Land mit den drittglücklichsten Bürgern
(seit Beginn des Berichts im Jahr 2012 hat Dänemark die Liste
dreimal angeführt).
In Dänemark haben
sich auch Hunderttausende Einwanderer angesiedelt, die hauptsächlich
aus dem Nahen Osten, Afrika und Osteuropa stammen. Heute sind rund 10
Prozent der Bevölkerung Einwanderer - ein rascher demografischer
Wandel, der erst in den letzten Jahrzehnten begann. Und doch konnte
sich Dänemark unter der Decke des gesellschaftlichen Glücks und
seines Wohlfahrtsstaates nicht freihalten von sozialen und
politischen Spannungen, die es heute in fast allen Ländern Europas
gibt. Auch am glücklichsten Ort der Welt wird das politische
Tagesgeschehen bestimmt von den Themen Migration, Islamismus und
Integration.
In diesem
Zusammenhang haben Tavakolis Schriften in den letzten zehn Jahren
viel positive Resonanz, aber auch Widerspruch gefunden. „Islam,
muslimische Einwanderung und der Tod Europas.“ „Hört auf, in
Dänemark Asylanträge zu bearbeiten.“ „Muslime trennen
Familien.“ Das sind die Titel einige ihrer Kolumnen, die in der
Jyllands-Posten erschienen. Die Tageszeitung ist außerhalb Dänemarks
bekannt für die Veröffentlichung der satirischen Mohammed Karikatur
im Jahr 2005, die weltweit tödliche Proteste auslöste.
Für die
Dänen war es ihr Salman Rushdie-Moment - eine Markscheide, die vom
Mainstream behandelt werden musste und Fragen aufwarf hinsichtlich
islamischer Ansichten zur Blasphemie in Europa. Seitdem stieg die
Bedrohung durch den radikalen Islam allerdings nur noch weiter an.
Geheimdienste berichten, dass die größte Terrorgefahr des Landes
heute von Sympathisanten des militanten Islamismus ausgeht. Sie
schätzen, dass seit 2012 rund 150 dänische Staatsangehörige das
Land verlassen haben, um sich im Nahen Osten dschihadistischen
Bewegungen wie dem islamischen Staat anzuschließen. Rund ein Drittel
dieser gewaltbereiten Fanatiker ist inzwischen zurückgekehrt.
Im vergangenen
Dezember teilte Tavakoli auf ihrer persönlichen Seite bei Facebook
einen Link zu zu einem Beitrag bei Reddit, wo das Enthauptungsvideo
der dänischen Touristen Louisa Vesterager Jespersen in Marokko durch
ISIS-Dschihadisten zu sehen war. Neben ihr haben die Dschihadisten
damals auch die norwegische Touristin Maren Ueland getötet. Am 13.
März erhielt Tavakoli wegen dieses Links einen Brief von
Socialtilsyn Øst, einer lokalen Sozialbehörde.
„Die Sozialbehörde
beabsichtigt, Ihnen die Genehmigung als Pflegemutter zu entziehen“,
ließ das Schreiben verlautbaren. „Die Sozialbehörde hat am
Donnerstag, den 7. März 2019 in der Presse gelesen, dass Sie, Jaleh,
wegen Verstoßes gegen §264 d, Akt 2 des Strafgesetzbuches angeklagt
wurden, weil Sie ein Video im Sozialen Medium Reddit teilten.“
Zwar wurde Tavakoli
noch nicht angeklagt wie in der Presse berichtet wurde, allerdings
wird nun gegen sie und 13 weitere Personen wegen der Weitergabe des
Videos ermittelt. Ihnen wird vorgeworfen, unrechtmäßig die
Privatsphäre des Opfers und seiner Familie verletzt zu haben. Zwei
Personen müssen mit einer zusätzlichen Strafzahlung rechnen, da sie
sich positiv über den Inhalt des Videos äußerten. Der
stellvertretende Generalstaatsanwalt Jackob Berger Nielsen hat den
Medien mitgeteilt, dass der in den Fällen zur Anwendung kommende
Teil des Strafgesetzbuches Menschen vor der unbefugten Verbreitung
von Bildern im Internet schützt und typischerweise zur Verfolgung
von Personen verwendet wird, die im Internet Rachepornos verbreiten.
Es sind bislang dagegen keine Fälle bekannt, in denen das Gesetz auf
Terrorismusvideos angewandt wurde. Die Höchststrafe für Tavakoli
beträgt drei Jahre im Gefängnis.
Ihre Familie hat
seitdem die Dienste eines Anwalts in Anspruch genommen, wie sie
mitteilte, wobei das schlimmste für sie die Unsicherheit über die
Zukunft ihres Pflegekindes sei. Dennoch steht sie zu ihrer
Entscheidung, das Video geteilt zu haben und begründet es als eine
Angelegenheit von journalistischem öffentlichem Interesse.
Ein Beamter der
Sozialbehörde Øst erzählt mir, dass die politischen Ansichten der
Eltern nicht in ihren Bewertungsprozess einfließen. Dänemark
verfügt wie auch die benachbarten nordischen Länder über starke
Institutionen und Familiengesetze zum Schutz von Kindern. In ganz
Skandinavien genießen die Rechte von Kindern in der Regel höchste
Priorität.
In dem vierseitigen
Schreiben der Sozialbehörde wird die Frage aufgeworfen, ob sich
Tavakoli als Pflegemutter eignet und führt Punkte an, die dagegen
sprechen:
- Ihre (anhängige) Strafanzeige.
- Die Weitergabe des Videos.
- Die Wirkung ihres Aktivismus auf das Kind.
- Ihr Versagen, als „digitales Vorbild“ zu fungieren.
- Das Risiko, dass ihre öffentliche Exposition negative Auswirkungen auf das Wohl ihrer Familie haben könnte.
Tavakoli betont,
dass sie ihre Kinder (sie hat auch ein leibliches Kind) nie in ihren
Aktivismus einbezogen hat. „Mein Kind weiß nicht einmal, was der
Islam ist.“ Die Drohungen gegen sie allerdings haben sie gezwungen,
eine Reihe von Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, auf die sie nicht
näher einging. Der Brief der Sozialbehörde weist dazu auch darauf
hin, dass sie der Behörde nicht von sich aus mitgeteilt hat, dass es
polizeiliche Ermittlungen gegen sie gibt - etwas, das sie zu
übersehen zugibt. Das Schreiben schließt mit der Feststellung, dass
die Beurteilung über sie zwar endgültig sei, aber dass sie eine
Anhörung beantragen kann.
Die von dem Brief
noch immer erschütterte Tavakoli nimmt an, dass die Sozialdienste
den Kontext des Videos nicht in ihrer Bewertung berücksichtigt
haben. Sie drückte ihre Frustration darüber aus, wie die dänischen
Medien zunächst auf Euphemismen zurückgriffen, um den abscheulichen
Mordanschlag auf die beiden Touristinnen zu beschreiben. „In den
Medien hieß es, sie wurden tot aufgefunden, und dass es Anzeichen
von Gewaltanwendung gab. Das aber kann alles bedeuten.“ Für sie
war das Teilen des Links zum Video nichts anderes, als wenn Medien
Bilder oder Videos verbreiten, auf denen vom IS ermordete Opfer zu
sehen sind.
Tavakolis
Konfrontationshaltung gegenüber der staatlichen Behörde ist in
Dänemark relativ untypisch als einem Land mit einer stark
ausgeprägten Konsenskultur. Tavakoli stammt jedoch aus einer
iranischen Dissidentenfamilie. Geboren und aufgewachsen
ist sie nach der Islamischen Revolution von 1979, sie ist also mit
dem religiösen Fundamentalismus und dem politischen Islam bestens
vertraut. Mir selbst zeigte Tavakoli 1991 ein Foto von sich aus
Teheran, das sie kurz vor der Auswanderung von dort zeigte. Auf dem
Foto sieht man sie in einer großen Gruppe junger Mädchen - allesamt
in weißem Kopftuch - bei einer Takleefzeremonie, die etwa
vergleichbar mit der Kommunion oder Konfirmation ist.
„Wenn man im Islam
als Mädchen neun Jahre alt wird, dann ist man eine Frau. In der
Schule musste ich vorgeben, eine Muslimin zu sein.“ Für sie
standen die von den dänischen Medien verwendeten Euphemismen zur
Beschreibung des dschihadistischen Mordanschlags in Marokko
symbolisch für die Angst, die haben haben muss, wenn man offen über
den radikalen Islam spricht.
Neben ihrer Kritik
am Islam und an muslimischen Praktiken spricht sie sich auch gegen
das iranische Regime aus – und damit setzt sie sich realen Risiken
aus. Im vergangenen September wurde die gesamte Insel Seeland, auf
der sich Kopenhagen befindet, ohne Vorwarnung in einer massiven
Polizeiaktion abgeriegelt, nachdem die Behörden einen Hinweis
erhielten, dass der Iran angeblich einen Terroranschlag gegen
Aktivisten auf dänischem Boden plant. Die Brücken zur Insel wurden
geschlossen und Züge und Boote durften nicht ein- oder ausfahren,
was zu stundenlangem Chaos führte. Obwohl Tavakoli bei diesem
versuchten Anschlag nicht im Visier war, ist sie in der jüngeren
Vergangenheit mehrmals nur knapp dem Tod entkommen.
Im Februar 2015
überlebte sie einen dschihadistischen Angriff durch den 22 Jahre
alten Omar Abdel Hamid El-Hussein auf sie, bei dem es sich um einen
dänischen Staatsangehörigen mit palästinensischem und jordanischem
Wurzeln handelt. Sie half zu der Zeit gerade bei der einer
Kopenhagener Veranstaltung zur freien Meinungsäußerung, an der auch
der umstrittene schwedische Künstler Lars Vilks teilnahm. Vilks
steht auf den Todeslisten zahlreicher dschihadistischer Gruppen ganz
oben - darunter Al-Kaida und Al-Shabab – die ihn tot sehen wollen,
weil er 2007 eine Zeichnung von Mohammed als Hund anfertigte. Bis
heute hat er mehrere Attentate muslimischer Extremisten aus Europa
und den USA überlebt. Obwohl sich kurz vor der Veranstaltung das
Attentat auf Charlie Hebdo und den jüdischen Supermarkt ereignete,
beschlossen die Organisatoren, die Veranstaltung nicht abzusagen. Im
Gegenteil, sie luden den damaligen französischen Botschafter ein,
der die Eröffnungrede hielt.
„Wir hatten die
Veranstaltung schon fertig geplant und obwohl wir sehr nervös waren,
wollten wir sie alle auch durchführen“, erinnert sich die leitende
Organisatorin und Autorin Helle Brix. Sie gingen davon aus gut
vorbereitet zu sein, wobei dänische und schwedische Beamte bei der
Veranstaltung für Sicherheit sorgten – allerdings sollte es anders
kommen. El-Hussein kam mit einem gestohlenen Gewehr zum
Veranstaltungsort und schoss fast 30 Mal durch die Fenster des
Gebäudes. Im Außenbereich wurde ein Veranstaltungsteilnehmer
getötet. El-Hussein floh dann in einem gestohlenen Fahrzeug. „Die
Polizei und die Leibwächter hatten Pistolen, der Terrorist hatte ein
automatisches Gewehr“, erinnert sich Brix. „Hätte die Polizei
nicht sofort zurückgeschossen, dann wäre er in den Saal gekommen.“
Auf seiner Flucht
tötete El-Hussein am nächsten Morgen einen jüdischen Freiwilligen
in der Großen Synagoge von Kopenhagen. Erneut konnte er fliehen,
konnte schließlich aber bei einer Schießerei mit der Polizei im
Kopenhagener Migrantenviertel Nørrebro, wo er aufwuchs, getötet
werden. Letzte Woche kam es gerade wieder zu Unruhen in der Gegend,
nachdem der extreme Politiker und Provokateur Rasmus Paludan dort
einen Protest abhielt und dabei einen Koran auf den Boden warf.
Einige der gewalttätigen Randalierer reagierten darauf mit „Allahu
akbar“ und legten Feuer auf der Straße.
Tavakoli teilte mir
mit, sie sei weiterhin entschlossen, über den islamischen
Extremismus zu sprechen und zu schreiben, obwohl sie auch zugibt,
dass sie dabei Angst um ihre eigene Sicherheit hat. „Ich musste
feststellen, dass die dänische Öffentlichkeit die Zusammenhänge
nicht wirklich versteht. Politiker würden fragen: ‚Warum musstest
du auch provozieren?‘“
Seit Februar 2015
haben die Geheimdienste in Dänemark eine Reihe von Terroranschlägen
vereitelt. Im September dieses Jahres griff ein Palästinenser in
einem Asylzentrum nördlich von Kopenhagen einen Polizisten unter
„Allahu akbar“ Geschrei mit einem Messer an. Im Jahr 2017 wurde
eine jugendliche muslimische Konvertitin wegen der Absicht
verurteilt, zwei Schulen in die Luft zu sprengen - eine davon war
eine jüdische Schule. Und im vergangenen Dezember wurde ein
syrischer Mann angeklagt, in Kopenhagen einen Terroranschlag mit
Messern und Sprengstoff geplant zu haben. Trotz dieser Realitäten
bleiben der Islam und der islamische Extremismus weiterhin sensible
Themen im Mainstream des Landes. Nach dem Terroranschlag von
El-Hussein legten die Dänen zum Gedenken tatsächlich Blumen ab an
der Stelle, wo eine Person getötet wurde. Auch über 600 Menschen
aus der muslimischen Gemeinschaft nahmen an seiner Beerdigung teil.
„Irgendwann muss
alleine aus Selbstrespekt zugeben, dass man ein Verbrechen als das
sieht was es ist, und nicht nur die Farbe des Verbrechers“, sagt
Tavakoli. „Sie denken oder hoffen, dass der islamische Extremismus
von selsbt verschwinden wird. Das aber wird er nicht.“ Sie
befürchtet, dass die Unterdrückung der politischen Diskussionen
über den radikalen Islam am Ende nur radikale oder militante
Strömungen in der Gesellschaft fördern wird. Bei den bevorstehenden
Parlamentswahlen hat die Neue Rechte, eine antiislamistische
populistische Partei gute Chancen, zum ersten Mal ins Parlament
einzuziehen.
Jaleh Tavakoli
Freunde im journalistischen Metier meinen, sie soll sich ruhig
verhalten und darauf konzentrieren, die Tortur mit ihrer bislang noch
intakten Familie zu überwinden. Sie aber bleibt hart. „Wo bleibt
der Gerechtigkeitssinn? Wenn ich ruhig sein soll, dann kann ich
genauso gut zurück in den Iran ziehen. Wir werden jetzt mehr denn je
um unser Adoptivkind kämpfen.“ Tatsächlich könnte sich ihre
Beherztheit in der Angelegenheit letztendlich doch als Teil der
Lösung erweisen. Nachdem sie in den Medien auf die drohende Wegnahme
des Kindes aufmerksam machen konnte, erhielt sie die Unterstützung
mehrerer Politiker und sogar des ehemaligen Vorsitzenden des
dänischen Nationalrates für Kinder. Die Sozialbehörden unterdessen
teilten ihr inzwischen mit, dass sie ihre ursprüngliche Entscheidung
noch einmal überprüfen wollen.