Nicht nur die Augenbrauen sind verrutscht (Bildquelle) |
Zunächst wurde Justin Trudeau als Ministerpräsident über den Klee gelobt. Er brachte auch alles mit, was dem Mainstream gefällt: Jung, hübsch, progressiv, ein Hauch Jetset, weil Papa war auch schon Ministerpräsident. Justins Problem war, dass er nicht mehr konnte als das und so versuchte er seine Inkompetenz mit aktionistischem Charisma zu übertünchen. Dazu kamen merkelartige Patzer bei der Einwanderungspolitik, ein überblähter Staatshaushalt, eine irrsinnige Klimaschutzpolitik in einem Eisschrank, ein Staatskrisenbesuch in Indien und eine halb abgefallene Augenbraue. Noch steht der schöne Justin, allerdings fällt gerade ein Hammer auf ihn herunter, den bislang noch keiner überlebt hat: Es geht um Korruption und Rechtsbeugung.
Moon of Alabama: Justin Trudeau hat fertig
Der kanadische
Premierminister Justin Trudeau ist am Ende. Ein langer, brodelnder
Skandal machte ihn fertig.
Zwischen 2001 und
2011 bestach das kanadische Bau- und Ingenieursunternehmen
SNC-Lavalin Beamte in Libyen mit Dutzenden von Millionen, um an
Aufträge in dem Land heranzukommen. Im Jahr 2015 wurde das
Unternehmen deswegen von der kanadischen Staatsanwaltschaft
angeklagt. Dabei wurde versucht, ein Prozess zu vermeiden und es
wurde stattdessen eine Verhandlungslösung angestrebt, da es
zwischenzeitlich zu einer Neubesetzung des Vorstandsvorsitzenden kam
und das Unternehmen neu aufgestellt wurde.
Im Jahr 2016 gab
SNC-Lavalin dabei zu, dass einige ehemalige Führungskräfte zwischen
2004 und 2011 illegale Spenden in Höhe von mehr als 80.000
Kanadischen Dollar an Trudeaus Liberale Partei haben fließen lassen.
Das Unternehmen
erzielte 2018 einen Umsatz von rund 10 Milliarden US-Dollar, ist also ein großer Spieler. Von den
52.000 Mitarbeitern arbeiten rund 9.000 in Kanada. Der Hauptsitz und
3.400 seiner Mitarbeiter befinden sich in der Provinz Quebec, wo die
Trudeaus Liberale Partei bei den Bundestagswahlen im Oktober diesen Jahres dringend
Stimmen sammeln muss, um ihre Mehrheit zu behalten.
Die Entscheidung
darüber, ob der Korruptionsfall wie es das Gesetz verlangt vor
Gericht ausgehandelt werden sollte oder ob er außergerichtlich
beigelegt werden könnte oblag dabei Justizministerin und
Generalstaatsanwältin Jody Wilson-Raybould, die wie
Ministerpräsident Trudeau der Liberalen Partei angehört. Würde sie
sich für einen Prozess und gegen eine außergerichtliche Einigung
entscheiden, dann bestand die Erwartung, dass SNC-Lavalin für 10
Jahre von allen öffentlichen Aufträgen in Kanada ausgeschlossen
würde. Es standen also viele Arbeitsplätze und Stimmen auf dem
Spiel.
Das Unternehmen
setzte sich stark für die liberale Regierung ein, die sich 2018 zu
einer massiven Ausweitung des Staatshaushaltes entschied und dabei
auch ein neues Gesetz für außergerichtliche Einigungen beschloss,
das perfekt zugeschnitten war auf den Fall von SNC-Lavalin.
Im Herbst 2018
versuchten Trudeau und seine Verbündeten schließlich, die
Generalstaatsanwältin dazu zu drängen, die Entscheidung der
Staatsanwaltschaft einen Prozess führen zu wollen aufzuheben und
anstatt dessen das neue Gesetz anzuwenden und damit die Strafanzeige
gegen die SNC fallen zu lassen. Dazu war die Verantwortliche aber nicht bereit. Als
Reaktion darauf wurde sie dann im Januar Trudeau von ihrem Posten als
Justizministerin und Generalstaatsanwältin entlassen und bekam als
Strafversetzung die unbedeutende Stelle der Veteranenministerin.
Aufgrund der Vertraulichkeit von Anwaltsgeschäften und
Kabinettsinterna war es Wilson-Raybould nicht möglich, sich
öffentlich zu dem Thema und den Geschehnissen darum zu äußern.
Am 7. Februar wurde
der Skandal dann aber aus anonymen Quellen bekannt. Fünf Tage später
trat Wilson-Raybould als Veteranenministerin zurück. Sie heuerte dazu einen
ehemaligen Richter des Obersten Gerichtshofs als Anwalt an, der sie
beraten sollte, was sie zur Sache sagen darf und was nicht.
Am 18. Februar wurde
als Reaktion auf den Skandal Gerald Butts, ein enger Freund Trudeaus und sein Chefsekretär zum
Sündenbock ernannt. Er trat zurück, auch wenn er leugnete,
dass er die Generalstaatsanwältin beeinflusst habe. Unter dem nun
starken öffentlichen Druck lud der Innenausschuss des Kanadischen
Unterhauses Wilson-Raybould für eine Aussage vor. Trudeau musste dazu
explizit eine Genehmigung ausstellen, die es ihr ermöglichte,
endlich über ihre Zeit als Generalstaatsanwalt zu sprechen.
Gestern hat
Wilson-Raybould ausgesagt. Hier ein Zitat aus ihrem langen
Eingangsvortrag:
„Während eines
Zeitraums von etwa vier Monaten zwischen September und Dezember 2018
erlebte ich konsequente und nachhaltige Versuche vieler
Regierungsmitglieder, die sich in meine Rolle als
Generalstaatsanwältin Kanadas politisch in die Ausübung meines
Ermessensspielraums einzumischen versuchten, um anstelle einer
Strafverfolgung inklusive Anklage eine außergerichtliche Einigung
mit SNC-Lavalin zu erreichen. An diesen Versuchen waren elf Personen
beteiligt - aus dem Büro des Premierministers, dem Büro des
Regierungssekretariats und dem Büro des Finanzministers. Darunter
waren persönliche Gespräche, Telefonate, E-Mails und
Textnachrichten. Es gab etwa zehn Telefonate und zehn Sitzungen
speziell zum Thema SNC-Lavalin, an denen ich und/oder meine
Mitarbeiter beteiligt waren.“
Wilson-Raybould gab
alle Details bekannt: Wer, wann, wo und wie. Alles ist dokumentiert.
Sie erstellte detaillierte Notizen über alles, was in dem
Zusammenhang vorgefallen ist.
Das Ausüben von
Druck auf die Generalstaatsanwalt mit dem Ziel Anklagen fallen zu
lassen, kann nach dem kanadischen Strafgesetzbuch eine Straftat sein:
„Jeder, der
vorsätzlich versucht, den Rechtsweg zu behindern, zu pervertieren
oder zu unterbinden, ist schuldig an einer unvorhersehbaren Straftat
und mit einer Freiheitsstrafe von höchstens zehn Jahren bedroht.“
Während ihrer
Aussage merkte Wilson-Raybould an, dass es ihr noch immer nicht
erlaubt sei, sich voll zu äußern zu den Geschehnissen, die auf ihre
Entlassung als Generalstaatsanwältin folgten. Es wird also
wahrscheinlich noch mehr von ihr kommen. Sie meinte dazu, dass sie
nicht davon ausgeht, dass Gesetze gebrochen wurden, sondern dass sich
Trudeau in der Angelegenheit vielmehr einfach nur unangemessen
verhalten hat. Ein Gericht allerdings könnte das angesichts der
präsentierten Fakten auch anders sehen.
Trudeau reagierte
auf die Aussage mit einer Pressekonferenz, in der er mitteilte, dass
er hinsichtlich des Ablaufs der Ereignisse „völlig anderer Meinung“
sei als Wilson-Rayboulds. Er behauptete, dass weder er noch seine
Mitarbeiter etwas falsch gemacht hätten. Die Angelegenheit wird nun
vom unabhängigen Ethikrat untersucht, wobei Trudeau hofft, dass er
von diesem für nicht schuldig befunden wird.
Selbst wenn er am
Ende kein Gesetz gebrochen hat, so wird sich Trudeau dem sich gerade
zusammenbrauenden Sturm kaum entziehen können. Da der Fall noch
immer offen ist wird es für die Liberalen schwierig sein, die Wahlen
im Oktober zu gewinnen. Es wäre das Beste für die Partei, wenn
Trudeau zurücktreten und jemand anderes die Führung übernehmen
würde.
Seine Partei hat
durchaus einige Kandidaten, die über wesentlich mehr Glaubwürdigkeit
verfügen, als der ehemalige Medienliebling Justin Trudeau je hatte.