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Italiens aktuelle "populistische" Regierung kann mit dem Beenden der Migrationskrise zwar nur einen großen Erfolg verbuchen, es sieht aber nicht danach aus, als würden die neuen Herren in Rom bald wieder aus ihrer Position vertrieben. Vor allem die rechte Lega blüht auf wie nie und kann immer größere Erfolge feiern. Gleichzeitig gerät die Fünfsternebewegung als Sieger der letzten Parlamentswahlen immer weiter in Rückstand, während das Lager der Altparteien weiter stagniert und nicht aus ihrem neuen Nischendasein herauskommt.
Spectator: Italien zeigt, dass Linkspopulismus nicht funktioniert
Nach dem zu urteilen
was gerade in Italien geschieht, dem einzigen großen europäischen
Land mit Populisten an der Macht, dann funktioniert Rechtspopulismus,
Linkspopulismus dagegen nicht. Dem Seniorpartner der populistischen
Koalitionsregierung Italiens - die klassisch linke Fünfsternebewegung
– geht die Unterstützung aus, während der Juniorpartner - die
rechtspopulistische Lega - immer weiter an Popularität gewinnt.
Bei den
Regionalwahlen auf Sardinien am vergangenen Sonntag erhielten die
Fünfsterne nur elf Prozent der Stimmen, verglichen mit 42 Prozent,
die sie im März 2018 bei den italienischen Parlamentswahlen auf der
Insel erhielt. Der Kandidat der Lega, der sich an die Spitze einer
rechten Koalition setzte, gewann dagegen mit 47 Prozent. Dieses
katastrophale Ergebnis für die Fünfsterne folgt nur zwei Wochen auf
ein ganz ähnliches Ergebnis bei den Regionalwahlen in Abruzzen. Auf
nationaler Ebene sieht die Lage der Fünfsternebewegung ziemlich
düster aus.
Bei den letzten
Parlamentswahlen, bei denen keine Partei oder Koalition genügend
Stimmen für eine funktionierende Mehrheit erreichen konnte, bekamen
die Fünfsterne mehr als jede andere Partei - 32,7 Prozent -
verglichen mit den damals 17,4 Prozent der Lega. Dies resultierte für
die Fünfsterne in 222 Abgeordneten, verglichen mit 125 Abgeordneten
der Lega. Die beiden Parteien - obwohl sie einander feindlich
gesonnen sind – konnten sich schließlich aber auf eine
Regierungsbildung einigen und schlossen eine Koalition, in der sie
gemeinsam eine begrenzte Anzahl ihrer jeweiligen Wahlversprechen
umsetzen wollten. In der Folge aber brach die Unterstützung für die
Fünfsterne in den Umfragen deutlich ein. Inzwischen befindet sich
die Partei im freien Fall. Laut den letzten Umfragen liegen die
Fünfsterne noch bei 22 Prozent, die Lega dagegen konnte zulegen auf
33 Prozent. Und obwohl die Fünfsternebewegung mehr Abgeordnete und
Minister und den Ministerpräsidenten stellt, so verlor die Partei
die Initiative in italienischen Regierung komplett an die Lega.
Diese volle Umkehr
des politischen Glücks zeigt vor allem, dass der Linkspopulismus der
Fünfsternebewegung zwar in der Opposition funktionieren kann, nicht
aber in der Regierung oder in der praktischen Anwendung. Und es zeigt
auch, dass der rechte Populismus der Lega überaus gut funktioniert.
Dies liegt zum Teil daran, dass die Fünfsterne über keinerlei
Regierungserfahrung verfügen, während die Lega als Juniorpartner in
mehreren früheren Regierungen unter Silvio Berlusconi reichlich
Erfahrung sammeln konnte. Insgesamt jedoch ist der mangelnde Erfolg
der Fünfstern vor allem auf die Absurdität ihrer utopischen Ziele
zurückzuführen.
Der einzige konkrete
Erfolg der aktuellen populistischen Regierung Italiens - und das ist
ein unglaublicher Erfolg - besteht bislang darin, dass keine illegale
Migranten mehr von Libyen aus über das Mittelmeer nach Italien
transportiert werden. Seit 2014 landeten 650.000 Migranten an den
italienischen Küsten an, die italienischen Populisten aber konnten
diesen Menschenhandel praktisch komplett stoppen (2018 kamen noch
23.400 an). Dieser Erfolg beruht vor allem auf der Weigerung,
wohltätigen „Rettungsschiffen“ das Abladen von Migranten in
Italien zu erlauben, sowie indem sie die libysche Küstenwache
ausrüsteten und ausbildeten, um Bootsmigranten kurz nach dem
Herausfahren auf das Meer aufzunehmen und sie nach Libyen
zurückzubringen.
Die treibende Kraft
hinter diesem harten neuen Ansatz gegen diese sich als Flüchtlinge
ausgebenden illegalen Migranten ist der Vorsitzende der Liga Matteo
Salvini – seines Zeichens stellvertretender
Koalitionspremierminister und Innenminister – und nicht die
Fünfsternebeweung, die sich dennoch der neuen Praxis angeschlossen
hat. Obwohl die Maßnahme die globalistische Elite erzürnt hat,
erwies sie sich bei den Italienern als überaus beliebt - nicht weil
die Italiener rassistisch sind, sondern weil sie es satt haben, dass
Italien in ein riesiges Migrantenlager umgewandelt wird, da diese
sowieso nie abgeschoben werden.
Unterdessen rutschte
Italien Ende letzten Jahres zum dritten Mal in diesem Jahrzehnt seit
dem globalen Bankencrash von 2007 in die technische Rezession.
Italien, das in der Zwangsjacke der Euro Einheitswährung gefangen
ist, kann praktisch nichts dagegen zu unternehmen. Die Lega, die
unternehmerfreundliche und traditionelle katholische Werte vertritt
– die aber auch multinationalen Konzernen feindlich gesinnt ist und
vor Euroskepsis kocht - hat es bisher versäumt, ihr Versprechen zur
Steuersenkung einzuhalten, geschweige denn die zirkulierende Idee
eines einheitlichen Einkommensteuertarifs in ihr Programm
aufzunehmen. Zumindest aber beim Migrationsthema konnte sie
durchgreifen und hat Wirkung gezeigt.
Die Fünfsterne
hingegen haben kaum etwas erreicht – die Ausnahme bildet eine
deutlich hinter den eigenen Forderungen zurückbleibende Version
einer Arbeitslosenhilfe, die es in Italien bis dato nicht gab.
Dadurch konnte die Partei im Süden bei den Parlamentswahlen zunächst
eine Mehrheit erreichen, wo nur wenige Menschen einen wirklichen
Beruf ausüben - es sei denn, sie arbeiten für die Regierung –
allerdings ist die neue Arbeitslosenhilfe auch äußerst kostspielig,
weshalb Italien sich diese Versicherung eigentlich nicht leisten kann
– wo die Jugendarbeitslosigkeit noch immer 31,9 Prozent liegt und
die Staatsverschuldung 132 Prozent des BIP beträgt.
Je länger die
Koalition zwischen Fünfsterne und Lega fortbesteht, desto mehr
verrät die Partei ihre Wurzeln und Gründungsprinzipien als Gruppe
jenseits des links-rechts-Spektrums, vor allem aber verrät sie ihre
Wurzeln als linksrevolutionäre Alternative - und je mehr dies
geschieht, desto wütender, gespaltener und desillusionierter werden
ihre Mitglieder. Zwischen der Fünfsternebewegung und der Lega gibt
es nun potenziell fatale Auseinandersetzungen zu einer Reihe von
Schlüsselfragen, insbesondere zur geplanten
Hochgeschwindigkeitseisenbahnstrecke unter den Alpen zwischen Turin
und Lyon. Die Fünfsterne lehnen dieses französisch-italienische
Projekt, das bereits vor der Regierungsübernahme vereinbart wurde,
vor allem aus umweltpolitischen Gründen entschieden ab. Die Lega
unterstützt es.
Die Ratingagentur
Fitch prognostizierte Ende Februar, dass die Koalitionsregierung ihre
volle fünfjährige Amtsperiode nicht durchhalten wird. Der Einbruch
an Unterstützung für die Fünfsterne aber bedeutet, dass sie weit
mehr zu verlieren hat als die Lega, falls die Koalition tatsächlich
zusammenbricht – was sehr wahrscheinlich passieren wird - und es zu
Neuwahlen kommt. Die Lega würde in diesem Fall möglicherweise zwar
nicht genügend Stimmen für eine Alleinregierung erhalten, aber sie
kann auf nationaler Ebene immer zu ihren ehemaligen rechten
Verbündeten zurückkehren, etwa zu Silvio Berlusconis Forza Italia,
mit der sie anlässlich der Parlamentswahlen gemeinsam werben ging,
und mit der sie auf regionaler und lokaler Ebene immer noch verbündet
ist. Laut der aktuellen Umfragen würde ein solches Bündnis
tatsächlich genügend Stimmen gewinnen, um eine Regierung zu bilden.
Die einzige
Möglichkeit für die Fünfsterne wäre zu versuchen, eine Koalition
mit der ehemaligen italienischen kommunistischen Partei einzugehen,
oder mit der sozialdemokratischen Partito Democratico des vorletzten
Premierministers Matteo Renzi, wobei es zwischen den Parteien ebenso
wenig Sympathien gibt, zumal auch sie bei den Wahlen sehr
wahrscheinlich schlecht abschneiden würden.
Die
Fünfsternebewegung wird nicht nur aber vor allem von jenen auf der
linken Seite unterstützt, die sich als Gegner des Establishments,
des Parlaments, der Kirche, des globalen Kapitalismus sehen, sowie
von Euroskeptikern und allen, die vom Klimawandel besessen sind. Die
Bewegung selbst begann ursprünglich im Jahr 2009 als
Protestbewegung, die der Komiker Beppe Grillo ins Leben rief. Sein
Slogan damals lautete „Vaffa!“ (in etwa: „Verpiss dich!“) und
er galt mehr oder weniger allem, vor allem aber obligatorischen
Impfungen für Kinder, politischer Unehrlichkeit und der Besessenheit
vom BIP-Wachstum – wobei alles gemeint ist mit Ausnahme von
Windparks.
Die Bewegung
versprach, korrupte und kriminelle Politiker und Steuerhinterzieher
zu entlassen und ins Gefängnis zu stecken und das zu fördern, was
sie „decrescita felice“ (in etwa: glückliches Entwachsen)
nannte. Sie schwor, niemals eine normale politische Partei zu werden,
sondern eine Bewegung zu bleiben. Eine der wichtigsten Regeln dabei
lautete, dass jeder gewählte Politiker, der wegen eines Verbrechens
verurteilt wird, zurücktreten muss.
Doch im Januar, als
Italiens berüchtigte linke Staatsanwälte entschieden, Salvini wegen
der Entführung von 177 Migranten vor Gericht zu stellen, die im
letzten Sommer in der Nähe der Insel Lampedusa aus dem Meer gefischt
wurden und denen verboten wurde, in Catania an Land zu gehen, so dass
andere EU Länder sie aufnehmen mussten, da hat die
Fünfsternebewegung sogar dieses heilige Prinzip aufgegeben. Die
Senatoren der Fünfsterne stimmten im letzten Monat - zusammen mit
denen der Lega und deren ehemaligen Verbündeten auf der rechten
Seite - dafür, sich zu weigern, Salvinis Immunität als Senator
wegen der Strafverfolgung gegen ihn aufzuheben. Der Chef der
Fünfsterne Luigi Di Maio - der andere stellvertretende
Premierminister und Arbeitsminister - unterzeichnete sogar ein
Dokument, in dem offiziell bestätigt wird, dass die „Entführung“
der Migranten nicht eine Entscheidung durch Salvini war, sondern der
Regierung als Ganzes. Zweifellos werden die Staatsanwälte nun auch
hinter den Fünfsternepolitikern her sein.
Bei den Umfragen zu
den bevorstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament im Mai steht
die Lega sogar noch besser da, wo sie wie bei den Regional- und
Kommunalwahlen gegen die Fünfsterne antreten wird. Laut einer am
Wochenende veröffentlichten Ipsos-Umfrage für den Corriere della
Sera erhält die Liga 35,9 Prozent der Stimmen und die Fünfsterne
nur 21,2 Prozent. Damit würde die Lega etwa 30 Sitze (von sechs
italienischen) erhalten und zur größten nationalen Partei im
Europäischen Parlament werden, möglicherweise sogar noch vor der
Deutschen CDU von Angela Merkel, die derzeit 34 Sitze hat, allerdings
nach Umfragen nur noch 28 erhalten wird.
Bei den Europawahlen
im Mai werden die durch den französischen Präsidenten Emmanuel
Macron vertretenen europäischen Imperialisten eine immer engere
Union verlangen und versuchen, die europäischen Souveränisten zu
stoppen, die eine Rückkehr zu einem Europa der Vaterländer wollen,
für das Salvini und die Liga eintreten und für das sie das
EU-Parlament erobern wollen. Sollte es in Italien so weitergehen wie
bisher, dann stecken Macron und die Imperialisten tatsächlich in
großen Schwierigkeiten. Im Vergleich dazu würde sogar der Brexit zu
einer reinen Bagatelle schrumpfen.