6. März 2019

In Italien floriert der Rechtspopulismus, die politische Linke und ihre EU-Freunde dagegen müssen sich warm anziehen


(Bildquelle: Bildschirmfoto)

 Italiens aktuelle "populistische" Regierung kann mit dem Beenden der Migrationskrise zwar nur einen großen Erfolg verbuchen, es sieht aber nicht danach aus, als würden die neuen Herren in Rom bald wieder aus ihrer Position vertrieben. Vor allem die rechte Lega blüht auf wie nie und kann immer größere Erfolge feiern. Gleichzeitig gerät die Fünfsternebewegung als Sieger der letzten Parlamentswahlen immer weiter in Rückstand, während das Lager der Altparteien weiter stagniert und nicht aus ihrem neuen Nischendasein herauskommt.

Spectator: Italien zeigt, dass Linkspopulismus nicht funktioniert


Nach dem zu urteilen was gerade in Italien geschieht, dem einzigen großen europäischen Land mit Populisten an der Macht, dann funktioniert Rechtspopulismus, Linkspopulismus dagegen nicht. Dem Seniorpartner der populistischen Koalitionsregierung Italiens - die klassisch linke Fünfsternebewegung – geht die Unterstützung aus, während der Juniorpartner - die rechtspopulistische Lega - immer weiter an Popularität gewinnt.

Bei den Regionalwahlen auf Sardinien am vergangenen Sonntag erhielten die Fünfsterne nur elf Prozent der Stimmen, verglichen mit 42 Prozent, die sie im März 2018 bei den italienischen Parlamentswahlen auf der Insel erhielt. Der Kandidat der Lega, der sich an die Spitze einer rechten Koalition setzte, gewann dagegen mit 47 Prozent. Dieses katastrophale Ergebnis für die Fünfsterne folgt nur zwei Wochen auf ein ganz ähnliches Ergebnis bei den Regionalwahlen in Abruzzen. Auf nationaler Ebene sieht die Lage der Fünfsternebewegung ziemlich düster aus.

Bei den letzten Parlamentswahlen, bei denen keine Partei oder Koalition genügend Stimmen für eine funktionierende Mehrheit erreichen konnte, bekamen die Fünfsterne mehr als jede andere Partei - 32,7 Prozent - verglichen mit den damals 17,4 Prozent der Lega. Dies resultierte für die Fünfsterne in 222 Abgeordneten, verglichen mit 125 Abgeordneten der Lega. Die beiden Parteien - obwohl sie einander feindlich gesonnen sind – konnten sich schließlich aber auf eine Regierungsbildung einigen und schlossen eine Koalition, in der sie gemeinsam eine begrenzte Anzahl ihrer jeweiligen Wahlversprechen umsetzen wollten. In der Folge aber brach die Unterstützung für die Fünfsterne in den Umfragen deutlich ein. Inzwischen befindet sich die Partei im freien Fall. Laut den letzten Umfragen liegen die Fünfsterne noch bei 22 Prozent, die Lega dagegen konnte zulegen auf 33 Prozent. Und obwohl die Fünfsternebewegung mehr Abgeordnete und Minister und den Ministerpräsidenten stellt, so verlor die Partei die Initiative in italienischen Regierung komplett an die Lega.

Diese volle Umkehr des politischen Glücks zeigt vor allem, dass der Linkspopulismus der Fünfsternebewegung zwar in der Opposition funktionieren kann, nicht aber in der Regierung oder in der praktischen Anwendung. Und es zeigt auch, dass der rechte Populismus der Lega überaus gut funktioniert. Dies liegt zum Teil daran, dass die Fünfsterne über keinerlei Regierungserfahrung verfügen, während die Lega als Juniorpartner in mehreren früheren Regierungen unter Silvio Berlusconi reichlich Erfahrung sammeln konnte. Insgesamt jedoch ist der mangelnde Erfolg der Fünfstern vor allem auf die Absurdität ihrer utopischen Ziele zurückzuführen.

Der einzige konkrete Erfolg der aktuellen populistischen Regierung Italiens - und das ist ein unglaublicher Erfolg - besteht bislang darin, dass keine illegale Migranten mehr von Libyen aus über das Mittelmeer nach Italien transportiert werden. Seit 2014 landeten 650.000 Migranten an den italienischen Küsten an, die italienischen Populisten aber konnten diesen Menschenhandel praktisch komplett stoppen (2018 kamen noch 23.400 an). Dieser Erfolg beruht vor allem auf der Weigerung, wohltätigen „Rettungsschiffen“ das Abladen von Migranten in Italien zu erlauben, sowie indem sie die libysche Küstenwache ausrüsteten und ausbildeten, um Bootsmigranten kurz nach dem Herausfahren auf das Meer aufzunehmen und sie nach Libyen zurückzubringen.

Die treibende Kraft hinter diesem harten neuen Ansatz gegen diese sich als Flüchtlinge ausgebenden illegalen Migranten ist der Vorsitzende der Liga Matteo Salvini – seines Zeichens stellvertretender Koalitionspremierminister und Innenminister – und nicht die Fünfsternebeweung, die sich dennoch der neuen Praxis angeschlossen hat. Obwohl die Maßnahme die globalistische Elite erzürnt hat, erwies sie sich bei den Italienern als überaus beliebt - nicht weil die Italiener rassistisch sind, sondern weil sie es satt haben, dass Italien in ein riesiges Migrantenlager umgewandelt wird, da diese sowieso nie abgeschoben werden.

Unterdessen rutschte Italien Ende letzten Jahres zum dritten Mal in diesem Jahrzehnt seit dem globalen Bankencrash von 2007 in die technische Rezession. Italien, das in der Zwangsjacke der Euro Einheitswährung gefangen ist, kann praktisch nichts dagegen zu unternehmen. Die Lega, die unternehmerfreundliche und traditionelle katholische Werte vertritt – die aber auch multinationalen Konzernen feindlich gesinnt ist und vor Euroskepsis kocht - hat es bisher versäumt, ihr Versprechen zur Steuersenkung einzuhalten, geschweige denn die zirkulierende Idee eines einheitlichen Einkommensteuertarifs in ihr Programm aufzunehmen. Zumindest aber beim Migrationsthema konnte sie durchgreifen und hat Wirkung gezeigt.

Die Fünfsterne hingegen haben kaum etwas erreicht – die Ausnahme bildet eine deutlich hinter den eigenen Forderungen zurückbleibende Version einer Arbeitslosenhilfe, die es in Italien bis dato nicht gab. Dadurch konnte die Partei im Süden bei den Parlamentswahlen zunächst eine Mehrheit erreichen, wo nur wenige Menschen einen wirklichen Beruf ausüben - es sei denn, sie arbeiten für die Regierung – allerdings ist die neue Arbeitslosenhilfe auch äußerst kostspielig, weshalb Italien sich diese Versicherung eigentlich nicht leisten kann – wo die Jugendarbeitslosigkeit noch immer 31,9 Prozent liegt und die Staatsverschuldung 132 Prozent des BIP beträgt.

Je länger die Koalition zwischen Fünfsterne und Lega fortbesteht, desto mehr verrät die Partei ihre Wurzeln und Gründungsprinzipien als Gruppe jenseits des links-rechts-Spektrums, vor allem aber verrät sie ihre Wurzeln als linksrevolutionäre Alternative - und je mehr dies geschieht, desto wütender, gespaltener und desillusionierter werden ihre Mitglieder. Zwischen der Fünfsternebewegung und der Lega gibt es nun potenziell fatale Auseinandersetzungen zu einer Reihe von Schlüsselfragen, insbesondere zur geplanten Hochgeschwindigkeitseisenbahnstrecke unter den Alpen zwischen Turin und Lyon. Die Fünfsterne lehnen dieses französisch-italienische Projekt, das bereits vor der Regierungsübernahme vereinbart wurde, vor allem aus umweltpolitischen Gründen entschieden ab. Die Lega unterstützt es.

Die Ratingagentur Fitch prognostizierte Ende Februar, dass die Koalitionsregierung ihre volle fünfjährige Amtsperiode nicht durchhalten wird. Der Einbruch an Unterstützung für die Fünfsterne aber bedeutet, dass sie weit mehr zu verlieren hat als die Lega, falls die Koalition tatsächlich zusammenbricht – was sehr wahrscheinlich passieren wird - und es zu Neuwahlen kommt. Die Lega würde in diesem Fall möglicherweise zwar nicht genügend Stimmen für eine Alleinregierung erhalten, aber sie kann auf nationaler Ebene immer zu ihren ehemaligen rechten Verbündeten zurückkehren, etwa zu Silvio Berlusconis Forza Italia, mit der sie anlässlich der Parlamentswahlen gemeinsam werben ging, und mit der sie auf regionaler und lokaler Ebene immer noch verbündet ist. Laut der aktuellen Umfragen würde ein solches Bündnis tatsächlich genügend Stimmen gewinnen, um eine Regierung zu bilden.

Die einzige Möglichkeit für die Fünfsterne wäre zu versuchen, eine Koalition mit der ehemaligen italienischen kommunistischen Partei einzugehen, oder mit der sozialdemokratischen Partito Democratico des vorletzten Premierministers Matteo Renzi, wobei es zwischen den Parteien ebenso wenig Sympathien gibt, zumal auch sie bei den Wahlen sehr wahrscheinlich schlecht abschneiden würden.

Die Fünfsternebewegung wird nicht nur aber vor allem von jenen auf der linken Seite unterstützt, die sich als Gegner des Establishments, des Parlaments, der Kirche, des globalen Kapitalismus sehen, sowie von Euroskeptikern und allen, die vom Klimawandel besessen sind. Die Bewegung selbst begann ursprünglich im Jahr 2009 als Protestbewegung, die der Komiker Beppe Grillo ins Leben rief. Sein Slogan damals lautete „Vaffa!“ (in etwa: „Verpiss dich!“) und er galt mehr oder weniger allem, vor allem aber obligatorischen Impfungen für Kinder, politischer Unehrlichkeit und der Besessenheit vom BIP-Wachstum – wobei alles gemeint ist mit Ausnahme von Windparks.

Die Bewegung versprach, korrupte und kriminelle Politiker und Steuerhinterzieher zu entlassen und ins Gefängnis zu stecken und das zu fördern, was sie „decrescita felice“ (in etwa: glückliches Entwachsen) nannte. Sie schwor, niemals eine normale politische Partei zu werden, sondern eine Bewegung zu bleiben. Eine der wichtigsten Regeln dabei lautete, dass jeder gewählte Politiker, der wegen eines Verbrechens verurteilt wird, zurücktreten muss.

Doch im Januar, als Italiens berüchtigte linke Staatsanwälte entschieden, Salvini wegen der Entführung von 177 Migranten vor Gericht zu stellen, die im letzten Sommer in der Nähe der Insel Lampedusa aus dem Meer gefischt wurden und denen verboten wurde, in Catania an Land zu gehen, so dass andere EU Länder sie aufnehmen mussten, da hat die Fünfsternebewegung sogar dieses heilige Prinzip aufgegeben. Die Senatoren der Fünfsterne stimmten im letzten Monat - zusammen mit denen der Lega und deren ehemaligen Verbündeten auf der rechten Seite - dafür, sich zu weigern, Salvinis Immunität als Senator wegen der Strafverfolgung gegen ihn aufzuheben. Der Chef der Fünfsterne Luigi Di Maio - der andere stellvertretende Premierminister und Arbeitsminister - unterzeichnete sogar ein Dokument, in dem offiziell bestätigt wird, dass die „Entführung“ der Migranten nicht eine Entscheidung durch Salvini war, sondern der Regierung als Ganzes. Zweifellos werden die Staatsanwälte nun auch hinter den Fünfsternepolitikern her sein.

Bei den Umfragen zu den bevorstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament im Mai steht die Lega sogar noch besser da, wo sie wie bei den Regional- und Kommunalwahlen gegen die Fünfsterne antreten wird. Laut einer am Wochenende veröffentlichten Ipsos-Umfrage für den Corriere della Sera erhält die Liga 35,9 Prozent der Stimmen und die Fünfsterne nur 21,2 Prozent. Damit würde die Lega etwa 30 Sitze (von sechs italienischen) erhalten und zur größten nationalen Partei im Europäischen Parlament werden, möglicherweise sogar noch vor der Deutschen CDU von Angela Merkel, die derzeit 34 Sitze hat, allerdings nach Umfragen nur noch 28 erhalten wird.

Bei den Europawahlen im Mai werden die durch den französischen Präsidenten Emmanuel Macron vertretenen europäischen Imperialisten eine immer engere Union verlangen und versuchen, die europäischen Souveränisten zu stoppen, die eine Rückkehr zu einem Europa der Vaterländer wollen, für das Salvini und die Liga eintreten und für das sie das EU-Parlament erobern wollen. Sollte es in Italien so weitergehen wie bisher, dann stecken Macron und die Imperialisten tatsächlich in großen Schwierigkeiten. Im Vergleich dazu würde sogar der Brexit zu einer reinen Bagatelle schrumpfen.