28. März 2019

Die Kernschmelze der Weltwirtschaft - Bis zum Mai brennt das Haus


Wie damals, nur um den Faktor 100 krasser (Bildquelle)

Es scheint loszugehen mit der globalen Finanzpanik. Der Blick auf das Diagramm der türkischen Lira in Relation zum US-Dollar zeigte schon am Freitag einen seltsamen Ausschlag nach oben, nachdem der Preis knapp ein halbes Jahr lang dank katarischer Milliardenkredite wie zementiert wirkte. Nun meint auch Martin Armstrong, dass es deutliche Hinweise auf eine globale Finanzpanik gibt und die Investoren alle versuchen, in US-Werte zu fliehen, was teilweise von der verzweifelten Finanz- und Geldpolitik der Türkei verursacht wurde.


Martin Armstrong: Die Finanzpanik von 2019?



Die Krümmung der Zinskurve baut sich mit enormer Kraft auf. Weltweit gibt es einen starken Nachfrageüberhang für kurzfristige US-Anleihen über 90 Tage, während die Angebotsseite komplett trocken liegt. Der Mangel an käuflichen US-Staatsanleihen wird uns von Banken auf der ganzen Welt gemeldet. Es gibt gerade eine heftige Panikreaktion in Richtung US-Dollar, da die Schwellenländer in eine Finanzkrise geraten, die teilweise von der Türkei ausgelöst wurde. Die dortige Regierung hat Investoren zu Geiseln gemacht und weigert sich, Transaktionen aus der türkischen Lira heraus zu erlauben. Diese Haltung der türkischen Regierung gegenüber Investoren hat Händler weltweit verunsichert, was die Welt immer näher an eine große Finanzpanik heranführt, die sich noch in diesem Jahr entfalten wird.

Es braut sich eine große Liquiditätskrise zusammen, die im Mai 2019 ausbrechen könnte. Die europäischen Banken haben ihre Portfolios aufgrund der quantitativen Lockerung inklusive negativer Zinssätze, sowie wegen Anleihen aus Schwellenländern stark mit Immobilienkrediten belastet. Spanische Banken sind besonders in türkische Schuldtitel investiert, wo sie hofften, die höchsten Renditen erzielen zu können mit der Erwartungshaltung, der IWF würde in der Türkei definitiv keinen Zahlungsverzug zulassen. Darüber hinaus haben sich die Banken gegenseitig Kredite gewährt, da sie auf diese Weise verhindern konnten, ihr Geld bei der Europäischen Zentralbank parken zu müssen, wo ihnen ein negativer Zins berechnet wird.

Währungen vom südafrikanischen Rand bis zum brasilianischen Real verzeichnen einen Anstieg ihrer erwarteten Volatilität, was befürchten lässt, dass sie zusammen mit der türkischen Lira bis in den Mai hinein am deutlich an Wert verlieren könnten. Mit den derzeitigen Kursschwankungen wurden plötzlich alte und tief verwurzelte Befürchtungen geweckt, dass es noch vor Jahresende zu einem Absturz der Schwellenländer kommen könnte.

Beachten Sie, dass die Invertierung der Zinskurve keineswegs ein Indiz für eine US-Rezession ist. Das ist eine globale Finanzpanik, die sich im großen Stil entfaltet und es geht um weit mehr als nur um Politik. Ganz allmählich beginnt sich eine ernsthafte Liquiditätskrise zu entwickeln, in deren Folge möglicherweise weitere Länder ähnlich wie die Türkei versuchen werden, mit Hilfe von Kapitalkontrollen das schlimmste zu verhindern.



Ein paar Zusatzinfos...



Vor einem halben Jahr habe ich in einem Artikel beschrieben, wie die Verschuldung verschiedener Schwellenländer in US-Dollar sehr wahrscheinlich in wenigen Jahren die Weltwirtschaft zum kollabieren bringen wird. Dies aufgrund der Unmöglichkeit, sich mit einer Abwertung der eigenen Währung vom drückenden Schuldendienst freizumachen, da die in US-Dollar als Fremdwährung gehaltenen Schuldtitel in diesem Fall noch teurer würden.

Es scheint, als hätten wir diesen Punkt fast erreicht. Die Türkei war damals bereits die Nummer Eins auf dem Parkett, da es damals nicht einmal die Hälfte der Devisenschulden mit eigenen Mitteln decken konnte. Nur ein Eingriff durch Katar mit einem Milliardenkredit konnte damals die Kernschmelze verhindern. Inzwischen allerdings scheinen die 15 Milliarden zur Stabilisierung der türkischen Lira verpulvert zu sein und die Türkei steht erneut vor dem wirtschaftlichen Ruin.

Armstrong spricht in dem Artikel von allen Schwellenländern, die mit dem relativen Wertgewinn des Dollar aufgrund des hohen Nachfrageüberhangs in Schieflage geraten könnten. Extrapoliert man die Zahlen aus meinem Artikel, dann stehen neben der Türkei ganz oben auf der Liste Argentinien (das derzeit wieder vom IWF betreut wird), die Ukraine als ohnehin kaputtem Land und der Überraschungskandidat Polen, wo man sich gleich doppelt in der Zange befindet.

Nicht nur sind es die hohen in US-Dollar gehaltenen Schulden Polens, die das Land über den Rand drücken könnten, sondern auch die enge Verzahnung mit der EU. Sollte der Euro abwerten, dann wird der Zloty mit abwerten müssen, um die Realwirtschaft nicht zu gefährden. Sollte das aber getan werden, dann lauert direkt dahinter der 350 Milliarden Dollar schwere Schuldenzementblock, der die polnische Volkswirtschaft mit 3,3% des BIPs belasten würde, wenn es nur eine fünf Prozent große Änderung der Wertrelation zwischen Dollar und Zloty gibt.

Sperenzchen wie das so sehnlichst herbei gewünschte „Fort Trump“, für das die Polen sogar bereit wären, jährlich eine Milliarde Dollar zuzuschießen wären damit genauso passe, wie eine auch nur dem Schein nach gelebte Autonomie von den verbliebenen Geldtöpfen im Dreieck Brüssel-Berlin-Frankfurt, die vermutlich erst nach jenen in Warschau leer sein werden.

Fakt ist jedoch, dass längst nicht nur Polen sehr schnell in den Strudel geriete, sondern fast die komplette Weltwirtschaft. Unter den großen Ländern sind es lediglich die Vereinigten Staaten, die zunächst zumindest mit einem blauen Auge davon kommen könnten, weil sie die Reserve- und damit Fluchtwährung stellen. Mittelfristig wird aber auch die US-Wirtschaft genauso abstürzen wie der Rest.

Gewisse Chancen kann man dazu noch Russland einräumen, das zwar stark abhängig ist vom Export von Rohstoffen, das allerdings seit der Einführung von Wirtschaftssanktionen vor einigen Jahren dazu überging, den Binnenmarkt zu entwickeln. Dies wird dem Land gemeinsam mit der rohstoffseitigen Autarkie eine gewisse Federung bieten.

Ansonsten wird eventuell noch die Schweiz aufgrund der von der SNB gehaltenen Aktiva relativ sicher sein, sowie Norwegen als eines der wenigen Länder mit einem prall gefüllten Konto für schlechte Zeiten – wobei in beiden Fällen die Betonung auf relativ liegt.

Bereiten Sie sich vor! Bis Mai sollte jeder wenigstens ein paar US-Dollar in Bar vorrätig halten, den Rest in Edelmetall.