29. Januar 2019

Die Risse im medialen Mainstream mehren sich; der Epochenwechsel zeichnet sich ab

Für die einen geht die Sonne unter, für die anderen geht sie auf (Bildquelle)

Gerade in den letzten Tagen und Wochen gab es mehrere Hiobsbotschaften für die Mainstream Medien. Während hierzulande die Relotiusaffäre des Spiegel im Zentrum der Entwicklungen stand, so gab es im englischsprachigen Raum ganz ähnliche Brüche im medialen System, die aber noch viel weiter gehen als das, was bei uns gerade passiert. Auf dem Humus von Fake News und Selbstüberschätzung bildet sich derweil ein völlig neues mediales Ökosystem, das klein, anarchisch und frei von verdeckten Interessen langsam aber sicher die Macht über die öffentliche Wahrnehmung übernimmt.


Die Struktur der Medienbranche als Ableitung der technischen Entwicklung



Mit dem Aufkommen des Internets für Jedermann vor etwa eineinhalb Jahrzehnten sahen viele dessen Macht als ein transformatives Vehikel für die Art und Weise, wie wir als Medienkonsumenten Nachrichten wahrnehmen. Wo zunächst nur computeraffine Personen in sogenannten Newsgroups Informationen austauschten, etablierten sich mit der Vereinfachung der Technik und der Beschleunigung der digitalen Verarbeitung bald schon Nachrichtenseiten und es entstanden Dienste, die sich entweder als Nachrichtendienste betätigten oder sich auf die Verbreitung von Nachrichten durch Dritte spezialisierten.

Nach diesem Urknall des Konsums waren es lange Zeit vor allem die klassischen Printmedien, von denen eine mutige Vorhut einen Internetdienst aufbauten. In Deutschland sei vor allem der damals noch integre Spiegel genannt, der dank seiner Finanzkraft sogar schon vor der Entwicklung des WWW im Netz seine Fühler ausstrecken konnte.

Das naheliegende und überaus korrekte Kalkül hinter dem Umstieg auf das Internet als Verbreitungsmedium für Nachrichten aller Art bestand in der Befürchtung, dass die technische Entwicklung immer billigere und nutzerfreundlichere Geräte hervorbringen würde, die das verhältnismäßig teure, bis dato aber alternativlose Printsystem früher oder später zerstören würde.

Mit dem Einstieg eines Gutteils der Bevölkerung in das Internet wurde das nachrichtenmediale Segment des Internets ab der Jahrtausendwende zunächst zu einem dominanten Metier der klassischen Printmedien. Diese hatten damals noch genügend Kapital und die euphorische Stimmung sorgte für viele Risikoinvestoren, die bereit waren, für die Verschmelzung von Offline und Online viel privates Geld auszugeben – zumindest bis zum Platzen der "Dot-Com-Blase".

In dieser Phase entstanden verschiedene Soziale Netzwerke, die für eine maximale Verbreitung der nun online bereitgestellten Nachrichten sorgten, dazu kamen leistungsfähige Suchmaschinen auf den Markt und nicht zuletzt begann das Geschäft mit der Bannerwerbung zu blühen. Die großen Gewinner dieses Dienstleistungswettbewerbs von damals kennen wir heute alle. Sie heißen Google (1997), Adsense (2003), Facebook (2004), und Twitter (2006).

Noch aber war zu diesem Zeitpunkt für viele Nutzer die Technik hinter dem WWW zu komplex, neue Techniken zur Reichweitenmaximierung mussten erst noch entwickelt werden und es fehlten noch einige Apparaturen für die totale Durchdringung. 

WLAN Drahtlosnetzwerke beispielsweise waren bis Mitte der 2000er Jahre noch zu schwach und es fehlte an einem preiswerten Gerätepark für dessen flächendeckenden Einsatz. Auch die Leistungsfähigkeit des in Deutschland im Jahr 2000 mit großem Tamtam und für viel Geld versteigerten UMTS Netzes war eher mau, als dass es die stationäre und jenseits des ICQ Chats (oder für Onlinespieler beispielsweise des BattleNets) noch immer recht statische Angelegenheit des Surfens im Netz hätte entscheidend verändern können.

Es war wie ich meine erst das Jahr 2007, das mit einem Geniestreich des Steve Jobs die nächste Phase der Entwicklung einleitete. Zwar gab es parallel dazu andere Entwicklungen, die in eine ähnliche Richtung gingen oder die einen bedeutenden Einfluss hatten. Laptops etwa wurden dank der ostasiatischen Tigerstaaten zum Billigprodukt, sie hatten billige Kameras eingebaut für kleine Filmchen, mit denen das im Jahr 2005 an den Start gegangene YouTube gefüttert werden konnte und es entstanden zahlreiche Bloggerplattformen - Blogspot gibt es beispielsweise schon seit 1999, Wordpress seit 2003 - auf denen mit immer weniger Aufwand ansehnliche Ergebnisse erzielt werden konnten. 

Es war aber erst das iPhone, das zum Turbolader wurde für einen Dezentralisierungsschub, wie es ihn wohl noch nie in der Geschichte gab.

Das alles hatte einschneidende Konsequenzen für Medienunternehmen, die in klassischer Manier eine Redaktion betrieben und wie früher sorgfältig Nachrichten selektierten, Perspektiven schufen und Meinungen einstreuten und dabei erwarteten, wie eh und je gutes Geld damit zu verdienen.

Es war ein oligopolistisches Marktmodell, das nun endgültig auf ein totales Konkurrenzumfeld traf und dies weit schneller, als man es für möglich hielt.



Vom Oligopol zum totalen Konkurrenzmarkt für mediale Inhalte



Genau so, wie die klassischen Mediensysteme unter Druck gerieten und innovativ werden und ins Risiko gehen mussten und dabei entsprechend viel Geld verloren, so gewannen die Nischen unweigerlich immer weiter hinzu. 

Wo zunächst billige und auf die Zweckmäßigkeit der Darstellung reduzierte Angebote auf etwas Aufmerksamkeit und den ein oder anderen Klick hofften, betraten mit den Schüben der technischen Entwicklung immer hochwertiger daherkommende Angebote den medialen Nachrichten- und Informationsmarkt des Internets.

Eines der bekanntesten Beispiele aus den USA für diesen Trend ist InfoWars, das kürzlich erst von den Interessenten des alten Status Quo gerade noch so und unter Aufbringung der gesamten ihnen verbliebenen Macht aus dem Rampenlicht der vernetzten Aufmerksamkeit vertrieben werden konnte. 

Das bezeichnende dabei ist, dass wer sich heute trotz der allgemeinen Verbrämung auf dem Angebot von InfoWars umsieht, der wird hochwertig produzierte Videos entdecken und dazu eine Menge Artikel, die von ihrer Aufmachung her auch auf jeder x-beliebigen Mainstream Seite stehen könnten. Und links und rechts davon Werbung für Produkte, wie es überall zu sehen ist.

Die Unterschiede zwischen medialem Profi und Amateur - zwischen „Qualitätsmedium“ und „Verschwörungstheoretiker“ - das Internet hat sie völlig nivelliert. Und noch schlimmer für die Altmedien ist, dass dieses neue Spielfeld nun nicht nur ebenerdig ist, sondern sich jeder mit einem Klick (oder Wisch) absolut friktionsfrei darauf bewegen kann. 

Das allerschlimmste aber für sie ist, dass dieser Gleichstand nicht das Ende der Geschichte darstellt, sondern eben den Beginn einer ganz neuen.

Denn mit Redaktionen, die im Zweifel aus Ein-Mann-Betrieben, Familienmitgliedern oder Freunden bestehen, die nach der Arbeit in ihrer Freizeit ganz ohne Geld zum Spaß oder aus Überzeugung ihrer journalistischen Arbeit nachgehen, und die auch kein großes Redaktionsgebäude benötigen, keine Auslandskorrespondenten und keine live-Sattelitenverbindung, sondern denen ein einfacher, kostenloser Skype Anruf genügt, hat die digitale Technik ein Monster geboren, das früher oder später alles fressen wird, das sich in klassischer Weise und mit Gewinnabsicht medial betätigt.

Kommen zu so einer Gemengelage dann noch hausgemachte Fehler hinzu, wie etwa eine systematische Fehlberichterstattung oder ideologische Voreingenommenheit, dann wird ein Epochenwechsel zwingend und ist nur noch eine Frage der Zeit.



Die langsame, aber schubweise Erosion der Deutungshoheit durch die Mainstream Medien



Für jede der genannten Eigenschaften dieses medienfressenden Monsters gibt es mehrere Beispiele, die sich gerade in letzter Zeit stark häuften. Während der genannte Fall des Claas Relotius von Deutschland aus hohe Wellen schlug, so kamen die meisten Hiobsbotschaften aus Nordamerika. Dort gab es in kurzer Reihenfolge zahlreiche große Skandale in den Mainstream Medien, die mit dem Auftreten von Donald Trump im politischen Zirkus an Fahrt aufnahmen und gerade aktuell ihren kritischen Höhepunkt erreicht zu haben scheinen mit fast täglichen und in voller Absicht verbreiteten "Fake News".

Seien es Tanzvideos und ihre Interpretation, Trumps neueste Russlandgeschichte, schwarze Linksextremisten oder Indianer, die sich als Opfer gerieren, obwohl sie nachweislich gezündelt haben. Der Mainstream, er treibt heute eine falsche Sau durchs Dorf nach der anderen und die Menschen merken es und sind dem Getöse überdrüssig.

Eines der bedeutenden Ereignisse in dieser Entwicklung zum heutigen Zustand der medialen Entfremdung vieler Medienkonsumenten jenseits des politisch parteiischen Lagers, war die fast schon fanatischen Anbiederung der Mainstream Medien an Hillary Clinton und das ätzende Ankläffen gegen Donald Trump. Die Skandale um Clintons E-Mail Server und ihre als Familienstiftung getarnte Korruptionsmaschine wurden komplett ignoriert, während im Gegenzug umso mehr auf Trump als tumbem Haudrauf im Dienste Russlands fabuliert wurde.

Die digitalen Medienkonsumenten der Welt und die amerikanischen Wähler bemerkten es, sie wechselten in Massen zunächst in die Leserkommentarspalten und als das nicht mehr ging eben in das Lager der Alternativen Medien. 

Nicht anders lief es beim Brexit, der in Großbritannien kurz vor dem Megathema Trump die Menschen in Scharen von der klassischen Berichterstattung davonlaufen ließ und so war es davor auch in Deutschland mit Merkels Grenzöffnung und noch einige Zeit davor bei der Finanzkrise und Eurorettung, die eine erste Vorhut vom präsentierten Einheitsbrei davon rennen ließ.

Es war allerdings etwas anderes, das meines Erachtens in der medialen Wahrnehmung jenen transformativen Stellenwert einnimmt, das auf Seiten der Technik das iPhone einnimt. Im englischen Sprachraum ging die Geschichte als „Gamergate“ in das Bewusstsein des noch jungen Internetzeitalters ein. 

Ab dem Jahr 2014 versuchte eine Gruppe von Radikalfeministen die bis dahin kaum beachtete, aber immens große Welt der internetbasierten Computerspiele dem Dogma des Feminismus zu unterwerfen. Frauen würden diskriminiert werden, so der Vorwurf, Spielerinnen von ihren männlichen Mitspielern schikaniert und weibliche Spielcharaktere - man denke an Lara Croft - als reine Sexobjekte dargestellt, ohne dass sie weitere kreative oder darstellerische Funktionen hätten.

Dies sollte sich nach Meinung dieser selbsternannten Wächterinnen der weiblichen Würde grundlegend ändern. Das Problem dabei war, dass es sich bei der Welt der Computerspiele bis dato um einen völlig politikfreien Bereich handelte, in dem sich überwiegend junge Männer in ihrer Freizeit austobten und das ohne jegliche Hintergedanken oder Ambitionen, die über den nächsten Sieg im Spiel hinausreichten.

Mit den vorgebrachten Vorwürfen, von denen sich die allermeisten hinterher als völlig haltlos erwiesen, hatten die Protagonistinnen zwar einigen Erfolg beim Generieren von Aufmerksamkeit, allerdings in exakt gegenteiliger Weise, als angedacht. Mit ihrem destruktiven Gehabe fokussierten sie die Aufmerksamkeit der Millionen völlig unpolitischen Spieler auf sich und politisierten damit eine ganze Generation – und zwar gegen sich und ihre bei näherem Hinsehen irrwitzigen Ansichten.

Für den medialen Mainstream gab es damals kein Gamergate und wenn, dann stand man auf Seiten der Anklägerinnen. Daher gibt es in Deutschland auch kaum jemanden, der sich mit der Kontroverse auskennt, da die alternativen Medien damals noch eine kleine Randerscheinung waren und mit anderen Themen beschäftigt. Nicht einmal beim omnipräsenten Wikipedia gibt es einen deutschen Artikel zur Causa. Entweder, die Spieler und die Art und Weise ihres sozialen Umganges wurden in den Medien harsch kritisiert, oder man schwieg die Ungereimtheiten in der Sache lieber gleich ganz tot.

Niemand gab der Spielergemeinschaft eine Stimme und so war es fast schon eine logische Konsequenz, dass sich ausgerechnet aus diesem Pool unpolitischer Onlinespieler ein Biotop entwickelte, in dem neue politische Gedanken und Strömungen entstanden, die mit Vehemenz ihren Weg in die vernetzte Aufmerksamkeit schafften.

Mit Gamergate öffneten ahnungslose Ideologen die Büchse der Pandorra, so dass sie heute, vier Jahre danach, nicht mehr unter Druck stehen, vielmehr wurden sie innerhalb von kürzester Zeit nach allen Regeln der Kunst aus der Arena gescheucht. Gleichzeitig haben sie eine ganze Generation gegen den Kulturmarxismus und seine kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Auswüchse politisiert.



Die Protagonisten des Wachwechsels



Der wohl bekannteste unter diesen neuen Kommentatoren des Zeitgeschehens ist Sargonof Akkard alias Carl Benjamin, der sich neben vielen anderen zu einem erfolgreichen Aktivisten entwickeln konnte. Von zu Hause aus, nur mit einem normalen Computer, einem Internetanschluss und einer Webcam schwenkte er wie viele weitere mit Wut im Bauch um von live Übertragen ihrer Computerspiele hin zur Kommentierung und Analyse des politischen Zeitgeschehens.

Ich würde daher auch ein gerade erst erschienenes Video von Benjamin als den nächsten Meilenstein im medialen Epochenwechsel anführen. Darin verkündete er fast schon triumphal mit seinem Angebot expandieren zu wollen, nachdem an ihm erfolglos das versucht wurde, das zuvor bei InfoWars exerziert wurde. 

Er plane, so Benjamin, erstmals mehrere Mitarbeiter einzustellen und zu expandieren, „nun da die Huffington Post und Buzzfeed Mitarbeiter entlassen,“ wie er in der Videobeschreibung mitteilt.

Die Huffington Post ist dem deutschen Internetnutzer sehr wahrscheinlich zumindest vom Namen her vertraut. Es handelt sich dabei um ein seit einiger Zeit zwar etabliertes Internetstartup in der Medienbranche, das jedoch mit dem klassischen Konzept antrat und das sein Geld damit verdienen wollte, indem es seine Journalisten nicht mit Geld bezahlte, sondern ihnen ideologischen Freiraum gab beim Dreh ihrer Geschichten.

Das Konzept funktionierte nur zeitweilig, da es in einer Zeit auf den Markt kam, als die Zeit noch nicht reif war für die totale Konkurrenz und noch immer oligopolistische Elemente den digitalen Medienmarkt prägten. Heute, zu Beginn des Jahres 2019, muss die statisch strukturierte Huffington Post als ehemals hochgelobtes digitales Startup sämtliche Expansionspläne einstampfen, Ableger im Ausland wie die deutsche Version schließen und sogar auf dem Heimatmarkt Mitarbeiter entlassen.

Buzzfeed wiederum ist in Deutschland nur eine Randerscheinung, hat im englischsprachigen Internet aber einen festen Platz in der digitalen Wahrnehmung, da es von unpolitischen Themen bis zum harten Nachrichtengeschäft alles liefert – zumindest bislang. Die Entlassungen im politischen Kommentarbereich aber zeigen, dass auch dieses in seiner Ausrichtung eindeutig linke Angebot seinen Zenit eindeutig hinter sich hat.

Besonders bemerkenswert ist im Fall von Buzzfeed das Verhalten der dort nun entlassenen Journalisten. Die sich selbst und ihren Lebensstil feiernden Millennials, die in schicken Büros, mit schicker Kleidung und guter Bezahlung stets das Gute über das Berichtenswerte stellten, sehen sich nun erstmals mit der harten Realität des Strukturwandels konfrontiert. 

Gut behütet aufgewachsen und versorgt kannte diese Riege von jungen gerne-cool Journalisten die Verliererseite des Lebens bislang nur von anderen, alten und uncoolen Berufsfeldern, die sie (wie auch ihre Vorgänger in den klassischen Printmedien) gerne damit belehrten, sie sollen doch Programmieren lernen, wenn der Job in der Kohleindustrie wegfällt, oder die Industrieproduktion nach China auswandert.

Diese Häme fällt nun voll zurück auf sie und anstelle sich der Realität zu stellen und in den sauren Apfel zu beißen – und womöglich Programmieren zu lernen – folgt generationentypisch der Abwehrreflex mit dem Fingerzeig auf vermeintliche „Diskriminerung“ und „Hatespeech“, mit dem die Realität verleugnet wird, gefolgt von weiteren Forderungen.

Ihnen zu Hilfe eilt dabei das mittlerweile mit einer mehr als fragwürdigen Kuratierung in Verruf geratene Twitter, das den als Journalisten getarnten linken Aktivisten sofort zu Hilfe eilte und legitime Häme wie auch fundierte Kritik an deren Verhalten mit einem Rauswuf von der Plattform quittierte.


Besondersinteressante Einblicke in dieses sterbende Metier des gutmenschlichen Geschreis nach Gerechtigkeit bietet der unabhängige Journalist Tim Pool, der sich immer mehr zu einem Protagonisten der medialen Entwicklung avanciert. Mit einem Hintergrund bei verschiedenen, immer weiter nach links und in dubiose Klickfallengewässer gerutschten Onlinemagazinen wie Wired, Vice und FusionTV kennt und kritisiert er schon seit langem deren untragbare Geschäftsmodelle.

Im neuen, sich stets rapide verändernden digitalen Zeitalter funktioniert es einfach nicht mehr, viel Investorengeld zu sammeln und sich als erstes in einer teuren Adresse in Manhatten einzumieten, um dann mit Hilfe eines überdimensionierten Marketingbudets die Untiefen der eigentlichen Berichterstattung auszubügeln. Viel Umsatz, so die eigentlich alte Lehre, ist nicht gleichzusetzen mit viel Gewinn.

Weder Investoren mit der klassischen Vorstellung des Mediengeschäfts, noch die Redakteure und schon gar nicht die dort arbeitenden Journalisten begreifen diese Gleichung im Zusammenhang mit der Dynamik des Internets, sondern verlangen im Gegensatz immer mehr Aufmerksamkeit und Geld, zahle wer wolle und höre zu wer will.

In einem Umfeld mit billiger autonomer Digitaltechnik und mit Plattformen, die jeden Inhalt eines jeden Nutzers jederzeit zur totalen Durchdringung verhelfen können, braucht es schlichtweg keine betrieblichen Strukturen mehr mit ihren Bürokratien und nicht einmal viel Geld für den maximalen Erfolg.

Was es braucht sind Flexibilität, Glaubwürdigkeit, eine interessante Geschichte zur Person und vor allem die Nähe zu dem, was als nächstes passieren wird. Man kann sich eben vieles kaufen, aber das sind Werte, die wie es in einer Werbung so schön heißt, die unbezahlbar sind.

Und so expandiert auch die mediale Ich-AG Tim Pool, wie er in seinen neuen Videos zurecht mit vollem Stolz verkündet, nachdem er als Schulabbrecher ganz klein begann und sein Geld als Kofferträger verdienen musste, während seine Altersgenossen bequem in Harvard und sonstwo im Warmen sitzend ihre Diplome zur grauen Theorie geschenkt bekamen.

Tim Pool und Carl Benjamin sind aber nur zwei von sehr vielen, die allen Widrigkeiten zum Trotz den Aufstieg in der neuen Medienepoche schafften. Ein besonders buntes Beispiel für diese Entwicklung ist auch dererfolgreichste aller YouTuber Pewdiepie alias Felix Kjellberg, der seine Meriten mit völlig politfreien Spiele- und Spaßvideos machte. 

Dieser wurde nach einigen Belanglosigkeiten von den Mainstream Medien so lange drangsaliert, bis er endlich Flagge bezog. Heute sagt er nicht mehr nur durch die Blume offen, was er denkt – über den linken Zeitgeist nicht nicht allzu viel gutes dabei – und das schlimmste ist, er erreicht mit seinen Videos täglich hunderttausende 14-jährige Jugendliche.

Nicht weniger beeindruckend ist auch die Geschichte von Breitbart, das hyperparteiisch berichtet, mit seiner extrem Berichterstattungsgeschwindigkeit aber seinesgleichen sucht. Oder Radiokommentatoren wie Ben Shapiro, der sich vom libertär-konservativen Einzelkämpfer auf der Welle der technischen Entwicklung zum Chef eines ganzen Redaktionsteams mauerste und heute ein gefragter Debattenteilnehmer ist und nur noch von wenigen, wie etwa Jordan Peterson überstrahlt wird.

Im dezidiert linken Spektrum dagegen sieht man nur wenige, die den Wandel aktiv gestalten und hinzugewinnen. Dave Rubin sei hier genannt, der früher bei den linksopportunistischen Young Turks moderierte und heute sehr erfolgreich seinen eigenen Weg geht und klassisch liberale Werte vertritt. Lediglich David Packman schaffte bislang mit seinen dezidiert linksliberalen Ansichten in meinen persönlichen Aufmerksamkeitsbereich. Dies weniger mit seinen Inhalten, aber mehr mit der Integrität des Vortrages und seiner Debattenbereitschaft.

Ansonsten aber sieht es mau aus im Spektrum des linken Denkens, wenn es um die gestaltende Mitbestimmung der Anarchisierung der Ansichten geht. 

Der dynamische und damit absehbar relevante Teil der heutigen Debatten-, Nachrichten- und Infomrationswelt, er reicht von linksliberal bis libertär und konservativ. Zumindest in der englischsprachigen Welt des Internets.



Warum Deutschland wieder einmal hinterher hinkt



Angesichts dieser Entwicklungen und der teils rabiaten aber durchsichtigen und gescheiterten Versuche, den Geist des freien Meinungsaustauschs wieder in die Flasche zurückzudrängen kann man schließen, dass der freie Markt funktioniert und das gegen jeden Widerstand. 

Nur, wie sieht die Sache bei uns in Deutschland aus, ohne Trump als Katalysator, dafür aber mit GEZ und Anetta Kahane?

Die alternative deutschen Berichterstattungsnische, das lässt sich mit Sicherheit sagen, sie steht. Vergleichbare Alternativangebote zu den USA gibt es gleich im Dutzend und sie haben einigen Erfolg. Trotzdem hinkt die Entwicklung deutlich hinterher, hat in den USA bekanntlich Trump einen epochalen Sieg gegen das Establishment eingefahren und steht dort inzwischen kein medialer Stein mehr auf dem anderen. Auch in Großbritannien ist man weiter als bei uns, was nicht zuletzt der Entscheid zum Brexit zeigt.

Auf Deutschland dagegen liegt noch immer die Bleidecke der Bevormundung durch das Parteienkartell und zahlreiche Nichtregierungsorganisationen wie den Gewerkschaften und allen voran die allzu staatsnahe Amadeu Antonio Stiftung der Anetta Kahane. Sie alle wachen über das korrekte Meinungsbild und schreiten ein, wenn es in der falschen Richtung zu weit geht.

Über allem jedoch thront wie eh und je das GEZ System, das ich als das entscheidende Merkmal erachte, das die unterschiedliche Lage in Deutschland von jener in Nordamerika erklärt. 

Wo es dort mit PBS/NPR lediglich einen kleinen Nischenkanal gibt, der von staatlichen Geldern lebt muss hierzulande jeder Haushalt bekanntlich einen ordentlichen Brocken des verfügbaren Haushaltseinkommens an die von politischen Intrigen und korrumptiven Abgründen geprägten Staatssender ableisten.

Es ist dieses Budget von über 200 Euro im Jahr, das deutschen Medienkonsumenten zwangsweise entzogen wird, das in den USA dagegen frei fließen kann. 

Gäbe es diese finanzielle Flexibilität in Deutschland für die persönlichen Medienbudgets, nicht nur gäbe es auch hierzulande leistungsstarke Dienstleistungen für Publizisten wie in den USA Patreon - oder seit dessen Abrutschen in die linksextreme Aktivistenecke die Alternative Subscribestar. Mit diesen 200 Euro im Jahr gäbe es sehr wahrscheinlich auch ein deutlich dynamischeres alternatives Medienangebot. 

Derzeit kommen die deutschen Alternativmedien auf nicht mehr als Almosen im Vergleich zu ihren amerikanischen Pendants, zumal diese Einnahmen wechselhaft generiert werden durch gelegentliche Klicks auf Werbebanner oder die ein oder andere freiwillige Spende, bei der immer auch mitschwingt, dass man sich als Spender entblößen könnte.

Das ist ein großes Problem und es wird noch lange nachhallen und könnte sich in naher Zukunft angesichts des nie endenden Finanzbedarfs öffentlicher Versorgung sogar noch verschärfen. 

Aber auch in Deutschland gab es wie ich meine ein dem Gamergate vergleichbares einschneidendes Ereignis. Es war der Silvesterprogrom in Köln zum Jahreswechsel 2015/16, der in den Mainstream Medien vehement verschwiegen wurde, und dessen Nachricht sich nur über die Sozialen Netzwerke Bahn brechen konnte.

Dieses Ereignis hat viele vor allem unpolitische Menschen aufgeweckt und für einen Bruch in der öffentlichen Wahrnehmung gesorgt. Egal wie viele Leserkommentare in den Mainstream Medien gefiltert werden, die staatlichen Medien wie auch allzu viele private Mainstream Organe werden seitdem nicht mehr nur als objektiv und fürsorglich wahrgenommen, sondern als unzuverlässig und manipulativ erkannt.

Auch wenn die Alternativen in Deutschland bislang in ihrer Nische sitzen und kaum darüber hinauswachsen können, der Anfang ist also gemacht und auch in Deutschland wird sich der bestehende Riss bald schon zu einer offen sichtbaren Bruchlinie entwickeln. Nicht zuletzt gewinnen englischsprachige Internetinhalte auch hierzulande eine immer größere Bedeutung, was den Prozess mit Sicherheit befördern wird.

Leider ist es auch die erlebte bittere Realität seit Angela Merkels Grenzöffnung im September 2015 und die dadurch die immer weiter in die Öffentlichkeit ragenden unbequemen Fragen und Vorwürfe, die nicht mehr aufhören werden und zum Wandel der medialen Wahrnehmung beiträgt. 

Beispielhaft meinte Hadmut Danisch auf seinem Blog vorkurzem, dass sich etwas bewegt, da die negativen Reaktionen auf seine Artikel nicht mehr einfach nur aus Hass und Vorwürfen bestehen, sondern aus der Forderung Alternativen zu den kritisierten Verhältnissen zu bieten.

Es besteht also Grund zur Hoffnung, auch wenn sich zum lachenden Auge ein weinendes gesellen könnte, da bei uns die Gefahr besteht, dass es nicht die freien Marktkräfte sind, die den friedlichen Wandel bringen werden, sondern es wie in Frankreich einer rabiaten Straßenbewegung wie die der Gelbwesten bedarf, um das zu bekommen, was wir alle verdienen: Ehrliche und informative Informationen, vorgetragen durch integre Journalisten.