15. September 2018

Die große Rentenlüge: Warum Frauen nicht weniger Rente bekommen als Männer


Eine westdeutsche Rentnerin beim lesen dieses Artikels (Bildquelle)

Gerade lese ich im Express über Frauen, die gewarnt werden mehr anzusparen, weil sie weniger Rente als Männer bekommen. Es gilt, den ach so bösen Gender-Pay-Gap auszugleichen, den die Partriarchie den Frauen sogar noch im Alter aufoktroyiert. Auch in Deutschland kommt das Thema immer wieder auf und wird mit dem entsprechenden Dreh in die Öffentlichkeit geschmissen. Schaut man sich aber auch hier die Zahlen etwas genauer an, dann wird deutlich, dass keineswegs eine systematische Benachteiligung vorliegt.


Ja, Rentnerinnen bekommen im Monat weniger Geld als Rentner, ABER..



Es ist gut möglich, dass es in Großbritannien etwas anders ist als in Deutschland, was an den unterschiedlichen Renetensystemen der beiden Länder liegt. Die Grundfaktoren aber sind in beiden Fällen die selben, wobei ich annehme, dass sich die Zusammenhänge in allen Ländern mit öffentlichem Rentensystem ähnlich darstellen.

Da Frauen und Männer in das selbe System einzahlen und Frauen noch immer durchschnittlich weniger verdienen als Männer müssen sie auch geringere Rentenbeiträge zahlen und bekommen im Rentenalter entsprechend geringere Zahlungen. Dies liegt am systemimmanenten Leistungsausgleich, wonach derjenige am Ende etwas mehr bekommt, der davor mehr eingezahlt hat.

Aber, es gibt da noch zwei weitere Faktoren, die instrumental sind für die jeweilige Rentenleistung ingesamt.

  1. Frauen gehen früher in Rente als Männer.
  2. Frauen leben länger als Männer.

Das sind zwei äußerst wichtige Einschränkungen, wenn es um die Frage geht, wie viel eine Person als Rentner insgesamt erhält an Zahlungen aus dem Rentensystem. Während die Monatsrente starke Unterschiede aufweisen kann, so können die Relationen beim Barwert deutlich davon abweichen, je nachdem wie früh jemand in Rente geht und wie lange die Person am Ende lebt im Vergleich zu jemandem, der zwar hohe Zahlungsansprüche hat, aber pünktlich zum 65. Geburtstag stirbt.

Für die Berechnung der Rentenbarwerte braucht es also das tatsächliche Renteneintrittsalter nach Geschlecht, das hier zu finden ist mit Zahlen aus dem Jahr 2010. Dazu braucht es die Lebenserwartung nach Geschlecht, die in dieser Tabelle aufgeschlüsselt ist. Und wir benötigen die Durchschnittsrente nach Geschlecht jeweils für Ost und West, die es hier für das Jahr 2014 gibt, da quasi alle Rentner fast ihr gesamtes Arbeitsleben noch in der BRD oder DDR gearbeitet bzw. gelitten haben. Unterschiede in der Lebenserwartung zwischen Ost und West gibt es übrigens fast keine mehr, ich werde daher annehmen, das die Menschen in Gesamtdeutschland heute durchschnittlich in etwa gleich alt werden.

Aufgrund der unterschiedlichen Jahre muss man die Berechnung der Barwerte mit etwas Vorsicht genießen, aber die jeweiligen Jahreswerte dürften nicht allzu weit voneinander abweichen, da sich die relevanten Faktoren nur langsam verändern.



Männer West
Männer Ost
Frauen West
Frauen Ost
Alter Renteneintritt 2010
61,8 Jahre
61,8 Jahre
60,5 Jahre
60,5 Jahre
Lebenserwartung 2010
77,2 Jahre
77,2 Jahre
82,7 Jahre
82,7 Jahre
Monatsrente 2014
1.061 Euro
993 Euro
770 Euro
532 Euro
Anzahl Monate in Rente
185
185
266
266
Barwert der Rente
196.285 Euro
183.705 Euro
204.820 Euro
141.512 Euro


Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass westdeutsche Frauen – also jene, die ihr gesamtes Leben im bösen, von weißen Männern beherrschten Kapitalismus verbringen mussten – am Ende die größte Entschädigung bekommen für ihre Anwesenheit dort. Die großen Verlierer sind ostdeutsche Frauen, die im von der Ganztagskita bis zur sozialistischen Einheitsbarre zwar allerlei gestellt bekamen, am Ende aber in die Colortronröhre gucken müssen.

Bei den Männern ist der Unterschied bei weitem geringer, allerdings noch immer deutlich in der Höhe einer Jahresrente. Ich nehme stark an, dass die große Differenz bei den Frauen auch an der im Sozialismus üblichen Geschlechtertrennung lag, nach in den harten aber besser bezahlten Stellen ein Männerüberschuss herrschte, während Frauen eher die bequeme Kitakarriere einschlugen und proportional noch weniger angerechnet bekamen als ihre westdeutschen Geschlechtsgenossinnen.

Für das Gesamtbild ohne Trennung zwischen Ost und West braucht es die Bevölkerungsgröße beider ehemaliger Teilstaaten. Die DDR hatte im Jahr 1989 16,4 Millionen Einwohner (20,7%) und die BRD 62,7 Millionen (79,3%). Daraus ergeben sich die folgenden Barwerte:

Männer gesamt: 193.681 Euro
Frauen gesamt: 191.715 Euro

Insgesamt Männer bekommen also etwas mehr Geld aus dem System, was ich mit dem starken Abfall bei ostdeutschen Rentnerinnen erklären würde in Relation zu ihren männlichen Mitinsassen. Der Unterschied zwischen den Geschlechtern für ganz Deutschland allerdings ist recht klein und liegt bei lediglich knapp 2.000 Euro oder einem Prozent.

Wie man bei Sciencefiles nachlesen kann bleiben beim „Gender-Pay-Gap“ noch etwa 2-6 Prozent Gehaltsunterschiede übrig zwischen Mann und Frau, nachdem man ihn bereinigt um relevante Faktoren wie die Qualifikation, die Stelle, die Berufserfahrung und anderes. Angesichts der Tatsache, dass die Rentenbarwerte deutlich näher beieinander liegen als der bereinigte Gehaltsunterschied zwischen den Geschlechtern kann man schließen, dass das Rentensystem Frauen keineswegs benachteiligt, sondern sie tendenziell sogar eher bevorteilt.

Ich schließe: Das einzige, was Frauen hinsichtlich ihrer Rentenansprüche deutlich benachteiligt ist der Sozialismus.