Doch keine wirren Verschwörungstheoretiker? (Bildquelle) |
The Spectator: Kann Macron den Aufstieg des islamischen Extremismus aufhalten?
Kürzlich hat
Emmanuel Macron seinen Plan zur Bekämpfung des islamischen
Extremismus in Frankreich vorgestellt. Der Präsident betonte dabei,
dass sein Kampf nicht gegen die Religion selbst gerichtet sei,
sondern gegen den politischen Islam, „der in der Republik keinen
Platz hat“, und umriss
in einer Rede in der vergangenen Woche eine Reihe von Maßnahmen,
die er ergreifen will. Dazu gehören insbesondere ein Ende für die
Einreise von Imamen aus Ländern wie der Türkei (sic!) und Algerien,
sowie eine strengere Kontrolle der ausländischen Finanzierung von
Moscheen aus Ländern wie Katar.
Die Entwicklung
eines „französischen
Islam“, wie es vor zwei Jahren diskutiert wurde, will Macron
aber nicht weiter verfolgen. Die Beseitigung von böswilligem
Einfluss durch Außenstehende soll genügen.
Dazu sei gesagt,
dass es bereits zu spät ist, jene Entwicklung zu stoppen, die Macron als
einen „islamistischen Separatismus“ innerhalb Frankreichs
bezeichnete. Ein Prozess, der in den 1980er Jahren begann, als die
sozialistische Regierung von Francois Mitterrand die
„Re-Islamisierung“ der Vorstädte durch Männer geflissentlich
ignorierte, die von der iranischen Revolution inspiriert wurden und
deren Geist dort einpflanzten.
Es war im Jahr 2002, als
Georges Bensoussan mit der Veröffentlichung des Buches „Les Territoires
perdus de la République“ („Die verlorenen Gebiete der Republik“)
erstmals die Alarmglocken ertönten ließ. Er beschrieb darin das
sich klar abzeichnende Ausmaß dieser Re-Islamisierung.
Die Reaktion von
Frankreichs Schwätzperten in Funk und Fernsehen bestand damals in
der Stigmatisierung Bensoussans als fremdenfeindlich. Ein Jahrzehnt
später jedoch kam es im Land urplötzlich zu einer ganzen
Welle von islamistischen Terroranschlägen. Die Täter kamen allesamt
aus dem von Bensoussan beschriebenen Milieu. Es handelt sich dabei um
ein Milieu, das laut
einem geheimen Sicherheitsbericht, der im vergangenen Monat an
die Presse durchgesickert ist, inzwischen 150 Bezirke umfasst, in
denen islamistische Extremisten die Kontrolle übernommen haben. Ihr
Einfluss ließ sich dann auch in
einer Umfrage aus
dem
Jahr 2016 ablesen, laut der die Hälfte aller französischen
Muslime unter 25 Jahren lieber unter der Scharia als in der Republik
leben würde.
Immer mehr geht
daher die Befürchtung um, dass sich diese Generation immer dann für den politischen
Islam entscheiden wird, wenn sie die Möglichkeit dazu haben. Genau eine
solche Möglichkeit wird sich im kommenden Monat bei den
anstehenden Kommunalwahlen eröffnet, bei denen die Union der demokratischen
französischen Muslime (UDMF) voraussichtlich erstmals einen
merklichen Stimmenanteil erringen wird.
Noch bei den
letztjährigen Europawahlen schnitt die im Jahr 2012 gegründete UDMF
bei Umfragen nur unbedeutend ab. Allerdings konnte sie in insgesamt
neun innerstädtischen Vorstädten mehr als fünf Prozent der Stimmen
auf sich vereinen. Das führte zu
einem Aufschrei durch einige, wobei sich insbesondere Xavier Bertrand als
Regionalpräsident von Hauts-de-France hervortat. Er
warnte davor, dass „der politische Islam versucht, sich
einzunisten“, während die Sprecherin der regierenden En Marche
Aurore Berge sagte, sie sei „gegenüber einem Verbot der Partei
aufgeschlossen“.
Die Frage jedoch
ist, aus welchen Gründen die UDMF überhaupt verboten werden könnte?
Immerhin handelt es sich bei ihr um eine legitime politische Partei,
deren Wahlkampfthemen allgemein - und nicht nur bei Muslimen -
durchaus auf Zustimmung stoßen: Ein hartes Vorgehen gegen Betrug und
Kriminalität, eine umweltfreundlichere Politik und das Versprechen
für ein ethischeres Verhalten in der Politik. Vor allem letzteres
ist gerade ein heißes Thema angesichts des kürzlichen Rückzugs von
Macrons Pariser Bürgermeisterkandidaten Benjamin Griveaux, der über
einige allzu private Fotos stolperte, die an die Öffentlichkeit gelangten. Dabei hat die Partei auch einige islamspezifische
Programmpunkte zu bieten, wie etwa Investitionen in den Halalmarkt
und die Förderung des „islamischen Bankenwesens“. Dennoch
versicherte ein Kandidat der Partei kürzlich
in einem Interview mit dem Magazin Liberation: „Wir sind nicht
hier, um in Frankreich die Scharia einzuführen.“
Eine andere Frage
wäre noch, ob überhaupt ein Bedarf besteht für eine Partei wie der
UDMF. Laut Barbara Lefebvre, einer Mitautorin von Bensoussans Buch,
ist der politische Islam seit Jahren dabei, in heimtückischer Weise
die Republik zu infiltrieren, wobei sich Islamaktivisten vor allem in
Kommunen mit linker Mehrheit emsig in Machtpositionen manövrieren.
Der Grund dafür liegt darin, dass die Linke in
Frankreich wie überall im aktuellen Jahrhundert den Kontakt zur
weißen Arbeiterschicht verloren hat. So braucht sie zum Machterhalt jede
Unterstützung, die sie bekommen kann. Daher ist sie auch bereit
Islamisten entgegenzukommen, wenn sie zur Überzeugung gelangen, dass eine Anbiederung an diese
ihre Wahlaussichten verbessert.
Im vergangenen Monat
zum Beispiel schwieg die politische Linke Frankreichs als einer
16-jährigen Jugendlichen mit dem Tod gedroht wurde, weil sie nach
sexistischen Kommentaren in den Sozialen Medien gegen sie als
Reaktion darauf den Islam (und Religionen im Allgemeinen)
kritisiert hatte. Verkörpert wurde die moralische Feigheit der
französischen Linken vor allem von der Justizministerin Nicole
Belloubet (einer Sozialistin, bevor sie sich En Marche anschloss),
der nichts besseres einfiel, als die Jugendliche für ihren „Angriff
auf die Gewissensfreiheit“ zu beschimpfen. Ihr Ausfall gegen das
Mädchen löste einen Aufschrei aus, wobei ihr Anwalt erwiderte:
„Traditionell ist es ist die Linke, die in diesem Land den
Säkularismus verteidigt. Es macht mich traurig, dass es in diesem
Fall nicht geschehen ist.“ Die Reaktion durch die Regierung war so
schwach, dass sich Macron als Präsident dazu gezwungen sah, das
Mädchen zu verteidigen. „Das Gesetz ist klar“, erklärte
der Präsident, „wir haben das Recht über Religion zu lästern,
sie zu kritisieren und sie zu karikieren.“
Kurze Zeit danach
kam dann seine Rede in Mulhouse. Darin versprach
Macron, dass es sich dabei nur um den ersten Teil dessen handelt,
was kommen soll. Angedacht sei eine Langfriststrategie, mit der die
Initiative vom politischen Islam zurückgewonnen, und gleichzeitig
die Herzen und Köpfe der französischen Muslime erobert werden
sollen. Macrons Kritiker behaupten, dass der Zeitpunkt der Rede nicht
mehr war als ein billiges Wahlkampfmanöver, um bei den
Kommunalwahlen im kommenden Monat ein paar Stimmen zu
bekommen von all jenen, die zu Marine Le Pen und ihrem Rassemblement
National tendieren.
Macron ist dabei
nicht einmal der erste Präsident Frankreichs, der das
Thema Islam mit Härte anspricht. Auch Francois Hollande, Nicolas Sarkozy und
Jacques Chirac haben das getan. Allerdings war das dann alles, was sie
getan haben: Viel Gerede, aber keine Taten. Währenddessen setzt der
politische Islam seinen Aufstieg weiter fort und erzeugt Risse in den
Grundfesten der Republik, die immer mehr Franzosen für irreparabel
halten.
Tja, so ist das eben
So viel zum Thema „Gestern noch Verschwörungstheorie, heute schon Regierungspolitik“. Für uns Deutsche die gute Nachricht in der schlechten
ist, dass uns Frankreich dank seiner Algeriengeschichte circa 20 Jahre
voraus ist. Wir können also mit einem einfachen Blick nach Westen
in die eigene Zukunft schauen. Am Ausgang wird das wahrscheinlich nur wenig ändern, aber eventuell kann der eine oder andere für sich noch rechtzeitig Konsequenzen ziehen.
Bezeichnend im Bezug auf Deutschland ist auch, dass Macron die türkischen Imame rauswerfen will. Bei uns dagegen wird mit der Ditib weiterhin ein Staatsvertrag nach
dem anderen unterschrieben. Immerhin aber bringt die Nachricht aus Frankreich auch an dieser Stelle etwas gutes für uns: Ein gewichtiges Argument gegen die hiesigen Apologeten der geordneten Islamisierung.
Schließlich wäre
da noch diese ominös-harmlose Aussage des UDMF Vertreters, wonach
seine Partei nicht vor habe, die Scharia in Frankreich zu etablieren.
Nun, das müssen sie auch gar nicht, denn sie ist es schon.
So geht Rhetorik.