Prof. Hans Werner Sinn, ein Mann mit Gefühlen (Bildschirmfoto)
|
Meine E-Mail an Tilo Jung von „Jung & Naiv“
Hallo,
ich muss mich mal eben beschweren.
Gerade eben habe ich mir das durchaus sehenswerte Interview mit Hans Werner Sinn angesehen. Das Gespräch war größtenteils gut geführt, allerdings war die immer wieder durchbrechende sozialistische Idiotie - und ich kann sie begründen - dann doch überaus nervig.
Wer politisch links sein möchte, der darf das gerne sein und der kann sich natürlich auch öffentlich entsprechend äußern. In diesem Fall aber muss ich ankreiden, dass es im Interview einige recht schmerzhafte intellektuelle Aussetzer gab in dieser Hinsicht. Prof. Sinn hat in seiner Altersgüte über die meisten davon hinweggesehen. Wer sich allerdings etwas auskennt in der Materie, dem fällt auf, wie genervt er davon war, als er zum fünften Mal das selbe erklären musste.
Daher meine Bitte für die Zukunft: Wenn man keine guten Argumente hat, dann lässt man derartigen Quatsch einfach weg. Es würde dem Format gut tun, was auch für das Wohlwollen des Interviewten gilt, der in diesem Fall immerhin circa vier Jahrzehnten mehr Erfahrung in dem Bereich aufweisen kann.
Über die generationelle Verteilung der Vermögen in Deutschland
Hier die Begründung der angesprochenen sozialistischen Idiotie am Beispiel, wonach „42 Mio Menschen in Deutschland über kaum oder kein Vermögen verfügen“. Ich behaupte, dieser Sachverhalt kann ohne Mühe demografisch aufschlüsselt werden, woraufhin das „Problem“ sich in völliger Nachvollziehbarkeit auflöst.
Insgesamt sehe ich in Deutschland fünf (plus eine) sozio-ökonomische Gruppen am Werk.
1) Kinder
Laut statistischem Bundesamt gab es im Jahr 2011 insgesamt knapp 15 Mio Minderjährige. Kinder, ich denke wir sind uns hier einig, hatten schlichtweg noch keine Zeit zu einem Vermögensaufbau, da sie u.a. in die Schule gehen müssen.2) Junge Erwachsene
Weitere knapp 10 Mio Menschen sind erwachsen und nicht älter als 30 Jahre. Das ist für die meisten die Zeit, in der man seinen Sturm und Drang auslebt (das kostet Geld) und dazu eine Ausbildung oder ein Studium absolviert, was beides nicht gerade einträglich ist. Darüber hinaus ist das auch die Phase, in der man in der Regel damit beginnt, sich längerfristige Gebrauchsgegenstände zuzulegen (z.B. ein Auto, eine gute Steroanlage etc), was bekanntlich ebenso ins Geld geht.
3) Junge Eltern und Häuslebauer
Heute sind die meisten Deutschen nahe dran oder schon jenseits des 30. Lebensjahres, wenn die „Rush Hour“ des Lebens beginnt mit Karriere, Ehe, Kindern und dem Abzahlen des Hauses/der Wohnung. Dieser Prozess dauert 20-30 Jahre, wobei im Normalfall sukzessive ein bisschen Vermögen entsteht.
Am Ende dieser Phase ist man dann Mitte 50 und die Kinder sind aus dem Haus, dessen letzte Rate bald schon fällig wird. Im Durchschnitt entsteht im Verlauf dieser Phase ein signifikantes Vermögen.
Unter Annahme einer linearen Annäherung für die Vermögensentwicklung in dieser Phase lässt sich ableiten, dass mit 35 hinsichtlich des Vermögens ein bisschen etwas da sein müsste, mit 45 merklich etwas, und mit 55 wird dann einmal im Monat oder sogar noch öfters der Besuch im guten Restaurant möglich sein. Diese Kohorte der 30-55 jährigen bestand im Deutschland des Jahres 2011 aus knapp 30 Mio Menschen.
4) Die Stützen der Gesellschaft
All jene, die altersmäßig darüber liegen, aber noch nicht zu tief im Rentenalter stecken, sind durchschnittlich die Wohlhabendsten, wobei diese Phase in etwa vom 55. bis zum 70. Lebensjahr reicht.
Der Grund für das besondere Wohlergehen in diesem Altersbereich liegt darin begründet, als dass alles abbezahlt ist, die Kinder stehen auf eigenen Beinen, man hat sein „Lehrgeld“ lange schon bezahlt und man verfügt über genug Routine für das propere Handhaben aller materieller und finanzieller Aspekte im Leben. Diese Kohorte umfasste 2011 circa 14 Mio Menschen.
5) Die Alten
Bleiben noch die Alten ab 70 Jahren, von denen es zur Volkszählung 2011 in Deutschland 12 Mio Personen gab. Diese haben zwar noch ein gutes Vermögen, allerdings nur noch die Rente als Einkommen. In vielen Fällen bedeutet es daher, dass allmählich das Vermögen wieder aufgezehrt wird.Ebenso müssen Menschen diesen Alters die Zielgerade ihres Lebens im Blick behalten und u.a. das Zuhause altersgerecht umbauen. So etwas kostet, wobei nicht zuletzt die Enkel das quengeln gelernt haben und ständig mit iPhones, Flugreisen und andere CO2-Sünden beschenkt werden wollen.
Unter Steuergesichtspunkten relevant ist auch die frühzeitige Vererbung des Vermögens, da eine jährliche Schenkung von Vermögen an die Erben unterhalb der Freigrenze von 20.000 Euro in vielen Fällen erheblich günstiger ist als eine steuerpflichtige Einmalzahlung, wenn es dann so weit ist. Alles in allem ist damit erwartbar, dass die Vermögenshöhe bei den ältesten im Land wieder sinken müsste.
In Deutschland >>können<< nur 40 Mio Menschen wohlhabend sein
So weit alles verstanden? Hier nochmal in der Kurzversion meiner Hypothese zur Vermögensschieflage:
- Negativursache #1: Jung und unerfahren
- Negativursache #2: Rush Hour des Lebens
- Negativursache #3: Alt und gebrechlich
- Positivursache: Man hat alles hinter sich und ist noch fit genug, um es genießen zu können
Unterm Strich bedeutet es, dass die meisten in den Gruppen eins und zwei, sowie ins Blaue geschätzt jeweils vielleicht ein Drittel der Gruppen drei und fünf qua Lebensphase über kein großes Vermögen verfügen können.
Addiert man diese Gruppen zusammen, dann ergibt sich die Zahl von 39 Mio Menschen in Deutschland für das Jahr 2011, die seltsam deckungsgleich ist mit der im Video penetrant vorgetragenen Zahl der 42 Millionen.
Gänzlich deckungsgleich wird es dann, wenn man die von Prof. Sinn erwähnten 3+ Mio Analphabeten hinzuzählt, die seit 2011 und vor allem seit 2015 von der alten Funzel ins Land gelassen wurden - und die nicht einmal in der Lage wären, die Zahl vom Kontoauszug abzulesen, wenn sie denn vermögend wären.
Noch einmal:
- 25 Mio können kaum vermögend sein, weil sie jung und unerfahren sind
- 10 Mio können kaum vermögend sein, weil sie sich in der Rush Hour des Lebens befinden
- 4 Mio können kaum vermögend sein, weil sie alt und gebrechlich sind
- 3 Mio können kaum vermögend sein, weil sie Analphabeten sind, die deutsche Sprache nicht beherrschen und zu einem Gutteil nicht einmal als Fensterputzer taugen
Der Rest dagegen, in Deutschland bestehend aus circa 40 Mio Menschen, kann aufgrund der Lebensumstände vermögend sein und sie sind es ganz offenbar auch.
(Bildquelle) |
Wird die Hypothese von der Realität bestätigt?
So, nun kommt der Abgleich mit der Realität. Dazu eignet sich dieser Artikel. Darin heißt es (siehe auch obige Grafik daraus):
„Wenig verwunderlich zeigt die obige Grafik, dass die Generation der 17- bis 24-Jährigen in Deutschland die Ärmsten sind. [..] So reichen in dieser Altersgruppe schon 4.611 Euro, um reicher als der Durchschnitt zu sein. Die Kurve steigt danach rapide an: Die 25- bis 34-Jährigen besitzen im Schnitt 21.570 Euro, die 35- bis 44-Jährigen 61.340 Euro, die 45- bis 54-Jährigen 110.200 Euro, die 55- bis 64-Jährigen 124.900 Euro. [..] So kommen sie [die 65-74-jährigen] auf 135.500 Euro im Schnitt. [..] Trotzdem bringen es die über 74-Jährigen im Schnitt noch immer auf 108.900 Euro.“
Hier die Zahlen tabellarisch:
- 17-24: 4.611 Euro
- 25-34: 21.570 Euro
- 35-44: 61.340 Euro
- 45-54: 110.200 Euro
- 55-64: 124.900 Euro
- 65-74: 135.500 Euro
- ü74: 108.900 Euro
Huch, das stimmt ja quasi perfekt mit meiner auf Lebenspragmatismus basierenden Hypothese von oben überein!
Wer hätte gedacht, dass das linke Geschwurbel von wegen ungerechte Verteilung der Vermögen bei näherem Hinsehen völlig inhaltsleer ist. Wollen wir hoffen, dass die politische Linke nicht auch an anderer Stelle dummschwätzigen Humbug verzapft...
Fazit, Fehlallokationen und Falschwähler
Das Fazit dieser kleinen Aufbereitung lautet, dass der Kapitalismus nicht nur, wie Sinn korrekterweise erklärt, effizient ist und Wohlstand schafft. Mit Blick auf die generationelle Verteilung der Vermögen im Land lässt sich sogar die Schlussfolgerung ziehen, dass der Kapitalismus - im Unterschied zu Sinns Aussage - sogar den materiellen Reichtum im Lande in gerechter Weise verteilt.
Noch einmal: Wer hätte das gedacht!
Übrigens, seltsam und ein Hinweis für eine strukturelle Fehlstellung des Systems wäre es, wenn es überproportional viele Menschen im Altersbereich der 40-60 jährigen gäbe, die unterdurchschnittlich wohlhabend sind. Denn das würde bedeuten, dass etwas falsch läuft bei der generationellen Allokation des Reichtums in Deutschland.
Tatsächlich gab es diese Situation sogar einmal in (West-)Deutschland und zwar ansteigend seit den 1970er Jahren bis Anfang der 2000er, als das Problem mit einer Sozialstaatsreform zu einem Gutteil beseitigt wurde. Prof. Sinn geht ausführlich auf dieses Problem, dessen sozialistische Umverteilungsursachen und seine schließliche Lösung ein. Einfach nochmal das Interview ansehen und aufmerksam zuhören. (Der Vollständigkeit halber sei gesagt, dass in der ehemaligen DDR selbiges Problem zwischen den Jahren 1949 und 1989 bestand.)
Dazu möchte ich abschließend noch auf die für typische Linke seltsam unerklärbare Korrelation zwischen der Alterskohorte der 40-60 jährigen und ihrem aktuellen Wahlverhalten hinweisen - also unerklärbar jenseits des üblichen Nazivorwurfs.
Denn diese wählen bekanntlich überproportional oft die wahlweise als „rechtspopulistisch“ oder „in Teilen rechtsextrem“ bezeichnete AfD. Ein Beispiel von vielen ist dabei die Bundestagswahl von 2017. In Tabelle 4 dieser Analyse sind die Zweitstimmenanteile nach Partei und Alter aufgeschlüsselt.
Mit Blick auf diese Tabelle lässt sich feststellen, dass keine andere Partei als die AfD in der Altersgruppe der 35-59 jährigen überdurchschnittlich viele Wähler aufweist (>15% vs 12,6% insgesamt). Die übrigen Parteien sind entweder junglastig (Grüne, FDP, Sonstige), oder sie sind altlastig (CDU, CSU, SPD) oder sie sind relativ gleichverteilt (Die Linke).
Meine ehrlich gemeinte Frage dazu lautet: Könnte es möglicherweise einen Zusammenhang geben zwischen A) den bislang marktwirtschaftlich gerecht verteilten generationellen Vermögen, B) den neuerdings bis weit ins Linksextreme reichenden Tendenzen in der deutschen Politik und dem C) (Protest-)Wahlverhalten ausgerechnet dieses einen Segments des deutschen Wahlvolkes?
Einfach mal darüber nachdenken.
PS:
Da Tilo Jungs Jung & Naiv Format nicht Teil des GEZ Systems ist, bitte ich alle Leser um Nachsicht bei eigenen Kritikäußerungen, wobei ich selbiges auch für meine Ausführungen in Anspruch nehme.
Meine Kritik ist rein inhaltlich und bezieht sich auf einen relativ kleinen, wenngleich bedeutenden Teilaspekt, der wie ich meine neben dem im Interview angesprochenen Klimagedöns auch das einzig kritikwürdige ist. Der penetrante Verweis auf die nachweislich inexistente Vermögensungerechtigkeit ist einfach nur dummblöd und weist lediglich auf einen Mangel an intellektueller Sorgfalt beim Interviewer hin.
Des weiteren ist meines Erachtens dennoch besser, ein solches unabhängiges Medienformat - auch wenn man inhaltlich nicht 100% d'accord geht - finanziell etwas zu unterstützen, als weiterhin Geld in den Rachen des GEZ Molochs zu werfen.