Beide Seiten des fraglichen Flyers (in Echt sollen sie sehr hochwertig wirken) |
Die Abteilung für Gleichstellung und Diversität kündigt an...
Gerade trudelte die E-Mail eines Lesers bei mir ein mit einem Flyer für eine Mitmachveranstaltung am renommierten Deutschen Krebsforschungszentrum
(DKFZ), die gemeinsam durchgeführt wird mit dem ebenfalls in Heidelberg angesiedelten
Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie (EMBL).
Es geht dabei aber
nicht etwa um einen Vortragsmarathon zu einem Spezialfach des
Großthemenbereichs Physiologie und Biologie. Ebenso wenig geht es um
ein interdisziplinäres Kreativbrainstorming, bei dem Wissenschaftler
aller MINT-Sparten in spontaner Mischung ihre Köpfe zusammenstecken, um zu sehen was herauskommt.
Nein, es geht um
Frauen. Um Frauen und Wikipedia.
Zu der am 12. Dezember um 18 Uhr beginnenden
und von
„DKFZ Gleichstellung und Diversität gemeinsam mit EMBL“ unterstützten Abendveranstaltung „ist jede*r Willkommen“, wie es auf dem Flyer heißt. Ein Lockmittel haben sie auch, da für „Verpflegung gesorgt ist“.
Der Abend soll voll im Zeichen der
„Lieblingswissenschaftlerin“ stehen und zwar ohne
Gendersternchen, es geht also ausschließlich um weibliche
Wissenschaftler. Für diese soll unter professioneller Unterstützung bei Wikipedia ein „Edit-a-thron“ durchgeführt werden. Dabei handelt es sich um einen Editiermarathon, bei dem die Teilnehmer die
Wikipediaseite ihrer Lieblingswissenschaftlerinnen wahlweise erstellen,
übersetzen oder verbessern sollen.
Man will damit die
„Wissenschaft offener, integrativer und besser zugänglich machen“, so die Ankündigung des Flyers.
Wer also schon immer
einmal wissen wollte, was weibliche Wissenschaftler*innen an deutschen Eliteinstituten nach
Feierabend unternehmen, um ihrer Karriere einen extra Schub zu geben, der
weiß nun mehr.
Sie debattieren
keine kontroversen Hypothesen, sie setzen sich auch nicht in die
Bibliothek, um einer Fährte nachzugehen, sie basteln nicht aus Spaß
an etwas ganz anderem herum - als Biologe etwa an einem Computer - um
eine neue Perspektive zu lernen, und sie übersetzen nicht einmal
wissenschaftliche Arbeiten, die sie für beachtenswert halten. Nein, weibliche
Wissenschafter graben sich durch Wikipedia und übersetzen
Kurzbiografien, die ihnen gefallen.
Das mag nun eine scharfe Meinung
sein, aber es wirkt auf mich als das wohl unproduktivste, das man
sich überhaupt vorstellen kann.
Männer als Motivationshilfe für Frauen
Entstanden ist der
- Entschuldigung - Mist offenbar an der Universität von Colorado in Boulder.
Prinzipiell hat der Ort bei mir einen guten Ruf, da mir von dort bislang nur
intelligente Sachen vor die Nase kamen. Dann aber erleben
wir derzeit auch den rapiden Niedergang der akademischen Welt überall im Westen, der mit Sicherheit auch nicht vor dem beschaulichen Boulder Halt machte.
Jedenfalls fanden
sich in Colorado einige weibliche Wissenschaftler zusammen, die den
Verein „500
Women Scientists“ gründeten. Es ist nun dessen Heidelberger
Ableger, der mit dem Editiermarathon möglichst vielen Frauen einen
ganzen Abend wertvolle Lebenszeit rauben will.
Über den Ursprung der 500 Women Scientists heißt es auf deren Seite, dass sich einige Frauen an der Universität im November des Jahres 2016 zusammenfanden
und zwar „gleich nach der Wahl“.
Das ist ganz wichtig.
Das ist ganz wichtig.
Um wessen Wahl es sich da handelte, die den Damen als Anlass diente für ihre Clubgründung dürfte klar sein, es
war jene von Donald Trump. Die Wissenschaftlerinnen sahen ihre „Stimmen in
Gefahr“ wie auch jene von „Minderheitengruppen“, so dass sie
sich in dem losen Verein sammelten, um ihrer Stimme weiterhin Gehör
schaffen zu können. Sie wollen sich „gegen Unrecht aussprechen, das
ihnen in der Wissenschaft wie auch in der Gesellschaft als ganzes
begegnet“, wie es auf der Seite heißt.
Warum sie das davor
nicht gemacht haben und erst einen Mann als Anlass brauchten, um ihre
wissenschaftlichen Mund zu öffnen – oder das, was sie für ihren
wissenschaftlichen Mund halten – sei dahingestellt. Aber immerhin,
sie haben etwas zustande gebracht.
Wenn Frauen Mangeln gehen
Das Prinzip der 500
Wissenschaftsweiber, wie ich den Verein lose übersetzen würde,
besteht darin, dass keine feste Großorganisation angestrebt wird,
sondern überall lokal in kleinen Gruppen gearbeitet und genetzwerkt
wird. Sie nennen diese Kleingruppen „Pods“, für das mir spontan
keine passende Übersetzung einfällt außer vielleicht
„Käfig“.
Wer nun wie ich zweifelt über den Sinn dieser Veranstaltung, dem hilft vielleicht eine Analogie aus dem echten Leben weiter.
Mir hat einmal vor einigen Jahren eine weibliche Bekannte im
Vertrauen etwas über Frauen erzählt. Denn noch immer ist es Usus in den halbwegs funktionierenden Teilen der Gesellschaft, also im kleinstädtischen bis
dörflichen Umfeld, dass Frauen „mangeln gehen“. Oberflächlich
geht es dabei darum, sich die Bettwäsche und andere große
Stofffetzen wie Vorhänge zu bügeln, die für das heimische Bügeleisen zu sperrig sind.
Traditionell sind derartige Maschinen teuer und so war die Anschaffung einer Mangel lange Zeit nur gemeinschaftlich möglich. Doch obwohl der Preis für solcherlei Gerät über die Zeit sank und auch Alternativen entstanden, so konnte sich an vielen Orten die Tradition des gemeinsamen „Mangelns“ durch die Frauen als fester Teil des Alltagslebens erhalten.
Traditionell sind derartige Maschinen teuer und so war die Anschaffung einer Mangel lange Zeit nur gemeinschaftlich möglich. Doch obwohl der Preis für solcherlei Gerät über die Zeit sank und auch Alternativen entstanden, so konnte sich an vielen Orten die Tradition des gemeinsamen „Mangelns“ durch die Frauen als fester Teil des Alltagslebens erhalten.
Meine Bekannte
gestand mir dabei, dass sie das Mangeln heute zwar liebt, zunächst aber nicht begriff,
warum es die Tätigkeit noch immer gibt. Immerhin handelt es sich um eine relativ unnötige, anstrengende, heiße
und irgendwie völlig aus der Zeit gefallene Aktivität. Dennoch
bestand ihre Mutter darauf, dass sie mitkommt, sobald sie „alt genug“
war, sprich einen festen Partner hatte, mit dem sie den Haushalt
teilte.
Bald schon aber fiel
bei ihr der Groschen, warum „mangeln gehen“ nicht nur immer noch
eine Tätigkeit ist, der Frauen gerne gemeinschaftlich nachgehen,
sondern warum sie für Frauen sogar essenziell ist.
Denn der wahre Grund
ist nicht die Tätigkeit an sich mit dem Glattbügeln großer
Stoffbahnen. Vielmehr ist „mangeln gehen“ eine vornehme Umschreibung für die Mutter aller
Gerüchteküchen.
Wenn Frauen mangeln gehen, dann gehen sie in Wirklichkeit stundenlang gemeinschaftlich, völlig ungestört und in größtmöglicher
Intensität tratschen darüber, wer mit wem, was gerade
wieder kaputt gegangen ist, welcher Mann dafür verantwortlich
war, sowie all das andere, das die Frauenwelt interessiert, für das
sie ihre Partner aber kaum begeistern können.
Kurzum, „Mangeln
gehen“ ist eine gesellschaftliche Ventilfunktion, bei der Frauen
ihren sozialen und emotionalen Druck genauso kontrolliert ablassen
können, wie Männer im Wald, beim Fußball oder auf der Autobahn.
Dieses
Frauengeheimnis, das mir da anvertraut wurde, erklärte nebenbei
auch, warum meine eigene Mutter in der sozialen Hierarchie ihres
Umfeldes lange Zeit eher niedrig angesiedelt war. Denn von Berufswegen hatte sie ihre
eigene Mangel, verpasste also ausgerechnet das beste am Frausein
unter Frauen.
Es zeigte mir auch,
dass es als Mann besser ist zu wissen, wo die Mangel im Dorf steht,
und dass man sich mit mindestens einer der dort werkelnden Frauen gut
stellen sollte. Denn so hat man einen gewissen Schutz vor Lästereien
und Gerüchten, und ich konnte die Bekannte sogar dazu überreden,
eine der älteren Frauen im Mangelclub davon zu überzeugen, meine
aufgrund der Flügge gewordenen Kinder etwas einsam
gewordene Mutter zum gemeinschaftlichen Mangeln einzuladen.
Wie es der Zufall
wollte gab ihre Mangel just zu diesem Zeitpunkt den Geist auf und so
sagte meine Mutter mit Freude zu. Danach war sie glücklicher denn
je und mein Vater auch. Zu
keinem Zeitpunkt habe ich es bereut, die Heizschlange an ihrer Mangel
irreparabel abgeklemmt zu haben.
Nun aber zurück zum
Thema.
Ich kann mich nicht
des Eindrucks verwehren, dass diese Wissenschaftlerinnen in den Pods
ihres Frauenclubs genau das zu emulieren versuchen. Sie schaffen sich
einen Ort, an dem sie oberflächlich betrachtet der Wissenschaft nachgehen und von wo aus sie der Gesellschaft dienen wollen.
In Wahrheit aber sind derartige Veranstaltungen nichts anderes als Gelegenheiten für Frauen, bei denen sie über Stunden gemeinschaftlich und ungestört den in der Institutsatmosphäre angestauten Druck
abbauen können. Denn auch wenn die Einladung pro Forma für „jede*n“
gilt, so dürfte klar sein, dass dort kein Mann freiwillig auftauchen
wird - es sei denn er ist schwul der Marke bunter Pfau.
In ihrem Pod werden
sie dann ein bisschen hier editieren und da ergänzen, dort eine Falte im Text
glattbügeln und sich dabei stets akademisch geben. In Wirklichkeit aber werden sie über Männer
tratschen und das, was sie gerade wieder verbrochen haben. Sie werden Theorien
spinnen über die Gründe, weshalb diese oder jene Wissenschaftlerin
nicht bekannter wurde und all das andere, das Frauen interessiert,
für das sie aber keinen Mann der Welt begeistern können.
Nur um eines wird es
dabei definitiv nicht gehen: Um Wissenschaft.